„Es tut mir so Leid, Mylady, Ihr habt es verloren.“
Auf dem Handtuch vor Nimueh, unter Ygraine war mehr als nur Blut. Die Wehen waren viel zu früh gekommen. Erneut. Und es sah mehr und mehr danach aus, als könne die Königin einfach kein Kind bekommen.
Nimueh wollte ihr das nicht sagen, aber sie wusste, dass Ygraine dies auch selbst zu ahnen begann.
Nimueh wollte erst Recht nicht Uther mit dieser Information gegenübertreten müssen. Sie wusste, dass dieser ungehalten werden würde, wenn er wüsste, dass er vermutlich nie einen Erben bekommen würde. Zumindest nicht von Ygraine. Und dann würde Ygraine leiden. Das wollte die Hofzauberin nicht. Um keinen Preis.
„Ich habe Schmerzen“, flüsterte Ygraine.
„Keine Sorge, Gaius kommt bald.“ Nimueh griff nach Ygraines Hand und hielt sie. Mit Magie konnte sie hier nichts machen. So lange sie nicht wusste, was genau die Schmerzen verursachte, konnte sie sie mit Magie nicht heilen. Schmerzmittel wirkten immer, egal von wo die Schmerzen kamen. Das war die eine Sache, in der die Kräuter ihrer eigenen Kunst voraus waren. Auch wenn Nimueh sich das ungern eingestand.
Fest war der Griff der Königin um die Hand der Zauberin. Fest und doch zitterte ihre Hand.
Ygraine weinte.
Aus der Ferne beobachtete Nimueh, wie Gaius mit Uther stritt. Es war nicht so, als konnte sie alles hören, aber sie verstand genug, um zu wissen, dass Ygraine das Thema war. Uther hatte die Neuigkeiten wie erwartet nicht gut aufgenommen.
Doch man konnte ihm zugute halten, dass er Ygraine nicht verstoßen hatte, nicht verstoßen wollte – er schien sie tatsächlich aufrichtig zu lieben, was Nimueh sehr erstaunte –, sondern nach einem Weg suchte, wie sie doch ein Kind, einen Sohn bestenfalls, bekommen konnten.
Was der Grund war, dass die Hofzauberin ihn mied. Sie wusste einen Weg. Und dieser gefiel ihr nicht.
„Vorsichtig, Ihr dürft Euch nicht überanstrengen. Es ist nicht lange her seit …“
„Keine Sorge, ich weiß, was ich mir zumuten kann.“ Ygraine lächelte Nimueh an, ehe sie voran eilte, die Treppen hinab und aus dem Schloss hinaus. Und die Zauberin folgte ihr so schnell sie konnte.
Diese wusste, dass Ygraine sich zwar fröhlich zeigte, aber in ihrem Inneren zu Tode betrübt war. Sie konnte das nicht vor ihr verbergen.
Seit dem ersten Moment, in dem Nimueh die Königin gesehen hatte, fühlte sie sich ihr verbunden. Es war ihr noch nie so leicht gefallen die Stimmung von jemandem zu erkennen, oder jemanden zu verstehen. Sie hatte sich noch nie jemandem so nahe gefühlt. Und daher wollte sie für Ygraine da sein. Um jeden Preis. Sie wollte für Ygraine mehr sein. Aber sie konnte es nicht aussprechen, also war sie einfach nur da.
„Wartet dann doch zumindest auf mich, Mylady“, rief sie ihr hinterher.
Doch Ygraine lachte nur und betrat die Ställe, ehe Nimueh auch nur den Hof überquert hatte.
Ein Ausritt also. Nimueh lächelte und konzentrierte sich.
Golden leuchteten ihre Augen und als Ygraine mit gesattelten Pferden wieder heraustrat, hatte Nimueh einen Korb mit Speisen für sie beide in der Hand.
Noch immer ging Nimueh Uther aus dem Weg, wusste aber, dass es nicht mehr lange funktionieren würde. Gaius wusste um ihre Kraft, um das was sie bewachte. Und sie wusste, dass Gaius dies dem König nicht ewig vorenthalten würde.
Und es gab nun einmal keinen Trick um denen zu entkommen, deren Finger einen im Schlaf ersticken wollte.
