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Kapitel: | 13 | |
Sätze: | 4.349 | |
Wörter: | 53.686 | |
Zeichen: | 298.316 |
Erde. Feuer. Luft. Wasser. Einige Menschen haben die Fähigkeiten eines der Elemente zu bändigen. Die Bändiger. Doch es gibt auch welche, die es nicht können. Die Nichtbändiger. Die Nichtbändiger sind von beginn der Zeit in der Überzahl und nutzen die Bändiger für ihre Zwecke.
Die Feuerbändiger sollen Wärme in die Häuser bringen und für Licht an dunklen Tagen sorgen. Die Luftbändiger sollen das Klima für die Ernten, zusammen mit den Wasserbändigern, beeinflussen. Die Erdbändiger sind für das Errichten von Häusern zuständig und sollen in Stollen Kohle fördern. Die Wasserbändiger sollen zusätzlich die Stollen vom Grundwasser frei halten, die Felder bewässern und frisches Wasser in die Städte leiten. Die Bändiger werden streng bewacht und sofort bestraft, wenn sie sich nicht an die Bändiger-Gesetze halten. Eines besagt, dass ein Bändiger nie einen Nichtbändiger angreifen darf und er immer das machen muss, was dieser ihm befehlt. So ergeht es auch Theara und ihrer Familie. Sie ist 16 Jahre alt und eine Wasserbändigerin. Ihr Vater ist ein Erdbändiger und in dem Oststollen von Biánhu eingeteilt. Sie ist ebenfalls dort eingeteilt und soll das Wasser aus den Stollen halten. Ihre Mutter ist wie sie eine Wasserbändigerin. Sie arbeitet jedoch auf den Feldern, um diese zu bewässern. Für die harte Arbeit, die Theara und ihr Vater machen erhalten sie nur sehr wenig Lohn, so wie alle anderen Bändiger auch, wovon kaum einer leben kann. Sie leben in einem sehr heruntergekommenen Haus mit vielen anderen Familien. Viel Platz gibt es nicht und sie müssen alle in einem Raum schlafen, der aber viel zu klein ist. Neben dem Schlafraum gibt es noch eine Küche, die schon voll gestellt ist mit einem Tisch; und ein kleines Bad gibt es auch mit einem Waschbecken und einer Dusche, in die aber kaum einer von ihnen hinein passt. Zum Frühstück gibt es meistens einen Brei, der nach nichts schmeckt, den Theara aber dennoch nicht mag, da der wie Glibber aussieht.
„Theara! Bist du fertig?“, es kommt aus dem Flur des Hauses und jemand klopft an die Tür. Es ist Aaron, der ein Erdbändiger ist und mit Theara jeden Tag den selben Weg gehen muss, da beide im selben Stollen arbeiten. „Ich komme!“, ruft sie schnell mit vollem Mund zurück und nimmt noch schnell einen Schluck Wasser, um den komischen Brei herunter zu spülen. „Bis gleich Papa. Bis heute Abend Mama.“ „Pass auf dich auf!“, ruft noch ihre Mutter hinter her, doch da macht sie schon die Tür hinter sich zu. „Wie geht’s dir heute?“, will Aaron wissen, obwohl er ihre Antwort schon kennt. „Mhhh. Mal überlegen. Ein neuer Tag mit einer blöden Arbeit in dieser blöden Welt. Ich würde sagen super.“, und sie musste bei dieser Antwort leicht grinsen. Wahrscheinlich hätte Aaron den sarkastischen Unterton von ihr schon Kilometer weit heraus gehört, da er so was von ihr schon gewohnt ist. „Ich will auch nur noch hier abhauen und diesen Ort verlassen und frei sein. Endlich mal das machen was ich will.“ „Oh ja, das wäre schön....“, dabei schließt Theara die Augen und träumt wieder an dem Ort, an dem sie jede Nacht hin flüchtet. Sie flüchtet immer an das Meer und in Regionen, in denen es kälter ist, da es bei ihnen oft zu warm ist. Doch lange kann sie jetzt nicht träumen, da sie aus diesen Traum heraus gerissen wird. „Hey! Was gibt es da zu reden?!“, hinter den beiden ist ein Soldat aufgetaucht und hat sein Schwert griffbereit. „Na, mit dem Stand kannst du aber keinen Bändiger aufhalten.“, lacht Aaron und machte eine leichte Fußbewegung. Sofort rumpelt es leise und der Soldat fällt um. „Au! Das tat weh Aaron. Du weißt doch, dass du nicht einfach so bändigen darfst.“ „Stell dich nicht so an Kisu.“, und Theara hilft ihm wieder hoch. „Ihr könnt froh sein, dass ich es war“, und Kisu schlägt mit seiner Faust gegen Aarons Schulter. „Haha, dich hört man schon von weitem.“, scherzt Theara und geht weiter. „Hey, warte! Lass es wenigstens so aussehen, als ob ihr ein wenig Angst vor mir hättet.“ Theara und Aaron wären nach diesem Satz am liebsten auf den Boden gesunken und hätten sich kaputt gelacht, doch die drei kommen an den Stollen an und begegnen schon anderen. Von zwei weiteren Wegen kommen Bändiger und Nichtbändiger. Die Nichtbändiger sind natürlich alle Soldaten. Am Eingang werden alle kontrolliert, indem jeder einen Ausweis vor zeigen muss. Natürlich werden Bändiger und Soldaten an zwei unterschiedlichen Stellen kontrolliert. Bevor die Bändiger an die Arbeit gehen sollen, müssen sie sich erst umziehen. Die Erdbändiger haben eine schwarz-rote Kleidung und die Wasserbändiger eine blaue, so können die Soldaten alle auseinander halten, wer welches Element bändigen kann. „Na los, macht schon!“, hört Theara auf einmal und sieht, wie einige Soldaten Bändiger nach vorne schubsen um schneller an ihren zugeteilten Arbeitsplatz zu gelangen. Sie hasst die Arbeit im Stollen. Dort fühlt sie sich so eingeengt und gefangen, was sie eigentlich auch ist. Am liebsten wäre sie wieder an ihrem Traumort, draußen in der Kälte am Meer, bei ihrem Element, was auch frei ist, frei fließen kann, wild sein kann und nicht in einem Stollen eingesperrt ist. Aber stattdessen steht sie hier in einem langen dunklen Tunnel, der durch ein paar Kerzen erhellt wird und muss mit vier weiteren Wasserbändigern das Wasser aus dem Gang holen und zu einer Sammelstelle leiten. Die Soldaten achten dabei sehr genau, dass sich jeder an die Regeln hält und nicht ohne eine bestimmte Aufgabe bändigt. Vor allem bei den Erdbändigern achten sie sehr genau darauf, was sie machen, da sie als gefährlicher eingestuft sind als Wasserbändiger. Das findet Theara jedoch beleidigend. Sie findet, dass Wasserbändiger auch gefährlich sein können, wenn sie wollen; aber ihre Mutter meint immer, dass es so besser sei, weil sie dann weniger scharf kontrolliert werden, obwohl ihr Vater ein Erdbändiger ist. Heute ist sie in dem Gang, in dem auch Aaron arbeitet. Aber heute kommen die Erdbändiger nicht so schnell voran wie sonst, was die Soldaten stört. „Warum dauert das so lange?“, und der Oberaufseher der Soldaten kommt vorbei. Der war Theara schon seit dem ersten Tag im Stollen unsympathisch, da er ihren Vater schon einmal wegen einer Sache ins Gefängnis gebracht hat, die er gar nicht gemacht hat. Sie muss sich zusammen reißen, um nicht gleich auf ihn los zu stürmen und ihn mit einer Wasserpeitsche aus dem Weg zu schleudern. Stattdessen ballt sie ihre Hände zu Fäusten zusammen. „Wir sind müde und brauchen mal eine Pause.“, sagt einer der Erdbändiger. Es ist ein älterer Mann und sieht nicht mehr danach aus, als könne er noch lange hier arbeiten. „So! Eine Pause wollt ihr also!“, und der Oberaufseher beginnt zu lachen. Theara muss sich erneut zusammen reißen nicht gleich auf ihn los zu stürmen, doch da sieht sie, wie Kisu am anderen Ende steht, sie ansieht und vorsichtig mit dem Kopf schüttelt, so als ob er wüsste, was in ihr vorgeht. „Los, bringt ihn her!“, befehlt der Oberaufseher und sofort bringen zwei Soldaten den älteren Mann und werfen ihn vor die Füße des Oberaufsehers. „Wenn du eine Pause willst, dann bekommst du auch eine Pause.“, und er hebt sein Schwert. Theara hat vor Schreck die Augen weit offen. Wird er ihn doch nicht etwa jetzt umbringen wollen? Sie kann ihren Zorn kaum noch halten und merkt, wie die Pfützen um sie herum kleine Wellen schlagen. „Ich werde euch nun zeigen, was passiert, wenn ihr eine Pause wollt!“, und der Oberaufseher holt mit seinem Schwert aus. Doch bevor er den älteren Mann trifft rumpelt es laut und ein Fels erscheint vor dem Oberaufseher und lässt ihn zu Boden stürzen. Theara ist ganz irritiert, von wo kam das und wer war das? „Wer hat das gemacht?“, ruft er wütend. „Das war er!“, und ein Soldat nahm Aaron am Arm, dreht ihn auf den Rücken und zieht ihn vor den Oberaufseher. „Du glaubst also, du könntest mich aufhalten?“, spottet der Oberaufseher. „Machen wir doch einen Zweikampf, dann werden wir es ja sehen.“ Theara kann nicht glauben, wie gelassen und mit welcher Sicherheit Aaron das gerade gesagt hat, so als ob es etwas natürliches wäre den Oberaufseher heraus zu fordern. Sie kennt so etwas gar nicht von ihm und bekommt Angst, dass ihm etwas schlimmes zu stoßen wird. Die Gefühle in ihr brodeln und ihr Atem verschnellert sich. „Na warte!“ „Neeeiiin!!“, Theara kann nicht anders und rennt zu Aaron um ihm zu helfen. „Na so was. Noch so eine Wohltäterin. Los, haltet sie fest, sie ist nach ihm dran.“, und sie wird auf einmal von zwei Soldaten fest gehalten. Was soll sie jetzt nur tun? Was soll sie jetzt machen? Theara sucht verzweifelt Kisu, kann ihn aber nirgends finden. Sie kann nicht mehr. Sie fühlt sich zu sehr eingeengt. Sie braucht Freiheit, ihre Gefühle sind gerade zu verrückt um noch einen klaren Gedanken zu fassen. Aaron darf nicht sterben. „Sag lebe wohl!“, und der Oberaufseher holt aus. „Neein!!“, Theara schreit nur noch und reißt ihre Arme von den Soldaten los. Dabei rumpelt es und durch zwei Felsen werden die Soldaten nach hinten geschleudert. Theara rennt unbeirrt weiter auf den Oberaufseher zu und holt dabei mit der Faust aus. Es entsteht ein zischen und ein Wind kommt im Gang auf. Ohne das sie den Oberaufseher berührt, wird er von ihr weggeschleudert. Erst jetzt bemerkt sie, wie sie von allen angesehen wird und bemerkt, dass sie gerade Erde und Luft gebändigt hat. SIE. Eine Wasserbändigerin. Wie vom Blitz getroffen bleibt sie stehen und kann sich nicht mehr bewegen, sie ist zu geschockt. Wie geht das? Jeder kann doch nur ein Element bändigen. Sie schaut nur auf ihre Hände und kann es nicht fassen. „Theara, pass auf!“, und Kisu steht auf einmal vor ihr. Sein Schwert klirrt gegen das vom Oberaufseher. Theara hat gar nicht bemerkt, dass er wieder aufgestanden ist und auf sie zu kommt. „Los! Verschwindet!“. Sie kann sich aber immer noch nicht bewegen. Doch da packt Aaron sie an der Hand und reißt sie aus ihren Gedanken. „Warte. Kisu, komm mit!“, und Theara dreht sich und peitscht dem Oberaufseher Wasser ins Gesicht, um ihn von Kisu weg zu bekommen. Das wollte sie schon seit langem einmal machen. Im selben Moment gibt es ein lautes grölen und Aaron hat einen weiteren Gang in den Stollen gebändigt, in dem ein Fels aus der Wand im Boden verschwindet. „Nun kommt!“ Als erstes rennt Kisu in den nun neuen Gang hinein. Ohne viel nach zu denken folgt Theara ihm, blickt aber noch mal zurück und sieht ihren Vater. Sie will noch mal zurück, doch er schüttelt nur seinen Kopf. Warum? Hat er Angst? Ist er enttäuscht? Sie versteht es nicht. Doch schließlich steht Aaron vor ihr und mit einer Bewegung beider Hände nach oben macht er den Gang wieder zu. Sie sieht nur, wie eine Felswand aus dem Boden kommt und den Eingang für die Soldaten versperrt. „Los! Öffnet uns den Weg!“, befehlt der Oberaufseher den Erdbändigern. „Nein.“, es ist der Vater von Theara, der das Wort ergreift. „Wir werden nicht mehr das machen, was ihr uns sagt. Schon viel zu lange haben wir uns alles gefallen lassen, das hat nun ein Ende!“ „Du wagst es dich meinen Befehlen zu widersetzen? Das wird Folgen haben!“ Doch da ertönt auch schon ein grölen und der Oberaufseher ist in einem Kegel aus Gestein gefangen und kann sich nicht mehr bewegen. „Lasst mich wieder frei! Los, greift die Bändiger an!“, der Oberaufseher schäumt vor Wut und versucht mit allen Mitteln wieder frei zu kommen. Ein paar Soldaten befolgen den Befehl und greifen den Vater von Theara an. Doch wieder ertönt lautes grölen und die angreifenden Soldaten werden von den anderen Erdbändiger ebenso in einen Kegel aus Erde gefangen. „Lauft lieber, oder euch ergeht es genauso.“, der Vater von Theara sagt dies mit einer ruhigen, aber starken Stimme zu den anderen Soldaten. Sofort lassen sie ihre Schwerter fallen und fliehen aus der Mine. „Wie hast du das geschafft?“, Aaron kann es immer noch nicht glauben, dass Theara gerade andere Elemente gebändigt hat, als nur Wasser. „Ich weiß auch nicht...Auf einmal war eine Wärme in mir und dazu noch die Wut auf den Oberaufseher...“, Theara kann es selber nicht ganz erklären, wie es dazu kam. „Das ist irgendwie unfair. Theara kann mehr als nur Wasser bändigen und ich kann kein einziges...“, beschwert sich Kisu. „Dafür hast du ein gemütlicheres Bett als wir beide zusammen“, sagt Aaron. „Da kann ich jetzt bestimmt auch nicht mehr hin, nachdem ich euch geholfen habe.“, Kisu bedauert es ein wenig, aber würde es immer wieder machen, um den beiden zu helfen. Nach einer gefühlten zu langer Zeit kommen die drei endlich ans Ende ihres Tunnels und sind wieder im Freien, weit hinter der Miene „Wo sollen wir hin?“, fragt Kisu. „Ich muss unbedingt zu meinen Eltern und mit ihnen reden, vielleicht wissen sie weiter.“, meint Theara. „Wir sollten warten bis es dunkel wird, wir werden bestimmt schon gesucht. Besonders du, Theara.“, Aaron wirkt ernst und nicht mehr so gelassen wie sonst.
Nachdem die Sonne endlich hinter den Bergen versunken ist, gehen Theara und Aaron nach Hause, um mit ihren Eltern zu reden, wobei Kisu mit Theara geht. „Mama? Papa? Seit ihr da?“, ruft Theara durch die Tür, doch niemand meldet sich. „Schließ die Tür hinter dir Kisu, ich sehe in der Küche nach. Mama? Papa?“ „Theara, wer ist das?“, und ihr Vater kommt aus einer dunklen Ecke hervor. „Das ist Kisu, er ist zwar Soldat, aber Aaron's und mein Freund, er hat uns geholfen“, sie hofft, dass ihr Vater ihn wieder erkennt. „Ich danke dir Kisu, dass du meine Tochter gerettet hast.“ „Ach, das hab ich doch gerne gemacht...“, Kisu ist etwas verlegen. „Theara, Schatz, ich habe für dich alles zusammen gepackt, damit du schnell weg kannst“, die Mutter von ihr kommt hervor und reicht ihr einen Beutel, den sie mit Verpflegung und einer Decke gepackt hat. „Wie meinst du das Mama?“, Theara ist verwirrt. Wollen ihre Eltern sie nicht mehr, weil sie anders ist? Habe sie tatsächlich Angst? „Du bist hier bei uns schon eine kleine Berühmtheit geworden, das ganze Dorf redet über dich, obwohl es gerade erst passiert ist. Du hast bei den anderen großen Eindruck hinterlassen. Sie haben dir sogar schon einen Spitznamen gegeben. Avatar nennen dich viele. Du bist für sie eine Auserwählte der Geister, die dir ihre Kräfte geben, um alles wieder in Ordnung zu bringen.“ „Was? Avatar?...Ich versteh nicht....“, Theara weiß nicht was sie sagen soll. Sie hat erwartet, dass ihre Eltern sie verachten für das was sie machen kann, doch sie scheinen begeistert zu sein. „Wir hätten dir früher von den Geistern erzählen müssen, aber jetzt musst du hier weg. Du bist hier nicht mehr lange sicher. Nachdem du weg warst, gab es einen Aufstand in der Mine. Der König wird bestimmt bald davon erfahren und Soldaten hier hin schicken. Aaron und dieser Kisu sollen dich begleiten.“, und er wirft Kisu einen strengen Blick zu. „Keine Sorge, Aaron und ich werden auf Theara aufpassen“, und Kisu salutiert vor Theara's Vater. „Sehr gut, und jetzt geht! Lauft Richtung Süden und sucht deinen Onkel Shín, er kann dir einiges erklären.“ „Ich werde euch vermissen“, und Theara umarmt ihre Eltern. Sie hat immer noch nicht ganz verstanden, was ihr Vater mit den Geistern meint, aber sie weiß, dass er recht hat und sie alle drei hier weg müssen. „Wir dich auch.“ Vor der Tür wartet schon Aaron und hat ebenfalls einen Beutel, in dem Verpflegung eingepackt ist. „Kisu, sollen wir noch zu dir?“, fragt Aaron, weil Theara noch in Gedanken ist. „Nein, müssen wir nicht, wir sollten so schnell wie möglich hier weg.“ „Theara, bist du so weit?“ „Ja, lasst uns hier weg gehen.“ Die drei rennen Richtung Mine, doch an der Gabelung gehen sie links und nicht wie sonst rechts. Theara bleibt kurz stehen und sieht noch einmal zurück. „Auch wenn ich es mir anders vorgestellt habe, endlich verlassen wir unser Dorf.“
„Mein König, wir haben gerade einen Eisvogel geschickt bekommen.“, ein kleiner Mann hält eine Schriftrolle in seinen Händen. „Von wem ist sie?“ „Sie kommt aus dem Dorf Biánhu, vom Oberaufseher Shao.“ „Was will er denn?“ „Er schreibt, dass bei ihnen ein Mädchen einen Aufstand angefangen hat. Sie soll drei Elemente gebändigt haben.“ „Wie heißt sie?“ „Das weiß er nicht, aber viele sollen sie Avatar genannt haben. Mein König, wenn sie wirklich mehr als nur ein Element bändigen kann, waren es vielleicht die Geister, die ihr die Kraft gegeben haben. Was sollen wir machen?“ „Schickt Truppen in ihr Dorf und bringt mir diesen Avatar!“
Erde. Feuer. Luft. Wasser.
Einige Menschen besitzen die Fähigkeit eines der Elemente zu bändigen. Jedoch sind sie in der Unterzahl und werden schon seit langer Zeit von den Nichtbändigern benutzt. Doch seit kurzem ist eine Hoffnung erschienen, die ein Gleichgewicht zwischen ihnen herstellen soll.
Ihr Name ist Theara.
Theara, Aaron und Kisu müssen sich immer wieder verstecken, um nicht von den Soldaten gefunden zu werden. Erst im Morgengrauen sind die drei ganz aus ihrem Dorf verschwunden und stehen auf dem Kalahi-Berg und blicken ein letztes mal zurück auf ihr Zuhause.
„Ich hätte nie gedacht, dass ich aus so einem Grund unser Dorf verlassen muss.“, Kisu ist traurig, dass er alles zurück lassen muss.
„Jetzt trauer nicht deinem Luxusleben hinterher.“, und Aaron gibt Kisu einen Schlag auf seinen Arm, woraufhin Kisu umfällt.
„Wo sollen wir denn jetzt erst mal hin gehen?“
„Mein Vater sagte, das wir zu meinen Onkel Shín gehen sollen. Er würde wissen, was wir jetzt machen sollen.“, Theara ist traurig, dass sie so schnell von Zuhause weg musste. Sie hofft, dass es ihren Eltern gut geht und die Soldaten sie nicht gefangen nehmen. Insgeheim hofft sie, dass ihr Dorf einen Aufstand macht, damit die Bändiger nicht mehr gedemütigt werden. Sie hofft aber auch, dass die Nichtbändiger, sowohl die Soldaten als auch die, die keine Soldaten sind, Einsicht haben werden, dass es egal ist, ob man nun Bändiger ist oder nicht.
Sie ist froh, dass Kisu so einer ist, dem es egal ist, dass sie und Aaron Bändiger sind.
Wieder wird Theara aus den Gedanken gerissen als Aaron weiter fragt.
„Und wo lebt er?“
„In Omoidé.“
„Dann müssen wir ja durch den Utagaí Wald!“, Kisu ist geschockt.
„Jetzt sei kein Feigling, das ist der einzige Weg, um schnell nach Omoidé zu kommen.“, und Aaron geht mit Theara voran. Nur ungern folgt Kisu den beiden.
Dieser Wald ist bei vielen sehr bekannt und gefürchtet. Geister, die dort leben, sollen die Menschen, die es wagen ihn zu betreten, mit in die Geisterwelt nehmen und die Tiere, die dort leben, sollen die Menschen jagen. Nur wenige sind wieder heraus gekommen, und die, die heraus gekommen sind, können nicht mehr erzählen, was mit ihnen geschehen ist. Sie stehen zu sehr unter Schock und reagieren auf keinerlei Fragen.
Es sollen aber einige geben, die öfters in den Wald gehen, um Heilkräuter zu suchen. Angeblich lassen die Geister und die Tiere diese Menschen in Ruhe, da sie wissen, dass diese nach Heilkräutern suchen, um zu helfen.
Schließlich kommen die drei am Wald an und Theara ist die Erste, die sich traut ihn zu betreten. Aaron ist direkt hinter ihr und will aufpassen, dass ihr nichts geschieht. Kisu ist der letzte und sehr nervös, aber immer bereit sein Schwert zu ziehen.
Ein Nebel scheint sie zu verfolgen und lässt kein Blick durch ihn hindurch.
„Was war das!?“, Kisu bleibt stehen und sieht nervös in alle Richtungen.
„Bleib ruhig, das war nur ein Vogel.“, und Aaron verdreht seine Augen, obwohl er selbst verunsichert ist, was das war. Es schien so, als ob jemand nach ihnen rufen würde, aber es ist kaum zu hören, was es wirklich ist.
„Hey, Theara, wo gehst du hin?“
Doch Theara hört nicht auf das, was die beiden fragen. Sie geht vom kaum erkennbaren Weg ab und läuft in Richtung des Nebels, der sie sowieso schon eingehüllt hat, seitdem sie den Wald betreten haben.
„Theara, warte!“, Aaron rennt ihr hinterher, doch sie ist schon im Nebel verschwunden.
„Aaron warte auf mich!“, Kisu will Aaron hinterher, aber er ist auch schon im Nebel verschwunden.
„Theara, Aaron, wo seid ihr?“, doch Kisu bekommt keine Antwort und sieht selbst kaum etwas, da der Nebel zu dicht geworden ist.
„Warum hast du das gemacht? Du hattest doch alles.“
„Wer ist da?“, Kisu blickt sich überall um und zieht sein Schwert.
„Warum hilfst du den beiden?“
„Meister Tomo? Sind sie es? Aber wie geht das? Wie können sie hier sein?... Es sei denn du bist ein....“, Kisu erschreckt und traut sich fast nicht das Wort auszusprechen.
