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Die Erweckung der fliegenden Stadt

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12.02.17 21:25
12 Ab 12 Jahren
In Arbeit

Zehn Gestalten standen inmitten der Schneebedeckten Landschaft vor einer Klippe. Blaues Eis schimmerte im Licht der Sonne, die sich am klaren Himmel zeigte. Der Wind trug einzelne Schneeflocken mit sich, die sich in ihren dunklen Mänteln und ihren grauen Haaren verfingen, doch sie waren die Kälte gewohnt. Anders, als der Mann der in ihrer Mitte stand, doch zeigte er nicht, das ihn die Kälte zusetzte. Kirus Ordeal war zu angespannt um zu frieren.

Bis auf die Eisberge und Klippen, die sich vor ihnen auftürmten, war das Land um sie herum vollkommen flach. Lediglich hier und da hatte der Wind einige Schneewehen angehäuft, doch ansonsten erstreckte sich nur eine endlose, gleichförmige, weiße Ebene in alle Richtungen.

Die wenigen Menschen, die es hier draußen aushielten, lebten in kleinen Gruppen und lebten meist von der Jagd, auf das wenige Wild, das sich hierher verirrte. Eisnomaden waren selbst für die Stämme der Menschen wild und unnahbar und sie gaben sich nur selten mit Fremden ab. Meistens jedenfalls. Er musterte seine zehn Begleiter der Reihe nach.

Es war ein wildes Land, dachte er. Aber das traf wohl auf die ganze Welt zu, nachdem das alte Volk aus ihr verschwunden war und nur leere Ruinen und dunkle Städte zurück gelassen hatte, in denen noch immer die Überreste ersterbender Magie in der Finsternis flackerten. Wie die letzten Überbleibsel der Hoffnung, das sich je wieder eine Zivilisation aus der Asche erheben würde.

Kirus raffte seinen schweren, aus pelzen gefertigten Umhang um sich. Die Kleidung der Eisnomaden war schwer, aber sie hielt die Kälte besser ab als die Mäntel, die er schon Wochen zuvor zurück gelassen hatte. Und jetzt stand er hier…. Vor ihren Sehern. Um sich seiner Prüfung zu stellen, wie sie sagten.

Die große, gähnende Öffnung im Eis, die sich in seinem Rücken auftat, war ihm mit einem mal wieder viel zu bewusst. Dort, das wusste er, würde sein Schicksal auf ihn warten. Und er würde es erfüllen oder dabei sterben. Das hatten sie ihm gesagt, das hatten ihm die Visionen zugeflüstert, die ihn in die Fremde hierher gezogen hatten. Und sie hatten nicht gelogen. Er hatte gefunden, was er gesucht hatte.

,, Seit ihr bereit euch eurer Prüfung zu stellen ?“ Der Atem des Sehers, der gesprochen hatte, hing als weiße Wolke in der Luft. Eis verklebte seinen grauen Bart, die Augenbrauen und seine Haare, und seine Wangen waren von der Kälte gerötet. Doch seine Augen… ein strahlendes Blau, das mit dem Himmel über ihren Köpfen hätte konkurrieren können und die sich direkt in Kaius Seele zu bohren schienen. Aber er war nicht so weit gekommen um jetzt noch zurück zu weichen. Er war bereit…

Langsam nickte er.

,, Dann übergebt uns eure Waffen. Ihr werdet sie nicht brauchen bei dem, was euch bevor steht. Euer Geist ist das einzige, was sich heute beweisen muss. Heute… und in all den Jahren die diesem Tag folgen mögen immer wieder aufs Neue. “

Er trug ohnehin nicht viel mit sich, dachte Kirus , als er das schartige und verrostete Schwert aus der Scheide zog und in der Mitte des Kreises, den die zehn formten, in die vereiste Erde rammte.

,, Ihr werdet der Schild der Menschen sein, euer Reich sie vereinigen und ihrem Schicksal entgegen führen, dem sie sich nur vereint stellen können. Ein Schwert, die Dunkelheit zu vertreiben und uns ans Licht zu führen.“

Kirus schmunzelte. ,, Ein schöner Traum, den ihr da hegt, Seher. Und ohne Träume sind die Menschen nichts. Aber um wahrhaft große Träume zu erfüllen braucht es Siege. Und meine sind groß genug um die Himmel erzittern zu lassen. Ihr habt gerufen, ich bin gekommen. Nun… zeigt mir weshalb.“

Einen Augenblick lang antwortete die Gruppe der Zehn nicht, warfen sich nur langsam Blicke zu, bedeutungsschwer und für Kirus nicht zu deuten, während das Schwert in ihrer Mitte sich langsam im aufkommenden Wind wiegte. Dann jedoch nickten sie, einer nach dem anderen.

