Der Text ist inspiriert von diesem kleinen, aber feinen Stück Kunst von Vik auf tumblr. Es war diese Sache mit Maeglin. Er liebte seinen Vater, und doch liebte er auch seine Mutter.
Aredhel sah ihm den Zwiespalt in seinem Gesicht an, als er vor ihr stand, die Hände in die Seiten gestemmt. Er war noch jung, keine dreißig Sommer. Ein Kind, das gegen seine Eltern rebellierte und gleichzeitig um deren Gunst wetteiferte.
Sie hatte keinen Zweifel daran, dass ihr Gatte ihren gemeinsamen Sohn liebte. Auf seine Art zumindest. Und das war das Problem. Eol hasste es, wenn sie von ihrer Familie sprach; er hatte es ihr gar verboten. Stattdessen erzählte er seinem Sohn von der Größe der Sindar und der Macht König Thingols. Maeglin mochte noldorische Wurzeln haben, doch Eol leugnete sie. Er wollte nicht, dass sein Sohn mit den Sippenmördern in Verbindung gebracht wurde.
Was Aredhel in dieser Sachte empfand, hatte dabei keine Rolle gespielt. Ihr Schmerz war für Eol bedeutungslos. Dieser Tage fragte sie sich oft, was von ihrer Liebe für Eol noch übrig war.
Dann blickte sie in das Gesicht ihres Sohnes und sie wusste es wieder.
»Vater hat schon wieder nichts anderes im Sinn als seine Schmiede!«, schnaubte Maeglin.
Seine kindliche Empörung wäre fast schon niedlich, würde dabei nur nicht so viel von der Dunkelheit seines Vaters durchscheinen. Dennoch lächelte Aredhel und legte ihm eine Hand auf den Kopf.
»Dann haben wir eben mehr Zeit für unsere Geschichten«, sagte sie sanft. »Du magst es doch so sehr, davon zu hören, wie ich mit Celegorm und Curufin in Valinor zu wilden Jagden ausgeritten war.«
»Ja, aber …« Maeglin starrte auf seine Schuhspitzen. »Du weißt doch, was Vater sagt …«
»Dass er nicht bei seiner Arbeit gestört werden möchte«, erwiderte Aredhel bestimmt. Sie beugte sich zu Maeglin herab und gab ihm einen Stups auf die Nase. »Du weißt, was er dir erzählt hat. Was passierte, als er das letzte Mal bei seiner Arbeit gestört wurde.«
»Dass er zornig wurde und dieser Zorn jetzt in Anguirel ist.« Maeglin erschauderte, als er daran erinnert wurde.
Aredhel konnte es ihm nicht verübeln. Diese Waffe war boshaft, niemand konnte es leugnen. Eol schien es nicht zu stören, sondern sich ganz im Gegenteil sogar damit zu brüsten. Er hatte Maeglin eine gehörige Portion Angst eingejagt, als er ihm Anguirel das erste Mal gezeigt hatte. Seine Erziehungsmethoden waren nicht immer die konventionellsten … Aredhel war danach auf Wochen hinaus erbost gewesen über das, was er damit bei Maeglin angerichtet hatte.
»Dein Vater wird später Zeit für dich haben, das verspreche ich dir«, sagte Aredhel und versuchte einen Optimismus auszustrahlen, den sie nicht empfand. »Jetzt haben wir Zeit für uns. Ist das nicht auch schön?«
Maeglin presste die Lippen aufeinander. Doch dann lächelte er schmal.
»Und kein Wort zu deinem Vater, ja?« Aredhel lächelte verschlagen.
Maeglin erwiderte es ebenso. Der Reiz des Verbotenen lockte ihn schlussendlich doch immer wieder.
»Na dann los, kleiner Gauner.« Aredhel hoffte, dass die Geschichten von ihrer Familie und ihren Freunden ihre eigene Sehnsucht nach ihrer Heimat mildern würden. Doch sie glaubte schon lange nicht mehr daran.
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