„...ein Geist!“, und vor Kisu erscheint ein Schwertkämpfer aus dem Nebel. Kisu umklammert sein Schwert mit beiden Händen, es gibt ihm Halt. Ohne wäre er wahrscheinlich schon davon gelaufen.
„Bändiger haben deine Eltern getötet. Ich habe ihnen Versprochen auf dich auf zu passen. Warum hilfst du welchen?“, der Schwertkämpfer reagiert nicht auf seine Frage, ob er ein Geist sei und geht mit langsamen Schritten auf ihn zu.
„Sie sind meine Freunde.“, Kisu weicht langsam immer weiter nach hinten aus.
„Freunde? Bändiger sind doch alle gleich. Sie werden dich irgendwann verraten. Ich habe dich aufgenommen und dich wie meinen eigenen Sohn geliebt. Du hast alles von uns bekommen.“
„Ich weiß...“, Kisu kommt nicht dazu mehr zu sagen, da die Person nun sein Schwert zieht.
„Ich habe dich zu den Soldaten gebracht, dich trainiert und gelehrt, dass die Bändiger böse sind.“, und die Person holt zum Schlag aus. Die Schwerter der beiden treffen klirrend aufeinander und beide stemmen sich hinein. Der Schwertkämpfer scheint der stärkere von beiden zu sein, doch Kisu gibt nicht nach.
„Nur weil sie Elemente bändigen können, glauben sie, sie wären etwas besseres. Viele haben eine Stärke, die niemand haben darf, daher müssen wir sie kontrollieren!“, und die Person weicht mit einem Schritt zur Seite zurück und lässt Kisu nach vorne fallen. Doch mit einer Hand kann Kisu sich noch auffangen und dreht sich sofort wieder zu der Person um.
„Ich merke es doch. Du hast Zweifel. Du glaubst auch, dass die Bändiger mit zu viel Macht kontrolliert werden sollen, so wie deine Freundin.“
„Ja, Bändiger haben meine Eltern getötet und ja, ich hatte erst Zweifel, ob ich den beiden trauen kann, aber ich kann es. Ich habe gelernt, dass sie nichts mit dem Tod meiner Eltern zu tun haben; und vielleicht hat Theara eine sehr große Kraft, aber das ist dennoch kein Grund vor Angst sie kontrollieren zu wollen.“, Kisu findet, dass die Rede von seinem Meister übertrieben ist, auch wenn er weiß, dass er recht hat.
Am Anfang hat er wirklich alle Bändiger gehasst, doch dann hat er Theara und Aaron kennen gelernt. Er hing an einer Klippe und die beiden haben ihm geholfen und so sein Leben gerettet. Erst da hat er angefangen anders zu denken und festgestellt, dass die Bändiger gar nicht so sind, wie es immer gesagt wird.
„Ich vertrau ihnen und die beiden vertrauen mir. Ich weiß, dass sie nie etwas gegen mich machen würden und ich werde ihnen helfen, denn...jetzt sind die beide meine Familie geworden!“, und Kisu läuft auf ihn zu und holt mit seinem Schwert aus. Er glaubt ihn getroffen zu haben, doch er hat keinen Widerstand gespürt, wodurch Kisu wieder fast auf den Boden fällt. Die Person scheint mit dem Nebel um ihn herum eins zu werden und nur ein helles Licht erscheint.
„Du hast recht, ich bin ein Geist. Die Menschen, die hier hinein kommen werden geprüft, ob sie rein sind. Du hast ein gutes Herz. Trotz eines schlimmen Schicksals siehst du die eine Möglichkeit. Gib niemals auf, vertrau weiterhin den beiden. Du gehst den richtigen Weg. Dir steht es nun frei den Wald zu durchqueren. Lebe wohl!“
Das Licht entfernt sich von Kisu, bis es im Nebel nicht mehr zu sehen ist. Erst dann lichtet es sich um ihn herum. Kisu versteht noch nicht genau, was gerade passiert ist. Noch immer steht er mit gezogenem Schwert wie angewurzelt fest. Nur langsam wird ihm klar, dass er gerade von einem Geist getestet wurde. Er atmet tief durch, um das erst einmal zu verarbeitet. Langsam steckt er sein Schwert wieder zurück und macht sich sofort auf die Suche nach Theara und Aaron.
„Theara! Aaron! Wo seid ihr?“, Kisu ruft immer wieder nach den beiden, doch keiner von beiden meldet sich.
„Theara! Wo bist du?!“, Aaron läuft durch den Nebel ohne zu wissen, wo er überhaupt hin geht. Es ist ihm aber egal, er will jetzt nur Theara finden. Er will sie nicht verlieren. Nicht sie.
„Du hast schon wieder versagt.“, ein kleiner Junge taucht langsam aus dem Nebel hervor.
„Wer bist du?“
„Erkennst du mich wirklich nicht, großer Bruder?“
Aaron stockt und muss die Augen zusammenkneifen, damit die Umrisse deutlicher werden, da er nicht glaubt, was er sieht.
„Thorben, bist du das wirklich?“, Aaron kann nicht glauben, was er sieht und geht langsam auf den kleinen Jungen zu.
„Als ich in Not war, hast du mir nicht geholfen. Du hast mich ertrinken lassen.“, und auf den Wangen des Jungen rollen Tränen herunter.
„Das ist nicht wahr. Ich bin dir hinterher gesprungen!“
„Du hättest mehr machen können.“
Nun kommt der Junge immer näher, doch Aaron geht ein paar Schritte zurück, um einen Abstand zu halten.
„Was hätte ich noch machen können? Ich bin dir hinterher gesprungen, den Wasserfall hinunter, aber ich habe dich nicht gefunden.“
„Du warst für mich verantwortlich, du hattest die Aufgabe auf mich aufzupassen.“
Die Augen des Jungen werden nun ganz schwarz. Auch der Nebel um Aaron ist nun schwarz und er kann keine Umrisse mehr von der Gegend erkennen. Es scheint, als wäre er in einem schwarzen Raum, in dem nur sie beide angeleuchtet werden.
„Du hast recht...Es ist meine Schuld.“, und Aaron senkt seinen Kopf nach unten. Nur schwer kann er seine Tränen zurück halten. Er hat seinen Bruder geliebt und hat es nicht ertragen ihn nicht gefunden zu haben. Die Jahre danach waren schwer für ihn und als er Theara kennen gelernt hat, ist ihm klar gewesen, dass er sie nicht auch noch verlieren will.
„Irgendwann musste die Zeit kommen, dass es gerecht wird. Du wirst jetzt mitkommen zu uns, in die Geisterwelt!“
„Nein! Ich komme nicht mit, weil es auch seine Schuld war! Wir haben ihm immer wieder gesagt, dass er da nicht zu nah hin soll. Ich werde nirgendwo hin mitkommen. Ich werde Theara und Kisu helfen, weil ich weiß, dass sie mir auch helfen werden.“, Aaron erkennt, dass es nicht Thorben sein kann. Thorben würde ihn verstehen. Aber kann es wirklich ein Geist sein? Er hat immer angenommen, dass es Geister nur in Geschichten existieren und jetzt soll einer genau vor ihm stehen?
„Zu spät.“, und der Junge rennt auf ihn zu.
Aaron reagiert sofort und nimmt seine Bändigerposition ein. Sofort rumpelt es und vor ihm erscheinen zwei größere Steine. Mit einer Bewegung des rechtem Arms nach vorne, fliegt einer der Steine auf den Jungen. Das gleiche macht er mit seinem linken Arm. Den ersten Stein kann der Junge noch ausweichen, aber der zweite streift ihn und er fällt zu Boden. Sofort wird es wieder hell und Aaron kann wieder die Umrisse von Bäumen durch den Nebel erkennen.
Er wollte es eigentlich nicht, aber er hat wieder aus Reflex gehandelt und sackt auf den Boden. Seit damals ist Aaron immer Aufmerksam gewesen und handelt sofort ohne groß nach zu denken. Er will nicht wieder zu spät sein.
„Es tut mir Leid. Ich wollte es nicht. Ich wollte meinem Bruder wirklich helfen, ich habe alles versucht, um ihn zu finden....Lass mich dir helfen. Ich wollte dich nicht verletzen.“, Aaron tut es Leid, dass er ihn verletzt hat. Nie im Leben hat er je gedacht, dass ihm so etwas mal passieren würde.
„Du hast mich nicht verletzt, ich bin ein Geist. Dein Stein hat mich nicht wirklich verletzt. In dem Moment, in dem du die Steine gebändigt hast, konnte ich in dein Inneres sehen. Wenn nur mehr Menschen so wären wie du, wäre dies hier ein besserer Ort; und nun lass los. Das dein Bruder verschwunden ist, ist nicht deine Schuld, gib nicht auf.“
Vom kleinen Jungen geht ein helles Licht aus und Aaron muss die Augen schließen, da er zu sehr geblendet wird. Als er sie wieder öffnet, ist der Junge und der Nebel um ihn weg und er kann den Wald sehen.
„Theara! Aaron! Wo seid ihr?“, Aaron hört Kisu rufen und rennt in die Richtung, aus dem die Stimme kommt.
„Ich bin hier!“, antwortet Aaron und findet Kisu.
„Du glaubst nicht, was ich erlebt habe.....“, Kisu will gerade anfangen zu erzählen, doch Aaron kommt ihm zuvor.
„Lass mich raten: Vor dir ist jemand erschienen, aus deiner Vergangenheit, aber dieser jemand war ein Geist des Waldes. Na, habe ich Recht?“, Aaron weiß, dass er Recht hat und muss grinsen.
„Woher weißt du das? Bist du etwa auch einer?“, und Kisu kneift seine Augen zusammen, um Aaron zu inspizieren.
„Ach was. Bei mir war auch einer. Aber sag mal, weißt du, wo Theara sein könnte?“
„Nein, ich habe gehofft, dass du sie gefunden hast.“
„Leider nein....“
„Aaron, Kisu! Wo seid ihr? Hallo, ist hier jemand?“, Theara läuft immer weiter durch den Nebel.
„Mama, Papa, seid ihr das?“, Theara glaubt ihre Eltern im Nebel zu sehen und geht langsam auf sie zu.
„Ich bin so froh euch zu sehen, aber was macht ihr hier?“, sie rennt jetzt auf die beiden zu, doch es scheint so, als ob sie sich mit jedem Schritt weiter entfernen.
„Wartet, bleibt stehen!“, Theara bekommt Panik und bleibt stehen. Was ist nur los? Was ist das hier?
„Deine Eltern sind weg.“
Diese Stimme. So rau. Theara läuft einen kalten Schauer über den Rücken, denn diese Stimme gehört dem Oberaufseher.
„Wir haben die Stadt übernommen, als ihr weg wart. Wir habe alle Bändiger so weg gesperrt, dass sie nichts mehr anstellen können.“, und der Oberaufseher setzt sein grässliches Lachen ein.
„Waaahhh!!“, Theara will ihn nicht hören. Mit beiden Armen wischt sie von links nach rechts. Ein plätschern ist erst zu hören, dann ein Rauschen und eine Wasserpeitsche erscheint und trifft den Oberaufseher. Theara dreht sich um und rennt vor ihm weg. Sie will ihn nicht mehr sehen, ihn nicht mehr hören. Sie kann ihn einfach nicht ertragen.
Sie hat keine Ahnung, wohin sie rennt, aber das ist ihr im Augenblick egal.
„Hab keine Angst. Ich werde dir helfen.“
Theara bleibt schockiert stehen. Wer war das jetzt? Ist das wieder jemand, den sie Verabscheut? Ist das jemand, vor dem sie Angst hat?
„Ich bin Eve.“, und vor Theara erscheint ein helles Licht und ein weiß-blaues Wesen schwebt nun vor ihr.
„Was willst du?“, Theara wischt sich eine Träne aus dem Gesicht und versucht gefasst zu wirken.
„Ich muss dir einiges erklären.“, und Eve lässt sich auf einen Stein nieder. Sie sieht fast so aus, wie ein Drache, den die Nichtbändiger-Kinder immer in den Himmel steigen lassen. Sie wollte auch immer einen haben, aber Bändigern ist es nicht gestattet mit so etwas zu spielen, was sie ungerecht findet.
„Was willst du mir erklären? Was bist du überhaupt?“, Theara ist skeptisch und weiß nicht, ob sie weg rennen oder bleiben soll.
„Ich bin ein Geist, aber du brauchst keine Angst zu haben. Wie du nämlich schon bemerkt hast, konntest du mehr als nur ein Element kontrollieren. Als das passiert ist, habe ich dir die Kräfte gegeben. Ich sehe dich als Hoffnung für uns Geister und unsere Welt. Das Tor zwischen eurer Welt und unserer Welt ist offen und Menschen kommen in unsere und zerstören sie. Wir haben nicht die Kraft das Tor von alleine zu schließen. Daher brauchen wir deine Hilfe. Doch bevor auch du es kannst, musst du lernen alle Elemente zu bändigen.“
„Aber wieso ich? Wie soll ich die Elemente erlernen? Warum?“, Theara weiß gar nicht, was sie zuerst fragen soll. Meint dieser Geist es wirklich ernst? Brauchen sie wirklich ihre Hilfe? Warum sie uns wie soll sie es überhaupt schaffen? Ist es überhaupt real, was gerade passiert?
„Ich kann dir leider nicht helfen die Elemente zu bändigen, ich konnte dir nur die Kraft geben. Du musst in deiner Welt Bändiger suchen, die dich lehren. Wir haben dich schon lange beobachtet und du warst die Richtige. Und jetzt geh mit deinen Freunden und lerne die anderen Elemente. Ich werde immer an deiner Seite sein, aber ich muss jetzt erst wieder fort.“
„Warte! Ich habe noch fragen!“, Theara ist jetzt ganz verwirrt, doch Eve ist schon in einem hellen Lichtschein verschwunden.
Der Nebel um Theara lichtet sich. Sie hat nicht bemerkt, wann sie sich auf den Boden gesetzt hat, doch sie bleibt eine ganze Weile lang weiter auf dem Boden sitzen. Sie versteht immer noch nicht, was gerade passiert ist und ob es überhaupt passiert ist.
„Theara! Da bist du ja.“, Aaron und Kisu haben sie endlich gefunden und Aaron ist froh, dass ihr nichts passiert ist. Er weiß nicht, was er sonst alles machen würde, wenn er sie nicht mehr finden würde.
Sie bemerkt erst nur leicht, dass die beiden sie gefunden haben, aber sie ist froh, nicht mehr alleine zu sein.
„Komm Theara, ich helfe dir beim Aufstehen.“, und Aaron reicht ihr die Hand. Dankend nimmt sie seine Hand und steht auf.
„Können wir hier bitte so schnell wie möglich weg?“, und Kisu ist nun der Erste, der voran geht.
„Was ist bei dir erschienen?“, Aaron sieht zwar, dass Theara nicht wirklich reden will, aber er will gerne wissen, was bei ihr erschienen ist.
„Erst der Oberaufseher und dann ein blauer Geist.“, antwortet Theara ohne eine Miene zu ziehen, da sie noch zu sehr in Gedanken ist.
Aaron will noch weiter Fragen, was die beiden von ihr wollten, aber er kommt nicht mehr dazu.
„Endlich! Wir sind draußen!“, Kisu jubelt und schmeißt sich vor dem Wald auf den Boden.
„Sicherheit, wir haben dich vermisst.“
„Jetzt übertreib mal nicht wie ein Gazier.“, doch Aaron ist genau so froh wieder draußen zu sein. Theara muss etwas grinsen, als Aaron das zu Kisu sagt, da Gaziere Tiere sind, die immer übertreiben und sich tot stellen, wenn sie sich erschrecken.
„Na so was. Drei Kinder kommen unbeschadet aus dem Wald. Wie habt ihr das denn geschafft?“, ein älterer Mann steht vor ihnen.
„Waah! Wo kommen sie denn her?“, Kisu erschreckt sich und fällt erst einmal wieder hin, nach dem ersten Versuch wieder aufzustehen.
„Ich bin schon lange hier. Ihr habt mich nur nicht bemerkt.“, und der alte Mann lächelt.
„Wir haben Glück gehabt.“, und Aaron mustert den älteren Mann.
„So so, und was wollt ihr hier?“
„Ich will meinen Onkel Shín besuchen.“, und Theara lächelt zurück.
„Dann musst du also die Nichte sein. Wir haben schon viel von dir gehört. Kommt mit, ich werde euch zu ihn bringen.“, und der alte Mann scheint nun einer der glücklichsten Menschen zu sein. Sie wissen nicht wieso er so strahlt, aber sie sind dankbar, dass ihnen einer helfen will.
„Vielen dank.“
„Habt ihr das Mädchen?“
„Tut mir leid, mein König, aber wir haben das Mädchen nicht gefunden. Zudem ist der Aufstand größer als wir dachten.“
„Zieht die Truppen aus dem Dorf und lasst es umstellen.“
„Jawohl mein König.“
„Wir dürfen nicht zu lassen, dass wir die Kontrolle verlieren.“
Erde. Feuer. Luft. Wasser.
Einige Menschen besitzen die Fähigkeit eines der Elemente zu bändigen. Jedoch sind sie in der Unterzahl und werden schon seit langer Zeit von den Nichtbändigern benutzt. Doch seit kurzem ist eine Hoffnung erschienen, die ein Gleichgewicht zwischen ihnen herstellen soll.
Ihr Name ist Theara.
„Onkel Shín!“, freut sich Theara, während sie ihrem Onkel in den Arm fällt. Sie ist froh wieder jemanden von ihrer Familie zu sehen. Sie braucht jetzt jemanden in ihrer Nähe, nachdem sie von Zuhause so schnell aufbrechen mussten.
„Theara, ich freue mich, dass du es hierher geschafft hast“, ihr Onkel ist glücklich, dass sie es mit ihren Freunden geschafft hat.
„Ich hoffe, euch beiden geht es auch gut. Danke, dass ihr auf Theara aufpasst“
„Wir wurden fast von Geistern entführt!“, regt sich Kisu auf, dass Shín anscheinend es nicht als schlimm ansieht, dass sie durch den Utagaí Wald gehen mussten und auf Geister gestoßen sind.
„Ist das Hühnchen?“ Aber schnell lässt sich Kisu wie immer ablenken, vor allem jetzt, da er schon eine gefühlte Ewigkeit nichts mehr gegessen hat.
„Nur zu, nimm dir so viel du willst“
Das lässt sich Kisu nicht zweimal sagen und legt sein Schwert zur Seite, um beim Essen nicht gestört zu werden.
„Hören Sie nicht auf ihn, er übertreibt mal wieder“, versucht Aaron die Dramatik, die Kisu verursacht hat, etwas herunter zu spielen, auch wenn Kisu es schon mit der Frage nach dem Hühnchen geschafft hat.
„Sag, wie fühlst du dich? Setzt euch doch, ich mache uns einen Tee“, Shín geht zum Ofen und setzt eine Kanne mit Tee auf.
„Ich bin verwirrt. Zuhause da habe ich...“, Theara weiß nicht, wie sie es sagen soll. Es kommt ihr lächerlich vor zu erzählen, dass sie die anderen Elemente bändigen kann.
„...da konnte ich noch Luft und Erde bändigen“, berichtet sie, selbst ungläubig, dass es wahr gewesen ist und bereitet sich auf ein Lachen von ihrem Onkel vor, doch das Lachen bleibt aus.
„Ich verstehe“, mit einem ernsten Gesicht setzt sich Shín an den Tisch.
„Die Geister sehen in dir wohl etwas besonderes. Du musst wissen, dass früher die Menschen nicht nur Mental in die Geisterwelt konnten, und wieder zurück, sondern auch körperlich. Wir haben zusammen Feste gefeiert und uns gegenseitig gelehrt. Jedoch wollten einige mehr als nur die Geisterwelt besuchen und dann wieder verlassen“
Der Tee pfeift und Shín holt ihn vom Ofen und gießt ihnen allen eine Tasse ein. Er macht es vorsichtig in kreisenden Bewegungen, sodass ein kleiner Strudel in der Tasse entsteht. Für Shín ist Tee etwas reinigendes und soll den Körper und den Geist beruhigen.
„Du meinst, Menschen und Geister waren früher Freunde?“, fragt Kisu ungläubig, jedoch ist er kaum zu verstehen, da er weiterhin seinen Mund mit Essen stopft.
„Genau“
„Was haben die Menschen gemacht?“, Aaron ist neugierig, wieso alles so gekommen ist. Er kann sich nicht vorstellen, dass einmal Menschen in die Geisterwelt gehen konnten und wieder zurückkehren sollten; oder anders herum, dass Geister friedvoll zu ihnen in die Welt gekommen sein sollen.
„Wie so oft wollten die Menschen mehr. Der Erdkönig, der zur damaligen Zeit herrschte, wollte sein Reich erweitern, was er erfolgreich geschafft hat. Damals waren Bändiger und Nichtbändiger gleich. Es gab keine Vorzüge für einen. Als der König jedoch die Geisterwelt in der Hand hatte, fühlte er sich durch die Bändiger bedroht und befahl diese zu kontrollieren, da er selbst kein Bändiger war. Natürlich waren die Bändiger Anfangs stärker, doch seine Wissenschaftler entwickelten ein Gerät, dass selbst heute als sehr weit Fortgeschritten gilt“
„Sie meinen die Schocker?“ Kisu hält etwas längeres in seiner Hand.
„Wo habt ihr denn überhaupt den aufgegabelt?“, skeptisch sieht Shín zu Kisu.
„Keine Angst. Wir haben ihm mal geholfen, seitdem sind wir gute Freunde. Er ist ganz harmlos“, lacht Theara, weil ihr Onkel glaubt Kisu sei gefährlich.
„So sieht er auch aus. Aber zurück zu der Geschichte. Mit diesen Schockern konnte er die Bändiger zurückhalten und einige sogar für ihn arbeiten lassen. Er hat aber auch eine spezielle Truppe ausbilden lassen, die im Nahkampf Experten sind. Sie können unsere Bändigerfähigkeiten für eine gewisse Zeit außer Kraft setzten, indem sie die Vitalpunkte dafür treffen. Somit war er ihnen gleich und konnte die Bändiger unterdrücken. Doch bis heute hat sich dies nicht überall durchgesetzt, so wie hier in diesem Dorf“
„Und warum kann ich jetzt mehr als nur Wasser bändigen?“, Theara versteht es immer noch nicht.
„Im Wald ist mir ein Geist erschienen, Eve, und sie meinte, sie habe mir die Kraft gegeben, aber warum?“
„Der Erdkönig hat auch Möglichkeiten gefunden, wie er die Geister dominieren kann. Ich weiß nicht, wie er es damals geschafft hat und wie der heutige Könige es schafft, aber sie können sich nicht helfen. Daher brauchen sie auch unsere Hilfe, jedoch gab es nie einen, der in ihren Augen würdig gewesen wäre. Ich weiß nicht, warum sie dich als würdig sehen, doch du musst etwas Besonderes an dir gehabt haben, wenn sie dir diese Gabe schenken. Du musst wissen, dass ich als einer der wenigen in die Geisterwelt gehen kann und wieder zurückkomme. Doch alles erfahre ich leider auch nicht. Ich weiß nur, dass du den König besiegen und die Tore zur Geisterwelt schließen musst, nur so kann wieder ein Gleichgewicht zwischen unseren Welten entstehen und Frieden zwischen Nichtbändigern und Bändigern. Natürlich musst du dann alle vier Elemente beherrschen. Eve hat dir die Kraft gegeben, nun musst du lernen sie zu nutzen. Ich bin mir sicher, dass sie auf deinem Weg noch öfters erscheinen wird. Da du eine Wasserbändigerin bist, musst du erst Erde, dann Feuer und schließlich Luft erlernen, um den Kreislauf der Elemente zu schließen“
„Aaron ist ein Erdbändiger!“, ruft Kisu in den Raum.
Aaron fällt bei diesen Worten fast vom Stuhl.
„Sieh einer an. Dann kannst du ihr ja das Erdbändigen beibringen“
„Ich!? Ich kann niemandem etwas beibringen!“, geschockt sieht Aaron in die Runde und weiß gar nicht so recht, was er sagen soll. Er fühlt sich zwar etwas geschmeichelt, aber er ist noch nie besonders gut gewesen jemanden etwas zu lehren.