,, Seit vorsichtig, das eure Träume euch und die euren nicht eines Tages verschlingen.“ , meinte der, der bereits zuvor gesprochen hatte und holte einen Gegenstand aus seinen Roben hervor. Es war ein Juwel, aber keines, dergleichen Kirus je gesehen hatte. Die Farbe ähnelte dem von Bernstein, wie man ihn ab und an den Seen jenseits der großen Berge fand doch vollkommen klar ohne jede Einschlüsse. Die Oberfläche war zu einer perfekten Kugel geformt, die das Licht streute, das durch sie hindurch fiel und wie ein Prisma in alle Farben des Regenbogens aufzuteilen schien.

Als der Seher das Juwel in seine Hand legte, war er überrascht, wie leicht sie war, obwohl er den Stein nicht mit der Faust umschließen konnte.

Ohne ein weiteres Wort, drehte er sich um. Er wusste, was er zu tun hatte. Die Eisberge ragten vor ihm auf, höher als die Burgen, die manche Stämme sich in den Tundren am Fuß der Berge errichtet hatten und sogar höher als die Silberminen die Immerson für sich beanspruchte und die in den Fels der Gebirgsgipfel getrieben waren. Hier und da konnte man noch die Strukturen von Gebäuden ausmachen, die sich unter dem Eis ausmachen, Mauern, Türme, sogar eingefrorene Pflanzen, durch das mit Einschlüssen verunreinigte Eis nur als Schemen wahrnehmbar. Einst musste dies eine fluorierende Stadt gewesen sein, eine Zitadelle des alten Volkes vielleicht, doch ihr Name war vergessen, genauso ihr Zweck oder ihr weiteres Schicksal. Und die Menschen taumelten am Abgrund entlang, sahen die einstige Pracht und erschauerten davor, während sich ihre Stämme in blutigen Kleinkriegen zerrissen. Sie würden dem alten Volk ins Vergessen folgen, dachte Kirus. Es sei den jemand führte sie auf den rechten Pfad zurück, bevor sie alle in den Abgrund stürzten, an dem sie entlang balancierten ohne es zu merken. Und wenn die Menschen verschwinden würden, würden keine großen Monumente zurück bleiben. Nur gedrungene Burgen und leere Dörfer die bald die Natur zurückerobern würde. Sie waren aus dem Norden gekommen, so wollte es die Legende. Als das alte Volk in den letzten Zügen lag. Doch hatte die Flucht aus dem Eis sie nicht befreit. Noch immer kauerten sie und zögerten und stritten… Er würde ihnen die Augen öffnen, wenn nötig mit Feuer. Der Drache war seit jeher das Symbol seiner Familie. Und er würde ihm Bedeutung verleihen.

Ohne sich noch einmal umzudrehen, trat Kirus auf den großen Höhleneingang zu und hinein in die Finsternis. Der Wind war mittlerweile zu einem lauten Heulen angeschwollen und peitschte ihm den Mantel um den Körper, während die zehn Gestalten nur regungslos stehen blieben und bald im Schneetreiben verschwanden. Sobald Kirus den Höhleneingang passiert hatte, war es mit einem mal totenstill. Der Wind verschwand und ließ nur die Kälte übrig, die durch seine Kleider kroch. Der Atem stand ihm als dünne Eiswolke vor dem Mund, während er vorsichtig einen Schritt vor den anderen setzte. Das Juwel in seiner Hand gab einen diffusen Lichtschein ab, der jedoch zumindest ausreichte, seine Umgebung erkennen zu können.

Die Decke der Höhle verschwand irgendwo über ihm in der Finsternis, getragen von großen Eissäulen, die sich um die Überreste tatsächlicher Säulen gebildet hatten. Eingefrorene Bauten schimmerten bläulich hinter Wänden aus Kristall, tote Bäume und Blumen, noch immer grün, erstreckten sich dazwischen in alle Richtungen. Es war eine Stadt, dachte Kirus. Und er wanderte durch einen Tunnel, der sich durch sie hindurch zog.