Es gab nur die direkte Konfrontation.
Und wenn sie nicht wollte, dass Uther sie in einem unbedachten Moment erwischte, musste sie auf ihn zugehen. Ihm sagen, was sie wusste. Es sagen, mit dem Risiko das es barg. Auch wenn sie es nicht wollte.
Das Gemach war düster, nur das Mondlicht erhellte es. Ygraine lag in ihrem Bett, Nimueh stand neben ihr und zündete mit einem Fingerschnippen die Kerze auf der Fensterbank direkt neben dem Bett wieder an.
Ygraine war verschwitzt, wie sie nun sehen konnte.
„Wieder schlecht geträumt?“, fragte Nimueh sanft, setzte sich auf die Bettkannte und versuchte dem Bedürfnis, der Königin sanft über den Kopf zu streichen, nicht nachzugeben. Es war schlicht nicht angemessen.
„Ja … ich träumte von Tod und neuem Leben.“ Die Stimme Ygraines war leise, kaum zu verstehen.
Nimueh nahm nun doch ihre Hand. Drückte sie sanft. Versuchte sie mit ihren Geist zu beruhigen.
„Bitte, leg dich zu mir, Nimueh. Wie wir es früher getan haben, als wir noch Mädchen waren“, bat Ygraine.
Und die Zauberin konnte nicht ablehnen, obgleich ihre Gedanken und Gefühle tobten, kaum dass sie gemeinsam unter einer Decke lagen. Sie würde alles für die Königin tun. Alles. Vor allem, da sie ahnte, dass der Traum nicht nur ein Traum, sondern die Zukunft war.
Es blieb nicht viel Zeit, sollte sich ihre Ahnung als wahr erweisen.
„Ich beschütze Euch heute Nacht. So lange ich neben Euch liege, werdet Ihr keine schlechten Träume mehr haben, Mylady.“
„Danke.“
Zornesfalten zierten Nimuehs Stirn. Doch ihre Stimme war ruhig.
„Ihr kennt den Preis, Mylord. Trotz allem bittet Ihr mich noch immer darum?“
„Die Thronfolge muss gesichert sein“, sagte Uther nur kalt. Und Nimueh begriff, dass Uther den Preis eben nicht realisierte. Dass alle ihre Worte von ihm abprallen würden. Dass er nicht verstand, dass seine Frau, seine Königin, seine Ygraine, vermutlich in dem Moment sterben würde, in dem sie das Kind gebar.
Ein Leben gegen ein Leben. So war das Gesetz.
Und nichts konnte es umgehen.
Doch sie beugte sich Uther. Seinem Willen. Und seinen klammernden Fingern um ihren Hals.
Nimueh wusste nicht, was sie Ygraine sagen sollte. Natürlich hatte Uther ihr von der Möglichkeit erzählt, dass sie ein Kind bekommen könne, wenn Nimueh ihre Magie walten ließe. Natürlich hatte er das Problem dahinter nicht benannt.
„Kannst du das wirklich?“, fragte Ygraine und es war Hoffnung in ihrem Gesicht. So große Hoffnung, dass Nimueh es nicht über ihr Herz brach, diese Hoffnung zu zerstören.
„Ja“, antwortete sie mit sanfter Stimme. Sie ging vor dem Stuhl der Königin in die Knie und nahm deren Hände in ihre eignen. „Aber nichts ist ohne Preis, Mylady. Daran kann ich nichts ändern.“
„Das ist mir egal. Ich will jeden Preis zahlen, wenn ich dadurch nur einem Kind das Leben schenken kann.“ Ygraine lächelte. „Es war schon immer mein sehnlichster Wunsch. Selbst wenn ich mein eigenes Leben dafür geben müsste.“
Nimueh erwiderte das Lächeln, auch wenn es ihre Augen nicht erreichte. Das war die Antwort, von der sie gehofft hatte, sie nicht zu erhalten. „Dann soll es so sein. Ich werde alles in die Wege leiten, Mylady. Ihr sollt Euer Kind haben.“
Nimueh tat es weh, ihrer Königin diesen Wunsch zu erfüllen. Aber sie konnte es nicht mit ansehen, wie ihre Ygraine weiter unglücklich war.
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