„Aber natürlich. Du musst ihr nur zeigen, wie du die Erde bändigst.“ Shín trinkt seinen Tee genüsslich leer und stellt den Becher vorsichtig auf den Tisch.
„Ich würde vorschlagen, dass ihr gleich morgen anfangt, geht jetzt schlafen. Oben sind Betten für euch“
„Danke Onkel Shín“ Theara sagt nichts mehr dazu und trinkt auch ihren Tee aus.
Theara, Aaron und Kisu gehen die Treppen hinauf und Theara nimmt im Flur die erste Tür links. Aaron und Kisu nehmen die dritte Tür auf der rechten Seite.
„Gute Nacht Theara“
Aaron hofft, dass sie sich jetzt erst einmal gut ausruhen kann. Er sieht, dass sie sehr erschöpft ist.
„Gute Nacht ihr beiden“ Theara macht ihre Tür zu und lehnt sich dagegen. Endlich Ruhe. Sie atmet tief durch und genießt es. Langsam geht sie zum Bett und lässt sich darauf fallen. Es ist weich, weicher als ihres Zuhause.
Ihr Zuhause. Was wird jetzt wohl los sein? Hat der Geist recht? Oder hat ihr Vater es geschafft mit den anderen? Wäre es besser gewesen zu bleiben? Sie weiß es einfach nicht. Sie ist zu müde um weiter darüber nach zu denken und schläft ein.
Aaron und Kisu gehen in ihr Zimmer und schmeißen sich auf ihre Betten.
„Hach, ich werde nie wieder aufstehen“, das Bett scheint so gemütlich zu sein, dass Kisu schon am Einschlafen ist.
„Warte bis morgen“
„Ja ja. Nacht du Brocken“, murmelt Kisu nur noch in sein Kissen.
Aaron hört nur noch ein leises Schnarchen und schließt ebenfalls die Augen. Schlafen kann er aber noch nicht. Er muss an das denken, was der Geist gesagt hat. Der Geist meinte, sein Bruder sei nur verschwunden und hat nichts von Tod gesagt. Kann es wirklich sein, oder redet er sich das alles jetzt nur ein, weil er so müde ist? Aber wenn er wirklich lebt, warum ist er dann nicht wieder zurückgekommen? Wird er dann irgendwann nach Hause kommen? Wird es überhaupt noch ein Zuhause geben?
Es dauert lange, bis er die Gedanken losbekommt und ein schläft.
Die Sonne steht schon am Himmel, als Theara aufwacht. Sie hat schon lange nicht mehr so gut geschlafen. Als sie aus ihrem Zimmer kommt, hört sie schon Aaron und Kisu unten Essen.
„Theara, guten Morgen. Hast du gut geschlafen?“, wird sie von ihrem Onkel begrüßt.
„Ja, danke Onkel. Danke, dass wir zu dir kommen konnten“, sie setzt sich zu den dreien an den Tisch.
„Du musst unbedingt das hier probieren“, Kisu stopft sich mal wieder seinen Mund mit Essen voll und hält ihr etwas gelblich-rundes vor die Nase.
„Esst mal schön, damit ihr gleich mit dem Training anfangen könnt“, Shín steht auf und lässt die drei alleine.
„Ich gehe schon mal raus. Lass dir Zeit, ich warte“, Aaron steht auf und nimmt sich noch ein Stück Brot mit nach draußen.
„Das packst du schon. Aaron ist zwar hart, aber er kann es dir bestimmt schnell beibringen“, versucht Kisu sie auf zu muntern, verschluckt sich dabei fast und muss schnell Milch trinken. Theara muss grinsen und nimmt ein Stück Brot mit einer Scheibe Käse.
Schnell hat sie fertig gegessen und sich im Bad fertig gemacht, was viel größer ist als bei ihr Zuhause.
„Wir können anfangen!“, begrüßt sie Aaron und bleibt vor ihm stehen. Er steht auf und überlegt, was er als erstes machen soll. Er hat nie wirklich gelernt, wie man richtig bändigt, er konnte es schon immer. Ab und zu hat er mal mit seinem Vater trainiert, doch so wirklich gelernt hat er nie, er hat selbst immer Bewegungen ausgedacht um die Erde zu bändigen. Aaron versucht sich dennoch an einigen Übungen zu erinnern, um sie mit Theara durch zu gehen.
„Als erstes: Versuch einen festen Stand zu haben. Du musst fest stehen, wie ein Fels“, Aaron zeigt ihr die Pose, in der sie stehen soll. Beine weiter auseinander und die Arme nah am Körper.
„Und jetzt schließe deine Augen. Versuch die Vibrationen im Boden zu spüren und zu orten, wo sie herkommen.“
Theara schließt ihre Augen, aber sie spürt nichts. Sie konzentriert sich, aber es passiert nichts.
„Ich spüre einfach nichts“, seufzt sie und setzt sich niedergeschlagen auf den Boden.
„Du kannst auch nicht von jetzt auf gleich die Vibrationen spüren, es dauert“, Aaron weiß nicht, was er genau machen soll um ihr zu helfen.
„Na schön. Lassen wir das erst einmal und machen das später noch mal. Ich zeige dir jetzt eine Bewegung, wie du Steine bewegen kannst“
Er geht zu einem etwas größeren Felsen und geht in seine Position.
„Pass genau auf“
Theara sieht genau zu, wie er es macht.
Sein rechter Fuß steht etwas weiter vor als der linke und er steht ein wenig in der Hocke, so dass er seitlich zum Felsen steht. Dann dreht sich Aaron nach links um sich selbst, bis er gerade zum Felsen steht und streckt schnell seine Arme nach vorne, die Hände zu Fäusten geballt. Es entsteht ein rumpeln und der Felsen fliegt nach vorne von Aaron weg. Er bleibt dabei standhaft in der letzten Position stehen.
Theara hat noch nie darauf geachtet, wie Aaron bändigt und welche Schritte er dabei macht, aber es sieht nicht so schwer aus.
„Jetzt bist du dran. Wir üben erst einmal die einzelnen Schritte“
Theara geht zu einem etwas kleineren Stein und stellt sich so hin, wie Aaron gerade.
„Die Beine etwas weiter auseinander und ein wenig in die Hocke“
Er macht es ihr vor und Theara versucht es genauso zu machen.
„Du musst deine Arme und deine Hand etwas anders bewegen“, Aaron kommt näher und hält ihre Arme fest. Langsam führt er sie und zeigt ihr so, wie sie die Bewegung machen muss.
Theara atmet nun langsam, da Aaron ihr so nah steht, dies ist für sie ungewohnt.
„Ich glaube, ich bekomme es nicht hin“, Theara lässt sich wieder auf den Boden fallen und atmet tief durch.
„Die Bewegung war schon richtig, jetzt musst du die Haltung noch richtig ausführen“, er reicht ihr die Hand, um Mut zu geben nicht auf zu geben.
„Na schön, ich versuche es weiter“
Theara nimmt seine Hand und steht wieder auf, um in die Ausgangsposition zu gehen.
Es reizt sie schon, die anderen Elemente bändigen zu können, aber sie hat nie daran gedacht es jemals zu können.
Sie bewegt sich nun langsam, dreht sich nach links um sich selbst und streckt dann die Arme nach vorne aus, gegen den Stein.
„Siehst du, es geht doch, sehr gut“, lobt Aaron seine Freundin.
„Übe diese Bewegung erst einmal öfters, bis du sie in und auswendig kannst“
„Und wann werde ich merken, dass ich bändigen kann?“
Theara hat in so etwas nie viel Geduld. Wasserbändigen konnte sie schon immer sofort. Nur wenn ihre Mutter ihr eine neue Pose bei gebracht hat und es nicht sofort konnte, gab sie schnell auf. Aber ihre Mutter nicht. Sie hat es so lange mit ihr geübt, bis sie es schließlich konnte.
„Wenn du bändigst, dann spürst du einen Widerstand in deinem Körper. Es fällt dir schwerer dich zu bewegen. Dazu kommen wir aber später. Da trainieren wir dann deine Standfestigkeit. Du musst quasi selbst zum Stein werden, aber dennoch flexibel sein. Jetzt versuch aber erst einmal den Stein zu bewegen“, er zeigt auf einen kleineren Brocken.
„Den solltest du auch ohne dieses Training schon mal ein wenig bewegen dürfen“
Theara versucht es, sie versucht es immer wieder, doch der Brocken bewegt sich nicht.
Den ganzen Nachmittag versucht sie es schon. Nur um mittags eine Kleinigkeit zu essen haben alle drei eine Pause eingelegt. Aaron hat ihr einen noch kleineren Stein gegeben, an dem sie es versuchen soll. Er selbst übt nun auch und Kisu hat zwischendurch ein paar Mal sein Schwert geschwungen.
Es ist das erste Mal, dass sie so lange durchhält. Sie will es unbedingt schaffen.
Dann, bei der Bewegung spürt sie Druck. Sie spürt, dass der Boden unter ihren Füßen vibriert. Jetzt hat sie auch Probleme die Pose mit Schwung durch zu führen. Es fühlt sich an, als ob sie wirklich gegen etwas Schweres an zu kämpfen hat.
Sie hört ein rumpeln, sie spürt ein zittern. Ist sie es? Nein. Ist es der Boden? Nein. Es ist der Stein. Mit der letzten Bewegung hebt sie den Stein an und schleudert ihn von sich weg.
Theara kann nicht glauben, was sie gerade gemacht hat. Ungläubig sieht sie hinter dem Stein her, den sie gerade gebändigt haben soll. Sie! Eine Wasserbändigerin!
Theara will es unbedingt noch einmal versuchen. Dieses Mal an einem größeren Stein. Sie stellt sich seitlich zu ihm und atmet tief durch. Sie spürt jetzt schon ein vibrieren in den Füßen. Dieses Mal ist auch ein größerer Widerstand zu spüren, aber sie kämpft dagegen an.
Sie kann sich nur langsam nach links drehen und streckt ihre Arme langsam nach vorne gegen den Stein. Mit einem lauten rumpeln fliegt der Stein auf die andere Seite des Hofes.
„Wow, cool!“, staunt Kisu unglaubwürdig, dass Theara den Stein tatsächlich gebändigt hat.
„Prima. Du kannst es und es hat nur einen ganzen Tag gedauert“
Theara meint etwas Sarkasmus herausgehört zu haben bei Aaron, aber es kann auch ein richtiges Lob gewesen sein. Manchmal weiß sie es bei ihm nicht genau. Aber sie ist stolz, stolz es wirklich geschafft zu haben, auch wenn es nur ein kleiner Stritt gewesen sein mag.
Theara hat nicht gemerkt, dass sie wirklich den ganzen Tag dafür gebraucht hat. Die Sonne erreicht schon fast die Kronen der Tannen.
Sie ist erschöpft und müde, aber auch Kisu und Aaron scheinen erschöpft zu sein. Beide haben trainiert, während Theara das Erdbändigen gelernt hat. Kisu mit seinem Schwert und den Nahkampf, zusammen mit Aaron.
Im Haus wartet schon ein gedeckter Tisch mit Essen und Tee auf die drei.
„Ich habe für uns das Essen gemacht. Ihr habt bestimmt Hunger nach so einem langen Tag. Ihr müsst wissen, das Abendessen gibt einem wieder Kraft und lässt einen gut schlafen“, lachend sieht Shín die drei an und gießt den Tee in die Tassen.
„Ich habe gesehen, dass du es geschafft hast die Erde zu bändigen, mein Liebes“
„Sie hat aber noch viel vor sich“, sagt Aaron mit ernster Stimme und nimmt sich ein Brot.
„Das ist wahr. Ihr könnt erst einmal hierbleiben und trainieren. Ich werde euch in der Zeit etwas suchen um besser Reisen zu können“
„Reisen? Wohin reisen?“, kommt es mit vollem Mund von Kisu.
„Theara muss die anderen Elemente auch erlernen. Hier kann sie es nicht“
Die ruhige Stimme von Shín beruhigt Kisu, aber nicht Theara.
Es macht ihr zwar Spaß jetzt auch Erde bändigen zu können, auch wenn es nur ein kleiner Stein sein mag, den sie bewegen kann, aber sie ist doch nicht eine Kämpferin. Sie hat zwar immer ums Überleben gekämpft, aber das ist was anderes. Sie kann sich zwar verteidigen und auch angreifen, was ihre Eltern ihr beigebracht haben, aber kann sie es auch anwenden?
„Ich gehe jetzt in mein Bett, schlaft gut“, verabschiedet sie sich und geht hoch. Theara will heute nicht mehr an so etwas denken. Sie lässt sich in ihr Bett fallen und merkt erst jetzt, dass jeder Muskel schmerzt.
Es dauert, bis sie die Augen schließen kann und hört noch, wie Aaron und Kisu in ihr Zimmer gehen, aber schließlich fällt sie in einen tiefen Traum.
Erde. Feuer. Luft. Wasser.
Einige Menschen besitzen die Fähigkeit eines der Elemente zu bändigen. Jedoch sind sie in der Unterzahl und werden schon seit langer Zeit von den Nichtbändigern benutzt.
Doch seit kurzem ist eine Hoffnung erschienen, die ein Gleichgewicht zwischen ihnen herstellen soll.
Ihr Name ist Theara.
Als Theara sich im Stollen gegen den Oberaufseher gestellt und neben Wasser auch Erde und Luft gebändigt hat, musste sie schnell verschwinden. Kisu, ein Soldat und Aaron, ein Erdbändiger haben ihr dabei geholfen.
Nachdem Theara im Gang verwunden ist, sind schon einige Soldaten in Steinen gefangen. Auch einige Wasserbändiger helfen den Erdbändigern und haben einige Soldaten in Eis gefangen.
„Das wird Folgen haben, das schwöre ich!“, brüllt der Oberaufseher und platzt fast vor Wut.
„Wir werden uns nun das wieder holen, was uns gehört. Die Freiheit! Wir werden unser Dorf befreien! Wir werden aber jedem die Wahl lassen sich zu ergeben. Ivo, geh mit ein paar anderen los und sagt es allen, die ihr trefft!“, Thearas Vater sieht die Chance, auf die alle schon immer gewartet haben. Endlich können sie sich aus den Fängen des Erdkönigs befreien.
„Machen wir!“, sofort läuft Ivo los, um die anderen zu informieren.
„Ihr werdet es nicht schaffen!“, noch immer brodelt der Oberaufseher vor Wut, doch Thearas Vater hört ihm nicht zu, er ist schon längst am Ausgang des Stollens.
Mit einer halben Umdrehung um sich selbst und einer kreisenden Bewegung der Arme donnert es im Boden. Sofort kommt unter ihm eine breite Fläche hinauf. Mit einer Bewegung des Oberkörpers nach vorne bewegt sich die Steinplatte unter ihm und er surft mit ihr auf der Erde in Richtung des Dorfes.
Schon am Rand des Dorfes sieht er, dass die Nachricht des Aufstandes vorbei gekommen sein muss.
Im Dorfzentrum trifft er auf weitere Bändiger. Ihnen gegenüber stehen Soldaten und scheinen bereit für einen Kampf zu sein.
„Wartet!“, er hofft, dass es nicht zu einem Kampf kommen muss.
„Wir müssen nicht kämpfen. Legt eure Waffen nieder. Ihr wurdet all die Jahre immer nur hintergangen“
„Ihr Bändiger habt doch selbst keine Ahnung!“, der vorderste Soldat scheint auch der mutigste zu sein. Mit kleinen Schritten kommt er den Bändigern immer näher. Die anderen jedoch haben Zweifel und bleiben zurück, bis einer von ihnen sich traut etwas zu sagen.
„Wir werden nicht mehr für dich oder den König kämpfen. Es ist Unsinn. Ich selbst habe eine kleine Tochter, die eine Bändigerin ist und ich liebe sie!“, der Soldat geht an den anderen vorbei und stellt sich auf die Seite von Thearas Vater. Er hat den Eindruck, dass dieser Soldat schon lange diese Gedanken im Kopf hat und nur auf diesen Moment gewartet hat.
„Ich habe einen Sohn, der auch Erdbändiger ist und muss seine Kräfte verstecken. Das ist nicht richtig!“
Immer mehr Soldaten wechseln die Seiten, bis nur noch drei übrig sind. Nur widerwillig legen sie die Waffen nieder und lassen sich von den anderen Soldaten und Bändigern abführen.
„Ich bin Pán-tu“, der Soldaten, der zuerst auf die Seite der Bändigern gegangen ist, reicht Thearas Vater die Hand.
„Ich bin Chryso. Es war die Richtige Entscheidung von dir“, Thearas Vater kommt dem Soldat entgegen.
„Ich weiß, und ich bin nicht der einzige“
„Ja, ein paar Soldaten in der Mine haben sich auch gegen den Erdkönig gewendet“
„Das meinte ich nicht.“
Auf diese Worte sieht Chryso den Soldaten nur fragend an.
„Ich bin Mitglied einer geheimen Gruppe, die schon lange vor hatte etwas gegen diesen Zustand zu Unternehmen und da kam euer Aufstand uns recht. Wir werden ihn nutzen, um ein Zeichen zu setzen.“
Chryso ist erstaunt davon zu hören. Er hat zwar immer vermutet, dass es so etwas geben könnte, aber er hat nicht damit gerechnet, dass es tatsächlich solch eine Gruppe existiert.
„Wie kann man erkennen, dass Soldaten zu euch gehören?“
„Bändiger sind auch unter uns. Sie haben schon von dir erzählt. Ich wollte eigentlich schon länger mit dir reden, jetzt kommt es endlich dazu. Wir müssen miteinander reden, wenn es ruhiger ist. Jetzt aber zu uns: Auf der Straße wirst du uns im Augenblick nicht erkennen. Wenn du es wissen willst, wir nennen uns den 4. Lotus. Bevor du fragst: 4 wegen den vier Elemente und Lotus, da er rein ist. Wenn du das erwähnst, dann wirst du schon merken, wer zu uns gehört“, Pán-tu will schon weiter rennen, doch Chryso hält ihn noch auf.
„Wo willst du jetzt hin?“
„In solch einem Fall treffen wir uns beim Dorfmeister. Wir wollen ihn ablösen.“
„Ich werde mit kommen“, Chryso weiß noch nicht genau, was er von Pán-tu wirklich halten soll. Kann man ihm trauen? Gibt es wirklich diesen 4. Lotus? Doch er muss ihm erst einmal vertrauen und gemeinsam laufen sie zum Haus des Dorfmeisters.
Thearas Mutter arbeitet auf dem Feld, um das Getreide zu bewässern. Doch es kommt Unruhe auf und sie bemerkt, dass einige Soldaten ihren Posten verlassen.
„Na los! Arbeitet weiter! Die müssen nur auf´s Klo!“, der Soldat in ihrer Nähe zeigt keine Anstalten den anderen hinterher zu laufen und droht mit seiner Peitsche. Er will gerade auf seine Worte Taten sprechen lassen, doch von weitem erscheinen Ivo, der die Worte aus der Mine herbei bringt.
„Wir machen einen Aufstand. Wir kämpfen ab heute gegen den Erdkönig!“
Für einen Moment geschieht nichts, doch dann beginnen die ersten aus dem Getreidefeld zu flüchten. Die übrigen Soldaten versuchen sie wieder einzufangen, wobei es nur bei einem Versuch bleibt. Ein Soldat wird von einem Luftbändiger weggeblasen und wieder ein anderer wird von einem Wasserbändiger mit einer Wasserpeitsche aufgehalten.
„Du wirst nirgendwo hingehen!“, der Soldat macht sich vor Thearas Mutter breit und ist bereit sie aufzuhalten.
„Jetzt sind wir dran“, Thearas Mutter breitet ihre Arme aus und dreht sich. Als sie eine Umdrehung hinter sich hat, umschwirrt sie eine Wand aus großen Wassertropfen, die aus den Pflanzen gekommen sind.
„Lächerlich!“, wütend holt der Soldat mit seiner Peitsche aus.
Thearas Mutter reagiert schnell und hat die Tropfen selbst zu einer Peitsche geformt. Mit einer Armbewegung nach vorne umschlingt das Wasser das Handgelenk des Soldaten, so dass er seine Peitsche nicht mehr bewegen kann. Mit einer halben Drehung wirft sie ihm eine weitere Wasserpeitsche von rechts gegen seinen Körper und der Soldat fällt zu Boden.
„Für all das, was du uns immer angetan hast!“, Thearas Mutter formt das restliche Wasser zu Eiszapfen und zielt auf den Soldaten. Mit einer Bewegung des linken Arms von hinten nach vorne, schnellen die Eiszapfen auf den Soldaten.
Doch dann hält sie inne, kurz bevor die Zapfen den Mann treffen.
„Nein. Ich bin nicht so wie ihr. Du wirst eine gerechtere Strafe erhalten“, Thearas Mutter lässt ihre Arme langsam sinken und die Eiszapfen werden wieder flüssig und der Soldat wird klatsch nass.
„Das war ein Fehler!“, der Mann steht sofort auf, um sie anzugreifen. Doch wieder reagiert sie schneller. Beide Arme gehen schnell nach oben, die Hände nach unten geneigt. Zugleich macht sie einen Schritt auf ihn zu und senkt die Arme wieder, dieses mal etwas nach vorne. Das Wasser um ihn und auf ihm gefriert sofort und er kann sich nicht mehr bewegen.
„Deine Zeit ist abgelaufen“
„Tau mich gefälligst wieder auf!“, der Soldat tobt, doch Thearas Mutter achtet nicht mehr auf ihn und folgt den anderen aus dem Feld hinaus. Sie macht sich Sorgen. Was macht ihr Mann? Was macht Theara? Geht es ihnen gut?
Sie macht sich sofort auf den Weg nach Hause, falls einer von ihnen nach Hause kommt.
„Was ist das für ein Lärm?“, der Dorfmeister sieht aus dem Fenster und stellt fest, dass in seinem Dorf ein Aufstand statt findet.
„Herr Dorfmeister! Aufständische kommen zu uns!“, ein Mann stürzt in den Raum hinein. Seine Furcht ist von seinen Augen abzulesen. Kurz danach kommen auch schon Männer und Frauen herein um den Posten des Dorfmeisters frei zu machen. Sofort rennt der Mann, der die Botschaft brachte aus dem Raum.
„Haben Sie keine Angst. Wir tun Ihnen nichts“, es ist die Stimme von Pán-tu. Er kommt zusammen mit Thearas Vater in den Raum.
„Wenn sie freiwillig gehen, dürfen Sie nach Hause“, er macht mit seiner Hand eine Geste, dass er gehen kann. Der Dorfmeister zögert nicht lange und stürmt sofort panisch aus dem Raum.
„Das Dorf steht ab sofort nicht mehr unter der Krone des Erdkönigs!“
In Folge diesen Satzes entsteht ein lautes Grölen und Jubeln.
„Chryso, willst du bei uns mit machen? Wir haben jetzt die Chance alles neu aufzubauen, gerechter“, Pán-tu reicht ihm die Hand und die anderen Menschen im Raum sind auf der stelle still geworden.
„Wäre meine Familie sicher?“, Chryso macht sich Sorgen um seine Frau und vor allem um Theara.
„Ja, das werden sie.“
Ganz glaubt Chryso es ihm nicht. Gerade wegen Theara. Er sagt ihm lieber noch nichts, auch zum Schutz für Theara.
„Dann bin ich dabei“, Chryso schlägt ein und wieder ist ein Jubel der anderen zu hören.
„Ich würde gerne nur jetzt ganz schnell zu meiner Familie, um sicher zu gehen, dass es ihnen gut geht“
„Geh nur. Wir werden morgen besprechen, wie wir alles organisieren werden“
Thearas Vater macht sich sofort auf den Weg. Er achtet dieses mal nicht darauf, wer gegen wen kämpft. Er vertraut auf Pán-tu.
Zuhause angekommen merkt er, dass hier nicht so viel los ist, wie in der Dorfmitte.
„Sofia! Theara! Seid ihr da?“, er hofft, dass sie es nach Hause geschafft haben. Er weiß, dass beide stark sind und durchaus gute Kämpfer, doch sicher ist man deswegen noch lange nicht.
„Chryso! Ein Glück, dir geht es gut“, begrüßt Sofia ihren Mann und küsst ihn erleichtert.