Obwohl ihm die Seher versichert hatten, dass an diesem Ort keine Gefahr für sein Leben drohte, vermisste der das Gewicht des Schwerts an seiner Hüfte langsam. Auch die Rüstung die er trug, schlichtes Eisen und Bronze, würde ihn ohne eine Waffe kaum retten können. Es hatte etwas zutiefst beunruhigendes durch diese tote Stadt zu wandeln. Er hatte schon oft die alten Siedlungen durchsucht, doch die meisten waren nur überwucherte Ruinen gewesen, nicht Gefangen in der Zeit wie diese hier. Alles hier zeugte noch von der einstigen Macht und Herrlichkeit vergangener Zeiten. Manche Gebäude waren nur halb im Eis versunken und ragten noch teilweise in die Kammern hinein die er passierte. Geisterfeuer, durch langsam ersterbende Magie erhalten, loderten in der Tiefe ohne Flamme, blassblaue Lichter, die seit Menschengedenken brennen mochten doch bald für immer verlöschen würden. Er passierte ein Torhaus, das durch das Eis, das sich darauf gebildet hatte nur noch zu erahnen war. Die Tore selbst lagen, von der Kälte konserviert, am Boden. Das Holz knarzte nicht einmal, als er darüber ging, so weit war es gefroren. In der Ferne konnte er Gänge und Räume erspähen, leer und verlassen aber immer noch so gut erhalten, das er jeden Moment damit rechnete, auch die ehemaligen Bewohner zu sehen, die durch die vereisten Gänge wandelten. Manche Statuen auf seinem Weg zeigten Gestalten, größer als er, mit Zügen feiner, als sie ein Mensch normalerweise haben dürfte.

Der Eistunnel dem er folgte, weitete sich zu einer gewaltigen, gefrorenen Kammer. Doch anders als zuvor, war diese nicht natürlichen Ursprungs, sondern umfasste einen ganzen Saal, der kaum von Eis bedeckt war. Licht fiel durch eine Lücke in der Decke über ihm, zusammen mit Schnee, der sich zu einem kleinen Berg unweit des Zentrums der Halle aufgetürmt hatte. Und dort, von Schnee und Eis vollkommen unberührt ragte ein Sitz aus goldenen und honigfarbenem Stein in allen Schattierungen auf. Ein Thron geformt aus Bernstein und Gold, in dessen Lehne sich eine kreisrunde Öffnung befand. Größer als das Juwel in seiner Hand, aber das Licht das davon ausging, schien stärker zu werden, je näher er dem Thron kam. Und wärmer. Er konnte spüren, wie Schnee und Eis auf seinen Kleidern schmolzen und diese durchnässten.

Kirus Ordeal wusste, dass er gefunden hatte was er suchte. Und weswegen er gerufen worden war. Sie hatten Von Träumen gesprochen. Gegeben hatte man ihm einen Thron. Seine Schritte beschleunigten sich, als er die Stufen hinauf stieg. Die Kugel in seinen Händen war mittlerweile so heiß, das sie drohte seine Finger selbst durch die Handschuhe die er trug zu verbrennen, das Licht so hell, das es den ganzen Raum in warmen Schein tauchte und den Schnee zum Schmelzen brachte. Irgendwo löste sich ein Eiszapfen und zerschellte am Boden in tausend Scherben. Der uralte Stein ächzte als er sich erwärmte und ausdehnte und Kirus konnte einen Augenblick nur fasziniert zusehen, wie die tote Stadt sich anschickte ins Leben zurück zu kehren. Doch eines fehlte noch, dachte er. Ein letzter Schritt. Kirus zögerte. Die Seher hatten behauptet seine Prüfung wäre keine des Körpers sondern des Geistes. Hatte er sie bestanden, nur weil er hier stand? Er wusste es nicht. Doch zum Umkehren war es zu spät und dieser Platz hier vor ihm…. Gehörte ihm. Die Welt…gehörte ihm. Er müsste nur noch einmal die Hand ausstrecken und sie sich nehmen. Viel zu einfach und viel zu verlockend um sich davon abzuwenden. Sollten die Seher doch davor zittern, was er tun konnte und das Ende fürchten. Wenn dieser Tag erst zu Ende wäre, wäre es auch das Zeitalter der Finsternis. Was vor ihnen lag, war eine ganze Welt die es zu erobern gab, ein uraltes Imperium, das er nur beerben musste. Und seine Entscheidung war gefallen.

Der Stein glitt aus seiner Hand, schwebte in der Aussparung in der Rückenlehne des Throns und die Wärme verschwand. Einen Augenblick lang, einen Wimpernschlag nur, wurde es dunkel, vollkommene Finsternis die nicht einmal mehr die Umrisse seiner Umgebung erahnen ließ. Als das Licht zurückkehrte jedoch, war es nicht mehr die Kugel die strahlte. Tausend leuchtende Kristalle an den Wänden des Thronsaals kehrten flackernd ins Leben zurück, magische Feuer stiegen aus lange erkalteten Kohlepfannen, die Geisterflammen in den Ruinen brannten hell genug um es in den Kammern und Höhlen der Stadt Taghell werden zu lassen. Zehn Gestalten hatten ihn hierher begleitet. Zehn traten nun durch die Tür des Thronsaals und stellten sich in einem Halbkreis um den Bernsteinthron. Neun von ihnen hielten ein Juwel in der Hand, ein jedes in einer anderen Farbe und geformt wie eine Träne. Und dann erwachte die Stadt endgültig aus ihrem Schlummer und Land und Himmel erzitterten…

 

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