„Wo ist Theara?“, ihr fällt auf, dass ihre Tochter nicht bei ihm ist und macht sich gleich noch größere Sorgen.
„Setzt dich Liebes“, er begleitet seine Frau in die Küche, die auch gleichzeitig ihr normaler Wohnraum ist.
„Du weißt doch bestimmt, was dein Bruder immer erzählt von der Geisterwelt und den anderen Sachen?“
„Ja, aber was hat das damit zu tun? Wo ist Theara?“
„Heute hat der Oberaufseher jemanden zurecht gewiesen. Aaron ist dazwischen gegangen und schließlich auch unsere Kleine. Doch sie hat...“, so recht weiß er nicht, wie er es sagen soll.
„...sie hat Erde und Luft gebändigt“, Chryso wartet gespannt auf eine Reaktion.
Sofia schließt die Augen und muss tief durch atmen.
„Was sollen wir jetzt machen?“, Sofia bleibt ganz ruhig, auch wenn es in ihrem Kopf alles durcheinander geht und sie den Tränen nahe ist.
„Sie sollte erst einmal weg. Es ist vielleicht momentan nicht gut, wenn die anderen erfahren, was sie kann“, auch Chryso muss sich erst einmal setzen.
Thearas Eltern warten lange, bis zum Abend, bis Theara endlich hinein kommt.
„Mama! Papa! Seid ihr da?“, die Eltern hören ihr Kind rufen. Schließlich kommt Theara in die Küche und findet ihre Eltern.
Sofia und Chryso sind froh, dass es ihrer Tochter gut geht und es nach Hause geschafft hat.
„Wer ist das?“, Thearas Vater sieht Kisu, der eine Soldatentracht an hat.
„Keine Angst. Das ist Kisu. Er ist ein Freund von mir und Aaron“, sie hofft, dass ihr Vater ihn wiedererkennt aus der Mine.
„Danke Kisu, dass du unserer Tochter hilfst“, Chryso erkennt ihn tatsächlich und bedankt sich bei Kisu.
Ihre Mutter holt etwas unter dem Küchentisch hervor.
„Wir haben dir ein paar Sachen zusammen gepackt“, ihre Mutter holt einen eutel unter dem Küchentisch hervor und legt ihn auf den Tisch.
„Wieso? Warum habt ihr das gemacht?“, Theara versteht nicht, warum sie das gemacht haben.
„Du musst hier weg. Viele reden schon über das, was in der Mine passiert ist. Du hast nun Kräfte, die andere in diesen Zeiten auch haben wollen. Es ist zu deinem Schutz. Geh zu deinem Onkel Shín. Er wird wissen, was zu tun ist“, ihr Vater versucht mit ruhiger Stimme zu reden.
„Du bist bestimmt uns zu retten“, ihre Mutter ist den Tränen nähe, versucht aber stark zu bleiben.
„Pass bitte gut auf Theara auf“, Chryso wendet sich an Kisu und sieht ihn mit einem strengen Blick an.
„Das werde ich. Aaron ist ja auch noch dabei“, Kisu deutet vor die Tür, wo Aaron wahrscheinlich schon wartet.
„Dann geht jetzt, und lasst euch nicht erwischen“
„Ich werde euch vermissen!“, Theara versteht immer noch nicht ganz, was alles gerade passiert, warum es passiert und warum sie unbedingt weg soll. Sie ist sehr durcheinander. Noch einmal umarmt sie ihre Eltern, will noch einmal ihre Wärme fühlen.
Doch schließlich gehen sie durch die Tür und schließen diese.
„Ich hoffe, dass sie es schaffen“, Thearas Mutter klingt sehr besorgt und liegt in den Armen ihres Mannes. Sie wäre gerne mit gegangen, doch sie weiß, dass Theara das alleine machen muss.
„Sie ist stark und in guten Händen“, versucht er sie zu beruhigen.
„Morgen werde ich mit Pán-tu sprechen. Mal sehen, wie es mit unserem Dorf weiter gehen soll“
Thearas Vater ist bereit fast alles zu machen, damit seine Familie und Freunde wieder frei sind und nicht mehr in Angst leben müssen.
„Habt ihr sie gefunden?“, fragt Pán-tu seine Leute.
„Nein, noch nicht. Wir suchen aber weiter.“
„Gut. Wir brauchen sie und ihre Kräfte“, Pán-tu sieht auf eine große Karte und setzt eine große Markierung in die Mitte des Erdkönigreiches.
Erde. Feuer. Luft. Wasser.
Einige Menschen besitzen die Fähigkeit eines der Elemente zu bändigen. Jedoch sind sie in der Unterzahl und werden schon seit langer Zeit von den Nichtbändigern benutzt. Doch seit kurzem ist eine Hoffnung erschienen, die ein Gleichgewicht zwischen ihnen herstellen soll.
Ihr Name ist Theara.
Es ist früh am Morgen, doch Theara und die anderen sind schon wach. Ihr Onkel Shín will, dass sie in das Nachbardorf gehen, da dort ein Tier wartet, dass sie leicht transportieren kann.
„Theara, nimm diese Flasche. So wirst du immer Wasser dabei haben, um zu bändigen“, Shín reicht ihr eine Feldflasche. Er weiß, dass sie noch nicht so gut bändigen kann wie ihre Mutter und daher nicht von überall Wasser heraus bändigen kann.
„Wenn ihr ankommt, müsst ihr euch an Dásko wenden. Er weiß schon Bescheid; und seid vorsichtig, in dieser Gegend gibt es ein paar kleinere Banden an Banditen“, warnt Shín die drei.
„Machen Sie sich keine Sorgen, wir passen gut auf“, sagt Kisu stolz und will schon aufbrechen.
„Du hast deinen Beutel vergessen“, Aaron wirft ihm seinen Beutel zu, wahrscheinlich zu fest, da Kisu beim fangen stöhnen und sich gegen den Wurf lehnen muss.
„Wir warten draußen“, er schleift Kisu mit nach draußen, damit sich Theara von ihrem Onkel verabschieden kann.
„Danke Onkel für deine Hilfe. Ich wüsste nicht, was ich sonst machen würde“, sie fällt ihrem Onkel in den Arm.
„Du brauchst keine Angst zu haben. Verschließe dich nicht vor dem, was geschieht. Der Weg, den du gehen wirst, wird aufregend, das verspreche ich dir“, ihr Onkel hält auch sie fest im Arm und redet mit einer angenehmen sanften Stimme.
„Ich werde zu deinen Eltern gehen und versuchen ihnen zu helfen. Geh du um die Welt und erfülle deine Aufgabe. Ich weiß, dass du es schaffen wirst.“
„Danke Onkel, ich werde euch vermissen“, Theara ist den Tränen nahe.
„Nicht weinen mein Kleines, ich passe auf deine Eltern schon auf und jetzt geh.“
Theara verlässt den Raum und schließt die Tür hinter sich.
„Was wir wohl bekommen, um besser reisen zu können? Ich hoffe auf einen Drachenvogel. Wusch puich!“, mit den Händen ahmt Kisu das Fliegen nach und gibt dabei merkwürdige Geräusche von sich.
„Wenn du so etwas machst, bekommen wir gar nichts“, Aaron lässt die Illusion von Kisu sofort platzen.
„Ich würde ja gerne einen Eishund haben“, mischt sich Theara ein.
„Mit einem Eishund können wir nicht....“, weiter kommt Aaron nicht, da sie eine Stimme hören.
„Hilfe! Lasst mich in Ruhe!“, ein kleiner Junge scheint Probleme zu haben und die drei rennen sofort zu der Quelle der Stimme.
„Na los, rück sie schon raus!“, ein großer Mann hält einen kleinen Jungen am Kragen fest und drei weitere stehen um ihn herum.
„Hey! Lasst den Jungen los!“, wütend kommt Theara als Erste an. Dies erinnert sie an die Situation in der Mine. Sofort öffnet sie die Feldflasche von ihrem Onkel und holt das Wasser heraus. Mit einer Armbewegung nach vorne umschlingt es das Handgelenk des Mannes, sofort lässt er den Jungen los.
Die anderen drei Männer warten nicht lange und gehen auf Theara zu. Aaron reagiert sofort und macht einen Sprung nach vorne. Bei der Landung bewegt er die Arme nach oben. Es rumpelt und sofort ist einer der Männer in Stein gefangen.
Den zweiten nimmt sich Kisu vor. Der Mann stampft einmal auf den Boden und ein Fels erscheint. Sofort bewegt er die Arme nach vorne und der Fels fliegt auf Kisu zu. Doch gekonnt weicht Kisu aus und zückt sein Schwert. Auch dem zweiten Felsen kann er ausweichen, nur beim dritten muss er sich ein wenig vor dem Felsen schützen und lenkt ihn mit seinem Schwert ein wenig ab. Dann ist er auch schon beim Mann und stößt ihn zum Boden.
Den dritten Mann nimmt sich Aaron wieder vor. Aber auch dieser bändigt Erde. Mit einer Bewegung erscheinen gleich zwei größere Brocken, die nun Richtung Aaron fliegen. Doch schon kurz danach bändigt er nochmals zwei große Brocken, die auf Aaron zu fliegen; jetzt sind es vier.
Den ersten beiden kann er mit einem Schritt nach links und rechts ausweichen. Kurz bevor der dritte auf Aaron trifft, streckt er die Arme aus und hebt sie ein Stück. Sofort bebt es und vor ihm erscheint eine kleine Mauer. Der dritte Brocken prallt gegen diese. Sofort schlägt Aaron gegen die Mauer und ein Teil von ihr rast nun zum Angreifer. Den vierten Stein kann Aaron packen und schleudert ihn mit einer Drehung um sich selbst zum Mann zurück.
Mit einem Schlag der Faust gegen die Mauer kann der Bandit sie zerschlagen. Er will wieder direkt einen Angriff starten, doch aus dem entstandenen Staub fliegt der vierte Brocken auf ihn zu. Zu spät sieht der Bandit den Brocken und wird vom Stein zu Boden geworfen.
„Als ob du mich mit Wasser aufhalten kannst“, ungläubig lacht der Anführer der Bande gegen den Angriff von Theara. Das macht sie noch wütender und geht einen Schritt zurück. Dabei reißt sie das Wasser, was immer noch um seinem Handgelenk gewickelt ist, hinter sich und der Anführer fliegt durch die Luft auf den Boden.
„Lass uns hier lieber verschwinden!“, einer der Banditen hilft dem Anführer wieder auf und Angst ist in seiner Stimme zu hören.
„Wir kommen wieder! Es ist noch nicht vorbei!“, der Anführer schreit wütend und muss sich dabei sein Handgelenk halten, da es ihm schmerzt, verweigert aber die Hilfe seines Kameraden.
Einer der drei Männer bändigt ihren Freund aus dem Stein hinaus und alle verschwinden im Wald.
„Danke, dass ihr mir geholfen habt“, verbeugend bedankt sich der Junge.
„Wir haben doch gerne geholfen“, Theara freut sich, dass es dem Jungen gut geht.
„Was wollten sie überhaupt von dir?“, Aaron interessiert sich mehr für die Gründe, warum sie den Jungen angegriffen haben.
„Sie wollten das hier“, der Junge zückt eine Schriftrolle hervor.
„Boah, das ist doch eine Bändigerschriftrolle!“, Kisu ist ganz erstaunt, dass ein Junge wie dieser so eine hat.
„Mein Opa hat sie gemacht. Er wohnt im Dorf dort drüben“, er zeigt in die Richtung, in die auch die drei gehen wollen.
„Kannst du uns dort hin bringen? Wir wollen auch in das Dorf“, bittet Theara den kleinen.
„Na klar, kommt mit!“, der Junge führt sie zu sich in sein Dorf.
„Opa! Opa! Ich habe Besuch mit gebracht! Sie haben mich vor den Banditen gerettet!“, berichtet der kleine stolz.
Der alte Mann sitzt an einem Schreibtisch, den Kopf gebeugt über Papieren.
„Feliks, schön, dass es dir gut geht. Diese drei haben dich gerettet?“, der alte Mann mustert Theara, Aaron und besonders Kisu.
„Immer wenn jemand Hilfe braucht, sind wir zur Stelle“, stolz steht Kisu im Raum und fühlt sich wie ein richtiger Held.
„Gib nicht so an“, Aaron ist es peinlich, was Kisu macht und schiebt ihn aus dem Weg.
„Na, wenn´s so ist. Ich bin Dásko und Hersteller von Schriftrollen“, stellt sich der alte Mann vor.
„Ich bin Theara. Das hier sind Aaron und Kisu. Es freut uns Sie kennen zu lernen“, stellt sich auch Theara und die anderen vor.
„Du bist doch die Nichte von Shín. Er hat schon oft von dir geredet“, Dásko setzt seine Brille ab, da er sie nur zum lesen braucht.
„Genau und wir brauchen Ihre Hilfe“, Theara traut sich nicht die Sache direkt anzusprechen, da sie es als unhöflich empfindet.
„Wir brauchen etwas, damit wir besser reisen können“, es ist Aaron, der das sagt.
Er scheint keine Bedenken zu haben es direkt anzusprechen.
„Ja, ich weiß. Ich habe auch schon jemanden für euch“, er deutet, dass die drei ihn begleiten sollen. Sie gehen zu einer großen Hütte, die nicht wie ein Wohnraum für Menschen aussieht. Beim öffnen des Tores erschrecken sich die drei leicht.
„Habt keine Angst, er ist ein ganz lieber.“
„Was ist das?“, Kisu macht große Augen, da er so etwas noch nie gesehen hat.
„Das ist ein Himmelsbison. Man sagt, dass sie die ersten Luftbändiger waren“, Dásko streichelt dem Bison über den Kopf.
Theara ist die Erste, die sich traut näher zu treten.
Vorsichtig streckt sie die Hand aus. Der Bison schnuppert und leckt sie sofort ab.
„Nur nicht so scheu, ihr beide solltet es auch mal versuchen“, drängt der alte Mann die beiden Jungs.
Nur widerwillig strecken sie die Hand aus.
„Wähh. Das fühlt sich schleimig an“, Kisu wird vom Bison etwas mehr abgeschleckt als ihm lieb ist.
„Hahaha, er mag euch, das ist gut“, lacht Dásko vor sich hin.
„Wie heißt er?“, fragt Theara ihn.
„Mýga. Wir haben ihn als kleines Jungtier gefunden. Er hat damals wohl seine Familie verloren. Wir haben sie gesucht, aber leider nicht gefunden. So haben wir ihn aufgezogen.“
„Aber keiner von uns kann ihn fliegen“, wendet Aaron ein.
„Das werden wir euch heute noch bei bringen. Ich zeige euch aber erst einmal eure Zimmer und dann fangen wird an“, er begleitet die drei wieder zurück zu seiner Hütte.
„Ich wette, dass du als erster herunter fällst“, lacht Kisu Aaron aus und legt seine Sachen ab.
„Hauptsache Theara kann ihn fliegen, das ist am wichtigsten“, wie immer versucht er Kisus Witze zu ignorieren. Kisu mag zwar hin und wieder witzig sein, doch die mesite Zeit ist er nur albern.
Auch Theara legt ihre Sachen ab und atmet durch. Es wird gleich das Erste Mal sein, dass sie auf einem Bison sitzen wird. Sie ist aufgeregt. Wird sie es schaffen? Werden die anderen es schaffen? Wo sollen sie dann überhaupt hin? Sie haben doch noch keine Ahnung, was sie genau machen sollen.
Nachdem die drei ihre Sachen abgelegt und etwas gegessen haben, treffen sie sich alle draußen beim Bison.
„Also, als erstes müsst ihr auf ihn aufsteigen“, Dásko zeigt es ihnen und ist mit Leichtigkeit auf dem Kopf des Bisons, trotz seines Alters.
„Es gibt auch noch einen zweiten Weg, von hinten. So kann man auch von ihm absteigen“, schon geht er zum Schwanz und steigt über diesen hinunter.
„Ich schlage vor, dass ihr es mal versucht“, mit einer Geste zeigt er, dass die drei nun dran sind.
Wieder traut sich Theara als Erste und nähert sich dem Bison.
„Du bist ein guter Bison“, lobt sie ihn und hält sich an seinem Horn fest, um aufzusteigen. Mit nahezu ohne Problemen schafft sie es und sitzt auf dem Kopf. Es ist ein tolles Gefühl. Sein Fell ist weich und man hat eine gute Sicht von dort oben.
Aaron und Kisu versuchen es von hinten. Sie steigen auf den Schwanz und sofort hebt der Bison die beiden hoch.
„Wow, das ist ja Wahnsinn“, staunt Kisu und legt sich auf den Rücken von Mýga.
„Nicht schlecht“, auch wenn es sich Aaron nicht anmerken lassen will, merkt man, dass er erstaunt ist, was selten passiert.
„Das ist ja viel weicher als mein Bett!“, Kisu schließt die Augen und würde am liebsten sofort einschlafen.
Theara und Aaron verdrehen nur die Augen. Sein Bett Zuhause ist fast genauso weich, aber für sie beide ist dieses weiche Gefühl etwas neues. Endlich nicht auf etwas hartem zu sitzen oder zu liegen ist für beide angenehm.
„Na schön. Dann werden wir beide jetzt mal eine Runde fliegen“, Dásko steigt zu Theara hoch und bindet an die Hörner ein Lederband. Aaron und Kisu steigen wieder ab und wollen sich das erst einmal vom Boden aus ansehen.
Dásko reicht Theara das Band.
„Und jetzt sage ihm, dass er fliegen soll mit: Yepp yepp.“
„Mýga, yepp yepp.“
Kaum hat Theara die Worte gesagt, steigt der Bison in die Luft.
Ein kribbeln durchflutet ihren Bauch, wie damals, als sie noch kleiner war und ihr Vater sie immer wieder hoch in die Luft geworfen hat.
„Waahh!“, es ist zwar ein tolles Gefühl, aber Theara hat dennoch Angst hinunter zu fallen.
„Du brauchst keine Angst zu haben. Lenken kannst du, indem du die Zügel nach links oder rechts ziehst“, mit ruhiger Stimme erklärt der alte Mann es ihr.
Je länger sie fliegt, desto mehr Selbstvertrauen bekommt sie.
„Das ist Wahnsinn. Das macht richtig viel Spaß!“, Theara lacht, sie ist einfach nur glücklich. Sie sieht, wie die Wolken neben ihnen her ziehen und das kleine Dorf, wo Aaron und Kisu auf sie warten.
„Aber wie kommt es, dass wir Mýga behalten dürfen?“, Theara unterdrückt jetzt ihre Freude und will ein wenig mit ihm reden.
„Mýga ist ein Himmelsbison. Er ist da, um zu fliegen. Außer mir und meinem Enkel kann ihn keiner fliegen. Bei uns ist es leider nur sehr selten, dass wir mit ihm fliegen können. Bei euch wird er freier sein, als bei uns.“
Nach einiger Zeit kehren die beiden wieder zum Dorf zurück.
„Und? Wie war es?“, sofort kommt Kisu an und will alles wissen.
„Das war der Wahnsinn. Dieses Gefühl im Bauch, so frei zu sein, einfach toll“, Theara ist in ihren Gedanken immer noch am fliegen und hat dieses Glücksgefühl.
„Du hast es echt gut gemacht“, Aaron legt eine Hand auf Theara und lobt sie, was selten vor kommt. Auch jetzt verspürt sie ein leichtes Kribbeln und ist etwas verlegen.
„Jetzt seid ihr zwei dran“
„Ja! Auf geht’s!“, Kisu ist übermotiviert und fällt dadurch beim ersten Versuch von Mýga. Da muss Theara ein wenig in sich hinein lachen.
„Theara, übe bitte weiter am Erdbändigen. Ich habe ein schlechtes Gefühl. Du solltest zumindest etwas können“, Aaron hat so ein komisches Gefühl im Bauch, was ihn selten trügt.
„Nur, wenn du anständig fliegst“, witzelt Theara herum und wünscht den beide viel Glück.
Aaron ist als erster dran mit dem fliegen und schnell sind sie auch schon in der Luft.
Theara sieht ihnen hinterher, bis sie nicht mehr zu sehen sind. Schließlich geht sie zu einem Felsen und stellt sich in die Ausgangsposition, die ihr Aaron gezeigt hat. Sie atmet durch und führt die Bewegung aus, doch nichts geschieht.
„Konzentriere dich, du darfst nicht aufgeben“
Sie hört eine Stimme, kann aber nicht orten, von wo diese kommt. Kam es aus ihrem Inneren oder war es der Geist von letztens aus dem Wald?
Sie versucht nicht daran zu denken und stellt sich nun mit geschlossenen Augen wieder in die Ausgangsposition, doch sie hat weiterhin das Gefühl von jemandem oder etwas beobachtet zu werden.
Ihre Beine sind Schulterbreit voneinander auf dem Boden gestellt, die Arme liegen angewinkelt an ihrem Körper und die Hände sind zu Fäusten geballt. Sie bewegt sich langsam und spürt wieder diesen Widerstand im Körper. Jetzt rumpelt es auch und der Fels fliegt ein wenig von ihr weg. Immer wieder führt sie diese Bewegungen durch und wird dabei immer schneller und der Stein fliegt immer weiter. Die einzelnen Positionen fließen mehr und mehr zusammen, bis die Bewegung flüssig verläuft und sie diese in kurzer Zeit vollbracht hat und den Stein mühelos bewegen kann.
Doch je länger sie die Erde bändigt, desto müder wird sie. Es ist anstrengend gegen den Widerstand anzukämpfen. Erschöpft setzt sie sich auf eine Bank und wartet, bis Aaron und Kisu wiederkommen. Es dauert auch nicht lange, da sieht sie Mýga anfliegen.
„Wuhu, das macht Riesenspaß!“, schon von weitem kann Theara die Stimme von Kisu hören.
„Du machst das gut Kisu“, wird er vom alten Mann gelobt.
„Na, wie war es? Hat sich jemand verflogen?“, scherzt Theara.
„Von wegen. Wir haben es fast bis zum nächsten Dorf geschafft!“, berichtet Kisu stolz und steigt vom Bison hinunter.
„Wir haben auch das Lager der Banditen gefunden. Das sieht nicht gut aus, sie sind dort mehr als nur zu viert“, Aaron macht wieder eine ernste Miene.
„Wie wäre es, Theara, sollen wir zwei noch mal fliegen?“, Dásko bietet Theara noch einmal an Mýga zu fliegen.
„Ich würde es tun, dann kannst du dir das Lager selber ansehen“, rät ihr Aaron.
„Gerne. Es hat wirklich Spaß gemacht“, freut sie sich und steigt nun gekonnter auf den Bison hinauf.
„Na dann bis gleich Jungs. Mýga, yepp yepp“, diese Worte scheint sie mit viel Freude zu sagen.
Wieder steigt der Bison nach diesen Worten in den Himmel.
„Sie ist der Wahnsinn“, murmelt Aaron vor sich hin, was Kisu aber mit bekommt.
„Naaa, was höre ich denn da?“, und er stupst ihn mit dem Ellenbogen an.
„Ach, sei still“
„Schnell! Hilfe! Sie werden kommen!“, ein Mann mittleren Alters rennt auf die Jungs zu.
„Schnell, wo ist Dásko ? Es ist ein Notfall!“, der Mann hat schwer zu atmen und seine Worte kommen nur in Fetzen heraus.
„Er ist mit Theara auf dem Bison fliegen, wieso?“, erzählt Kisu und wundert sich über den aufgeregten Mann.
„Sie wollen uns angreifen!“
„Sag mal, wie bist du eigentlich an deine Gabe gekommen?“, frag Dásko neugierig Theara.
„Naja....ich war sehr wütend und spürte eine Kraft in mir. Auf einmal geschah es, dass ich auch Erde bändigen konnte“, fast zu leise erzählt sie ihm die Geschichte, doch das mit dem Geist im Wald verschweigt sie lieber.
„Dann musst du ja wirklich eine große Aufgabe vor dir haben. Shín hat zu mir immer gesagt, dass ich Mýga für so einen Fall trainieren soll, das habe ich auch gemacht. Es ist, als ob er gewusst hätte, dass so etwas bald passieren würde“, er merkt, dass das Thema für Theara noch etwas unangenehm ist und sie im Augenblick nicht darüber reden will, auch wenn er noch so viele Fragen hat.
„Sag mal, kannst du mir ein paar Positionen des Wasserbändigens zeigen? Ich würde sie gerne auf einer Schriftrolle festhalten“, der alte Mann lenkt auf ein anderes Thema, was Theara freut.
„Aber natürlich. Das mache ich doch gerne“, jetzt lächelt sie auch wieder.
„Sieh! Da unten ist das Lager“, Dásko zeigt nach unten und beide sehen auf einer Lichtung einige Zelte aufgeschlagen.
„Sieht so aus, als würden sie sich versammeln und etwas planen...“
„Wir sollten wieder zurück fliegen und es den anderen sagen“, sofort dreht Theara die Zügel um, sodass der Bison wieder zurück zum Dorf fliegt.
Dort angekommen warten schon Aaron und Kisu, mit dem aufgebrachten Mann.
„Was ist denn hier los?“
„Dásko, wir haben ein Problem. Die Banditen versammeln sich und wollen unser Dorf angreifen!“, der Mann ist so aufgeregt, dass er beim sprechen stottert.
„Ich verstehe“, Dásko wendet sich nun zu Theara und den beiden Jungs.
„Ich möchte euch um etwas bittet.“
„Wir können es uns schon denken. Wir werden euch helfen, nicht wahr Theara?“, alle sehen Theara an, als ob sie die einzige wäre, die das Sagen hätte.
„Auf jeden Fall, aber wann werden sie hier sein? Und wie sollen wir das schaffen?“, sie will auf jeden Fall helfen, doch dazu brauchen sie eine Idee, wie sie die Banditen abwehren können.
„Morgen früh werden sie hier sein“, bringt der erschöpfte Mann noch so gerade heraus.
„Ich habe auch schon ein Plan, wie wir sie aufhalten können“, Aaron bewegt seine Beine auseinander und hebt seine Arme. Es bebt sofort und in der Erde entsteht ein Abbild des Dorfes und der Umgebung.
„Holt alle her, wir brauchen jeden einzelnen.“
Fortsetzung folgt...
Erde. Feuer. Luft. Wasser
Einige Menschen besitzen die Fähigkeit eines der Elemente zu bändigen. Jedoch sind sie in der Unterzahl und werden schon seit langer Zeit von den Nichtbändigern benutzt. Doch seit kurzem ist eine Hoffnung erschienen, die ein Gleichgewicht zwischen ihnen herstellen soll.
Ihr Name ist Theara.
Die Abbildung des Dorfes und der Umgebung ist nahezu perfekt. Dásko und der andere Mann haben das ganze Dorf hinzu gerufen, um sich den Plan von Aaron anzuhören.
„Wie viele Bändiger sind hier?“, fragt er, in der Hoffnung, dass es genug sind, um den Plan zu verwirklichen. Tatsächlich melden sich einige.
„Wir hier sind Erdbändiger!“
„Und wir sind Feuerbändiger! Aber wir können alle nicht sehr gut kämpfen!“
„Das ist nicht schlimm. Wir wollen hauptsächlich das Dorf verteidigen. Falls es zu einem richtigen Kampf kommt, werden Kisu und ich euch ein paar Handgriffe zeigen“, Aaron wartet, bevor er weiter spricht. Er will die Reaktionen der Dorfbewohner abwarten.
„Was ist mit den Frauen und Kindern, die nicht kämpfen können?“, kommt es von weiter hinten.
„Die, die nicht kämpfen können, werden sich drüben in der Scheune verstecken und warten“, er zeigt auf die Abbildung am Boden auf ein größeres Gebäude in der Mitte des Dorfes. Wieder wartet er, doch dieses mal bleibt es ruhig.
„Gut, kommen wir zum Plan. Wir werden uns in 5 Gruppen einteilen. Die Nichtbändiger kommen in den Hof. Sollten Banditen hinein gelangen, werden sie dort kämpfen. Wir hoffen aber, dass es nicht so weit kommt. Die Feuerbändiger verteilen wir am Haupttor. Ein Teil der Erdbändiger wird ebenfalls versuchen das Haupttor zu halten. Gruppe 3 verteilen sich links und rechts am hohen Zaun, um dort die Flanken zu sichern. Das Dorf wird bestimmt auch von hinten angegriffen. Dort verteilen wir die restlichen Bändiger und Nichtbändiger. So sollten wir rund um einen relativ guten Schutz haben“, den Plan zeigt Aaron an seinem Modell, was die Theorie seines Plans verständlicher macht.
„Das waren aber nur 4 Gruppen“, bemängelt Kisu den Plan.
„Wo werde ich sein?“, Theara hat genau zugehört, doch sie hat nicht mit bekommen, dass er etwas über sie gesagt hat.
„Das kommt jetzt. Du, Theara, bist Gruppe 5 und somit unsere Luftunterstützung. Neben dem Dorf fließt ein Fluss. Du wirst aus der Luft das Wasser bändigen und uns so unterstützen.“
„Aber wir haben doch gerade erst gelernt auf Mýga zu fliegen?!“, wendet Theara entsetzt ein.
„Ich glaube, dass du es schaffen wirst. Du warst super und Mýga wird dich auch sehr unterstützen. Man merkt es nicht, aber er ist klüger als man glaubt“, lacht Dásko und legt eine Hand auf ihre Schultern.
„Wenn du es dir nicht zutraust, musst du es nicht machen“, Aaron weiß, dass Theara nicht sehr mutig in solchen Sachen ist, das war sie noch nie.
„Ich mache es!“, lange hat sie nicht überlegt, aber sie weiß, dass sie den Menschen helfen kann, wenn sie auf Mýga fliegen wird.
„Ja! Sehr gut! So werden wir diese Banditen bestimmt schlagen!“, ganz übermotiviert springt Kisu auf.
„Ich werde denen, die nicht bändigen können zeigen, wie man sich verteidigt. Du zeigst es den Bändigern. Legen wir los!“, schon läuft Kisu davon und wartet ein Stück weiter auf die anderen. Erst nach einem nicken von Aaron und Theara stehen die anderen auf und verteilen sich. Es scheint, als ob sie noch Zweifel haben, doch sie wissen, dass sie keine andere Wahl haben.
Kisu übt mit den Nichtbändigern und zeigt ihnen, wie sie sich mit ihren Arbeitsgeräten verteidigen können. Er zeigt ihnen, wie sie einen Angriff ausweichen sollen und wenn es nötig ist, wie sie auch angreifen können.
Aaron übt mit den Erd- und Feuerbändigern. Sie können ihr Element zwar beherrschen, aber nicht, wie sie damit kämpfen können. Er muss ihnen zeigen, wie sie einen sicheren Stand haben und genauer zielen können.
Theara ist bei Mýga und streichelt ihn. Sie ist sich sicher, dass sie es machen wird, jedoch traut sie sich es noch nicht zu alleine mit ihm zu fliegen.
„Du brauchst keine Angst haben. Er weiß, was er machen muss. Wenn einer von euch in Not ist, wird er immer da sein“, Dásko will Theara beruhigen. Er weiß, dass es schwer ist jetzt schon alleine zu fliegen, aber er weiß auch, dass sie es schaffen wird.
„Danke für alles“, sie bedankt sich bei ihm. Es fühlt sich gut an, wie er mit ihr spricht. Sie hat zwar noch bedenken, aber hat auch vertrauen in Aaron und die anderen.
Bis zum späten Abend trainieren alle. Die Nichtbändiger können sich nun verteidigen. Auch haben sie gegen die Bändiger geübt, da so eine Situation passieren kann. Auch die Bändiger wissen nun, wie sie ihre Fähigkeiten einsetzten können.
Als letztes bereiten sie alle Krüge mit Leim vor. Kisu hat die Idee sie damit zu begießen, um sie Bewegungsunfähiger zu machen. Die Dorfbewohner stellen die Krüge oben auf die aus Holz bestehende Mauer; dort, wo sie eingeteilt sind.
„Warum habt ihr so viel Leim?“, Kisu kann nicht verstehen, wofür sie ihn brauchen.
„Nicht nur ich stelle Schriftrollen her. Viele von uns schreiben die Geschichten auf, die sie hören. Legenden, Mythen und Situationen vergangener Tage. Das alles wollen wir festhalten.“
In Biánhu, bei Theara Zuhause, haben sie kaum Bücher. Die meisten können auch nicht lesen. Sie und Aaron aber schon. Ihre Mutter hat es ihnen beigebracht. Bei Kisu wissen sie es nicht, aber vermuten, dass er es auch kann.
„Na schön. Wir sollten jetzt schlafen gehen. Es sollten jedoch Wachen aufgestellt werden, um uns zu warnen, falls sie früher kommen“, befehlt Aaron und schickt vier Männer und Frauen los, um sie zu warnen, wenn es so weit ist.
Die Nacht verläuft ruhig, ohne das die Wachen Alarm schlagen müssen. Mit den ersten Strahlen der Sonne stehen alle auf und gehen auf ihre Positionen. Die, die nicht kämpfen können, wie die Alten und Schwachen, sowie den Kindern und einige Frauen, gehen in das große Gebäude in der Mitte des Dorfes. Dort sollen sie warten, bis alles vorbei ist.
Gespannt warten alle, wann es endlich los geht. Kisu steht mit einigen Nichtbändigern im Vorderhof des Dorfes, kurz hinter dem Tor, um direkt angreifen zu können. Aaron steht oben auf der Holzmauer mit den anderen Bändigern. Die Erdbändiger haben sich Felsen nach oben gebändigt, um so schneller handeln zu können. Jeweils auf der linken und rechten Seite des Dorfes haben sich oben auf der Mauer Erd- und Feuerbändiger platziert, sowie auf der Rückseite des Dorfes Bändiger mit einigen Nichtbändigern, da sie sonst zu wenige sind.
Theara sitzt auf Mýga und ist bereit mit ihm in die Luft zu steigen. Sie denkt immer noch an die Worte, die Aaron ihr gestern noch gesagt hat.
Ich weiß, dass du es schaffen wirst. Ich vertraue dir.
Dabei legte er wieder eine Hand auf ihre Schultern und sie fühlte sich gleich sicherer und stärker.
„Yepp yepp“, mehr braucht Theara nicht sagen und schon ist Mýga in der Luft mit ihr. Es dauert nicht lange und sie sieht die Banditen in Richtung des Dorfes laufen. Doch noch unternimmt sie nichts, da Aaron den Plan hat sie besonders einzusetzen.
„Sie kommen!“, ruft einer der Männer auf der Mauer und tatsächlich erscheinen die vier Banditen, die den kleinen Jungen Feliks gefangen hatten. Kurz vor dem Tor bleiben die Männer stehen und der Anführer der vieren tritt vor.
„Wir geben euch noch eine Chance. Gebt uns eure Unterlagen, dann wird euch nichts geschehen!“
„Niemals! Ihr hab damit nur schlechtes vor!“, Dásko steht mit auf der Mauer und will von dort kämpfen, obwohl er nicht bändigen kann.
„So soll's sein. Los, greift an!“, befiehlt der Anführer der Banditen und schon kommen weitere von ihnen aus dem Wald in Richtung Dorf.
Am Haupttor greifen die vier von gestern an. Die Erdbändiger stampfe auf den Boden und nach einem kleinen Beben hat jeder von ihnen einen Felsen vor sich. Mit einer Armbewegung nach vorne fliegen diese auf die Holzmauer zu. Die Erdbändiger auf der Mauer reagieren sofort und führen mit den Armen eine Bewegung aus, die die ankommenden Felsen zerbersten lassen. Die Feuerbändiger auf der Mauer reagieren mit den Erdbändigern und greifen direkt zurück an. Sie schlagen mit der Faust nach vorne in die Luft und sofort ist ein zischen zu hören. Ein großer Feuerwall kommt jeweils aus den Fäusten der Bändiger heraus, in Richtung Banditen. Diese warten nicht lange und errichten eine Schutzmauer um sich.
Unter den neu hinzugekommenen Banditen sind auch Feuerbändiger, die den Feuerwall teilen, indem sie die Hände gefaltet nach vorne strecken und sich etwas ducken.
Auf der linken Seite des Dorfes sind ebenfalls Banditen erschienen. Unter ihnen sind Feuerbändiger, die angreifen. Die Mauer wird getroffen und da sie aus Holz ist, fängt sie sofort Feuer. Die Bändiger auf der Mauer brauchen lange, um das Feuer zu bändigen und zu löschen. Während des Löschens haben die angreifenden Nichtbändiger schon Leitern aufgestellt, um so in das Dorf zu gelangen. Doch die Nichtändiger auf der Mauer, die bisher nur zusehen konnten, können nun reagieren. Sie nehmen einen der Krüge mit Leim und ergießen ihn über die Leitern, mitten auf die Angreifer, die vor Schreck zurück weichen. Die Leitern werden hinter ihnen her gekippt, die bei ihrem Aufschlag noch mehr Leim durch die Gegend spritzen lässt und die anderen trifft.
Doch auf der rechten Seite, wo ebenfalls Feuerbändiger erschienen sind, gelingt dies nicht so gut. Die Feuerbändiger auf der Mauer haben Probleme das Feuer an der Mauer zu löschen, da der Leim anscheinend seine Kraft zum brennen verstärkt.
Theara beobachtet alles von oben und erkennt die Gefahr.
„Los Mýga!“, sie lenkt ihn nach links, hinunter zum Fluss. Am vorbeifliegen lässt sie die Zügel los und bekommt dabei ein mulmiges Gefühl, doch sie braucht beide Arme, um zu bändigen. Mit ihren Beinen drückt sie sich kräftig an Mýga, um nicht zu fallen.
Theara streckt die Arme nach oben und führt kreisende Bewegungen aus. Es ist das erste Mal, dass sie versucht Wasser zu bändigen, während sie sich so schnell bewegt. Doch es funktioniert. Ein Teil des Wassers aus dem Fluss steigt hinauf und umkreist nun Theara. Mit ihren Beinen versucht sie nun Mýga zu steuern und lenkt ihn in Richtung des Dorfes, zu der Stelle, an dem die Holzmauer brennt.
Mit einer Bewegung führt sie das Wasser zum Feuer und kann es so löschen. Ein Teil des Wassers jedoch hält sie zurück. Mit Mýga fliegt sie schnell eine Runde und kommt wieder zurück. Die Banditen versuchen Theara anzugreifen, indem die Feuerbändiger Feuerkugeln in ihre Richtung schießen. Doch Mýga kann ihnen ausweichen. Nur bei einer Feuerkugel muss Theara eingreifen und löscht diese mit dem Wasser, was noch um sie herum schwebt. Kaum ist sie in der Nähe der Banditen, schwenkt sie das restliche Wasser auf diese. Dabei streckt sie ihre Arme nach vorne, hält die Handflächen gerade nach oben und pustet dabei. Die Banditen hören nur noch ein Rauschen des Wassers und spüre sofort eine Kälte. Theara hat sie von Fuß bis zum Hals eingefroren und somit Bewegungsunfähig gemacht.
„Ja! Sehr gut!“, jubeln die Dorfbewohner auf der Mauer. Doch Theara hat keine Zeit sich zu freuen. Sofort fliegt sie wieder zum Fluss, um erneut Wasser zu holen. Jetzt denkt sie auch nicht mehr an die Angst, die sie am Anfang hatte. Sie fühlt sich gelassen, aber sie ist natürlich aufgeregt. Es ist das erste Mal, dass sie richtig kämpft und dabei Erfolg hat.
Schnell hat sie das Wasser aus dem Fluss zu sich gebändigt und fliegt mit Mýga wieder zurück.
Am Haupttor des Dorfes versuchen die Banditen immer noch hinein zu kommen. Doch die Angriffe der Feuerbändiger werden von den Dorfbewohnern auf der Mauer gekontert.
„Stellt euch hintereinander!“, brüllt der Anführer der Banditen.
Sofort stellen sich die Erdbändiger hinter die Feuerbändiger und eine Mauer mit Löchern erscheint bebend vor ihnen. Durch diese Löcher bändigen weiterhin die Feuerbändiger. Die Bewohner auf der Mauer sehe nun nicht mehr, was geschieht, da vor ihnen eine Feuerwand entsteht. Plötzlich rumpelt es und kurz vor der Holzmauer tauchen Erdbändiger auf. Diese stampfen auf den Boden und bewegen die Arme nach vorne. Mit einem Beben erscheinen Steinspitzen, die die Holzmauer durchbohren und große Löcher hinterlassen. Sofort stürmen weitere Banditen hervor und wollen durch diese Lücken in das Dorf. Aaron reagiert sofort und springt von der Mauer. Bei der Landung muss er sich abrollen, aber er bewegt direkt einen Arm nach vorne und vor einem der Banditen erscheint eine Säule, die ihn vom Dorf wegschleudert. Leider kommen noch mehr Banditen hinein, die er nicht alle aufhalten kann.
„Jetzt sind wir dran!“, ruft Kisu und stürmt als Erster los. Die anderen zögern erst, laufen dann aber mit, da sie ihr Dorf unbedingt beschützen wollen. Die Banditen die in das Dorf eindringe scheinen hauptsächlich Nichtbändiger zu sein, da sie auch Schwerter bei sich tragen.
Kisu ist als Erster bei ihnen und ihre Schwerter klirren aneinander. Doch Kisu hat nicht nur sein Schwert zur Verfügung. Er stößt seinen Gegner zurück, vollzieht eine Drehung und holt seinen Schocker heraus; von dem keiner weiß, woher er kommt und wie dieser genau funktioniert. Augenblicklich kann sich der Gegner nicht mehr rühren und liegt auf dem Boden. Er hat nicht viel Zeit sich über den kleine Sieg zu freuen, da noch einige andere übrig sind.
Nun haben auch die Dorfbewohner Gegner und müssen sich verteidigen. Kisu schaut genau hin, doch sie scheinen zurecht zu kommen.
Er stößt nun zu Aaron vor, der weiterhin versucht weitere Banditen am Eindringen zu hindern.
„Ich lenke sie ab. Hol mich gleich nur wieder rüber!“, ruft Kisu und rennt zu dem Loch in der Mauer. Aaron weiß sofort, was er vor hat und bereitet alles vor.
Kisu wird am Loch direkt angegriffen, weiß jedoch, wie er den Angriffen ausweichen kann.
Da Kisu die Gegner aufhält, kann Aaron endlich das Loch in der Mauer schließen. Er schließt die Augen und muss sich konzentrieren. Er streckt die Arme aus und scheint nach etwas zu greifen. Es dauert etwas, bis er in die Hocke geht, die Arme hebt und schneller wieder aufsteht. Dabei bebt es und am Loch der Mauer entsteht eine große Wand aus Stein.
„Mach dich bereit zum fliegen!“, schreit Aaron, in der Hoffnung, dass es Kisu gehört hat. Wieder schließt er die Augen und stampft auf den Boden. Er versucht die Schwingungen von jedem einzelnen zu spüren. Sein Vater hat ihm mal gezeigt, wie es geht und gesagt, dass nur die Besten Erdbändiger durch die Erde sehen können.
Aaron versucht die Schwingungen der einzelnen Menschen zu ordnen.
Da! Er hat ihn gefunden. Er spürt, dass Kisu noch gegen jemanden Kämpft, bereitet aber schon alles vor.
„Jetzt!“, schreit Kisu. Er hat Aaron gehört, musste sich aber erst noch um einen Banditen kümmern. Aaron spürt, dass Kisu nun bereit ist und sich auf den Boden kniet. Aaron vollzieht eine halbe Umdrehung und stampft wieder auf den Boden.
„Waaah!“, mit einem mal erhebt sich die Erde unter ihm und er fliegt schreiend durch die Luft. Aaron hört ihn und sieht, wie er auf ihn zu fliegt.
„Uff“, noch so eben fängt Aaron Kisu, muss sich aber anstrengen auf den Füßen stehen zu bleiben.
„Na, was nettes gefangen?“, scherzt Kisu herum, wobei er froh ist, dass er wieder sicher im Dorf ist.
„Hilf einfach weiter den anderen“, Aaron lässt Kisu auf den Boden fallen und steigt wieder auf die Mauer.
Theara kommt schließlich wieder zurück zum Dorf, dieses mal zur linken Seite. Wie gerade eben bändigt sie das Wasser so, dass die Banditen im Eis gefangen werden. Sie bekommt mit, was für eine Leistung Aaron und Kisu gerade geleistet haben. Sie ist erstaunt, dass sie sich blind vertrauen. Sie bemerkt, aber auch, dass es immer schwerer wird das Dorf zu verteidigen.
Von hinten schaffen es die Banditen über die Mauer. Am Haupttor werden sie weiter unter Beschuss genommen und haben Schwierigkeiten dem Angriff der Feuerbändiger nach zu kommen. Die Dorfbewohner hinten an der Mauer müssen ihre Stellung verlassen und kämpfen nun mit den anderen im Dorf. Sie sieht alles sehr gut von oben und wird wütend. Wieso machen die Banditen nur so etwas? Für sie macht es keinen Sinn; ihre Atmung wird schneller und überlegt, was sie noch unternehmen kann. Ihr kommen Tränen in die Augen, so wie sie es sieht. Warum können sie nicht miteinander reden und es akzeptieren, wenn sie es nicht wollen? Warum muss sie das so sehr an die Situation in der Mine erinnern?
„Los! Runter von der Mauer!“, ruft Aaron und springt, wie die anderen, herunter, da sie so stark brennt, dass sie nichts mehr dagegen unternehmen können. Sie rennen zu den anderen in den Hof, wo die Nichtbändiger immer noch gegen die eingedrungenen Banditen kämpfen.
Theara versucht schnell das Tor zu löschen, doch die Banditen nutzen die Gelegenheit und sprengen das Tor mit einem großen Felsen auf. Die Dorfbewohner beginnen sofort Erde und Feuer in Richtung des offenen Tores zu bändigen, doch die Banditen schaffen es immer weider ein Stück mehr in das Dorf zu gelangen. Beide Seiten werden müder, doch die Banditen sind noch immer stärker und erfahrener im Kampf.
Theara ist starr. Der Schock vor dem, was gerade passiert lässt sie erstarren. Doch sie gibt sich einen Ruck und kann das nicht mehr länger mit ansehen, sie muss es nun endgültig beenden.
Sie gibt Mýga ein Zeichen, dass er im Dorf landen soll. Kaum ist Mýga angekommen, springt sie von ihm ab und rennt zu den anderen. Kaum ist Theara in ihrer Nähe, wird sie angegriffen. Sie öffnet die Flasche von ihrem Onkel und verteidigt sich, indem sie ihren Gegner mit einer Wasserpeitsche aufhält.
„Ich helfe euch!“, ruft sie und ist schon bei Kisu und Aaron angekommen.
„Was ist mit der Luftunterstützung?“, fragt Kisu, verwirrt, dass Theara nun an ihrer Seite steht.
„Sie hilft euch jetzt vom Boden aus.“
Länger können sie sich nicht Unterhalten, da sie angegriffen werden und alle in eine andere Richtung ausweichen müssen.
Kisu schafft es wieder seinen Gegner mit dem Schocker Bewegungsunfähig zu machen. Auch Theara schafft es ihren Gegner erst an den Füßen einzufrieren, um ihn dann mit einer Drehung mit einer Wasserpeitsche zu Boden zu werfen. Nur Aaron hat Schwierigkeiten mit seinem Gegner. Er muss sich hinter einer kleinen Felsmauer vor dem Feuerangriff des Gegners schützen. Theara will ihm zu Hilfe eilen, da Kisu wieder gegen einen Banditen kämpft, aber sie wird vom Anführer aufgehalten.
„Wo willst du denn hin? Mit dir habe ich noch eine Rechnung offen!“, grimmig stellt sich der Anführer vor Theara und versperrt ihr den Weg zu Aaron.
„Lass mich durch!“, schreit sie und will links an ihm vorbei, doch er ist schneller.
„Niemals!“, der Mann stampft auf den Boden und sofort erscheint ein Fels, den er mit einer Armbewegung auf Theara schleudert. Sie sieht nur, wie der Fels auf sie zufliegt und kann noch zur Seite springen. Knapp hinter ihr bleibt er liegen. Sofort steht sie auf und bändigt wieder das Wasser aus ihrer Feldflasche. Mit einem Schwung hat sie, wie beim ersten Mal, das Wasser um das Handgelenk des Anführers umschlungen. Doch dieses Mal ist er darauf vorbereitet und dreht seine Füße, sodass diese in Steinen fixiert sind.
„Dieses mal nicht!“, schmutzig lacht der Mann Theara aus. Doch sie weiß, was zu tun ist. Mit der freien Hand bändigt sie das Wasser und zielt auf seine Füße. Mit einem Knall berst das Gestein und seine Füße sind frei. Das nutzt Theara und wirft den Anführer durch die Luft. Seine Verwirrung nutzt sie und rennt hinter den Felsen, der sie fast getroffen hätte.
„Wo bist du? Du kannst dich nicht ewig verstecken!“, schreit der Bandit wütend.
Theara schließt ihre Augen und konzentriert sich. Sie macht das, was Aaron ihr gezeigt hat. Ihre Bewegung ist langsam aber flüssig. Doch mit dem ersten Versuch klappt es nicht.
„Ich sehe dich!“, der Mann kommt immer näher zum Felsen.
Sie schließt noch einmal die Augen. Konzentriere dich.
Dieses mal bleibt ihr nicht viel Zeit. Sie vollzieht die Bewegung schnell, aber es scheint zu klappen. Sie öffnet die Augen und sieht, wie der Fels auf den Anführer fliegt. Er ist so erschrocken, dass der Fels auf ihn zu kommt, sodass er sich noch gerade schützen kann und in Staub eingehüllt wird.
Diesen Augenblick nutzt Theara aus und rennt zu Aaron. Doch bevor sie bei ihm ankommt, wird er von einem zweiten Bändiger mit einem Stein getroffen und fällt zu Boden.
„Aaron!“, geschockt bleibt sie stehen. Ihm scheint es aber gut zu gehen, da er sofort wieder aufsteht, doch Theara kann sich immer noch nicht bewegen.
„Hört auf“, spricht sie leise. Aber natürlich hört sie niemanden.
„HÖRT AUF!“, schreit sie nun. Ihr Herz rast und eine Kraft durchströmt ihren Körper.
Soll ich es wagen? Soll ich diesen Schritt gehen? Ja, ich muss es wagen.
Sie nimmt das restliche Wasser aus der Flasche und bändigt es gegen den Erdbändiger und kann seine Schulter einfrieren. Leider ist das ganze Wasser nun aufgebraucht, doch sie spürt den Fluss. Sie atmet tief ein und aus. Ihre Mutter hat ihr einmal gezeigt, wie sie auch Wasser aus Pflanzen und aus der Luft bändigen kann, doch so gut ist sie noch nicht. Sie weiß auch nicht, ob sie es schafft das Wasser aus größerer Entfernung zu bändigen, aber einen Versuch ist es wert. Sie bewegt ihre Arme, wie zuvor auf Mýga und spürt die Kraft des Wassers.
„So einfach mache ich es dir nicht!“, der Anführer der Banditen hat wieder freie Sicht und greift Theara mit mehreren kleinen Steinbrocken an.
„Mach du weiter!“, brüllt Aaron und stellt sich zwischen dem Banditen und Theara. Mit den Fäusten, links rechts und wieder links, zerbricht er die Brocken. Den letzten fängt er und lässt ihn in seiner Hand brechen.
Kurz danach hören sie auch schon ein Rauschen und sehen eine Flutwelle. Sowohl die Dorfbewohner als auch die Banditen hören auf zu kämpfen und sehen ihr erstaunt entgegen.
Mit ihren Armen lenkt Theara das Wasser und lässt es durch das Haupttor donnernd in das Dorf, wobei das Feuer am Haupttor somit auch gelöscht wird.
Zuerst trifft das Wasser die Bändiger, die zuerst in das Dorf eingedrungen sind und lässt sie bis zur Brust einfrieren. Die Banditen werden nervös und wollen aus dem Eis entfliehen, doch es gelingt ihnen nicht. Die Dorfbewohner nutzen die Gelegenheit und entwaffnen die Nichtbändiger. Die Erdbändiger fangen die Bändiger zusätzlich in Erde ein, damit sie sich nicht mit ihren Kräften befreien können.
Theara lässt die Wassermassen einmal um sich schwenken und lenkt sie dann auf die beiden Angreifer von Aaron und dem Anführer. Der Feuerbändiger versucht das Wasser mit einem Feuerwall aufzuhalten, doch sein Feuer hat keine Chance gegen die Kraft von Theara und ihrem Wasser. Augenblicklich werden die drei Banditen zu einer einzigen großen Eisskulptur eingefroren, bei denen nur noch die Köpfe herausschauen.
Erschöpft fällt Theara zu Boden und Aaron kommt zu ihr, um sie zu stützen.
„Das hast du gut gemacht“, lobt er sie. Theara kann darauf nicht antworten und lächelt nur.
„Das war Wahnsinn, wie du das Wasser gebändigt hast, einmal quer durch das Dorf, das war der Hammer!“, brüllt Kisu und lacht dabei die Banditen im Eis aus.
Nachdem sich die Lage im Dorf wieder beruhigt hat, haben die Bewohner die Banditen gefesselt und in einer großen Halle eingesperrt. Dabei besonders beachtet, dass die Bändiger sich nicht befreien können, bis die Erdsoldaten kommen werden, um sie abzuholen.
Aaron und Kisu helfen den Dorfbewohner beim Aufräumen, um wieder etwas Ordnung herzustellen. Theara sitzt vor dem Haus von Dásko und sieht ihnen erschöpft zu. Aaron meinte, sie solle sich ausruhen, da es doch sehr anstrengend für sie war.
„Du warst echt spitze“, der kleine Junge Feliks setzt sich zu ihr.
„Ich habe durch ein Loch alles angesehen. Habe dabei erst Angst gehabt, bis du kamst“, grinst der kleine.
„Es freut mich, dass es euch allen gut geht“
„Werdet ihr hier bleiben?“, fragt der Junge vorsichtig.
„Nein, wir müssen weiter. Aber wir werden bestimmt wieder bei euch vorbeischauen“, und Theara lächelt den kleinen dabei an, der traurig darüber ist, sich aber freut, dass sie wieder kommen werden.
„Theara, ich kann euch gar nicht genug Danken für das, was ihr getan habt“, Dásko kommt dazu und verbeugt sich tief vor ihr.
„Das haben wir doch gerne gemacht. Wir helfen allen, die in Not sind“, lächelt sie zu Dásko.
„Ruht euch jetzt aus, drinnen wartet schon ein Essen auf euch“, sagt er zu ihr und den anderen, da Aaron und Kisu mit den größten Arbeiten fertig sind und zu Theara gehen.
Die drei gehen hinein und sehen direkt den gedeckten Tisch. Kisu ist wieder einmal der Erste, der mit dem essen anfängt. Aber auch Theara und Aaron nehmen sich viel auf ihre Teller und genießen es. Es mag zwar erst Mittag sein, doch die drei gehen jetzt schon in ihre Zimmer und legen sich in ihre Betten. Während Kisu und Aaron sofort einschlafen, denkt Theara noch immer an den Kampf.
War ich am Anfang zu zurückhaltend? Sind die beiden deswegen in so großen Gefahren geraten? Es war mein aller erster richtiger Kampf. Warum hat es sich so komisch angefühlt und warum bin ich nur so durcheinander?!
Sie weiß nicht, was sie denken soll, was sie von dem Tag halten soll. Warum ist es den Menschen nicht gelungen normal miteinander zu reden? Verwirrt und mit umher schwirrenden Gedanken schläft sie fest ein.
Am nächsten Tag ist die Sonne schon weit am Himmel, bevor die drei aufstehen und sich an den Tisch setzen, um zu essen.
„Habt ihr auch so schmerzen in den Armen?“, meckert Kisu los, als er sitzt.
„Das ist nur Muskelkater. Dein Körper ist es nur nicht gewöhnt so viel zu machen“, kontert Aaron und wirft ihm ein Brötchen zu, damit Kisu seine schweren Arme heben muss.
„Du bist gemein“, meint Kisu mit leicht schmerzenden Armen.
„Hört auf Jungs und benehmt euch“, Theara ist es etwas peinlich, wie die beiden sich verhalten, da Dásko gerade herein kommt.
„Guten Morgen zusammen. Ich hoffe, ihr konntet euch gut ausruhen, heute ist ja der große Tag“, begrüßt er die drei freudig.
„Welcher Tag?“, fragt Kisu verwirrt.
„Wir wollten heute auf die Reise gehen mit Mýga“, entgegnet Aaron mit einem Kopfschütteln.
„Ganz genau. Wir haben schon alles zusammen gepackt und beladen. Lasst euch aber noch Zeit mit dem Essen“, ruft Dásko, da er wieder so schnell das Gebäude verlässt, wie er es betreten hat.
„Ich packe meine Sachen dann auch mal zusammen, bis nachher“, Theara steht auf, um nach oben zu gehen.
Nach einiger Zeit stehen Theara, Aaron und Kisu vor Mýga und packen ihre Sachen in einen Sattel, den Mýga schon trägt.
„Wir haben euch Verpflegung eingepackt und noch ein paar andere Sachen“, berichtet Feliks stolz.
„Das ist aber lieb von euch“, dankt Theara dem kleinen Jungen.
„Hier ist noch eine aktuelle Karte. Die werdet ihr bestimmt brauchen und für dich haben wir noch eine Erbändigerschriftrolle“, Dásko überreicht die Karte Aaron und die Schriftrolle Theara.
„Vielen Dank, die werden wir bestimmt benötigen“, bedanken sich die drei mit einer Verbeugung.
„Das ist das mindeste, was wir euch geben können. Jetzt wird es aber Zeit“
„Denkt dran die Mauer wie besprochen auf zu bauen!“, ruft Kisu, nachdem er auf Mýga geklettert ist, dieses mal ohne herunter zu fallen.
„Das werden wir!“, schreit einer der Bewohner und hält seine Hand hoch, geballt zu einer Faust als Zeichen des Dankes.
„Machts gut und bis bald“, verabschiedet sich Theara und schwingt sich mit Leichtigkeit auf Mýgas Kopf.
„Mýga, yepp yepp“
Sofort hebt sich der Bison und schwebt vom Dorf weg.
„Viel Glück auf eurer Reise“, sagt Dásko ihnen leise hinterher und schaut zu, wie sie zu neuen Welten aufbrechen, um weitere Abenteuer zu erleben, damit sie ihr Schicksal erfüllen kann.
Erde. Feuer. Luft. Wasser.
Einige Menschen besitzen die Fähigkeit eines der Elemente zu bändigen. Jedoch sind sie in der Unterzahl und werden schon seit langer Zeit von den Nichtbändigern benutzt.
Doch seit kurzem ist eine Hoffnung erschienen, die ein Gleichgewicht zwischen ihnen herstellen soll.
Ihr Name ist Theara.
„Sind wir bald da?“, meckert Kisu vor Langeweile.
Die drei sind schon seit zwei Tagen unterwegs, haben aber ihr Ziel noch nicht erreicht. Das Land ist groß und so weit waren sie noch nie gereist.
„Wenn wir dem Fluss weiter folgen, werden wir in zwei Tagen ankommen“, Aaron sieht auf die Karte und folgt dem eingezeichneten Flusslauf. Er ist beeindruckt, eine so genaue Karte in den Händen zu halten.
„Wir sollten einen Platz zum übernachten suchen. Mýga wird müde“, ruft Theara von vorne. Sie sitzt auf dem Hinterkopf vom Bison und fliegt ihn nun besser als je zuvor. Sie hat sich an ihn gewöhnt und Mýga an Theara.
„Etwas weiter nördlich soll ein Dorf liegen, vielleicht können wir dort übernachten“, ruft ihr Aaron entgegen.
„Endlich. Ich kann schon bald nicht mehr sitzen“, Kisu ist erleichtert und freut sich bald wieder auf festem Boden zu stehen.
Es dauert nicht mehr lange, bis sie das Dorf sehen. Theara landet Mýga kurz vor dem Dorf, damit ihn niemand entdeckt.
„Wir kommen nachher wieder. Warte hier“, verabschiedet sie sich vom Bison und streichelt ihm über den Kopf. Als Antwort bekommt sie ein Grummeln und er beginnt sofort an ein paar Sträuchern zu knabbern.
„Los, gehen wir ins Dorf“, Kisu schreitet voran und freut sich über den Ausflug zu Fuß.
Es sind nur fünf Minuten, bis sie das Dorf erreichen. Sofort fällt ihnen auf, dass alles geschmückt ist mit Fahnen und bunten Papieren.
„Wow, es ist ja alles so schön geschmückt“, bemerkt Kisu.
„Sie feiern wohl irgendein Fest“, kommt es von Aaron.
„Es sieht schön aus“, Theara hat so etwas noch nie gesehen. Natürlich haben sie Zuhause auch Feste, aber es wird nicht so geschmückt wie hier.
„Habt ihr etwas zu essen?“, ein kleines Mädchen holt die drei wieder in die Realität. Das Mädchen trägt zerrissene Kleidung und sieht sehr hungrig aus, nicht passend in diese Umgebung.
„Aber natürlich“, Theara kramt aus ihrer Tasche ein Stück Brot und reicht es ihr.
„Danke!“, freut sich die Kleine, verbeugt sich und rennt schließlich davon.
„Komm schon, ich will sehen, was sie hier so alles haben!“, drängt Kisu die beiden. Theara ist noch betrübt über das kleine Mädchen, sie erinnert sie an sich selbst, als ihre Familie einmal nicht genug zu Essen hatten. Da haben Aaron und sie auch Fremde fragen müssen. Oft sind sie zurückgewiesen worden, aber es gab auch gute Menschen, die ihnen geholfen haben.
Es sind viele Stände aufgebaut, die Essen verkaufen, Masken, Skulpturen und noch vieles mehr.
„Wir sollten zusehen, ob wir etwas finden, wo wir übernachten können“, Aaron ist nicht so sehr beeindruckt wie Kisu, der sich wie ein kleines Kind verhält.
„Ach komm, hab doch auch mal etwas Spaß“, wird er von Theara angelächelt.
„Hier, probiere das mal“, sie holt zwei Silberstücke heraus und kauft davon etwas zu Essen, was Aaron noch nie zuvor gesehen hat.
„Das habe ich früher immer bei meinem Onkel gegessen. Es schmeckt besser, als es aussieht“, genüsslich beißt sie hinein. Aaron sieht sich das Etwas genauer an, bevor er hinein beißt. Überraschender Weise schmeckt es ihm tatsächlich.
„Nicht schlecht“, Aaron scheint nun doch etwas lockerer zu werden.
„Seht mal, was ich gekauft habe!“, kommt Kisu angerannt. Die beiden haben gar nicht bemerkt, dass er überhaupt weg war.
„Was ist das?“, Aaron kann nicht genau erkennen, was er in den Händen hält.
„Das sind Lostafeln. Ich habe für jeden von uns eine gekauft“, Kisu drückt den beiden ein kleines Täfelchen mit Zahlen darauf in die Hand.
„Danke“, Theara ist überrascht, freut sich aber, dass er an sie gedacht hat.
„Wann ist denn die Verlosung?“, fragt Aaron leicht genervt.
„Morgen Mittag. Das wird eines der Höhepunkte des Festes!“, wie ein kleines Kind strahlt Kisu.
„Wir müssen morgen aber weiter“, Aaron sieht zu Theara, die anscheinend auch lieber hier bleiben will.
„Na gut. Wir können morgen noch hier bleiben, aber dann müssen wir los“, er gibt nach. Theara hat diesen einen Blick, dem er nicht widerstehen kann.
„Ich habe auch jemanden gefunden, bei dem wir vielleicht übernachten können“
„Warum sagst du das erst jetzt?“, Aaron kann nicht fassen, dass Kisu so etwas nur nebenbei erzählt, wobei er sich das bei ihm schon denken kann, dass Kisu so etwas nicht als wichtig ansieht.
Kisu führt die beiden zu einem Gebäude, das mehr nach einer Ruine aussieht und nicht mehr bewohnbar. Doch aus dem länglichen Gebäude kommt tatsächlich jemand heraus.
„Schön, dass ihr hier seid. Ich freue mich sehr über jede helfende Hand“, werden sie von dem Mann begrüßt.
„Was hast du ihm erzählt?“, fragt Aaron leise Kisu, doch dieser ignoriert ihn.
„Auch wenn ihr nur einen Tag hier sein werdet, werden sich die Kinder freuen. Ich bin übrigens Lartius“, stellt sich der Mann vor.
„Kommt doch mit. Erzählt mir ein wenig über euch“, der Mann deutet, dass sie mit ihm in das heruntergekommene Gebäude gehen sollen.
Kisu ist der Erste, der ihm folgt und stellt sich und die anderen vor.
„Ich bin Kisu, das ist Aaron und das hier ist Theara“
Bei der Erwähnung ihres Namens verbeugen sie sich, um ihn so zu begrüßen.
Beim Betreten des Gebäudes sieht Theara das kleine Mädchen von eben, dem sie ihr Brot gegeben hat.
„Das hier ist ein Waisenhaus“, ihr fällt es nun wie Schuppen von den Augen. Auf der Straße hat sie einige Kinder mit zerrissener Kleidung gesehen, die in Richtung dieses Gebäudes gegangen sind.
„Ganz recht. Das sind alles Kinder, die Ausgesetzt worden sind oder nicht mehr gewollt wurden. Ich nehme sie auf, damit sie nicht auf der Straße leben müssen“, Lartius ist betrübt und sieht sich in einem großen Raum um.
„Aber wie ihr seht, ist das hier kein wirklicher Ort für die Kinder“
Theara und die anderen sehen sich um. Überall sind Kinder, doch das typische glänzen in den Augen haben sie nicht mehr. Einige sitzen in einer Ecke, die Beine angewinkelt und den Kopf darin vergraben.
Das kleine Mädchen mit dem Brot sitzt bei anderen, jüngeren Kindern und bricht dieses in kleine Stücke für jeden von ihnen.
Theara fühlt sich auch traurig. Im Vergleich zu den Kindern hat sie Zuhause alles, was sie sich erträumen können. Auch Aaron und Kisu sind betrübt, dass die Kinder so leben müssen.
Lartius merkt, wie betrübt die drei sind.
„Ihr müsst uns nicht helfen. Ihr könnt auch so hier übernachten“
„Nein, wir helfen euch!“, Theara ist entschlossen zu helfen, auch wenn sie noch länger im Dorf bleiben müssen.
„Komm Aaron, wir gehen einkaufen“, Kisu schiebt ihn zur Tür hinaus.
„Habt ihr noch eine größere Hütte für einen Bison?“, fragt Theara vorsichtig, da sie nicht weiß, wie er reagieren wird.
„Ein Bison?!“, Lartius ist tatsächlich überrascht. Er hätte jetzt mit allem gerechnet, nur nicht mit dem.
„Ähm...ja. Hinten im Hof steht eine. Da kann er hin“, verwirrt zeigt er ihr die Hütte. Er fragt nicht weiter nach, da es ihm die Sprache verschlagen hat.
„Ich komme gleich wieder!“, verspricht sie ihm und läuft los, um Mýga zu holen.
„Na Mýga, wie geht es dir?“, Theara streichelt ihm am Kopf, woraufhin ein grummeln ertönt.
„Wir bringen dich jetzt unter ein Dach“, auch wenn Mýga ihr nicht wirklich antworten kann, redet sie mit ihm, es fühlt sich gut an.
Sie klettert hinauf und setzt sich hinter seinen Kopf.
„Yepp yepp!“
Sofort fliegt Mýga in die Luft. Sie lenkt ihn in Richtung des Dorfes und sieht schon das heruntergekommene Gebäude, in dem die Kinder leben.
„Das nehmen wir auch noch“, Kisu nimmt ein Netz mit Früchten und gibt es Aaron, der schon alles andere trägt, was sie bisher gekauft haben.
„Wir sollten wieder zurück gehen“, meint er und versucht das Netz mit den Früchten nicht zu verlieren.
„Kannst du überhaupt kochen?“
„Nein. Aber du kannst es doch“, antwortet Kisu wie selbstverständlich.
„War klar“, Aaron wusste, dass Kisu so etwas sagen würde.
„He sieh mal, da oben ist Theara“, Kisu zeigt nach oben, doch Aaron kann nichts sehen. Aber er kann es sich schon denken, dass sie Mýga früher oder später geholt hätte.
„Platz da!“, ein Mann mit zwei Gefährten schubsen Aaron und Kisu zur Seite, dabei muss Kisu Aaron nun doch helfen die eingekauften Sachen nicht fallen zu lassen.
„Hey!“, brüllt Aaron hinterher, doch die Männer kümmern sich nicht um ihn.
„Ihr....“, Aaron will fluchen, wird aber von Kisu abgehalten.
„Nicht vor den Kindern!“
Aaron sieht nach unten und entdeckt das kleine Mädchen vom frühen Nachmittag aus dem Waisenhaus.
„Braucht ihr Hilfe?“, lächelt sie die beiden an.
„Gerne. Das hier kannst du tragen“, Kisu reicht ihr das Netz mit den Früchten. Er hat nie Geschwister gehabt, wollte aber immer welche haben.
Gemeinsam gehen die drei in Richtung des Waisenhauses und bemerken, dass die drei Männer auch dort hin wollen, nur mit einem schnelleren Tempo.
„Sag mal, kennst du die drei komischen Typen?“, fragt Aaron die Kleine.
„Das sind die bösen Männer. Sie wollen unser Zuhause abreißen“, das Mädchen sieht traurig aus und läuft nun langsamer.
„Das werden wir nicht zulassen“, sagt Kisu zu dem kleinen Mädchen und lächelt sie an.
Als Theara mit Mýga landet, kommen alle Kinder an und staunen.
„Oh!“
„Ist ja Wahnsinn!“
„Wow!“
Von überall kommen erstaunte Blicke und für einen Moment kommt das Glänzen in ihren Augen wieder zurück.
„Dürfen wir ihn streicheln?“, fragt ein kleiner Junge vorsichtig.
„Aber natürlich“
Mit strahlenden Blicken kommen alle Kinder zu Mýga und fassen ihn an. Theara lässt die Kinder mit ihm alleine, da er auch von ihnen mit Heu gefüttert wird und er sie anscheinend mag. Sie geht in das Haus um Lartius zu suchen.
„Na los, wo ist das Geld? Oder sollen wir hier alles abreißen mit den Kindern im Haus?“
Theara hört eine dunkle, bedrohliche Stimme.
„Bitte nicht. Wir haben nicht viel. Das ist das einzige, was die Kinder noch haben“, hört sie Lartius flehen.
„Wer sind die?“, kommt Theara nun hinzu.
„Sieh einer an. Du kannst uns nicht bezahlen, hast aber eine Angestellte. Los, mitkommen“, die zwei Männer neben dem Mann mit der bedrohlichen Stimme kommen auf Theara zu.
„Halt! Das stimmt nicht!“, Lartius wendet sich nun zu Theara.
„Diese Herren hier treiben die Steuern ein“
„Und zudem wollen wir das Gebäude räumen. Es soll abgerissen werden“, ergänzt der bedrohliche Mann.
„Aber das ist das einzige Zuhause für...“
„Ist uns egal!“, unterbricht der unsympathische Mann Lartius.
Die beiden Männer sind nun bei Theara, die wegen einer Wand nicht weiter zurückweichen kann.
Mist. Die Feldflasche ist bei Mýga und Erde kann ich immer noch nicht bändigen.
„Können wir helfen?“, Aaron und Kisu stehen endlich in der Haustür.
„Könnt ihr die drei hier raus werfen?“, bittet Theara die beiden.
„Erst nachdem ihr gezahlt habt!“, einer der beiden Männer packt Theara nun an der Schulter. Sie ekelt sich vor ihm mit der Narbe am Auge und dem schrecklichen Mundgeruch.
„Das war ein Fehler“, meint Kisu, der nun alle Einkäufe von Aaron in den Arm gedrückt bekommt.
Aaron geht direkt auf die beiden Männer zu und packt sie an der Schulter. Mit einem Ruck landen beide mit dem Rücken auf den Boden und reißen noch den Mann mit der bedrohlichen Stimme mit hinunter.
„Ich würde ja lieber verschwinden, bevor er wütend wird“, kommentiert Kisu das Geschehen.
„Wir bekommen unser Geld. So oder so“, die dunkle Stimme geht durch Thearas ganzen Körper und ist froh, als sie endlich weg sind.
„Danke. Ich wüsste nicht, was ich ohne euch gemacht hätte“, bedankt sich Lartius verbeugend.
„Ach, das war doch nichts“, meint Kisu.
„Du hast doch gar nichts gemacht“, beschwert sich Aaron.
„Ich halte ja auch das Essen“
„Das war spitze!“, das kleine Mädchen, was die beiden begleitet hat, rennt zu Aaron und umklammert ihn.
Es ist das erste Mal seit langem, dass er umarmt wird. Das letzte Mal hat ihn sein Bruder in den Armen gelegen, bevor er verschwand.
„Ihr habt ja richtig viel zu Essen dabei“, freut sich Lartius.
„Es ist zwar nicht wirklich viel, aber wir dachten, dass wir euch mal was richtig gutes zu Essen kochen werden“, Kisu stellt alles in der Küche ab. Zumindest sieht der Raum aus wie eine Küche.
„Du meinst Aaron und ich werden kochen“, verdreht Theara die Augen, nachdem sie die drei Männer endlich aus ihren Gedanken verbannt hat.
„Du kennst mich. Ich werde mich um die Kinder kümmern“, grinst Kisu und läuft schon hinaus.
Zum Abend haben Theara und Aaron tatsächlich das Essen fertig, was für alle reichen sollte. Kisu hat mit den Kindern und Mýga gespielt, damit diese einmal vergessen können, wie sie sonst leben. Immer wieder sind sie von Mýga heruntergerutscht und sind wieder auf ihn geklettert.
Bevor es jedoch Essen gibt, sollten sie den Tisch decken, was sie auch sofort gemacht haben.
Beim Essen wollen alle neben Theara, Aaron und Kisu sitzen, was nur schwer geht. So müssen sie sich aufteilen und die drei sitzen alle an unterschiedlichen Tischen.
Lartius isst nichts. Er sieht lieber allen zu. Er sieht die Kinder zum ersten Mal wieder lachen. Er ist froh, dass die drei hier her gekommen sind und ihm freiwillig helfen, dafür, dass sie hier nur eine Nacht verbringen wollen.
Nach und nach werden die Kinder müde und natürlich sollen die drei das Kind jeweils ins Bett begleiten, um gute Nacht sagen zu können. Auch in den Schlaf hinein sind die Kinder heute glücklich.
„Es tut mir Leid, aber etwas gemütlicheres kann ich euch nicht anbieten“, beschämt zeigt Lartius ihnen ihr Schlafraum, der leer ist, abgesehen von drei dünnen Matratzen und einer alten Decke.
„Ist schon gut, wir kennen so etwas“, sagt Theara ruhig und bedankt sich bei ihm.
Die drei legen sich hin und versuchen zu schlafen, auch wenn es in diesen Betten einem schwer fällt.
Die Nacht ist ruhig, doch drei Männer kommen dem Waisenhaus immer näher.
„Seid leise, sie dürfen uns nicht hören“, sagt einer von ihnen zu den anderen.
„Können wir es wirklich wagen? Sie sind doch noch da drin“, zweifelt der kleinste von ihnen.
„Wir haben unsere Aufgaben und jetzt verteilt euch“, entgegnet wieder der erste Mann.
Die drei unbekannten verteilen sich um das Haus und nehmen ihre Positionen ein.
Dann vernehmen zwei von ihnen das Signal vom dritten. Alle drei vollziehen das selbe, sie schlagen einmal vorsichtig in die Luft und ein kleiner Feuerschein ist zu sehen. Schnell laufen die drei Männer vom Gebäude weg, um nicht gesehen zu werden und überlassen das Gebäude dem Feuer.
Theara hat einen unruhigen Schlaf und empfindet die dünne Matratze als unbequemer als bei ihr Zuhause in ihrem Zimmer. Immer wieder wacht sie auf und hat Probleme einzuschlafen.
Doch beim jetzigen Aufwachen hat sie etwas gehört.
War das Mýga? Ist etwas passier?
Sofort eilt Theara zum Garten, um nach ihm zu sehen, doch schon beim hinaussehen, bemerkt sie, dass die Nacht hell erleuchtet ist.
Ist das etwa Feuer? Aber wie kann das sein?
Sie hat nicht genügend Zeit zum überlegen, sie muss jetzt schnell handeln.
„FEUER!“, schreit sie und rennt dabei hinaus, um Mýga zu helfen.
Draußen bekommt sie direkt die Hitze zu spüren. Ihre Feldflasche ist leider in ihrem Zimmer, daher muss sie wieder versuchen Wasser aus der Entfernung zu bändigen.
Aaron und Kisu haben den Schrei von Theara nur halb mitbekommen und wissen noch nicht, was sie genau will.
„Was ist los?“, fragt Kisu im Halbschlaf.
„Riecht das hier nach Rauch?“
Da wird Aaron hellwach. Rauch! Das war das was Theara geschrien hat, dass es brennt!
„Steh auf, es brennt!“, springt Aaron auf und läuft dabei in die Richtung der Stimme von Theara, wo er geglaubt hat sie gehört zu haben.
Kisu ist auch sofort hellwach und läuft los, jedoch in die entgegengesetzte Richtung, da er meint die Stimme von dort gehört zu haben.
„Theara?“, ruft Aaron.
„Hier draußen!“, hört er es aus dem Garten schreien.
Er beeilt sich, um dorthin zu gelangen und sieht, wie aus der Küche Wasser in Richtung Garten fliegt. Dass kann nur Theara sein. Er folgt dem Wasser und bekommt auch direkt die Hitze des Feuers ab.
„Schnell!“, ruft Theara ihm nur zu und er handelt sofort.
Aaron stellt sich breitbeinig in die Hocke und hebt die Hände. Neben dem Rauschen des Wassers und dem Zischen ist nun ein Beben zu spüren. Kleinere Steinplatten erheben sich und fliegen in Richtung einer Gebäudewand, die einige Feuerstellen aufweist. Die Platten scheinen an der Wand zu haften und löschen so das Feuer. Theara schafft es den Rasen zu löschen und zu kühlen, sodass Mýga wieder landen kann, da er sich in die Luft gerettet hat.
„Ganz ruhig, ist ja alles in Ordnung“, versucht sie ihn zu beruhigen und streichelt sanft seinen Kopf.
„Kann mir jemand helfen?“, Kisu fühlt sich überfordert. Auf der Vorderseite des Gebäudes sind gleich zwei Brände, die er nicht alleine schafft.
„Hier!“, Lartius erscheint mit einer Decke, die er Kisu zuwirft.
Gemeinsam versuchen sie das Feuer mit der Decke zu löschen, was jedoch schwer ist.
„Was ist los?“
Aaron und Theara kommen vorne an und müssen nicht weiter nachfragen. Auch dort sehen sie das helle Licht des Feuers und seine Hitze.
„Hilf du den beiden, ich hole die Kinder hier heraus“, Theara rennt wieder hinein und will die Kinder in Sicherheit bringen.
Aaron stellt sich wieder genauso hin wie eben. Doch dieses mal braucht es länger, bis die Steinplatten das Feuer an den Wänden löscht und es breitet sich noch weiter nach oben aus.
„Los kommt, wir müssen hier raus“, Theara geht von Zimmer zu Zimmer und weckt die Kinder. Die sind natürlich alle sehr müde und verstehen nicht warum.
„Ihr dürft eine Runde auf Mýga fliegen“, sie will die Kinder nicht unnötig einen Schrecken einjagen, dass ihr einziges Zuhause, ihr Zufluchtsort brennt.
Schnell sind die meisten wach und folgen Theara sofort in den Garten zu Mýga. Sie wissen zwar nicht warum sie jetzt in der Nacht fliegen dürfen, aber ihre Freude darüber ist zu groß. Alle Kinder kann Theara noch nicht mit nehmen und bringt die, die auf Mýga passen ein paar Straßen weiter.
„Ich muss jetzt wieder zurück, versprecht mir, dass ihr hier auf mich wartet“
„Warum?“, die kleinen verstehen nicht, warum Theara sie jetzt hier alleine lassen will. Einige kleinere Kinder sind den Tränen nahe, weil sie glauben wieder in Stich gelassen zu werden.
„Habt keine Angst. Ich komme wieder und hole euch, versprochen“, Theara macht ihr Armband ab und überreicht es dem ältesten Mädchen.
„Ich hole es mir wieder ab“, Theara begibt sich wieder zu Mýga wird jedoch erst von dem Mädchen umarmt.
„Wer kann das gewesen sein?“ fragt Kisu mit schwerem Atem.
„Bestimmt Wa'ru und seine Leute. Sie wollen uns unbedingt hier heraus haben, aber das sie so weit gehen hätte ich nicht gedacht“
„Wo kann ich sie finden?“
„Die Straße runter, dann links von da das zweite Haus rechts, wieso fragst du?“, Lartius weiß nicht, warum das jetzt wichtig ist.
„Kisu, macht ihr hier weiter, ich bin gleich wieder da“, Aaron rennt wütend die Straße herunter.
Auch Kisu ist wütend. Wie kann nur jemand so etwas machen? Wie kann jemand unschuldige Kinder in Gefahr bringen?
Kisu und Lartius löschen die letzten Flammen, die sie von außen sehen. Nach und nach fallen auch die Steinplatten von Aaron herunter und legen den Schaden frei, den das Feuer gemacht hat. Das Gebäude sieht nicht mehr stabil aus, was es auch zuvor nicht war, doch sie müssen sicher gehen, dass keiner mehr im Gebäude ist.
„Los, wir müssen drinnen nach sehen, ob noch jemand da ist“, Kisu geht als Erster hinein, um wenn möglich zu helfen.
Theara kommt wieder zurück und landet im Garten. Weitere Kinder stehen bereit und warten. Den zwei ältestes Jungen hat sie zuvor losgeschickt, um die anderen Kinder zu wecken und herauszuholen.
„Seid ihr die letzten?“, fragt Theara die Jungen.
„Nein, zwei sind noch im Haus, wir können sie nicht finden“, die Jungen klingen beunruhigt. Das Feuer ist nun nicht mehr zu übersehen und die Kinder wissen, was nun los ist.
„Steigt auf. Mýga wird euch zu den anderen bringen“, Theara hilft den Kindern auf Mýga hinauf zu klettern.
„Bring sie bitte zu den anderen. Mýga, yepp yepp“
Sofort erhebt sich der Bison und sie blickt ihm noch einen kleinen Moment nach, um sicher zu gehen, dass er es schafft.
Schließlich rennt sie wieder in das Gebäude und sucht nach den Kindern. Es ist schwer zu atmen, da Rauch in der Luft liegt, zudem ist die Sicht geschwächt.
„Ist noch jemand hier drin?!“, Theara hört Kisus Stimme.
„Kisu?!“, ruft sie in den Rauch hinein.
„Theara, ist alles in Ordnung? Ist noch jemand hier?“, Kisu findet sie und ist froh, dass ihr nichts passiert ist.
„Ja, alles gut, aber hier sind noch irgendwo zwei Kinder!“, sofort läuft sie wieder davon, um sie zu suchen. Auch Kisu geht durch alle Räume um die Kinder zu suchen.
„Wo seid ihr? Meldet euch!“, ruft Kisu in jeden Raum, bis er in einem schließlich eine Antwort bekommt.
„Wir sind hier....“, kommt eine hustende Stimme aus einer der Ecken. Es sind zwei kleine Mädchen.
„Kommt, ich bringe euch hier raus“, Kisu hält seine Hand zu den beiden Kindern.
„Ich kann nicht, mein Rollstuhl ist kaputt gegangen“, eine der beiden deutet auf ein Gestell, das sehr angebrannt aussieht.
„Na komm, ich trage dich“, vorsichtig hebt er die Kleine hoch und läuft mit dem anderen Mädchen in Richtung Ausgang.
„Theara, ich habe sie gefunden!“, schreit er in den Qualm, damit sie nicht mehr länger nach den Kindern suchen muss, da ihr das Atmen bestimmt auch schwerer fallen wird. Bei jedem Atemzug spürt Kisu ein Kratzen und einen Hustenreiz im Hals.
„Pass auf, da hinten!“, das Mädchen auf seinem Arm zeigt nach hinten. Ein Teil der Decke stürzt ein.
„Lauf!“, befiehlt Kisu dem kleinen Mädchen neben ihm und läuft auch los, doch so schnell wie das Mädchen ist er nicht und bemerkt nicht, dass die Decke über ihm langsam nachgibt.
„Kisu!“, hört er rufen und erblickt Theara.
Jetzt bemerkt er auch die fallende Decke.
„Duck dich!“, Kisu weiß nicht, wer es gesagt hat, ob das kleine Mädchen oder Theara, aber er macht es. Schnell legt er das Kind auf den Boden und stützt sich über sie, um sie mit seinem Körper vor Gefahren zu schützen. Doch was er nicht sieht ist, was Theara nun macht.
Zeitgleich mit der fallenden Decke dreht sie sich und drückt ihre Arme nach vorne. Ihr Herzschlag ist so schnell, dass sie denkt ihr Herz könnte jeden Moment in zwei springen. Aber sie spürt auch noch einen Druck, etwas, was sie nach unten ziehen will, doch sie kämpft dagegen an. Sie hört etwas lautes krachen, doch sie kann nicht hinsehen.
Habe ich es geschafft? Oder sind die beiden etwa...?
Kisu hat auch etwas lautes gehört und spürt, dass einiges schweres auf seinem Rücken liegt. Doch er kann seine Augen öffnen und versucht aufzustehen. Bei diesem Versuch fällt Schutt von seinem Rücken und er ist ganz verstaubt; das Mädchen hat zum Glück nichts abbekommen.
„Danke“, Theara spürt eine Hand auf ihrer Schulter und erst jetzt traut sie sich die Augen zu öffnen. Was sie sieht glaubt sie aber nicht. Vor ihr steht zwar Kisu mit dem Mädchen, aber hinter den beiden ist das Dach des Gebäudes so gut wie weg.
„Und du glaubst du könntest nicht bändigen“, schon hat Kisu wieder so einen komischen Unterton in der Stimme, der sich nach Witzelei anhört.
„Ich konnte dich ja nicht zerquetschen lassen“, versucht sie ihm zu entgegnen, doch ihre Stimme hat ein Zittern in sich, wodurch die Wirkung die sie hervorheben wollte verschwindet.
„Danke!“, das Mädchen auf Kisus Arm springt fast von ihm los, um Theara zu umarmen. Sie hatte große Angst und ist glücklich, dass Theara sie gerettet hat. Auch das andere Mädchen hält Theara fest, fest an ihrer Hand.
„Ich werde euch immer beschützen“, dieses mal ist ihre Stimme fest und klar.
Draußen treffen sie auf Lartius und gemeinsam gehen sie zu den Kindern, die Mýga weggebracht hat.
„Geht es euch allen gut?“, fragt Lartius in die Schar.
Einzelne kleine Kinder weinen und gehen zu den dreien und halten sie ganz fest.
„Hier“, eines der Kinder kommt zu Theara und gibt ihr das Armband zurück.
„Danke. Wir werden euch helfen etwas neues zu finden“, verspricht Theara.
„Wo ist eigentlich Aaron“, erst jetzt bemerkt sie, dass er fehlt.
„Er wollte sich die Typen von heute Nachmittag vorknöpfen. Sie haben wahrscheinlich das Feuer gelegt“, berichtet Kisu.
„Wo?“
„Die Straße runter und dann links...“, mehr kann Kisu nicht mehr sagen, da Theara schon losstürmt und ihn nicht mehr hören kann.
Sie hört einen Knall und spürt ein Beben.
Was war das? War das Aaron? Steckt er in Schwierigkeiten? Nein, nicht er.
Sie kann sich nicht vorstellen, dass er in Schwierigkeiten geraten kann, so etwas passiert immer nur Kisu.
Endlich ist sie am Ende der Straße angelangt und biegt links ab, da sieht sie es schon.
„Was hast du hier gemacht?“, fragt Theara erstaunt.
„Wir haben uns nur ein wenig unterhalten“
Aaron will sich auf den Rückweg machen, doch einer der Männer von heute Nachmittag hat etwas dagegen.
„He, du kannst uns doch nicht hier hängen lassen?!“, brüllt er.
Aaron hat das Haus, in dem sie sich befanden, in einer Seite eingerissen und die Männer in Stein Gefangen. In der Mitte ist ein Mann, den Theara noch nie gesehen hat und unter ihm steht in Stein geschlagen „Schuldig“. Fragend blickt sie ihn an.
„Er ist der Anführer, der der das Haus mit den Kinder abreißen will und den Auftrag erteilt hat“, Aaron weiß, dass Theara es nicht als gut empfinden wird, was er getan hat, aber er musste es.
„Keine Angst. Ich habe ihnen nicht weh getan. Ich habe ihnen nur eine Lektion erteilt“
Theara geht langsam auf den Anführer der Gruppe zu.
„Na Kleine, willst du uns nicht helfen? Wir belohnen dich auch“, der Mann versucht zu lächeln, doch Theara empfindet das Lächeln als schmutzig und ekelig.
„Eher würde ich in den Minen arbeiten als euch zu helfen“, entgegnet sie.
Theara ist froh, dass Aaron sich die Männer vorgenommen hat. Sie hätte wahrscheinlich nicht die Stärke gehabt.
„Du hast das Richtige getan, nur...sei das nächste mal nicht so grob“, bittet sie Aaron.
„Ich verspreche es“
„Was ist passiert?“, fragt Kisu, als die beiden endlich wieder zu ihnen stoßen.
„Wir haben mit den Männern geredet, sie werden euch ab jetzt in Ruhe lassen“, berichtet Theara Lartius und den Kindern.
„Wo sollen wir denn jetzt hin?“, fragt ein kleiner Junge.
„Ich hätte da eine Idee“, alle blicken erstaunt zu Kisu.
„Nun, heute wird doch die Verlosung statt finden. Der zweite Preis ist ein Geldpreis und beim Ersten Preis kann man sogar ein Haus gewinnen. Wir müssen also nur gewinnen“, erklärt Kisu stolz den anderen.
„Du willst alles auf eine Karte setzten?“, fragt Theara verwundert.
„Wir haben keine Lose“, wendet Lartius ein.
„Wir schon. Kisu hat uns welche gekauft, für unser letztes Geld“, entgegnet Aaron etwas mürrisch.
„Wir sollen also alles auf eine Karte setzten?“, fragt Theara erneut ungläubig, dass es klappen wird.
„Auf drei. Jeder von uns hat ja ein Los“, erwidert Kisu und hält seines hoch.
„Und wo sollen wir solange hin? Was passiert, wenn ihr nicht gewinnt?“, Lartius klingt bekümmert, er sorgt sich um die Kinder. Noch immer weinen einige, werden aber von den größeren getröstet.
„Komm mal mit“, sagt Aaron zu ihm und dreht sich um.
„Wohin?“, will er wissen, doch er bekommt keine Antwort.
Also folgt Lartius Aaron ein kleines Stück zu einer größeren freien Fläche. Aaron deutet an, dass er ein Stück zurück bleiben soll und stellt sich Schulterbreit vor die freie Fläche. Dann beginnt er mit dem rechten Fuß auf den Boden zu stampfen, zeitgleich streckt er die Arme aus und hebt und senkt sie. Der Boden fängt an zu zittern und zwei große Steinwände tauchen aus der Erde hervor.
Das gleiche macht Aaron mit dem linken Fuß. Erst stampft er auf die Erde, dann hebt und senkt er die Arme. Dabei kommt er ins schwitzen, doch schon bilden sich erneut zwei Steinwände. Jetzt vollzieht er eine halbe Drehung nach rechts und reißt die Arme mit. Immer mehr nehmen die Steinwände Form an und ein Haus ist mehr oder weniger zu erkennen.
Lartius staunt, was Aaron gerade gebändigt hat.
„Das sieht zwar nicht schön aus, aber so habt ihr erst einmal ein Dach über dem Kopf“, präsentiert Aaron die zwei doch simpel aufgebauten Häuser.
„Ich weiß gar nicht, wie ich das jemals wieder gut machen kann“, freut er sich und ist den Freudentränen nahe.
„Gar nicht. So etwas zu machen ist für mich selbstverständlich“, trotz alle dem ist in Aarons Stimme kein Zittern oder ähnliches zu hören.
Nachdem Theara, Aaron und Kisu mit Lartius die Kinder in das notdürftig gebändigte Haus gebracht haben, ist es schon so spät, dass sie keine Zeit mehr finden selber schlafen zu gehen. Sie beschließen auf den Markt zu gehen, um für die Kinder etwas zu Essen zu kaufen. Viel haben sie nicht mehr, da Kisu fast das komplette Geld für die Lose ausgegeben hat, doch es reicht, um für die Kinder ein Frühstück vorzubereiten.
„Wann wird die Verlosung stattfinden?“, fragt Kisu neugierig. Obwohl er die Lose gekauft hat, weiß er nicht, wann genau es starten soll.
„Genau am Mittag. Viele sagen, die Verlosung sei der Höhepunkt des Festes, da es immer tolle Preise zu gewinnen gibt, doch für die meisten, vor allem für die Kinder, ist das Feuerwerk am Abend der Höhepunkt“, erklärt Lartius den dreien.
„Bis dahin können wir und ja ein wenig umsehen, ob es noch mehr schöne Stände gibt“, freut sich Kisu.
„Wozu? Geld haben wir doch jetzt nicht mehr“, entgegnet Aaron mürrisch.
„Aber wir können uns vielleicht die Artisten ansehen?“, meint Theara leise.
„Meinetwegen. Dann können wir uns auch umhören, ob jemand etwas über die letzte Nacht mitbekommen hat“, Aaron atmet laut aus und gibt nach. Eigentlich will er nicht, da er Menschenansammlungen nicht mag, doch für Theara macht er es.
In der Dorfmitte, wo das Fest stattfindet, ist viel los. Zahllose Stände sind aufgebaut und viele Artisten bemühen sich Aufmerksamkeit zu erhalten. Während Theara den Artisten staunend zusieht, versucht Kisu nicht an das Essen zu denken, das an fast jedem Stand zum Verkauf angeboten wird. Aaron hingegen interessiert sich für keines dieser Sachen. Er hört eher den Menschen zu, was sie erzählen, doch vom Feuer letzte Nacht redet keiner. Auch nicht, was mit den Männern geschehen ist, bei denen er war. Einerseits ist er froh, dass keiner darüber redet. Theara hätte es bestimmt nicht gerne, wenn jeder darüber reden würde. Andererseits wundert es ihn, dass keiner das Feuer bemerkt haben will.
„Sieh mal da. Da ist ein Zirkus!“, wird Aaron von Theara aus den Gedanken gerissen.
Auf einer großen Bühne präsentieren Artisten Kunststücke mit Schnabeltierbären. Doch dann tauchen sie unter und eine Feuerwand erscheint. Die Feuerwand beginnt zu rotieren und darin erscheint ein Mädchen, die sich mit ihr dreht. Mit ein paar Armbewegungen und Beugungen formt und lenkt sie das Feuer. Mit ausgestreckten Armen lenkt sie das Feuer in die Luft und ein Drachenkopf ist zu erkennen. Mit rotierenden Armen lenkt sie den Kopf wieder nach unten und ein Feuerkörper folgt ihm. Mit rasanten Bewegungen fliegt der Drache durch die Luft, bis sie ihn schließlich weit nach oben bändigt und den Drachen in einen Feuerregen verwandelt.
„Applaus für den Zirkus Roter Drache! Das war ihre spezielle Nummer Tanzender Drache! Vielen Dank!“, verabschiedet ein älterer Mann das Mädchen und die anderen Artisten von der Bühne.
„Nach diesem wunderbaren Auftritt wollen wir nun auch zum ersten Höhepunkt des letzten Festtages kommen und mit der Verlosung anfangen!“, durch ein Kegelrohr versucht der Mann so die Aufmerksamkeit aller Bürger zu erhalten, was ihm auch gelingt. Stille kehrt ein und einer nach dem anderen holt seine Tafel mit der Losnummer heraus.
„Heute haben wir drei Preise zu vergeben. Fangen wir mit Platz 3 an. Dieser beinhaltet ein Preisgeld von 100.000 Bronzestücke. Die Nummer dazu lautet...“, der Mann dreht an einer großen Kugel und holt schließlich eine Tafel heraus.
„...die Nummer lautet 213!“
Erst geschieht nichts, doch dann bricht ein Mann in Jubel aus.
„Gewonnen!“, brüllt er und versucht nach vorne auf die Bühne zu gelangen.
„Herzlichen Glückwunsch mein Freund“, der ältere Mann, der diese Aktion leitet reicht ihm die Hand und deutet auf eine Kiste. Begeistert nimmt der Mann diese Kiste und verbeugt sich dankend vor dem älteren Herren.
„So, kommen wir nun zu unserem zweiten Platz. Dieser beinhaltet 100.000 Silberstücke. Ganz recht 100.000!“, er wiederholt es, da es anscheinend selten vorkommt, dass ein Preis in diesem Wert verlost wird.
„Die Nummer dazu lautet....“, wieder dreht der Mann die Kugel und holt schließlich eine Tafel heraus.
„...sie lautet 198! Wer hat die 198?!“, brüllt er fragend in die Menge.
„Ich habe sie!“, Theara hört es laut neben sich.
Kisu? War das eben Kisu der geantwortet hat?
Tatsächlich begibt sich Kisu durch die Menschenmenge nach vorne auf die Bühne. Ein leises raunen geht durch diese, da sie selbst den Preis nicht gewonnen haben.
„Sieh einer an, hat er für uns also doch noch was aufgetrieben“, kommentiert Aaron das Geschehen leicht spöttisch.
„Herzlichen Glückwunsch mein Kind“, wieder reicht der ältere Mann nun Kisu die Hand.
„Was hast du denn mit dem Geld vor? Weißt du das schon?“
„Als erstes werde ich mir etwas leckeres zu Essen kaufen!“, lacht Kisu vor sich hin, überglücklich, dass er doch tatsächlich gewonnen hat.
Ein Lachen geht durch die Menge nach der Antwort von Kisu. Theara und Aaron ist es etwas peinlich, doch sie sind auch froh, dass er den Preis gewonnen hat. Mit dem Geld in der Kiste begibt sich Kisu wieder zu den beiden.
„Glückwunsch“, begrüßt Theara ihn.
„Hat sich also doch gelohnt das Geld für Lose auszugeben“, begrüßt Aaron ihn und haut ihm wie so oft gegen die Schulter.
„Nun das große Finale! Der erste Preis ist dieses mal ein neues Haus!“
Sofort wird es wieder ruhig in der Menge, da so ein Preis noch nie verlost wurde.
Auch Theara und Aaron machen große Augen, da ein neues Haus perfekt wäre. Kisu hat es ihnen zwar erzählt, doch haben sie ihm nicht ganz geglaubt.
„Die Nummer zu dem Haus lautet.....“, wieder dreht der Mann an der Kugel und holt eine Tafel heraus.
„Die Nummer beginnt mit einer 4!“
Sofort wird es laut in der Menge und die Ersten schmeißen ihre Tafeln auf den Boden. Aaron und Theara sehen sich an, da auf ihren Tafeln tatsächlich als erstes eine 4 steht.
„Die zweite Nummer lautet 2!“
Wieder schmeißen einige ihre Tafeln auf den Boden und verlassen den Platz, da sie keine Chance mehr auf das Haus haben.
„Tja, dann musst du für uns das Haus gewinnen“, auch Aaron lässt seine Tafel fallen und sieht auf Theara's Tafel.
„Ohhh, das ist so spannend!“, Kisu kann es kaum erwarten, wer gewinnen wird. Nur noch 10 sind im rennen, um das Haus zu gewinnen.
„Die letzte Nummer lautet....“, der Mann macht eine Pause, um die Spannung noch weiter ansteigen zu lassen.
„Sie lautet 1!“
Nichts geschieht.
421. Das ist doch... Soll ich etwa? Das ist sie.
„Hat jemand die Nummer 421?“, fragt der Mann erneut.
„Theara, du hast sie“
Sie spürt eine Hand auf ihrer Schulter. Es ist Aaron, er lächelt sie an.
„Wer hat diese Nummer?“
„Hier!“
Kisu brüllt und Aaron zieht sie ein wenig nach vorne, damit sie endlich wieder reagiert.
„Na dann komm nach oben!“
Langsam läuft Theara zur Bühne und muss immer wieder auf ihre Tafel blicken, ob es wirklich die richtige Nummer ist.
„Herzlichen Glückwunsch Kleine“
Immer noch in Gedanken nimmt sie die Hand vom älteren Mann entgegen und schüttelt sie, wobei sie wieder langsam in die Realität zurück findet. Sie sieht in die Menge und einige klatschen auch, doch andere sind sehr enttäuscht, dass sie nicht gewonnen haben.
„Freust du dich?“, fragt der Mann.
„Ja, sehr“, kommt es leise aus ihr heraus.
„Wann kann ich einziehen?“, ihr kommt in den Sinn, dass das Haus für Lartius wichtig ist, für die Kinder.
„Natürlich sofort!“, der Mann hält ihr einen Schlüssel entgegen.
Sofort nimmt sie ihn und fühlt sich gleich viel besser. Sie hat es geschafft, wenn auch nur mit Glück. Sie kann Lartius und den Kindern helfen, ihnen ein neues Zuhause zu geben.
Es dauert nicht lange, bis sie das Haus gefunden haben. Es ist groß, hat einen Garten und ist sogar eingezäunt. Es ist zwar nicht ganz als Waisenhaus geeignet, doch es hat genügend Zimmer für alle Kinder. Die Küche ist auch groß genug um für alle zu kochen.
„Ich danke euch!“, Lartius verbeugt sich vor den dreien dankend.
„Ach was. Das war nur Glück“, nun hält Theara den Schlüssel hoch, um ihn an Lartius zu überreichen. Langsam nimmt er ihn an und kann das Glück für die Kinder kaum fassen.
„Und mit dem Geld solltet ihr auch erst einmal auskommen und immer was zu Essen haben“, sagt Kisu fröhlich.
„Vielen Dank. Nehmt euch so viel mit, wie ihr braucht. Ihr könnt jederzeit hier her kommen“
„Solltet ihr noch mal Probleme mit diesen komischen Männern haben, dann ruf uns. Wir werden uns um die kümmern“, Aaron reicht ihm die Hand hin.
„Das werde ich, wobei ich glaube, dass sie es nun wissen uns in Ruhe zu lassen“, schlägt Lartius ein.
Theara, Aaron und Kisu beschließen bis morgen zu bleiben, um sich auch das Feuerwerk anzusehen. Zusammen mit den Kindern sitzen sie im Garten auf Decken und sehen in den Himmel. Es ist ein langes und großes Feuerwerk. So etwas hat Theara noch nie gesehen. Genau wie die Kinder hat sie ein strahlen in den Augen. Sie ist so begeistert, dass sie nicht bemerkt, wie Aaron sie ansieht. Er ist froh, dass sie es geschafft hat den Kindern ein neues Zuhause geben zu können und freut sich darüber, dass sie so begeistert ist vom Feuerwerk.
Erde. Feuer. Luft. Wasser.
Einige Menschen besitzen die Fähigkeit eines der Elemente zu bändigen. Jedoch sind sie in der Unterzahl und werden schon seit langer Zeit von den Nichtbändigern benutzt.
Doch seit kurzem ist eine Hoffnung erschienen, die ein Gleichgewicht zwischen ihnen herstellen soll.
Ihr Name ist Theara.
„Sie sind da“
„Schickt sie rein“
Kaniko und zwei weitere, ein Junge und ein Mädchen, werden in den Saal geführt. Der Saal ist sehr groß, doch viel steht nicht in diesem.
Am Ende des Saals ist ein Thron aufgestellt, auf dem ein Mann sitzt. Der Weg dorthin ist mit Säulen gesäumt und zwischen den Säulen stehen Wachen, die die drei genau beobachten.
Es ist ein gefühlt langer Weg, doch kommen sie recht schnell an und knien sich vor den Mann auf dem Thron.
Der Thron ist sehr groß, aber schlicht gestaltet und besteht aus massiven Felsen. Dieser steht auf einer erhöhten Plattform und der Rahmen der Lehnen sind vergoldet. Die Seiten haben Formen, die an das Zeichen für das Element Erde erinnert.
„Steht auf“, der Mann auf dem Thron steht selber auf und läuft zu den dreien.
Langsam heben sie ihre Köpfe und stehen auf.
„Das Erdkönigreich ist das Größte und Stärkste. Doch gibt es immer mehr Probleme die Macht durchzusetzen, die Bändiger zu kontrollieren. Ihr seid mir unterstellt, daher dürft ihr euch frei bewegen“, der König geht in Richtung einer großen Tafel, auf der das Erdkönigreich abgebildet ist.
„Ihr müsst in das Dorf Biánhu. Dort soll ein Mädchen mit besonderen Kräften leben. Ich möchte, dass ihr sie findet und zu mir bringt“, der König steht mit dem Rücken zu den dreien. Er hält es nicht für angebracht die drei anzusehen.
Kaniko und die anderen beiden warten, ob noch etwas vom König kommt. Sie stehen mitten im Saal und wissen nicht, ob sie jetzt gehen sollen oder ob sie noch mehr Informationen bekommen.
„Worauf wartet ihr? Los! Geht und bringt sie mir!“, fuchtelt der König nun mit seinen Händen und deutet zur Tür.
Mit einer Verbeugung verabschieden sie den König und laufen den langen Weg mit den Säulen wieder zurück, durch die riesige Tür hinaus.
„Verbreitet Steckbriefe sobald ihr das Gesicht kennt und setzt eine Belohnung aus. Ich will sie unbedingt“, befiehlt der König einen seiner Männer.
„Egal wie oft wir zu ihm gerufen werden, der wird mir immer Angst machen“, der Junge neben Kaniko schüttelt innerlich seine Angst ab.
„Solange er uns in Ruhe lässt“, das Mädchen steht zwischen den beiden Jungen und beißt genüsslich in einen Apfel.
„Nalia wo hast du den Apfel denn her?“, Kaniko ahnt schon, von wo sie ihn her hat.
„Da stand so ein großer Teller, da musste ich zugreifen. Außerdem habe ich euch was mitgebracht“, rechtfertigt sie sich und wirft den beiden einen Apfel zu.
„Auf dich kann man nicht böse sein“, genüsslich beißt der Junge neben Kaniko in den Apfel.
„Nalia, Silán, lasst uns unsere Sachen packen und dann werden wir aufbrechen“, Kaniko geht vor, um in sein Zimmer zu gehen und dort einige Sachen zusammenzupacken.
Pán-tu sitzt auf dem Stuhl im Büro des ehemaligen Dorfmeisters. Vor ihm liegen einige Schriftrollen, wenige, die das Dorf besitzt, die er durchgeht.
„Pán-tu, hier möchte jemand mit dir reden“, ein Mann kommt herein und stört ihn. Der Mann merkt dies und verbeugt sich entschuldigend.
„Schick ihn herein“, schnell räumt Pán-tu die Schriftrollen weg, da er sich denken kann, wer es sein könnte.
„Chryso, ich dachte mir, dass du es bist“, begrüßt er ihn und reicht ihm freudig die Hand.
Chryso zögert erst, doch er schlägt ein. Er vertraut ihm immer noch nicht; er hat so ein komisches Gefühl, dass ihm Gefahr vorher sagt.
„Ich wollte mit dir über die Situation im Dorf reden“, Chryso setzt sich auf einen Stuhl, gegenüber von Pán-tu.
„Mir ist bewusst, dass eine kleine Armee die Straßen zu unserem Dorf versperrt. Wir haben einen Plan, wie wir die Sperren durchbrechen können, um das Dorf endlich gänzlich zu befreien“, Pán-tus Augen scheinen zu glänzen, während er spricht. Fast so, als ob es ihm Spaß mache sich Pläne zu überlegen, wie der Kampf aussehen könnte.
„Wo ist eigentlich deine Tochter?“, schlagartig ändert sich seine Mine.
Das Glänzen in seinen Augen verschwindet und sieht Chryso nun ernst an.
„Sie ist in Sicherheit. Ihr wird nichts geschehen“, antwortet Chryso, doch er will
Pán-tu nicht sagen, dass sie nicht mehr im Dorf ist. Er vertraut ihm noch nicht. Chryso hat bei im das gleiche Gefühl wie beim Oberaufseher. Ein schlechtes.
„Ich habe gehört, sie soll mehr als nur Wasser gebändigt haben“, in Pán-tus Stimme liegt etwas geheimnisvolles.
„Habe ich auch, aber das ist doch sehr unwahrscheinlich. Was willst du jetzt eigentlich wegen den Truppen unternehmen?“, Chryso versucht ihn abzulenken.
„Wir haben Späher ausgesendet. Laut deren Berichten sind es vier Truppen mit jeweils 30 Männern. Kein Problem für uns“, wie es scheint erzählt Pán-tu wirklich lieber seinen Plan, wie die Truppen vor dem Dorf entfernt werden können.
„Zuerst werden Wasser-, Luft- und Feuerbändiger zusammen Nebel in deren Lagern erzeugen und den Soldaten ein wenig Angst einjagen. Dann kommen die Erdbändiger und werden die Soldaten gefangen nehmen“
„So in der Theorie, aber was wenn etwas schief geht?“, zweifelt Chryso.
„Du kannst gerne mit mir mitkommen. Wir werden heute Nacht zuschlagen“, bietet Pán-tu ihm an.
Chryso überlegt, ob er mitgehen soll, doch ihm ist bewusst, dass er nur so seine Tochter besser beschützen kann.
„Ich werde mitkommen“, entscheidet er.
So will Chryso herausfinden, was Pán-tu wirklich vor hat und ob seine Tochter in Gefahr ist.
Zwei Tage sind Kaniko, Nalia und Silán unterwegs gewesen, bis sie das Dorf Biánhu erreicht haben.
„Was sollen wir jetzt machen? Einfach durchmarschieren?“, fragt Nalia Kaniko, da die drei nun vor einem Zeltlager stehen, die den Weg in das Dorf blockieren.
„Nein, wir werden einen Bogen machen und von Südosten in das Dorf gehen, durch die Wälder“, Kaniko malt auf dem Boden eine kleine Übersichtskarte, um es den beiden besser zu zeigen.
„Und was machen wir, wenn wir da sind?“, fragt Nalia.
„Wir mischen uns unter die Leute und fragen ein wenig. Das Dorf ist größer als man glaubt und ist in Sektionen eingeteilt. Da kennt nicht jeder jeden wie in so manch anderen Dörfern“, mit einer Handbewegung ist die Zeichnung wieder weg und Kaniko macht sich auf den Weg in das Dorf.
Die beiden folgen ihm und bis zum Sonnenaufgang sind die drei auch im Dorf angekommen.
„Also gut, wir teilen uns jetzt auf. Ich werde den nördlichen Teil nehmen, ihr beide den südlichen“, mit einem klaren Befehlston teilt er die beiden extra zusammen ein, da die beiden sich besser in schwierigen Situationen helfen können, als wenn sie alleine wären. Ohne ein Gegenwort nicken die beiden und brechen sofort auf.
Für Kaniko kommt es so vor, als ob in diesem Dorf momentan keine Strukturen herrschen. Auch scheint es in einigen Gebäuden gebrannt zu haben.
Niemand interessiert sich für ihn, daher setzt er nun seine Kapuze seines Mantels ab, um nicht unnötige Blicke zu bekommen. Viele reden über alltägliche Sachen, nichts, was für seine Mission wichtig sein könnte. Er überlegt, ob er die Menschen direkt fragen soll nach dem Mädchen mit den besonderen Kräften, doch er lässt es.
Kaniko folgt ein paar Soldaten mit einem komischen Zeichen auf dem Rücken. Es sieht ein wenig wie ein Lotus aus, aber er kennt nicht viele Blumenarten, so könnte es auch etwas anderes sein.
„Glaubst du, dass das Mädchen noch hier ist?“, fragt der rechte Soldat seinen Partner.
„Ich denke eher nicht. Wenn sie mitbekommen hat, dass sie gesucht wird, dann wird sie schnell verschwunden sein mit ihren Freunden“
„Wie soll sie denn verschwunden sein? Unser Dorf ist umstellt?!“
„Dummkopf. Es sind nur die Hauptstraße und eine Nebenstraße, die versperrt werden. Sie kann noch durch die Wälder und durch die Hügel verschwinden“
Der weiß wovon er redet.
Kaniko hat die beiden belauscht und stimmt innerlich dem linken Soldaten zu.
Wenn sie wirklich eine besondere Gabe hat, dann werden mehrere hinter ihr her sein.
Er verfolgt die beiden bis zu einem größeren Gebäude in der Mitte des Dorfes. Hier laufen mehrere Männer und Frauen herum, die dieses komische Zeichen auf dem Rücken haben. So beschließt er wieder zurück zu gehen und sich mit Nalia und Silán zu treffen. Vielleicht haben sie etwas herausgefunden.
„Komm heute Abend zum Sonnenuntergang wieder hier hin. Dann werden wir die Truppen angreifen und das Dorf endgültig befreien“, verabschiedet Pán-tu Chryso.
“Was ist mit den Menschen, die nicht bändigen können?”, wirft Chryso noch schnell in den Raum.
“Sie können sich entscheiden. Entweder in Frieden mit uns Leben oder sie verlassen das Dorf”, Pán-tu dreht sich von Chryso weg.
Ganz zufrieden ist Chryso nicht, doch er merkt, dass er hier nicht mehr viel erreichen kann.
Schließlich wartet Pán-tu, bis Chryso aus dem Gebäude ist und holt wieder seine Schriften heraus.
„Tomak!“
Sofort kommt ein sehr dünner Mann herein.
„Habt ihr neue Informationen?“
„Die Eltern sind eine Wasserbändigerin und ein Erdbändiger. Das Mädchen selbst ist eine Wasserbändigerin. Einer ihrer Freunde ist ebenfalls ein Erdbändiger und der andere ist ein einfacher Soldat“, verbeugend berichtet Tomak die Informationen, die er hat.
„Das weiß ich doch schon alles!“, brüllt Pán-tu wütend.
„Hast du etwas neues für mich? Hat sie noch weitere Freunde? Verwandte? Vorlieben?“
„Ihre Mutter hat einen Bruder, der im Nachbardorf lebt. Ihm war es erlaubt dieses Dorf hier zu verlassen, da er anscheinend über keine Bändigerkräfte verfügt und somit für das Erdkönigreich nicht brauchbar war“, berichtet er nun.
„Das erzählst du mir erst jetzt?“, fassungslos schlägt Pán-tu mit seiner Hand auf den Tisch und Tomak schreckt zusammen.
„Hast du wenigstens schon einen Trupp zusammengestellt um sie zu suchen?“
„Jawohl mein Befreier. Ein Vierer Team ist bereit sie zu suchen“, spürbar versucht Tomak kein zittern seiner Stimme zu zulassen.
„Sehr gut. Sie sollen sich an den Plan halten und heute Nacht während des Angriffes die Suche beginnen“, mit einer Handbewegung deutet er an, dass Tomak den Raum wieder verlassen kann.
„Waahh!“, wütend schlägt er seine Hand gegen eine Steintafel und mit einem Rums durchbricht sie.
Ich will sie unbedingt, ich brauche sie. Ich werde dich bekommen, verlass dich drauf.
„Also gut, was habt ihr herausgefunden?“, fragt Kaniko, nachdem sie wieder alle zusammen gekommen sind.
„Das Mädchen soll einen Soldaten angegriffen und dabei 3 Elemente gebändigt haben. Einige glauben es nicht ganz, aber wieder andere schwärmen von ihr und sehen sie als Erlösung an“, berichtet Nalia.
„Zudem soll sie mit zwei weiteren abgehauen sein. Vermutlich aus dem Dorf hinaus“, ergänzt Silán.
„Na gut, wir sollten mal jemanden konkret danach Fragen“, Kaniko steht auf und geht aus dem Versteck heraus, die beiden folgen ihm.
Die drei sehen sich um und suchen nach jemanden, der etwas wissen könnte.
Da sehen sie einen wohl etwas verstreuten Mann, der mit einer Schriftrolle einen Platz überquert.
Silán deutet auf ihn und beide sind sofort einverstanden. Obwohl Silán nicht viel redet, kann er Menschen gut einschätzen, ob sie zu einem Thema viel wissen könnten oder nicht.
Unauffällig folgen sie dem Mann und warten auf eine gute Gelegenheit. Schließlich biegt der Mann in eine kleine Seitengassen und diese Chance nutzen die drei und überrumpeln ihn.
Kaniko springt nach vorne und streckt die Arme aus. Es rumpelt unter den Füßen des Mannes und binnen einer Sekunde ist er in Stein gefangen. Sofort hält Nalia ihm den Mund zu, damit er niemanden um Hilfe rufen kann.
„Wir haben nur ein paar Fragen. Wenn du sie brav beantwortest, dann lassen wir dich gehen, aber du darfst nicht schreien, verstanden?“, mit scharfem Blick sieht Kaniko den Mann an. Dieser nickt vorsichtig.
„Wie heißt du?“
„T...Tomak“, antwortet der Mann vorsichtig, nachdem Nalia die Hand von seinem Mund entfernt hat.
„Sag, ist es wahr, dass es ein Mädchen geben soll, dass 3 Elemente gebändigt hat?“
„J..Ja“, Tomaks Stimme zittert mehr als jemals zuvor. Noch nicht einmal vor Pán-tu hat er so große Angst gehabt, dass sie so sehr zittert.
„Wo ist sie jetzt?“, während Kaniko die Fragen stellt, gehen die anderen beiden sicher, dass niemand in die Nähe kommt und etwas davon mitbekommt.
„Das wissen wir nicht“
„Lügst du uns auch nicht an?“, die Stimme von Kaniko verschärft sich noch mehr.
„N...Nein, ich sage die Wahrheit“, ein kalter Schauer läuft Tomak den Rücken hinunter.
„Was glaubt ihr, wo sie ist und vor allem wie heißt sie?“, ihm fällt brennend heiß ein, dass sie noch gar nicht wissen, wie das Mädchen überhaupt heißt.
„Sie heißt Theara. Wir vermuten, dass sie zu ihrem Onkel geflohen ist, in das Nachbardorf Omoidé, hinter dem Utagaí Wald“
„Fein hast du das gemacht. Ich hoffe für dich, dass das auch stimmt. Wir gehen jetzt, warte aber noch eine Stunde, bis du um Hilfe rufst. Machst du es früher, dann finden wir es heraus und kommen wieder. Verstanden?“, eine Strenge liegt in seinem Ton, die Nalia und Silán von ihm noch nicht kannten. Tomak nickt nur und bekommt kein Wort mehr hinaus.
„Was sollen wir jetzt machen?“, fragt Nalia und lehnt sich gegen eine Wand.
„Wir füllen erst einmal unsere Verpflegung auf. In der Dunkelheit werden wir dann hier verschwinden und sie woanders suchen“, Kaniko geht wieder voran auf ein Marktplatz. Dort sind Stände aufgebaut mit verschiedenen Essensangeboten. Die drei trenne sich und holen sich etwas zu Essen, jeder etwas anderes, da sie nicht alle das gleiche mögen. Obwohl sie alle Nahrung brauchen, die länger halten soll, kauft Kaniko ein Netz mit Äpfeln. Er will Nalia eine Freude bereiten und sie damit überraschen.
Die Sonne ist am untergehen und Chryso steht wieder vor dem Gebäude in dem
Pán-tu sitzt. Er hat mit Sofia geredet und auch sie ist der Meinung gewesen, dass er bei Pán-tu vorsichtig sein muss.
Nach einem tiefen Atemzug geht er schließlich hinein und sieht sofort mehrere Menschen, die vor einem provisorischen Podium warten.
„Sie sollen zu Pán-tu gehen“, spricht ihn ein kleiner Mann an und zeigt zum Zimmer von Pán-tu.
Chryso geht langsam zu ihm und hofft, dass er nicht gleich mit auf das Podium muss.
„Ah, da bist du ja“, anscheinend freut sich Pán-tu ihn zu sehen.
„Alles ist bereit. Du wirst dem Team 2 angehören. Ihr werden zu zehnt die Truppen im Süden angreifen und gefangen nehmen. Du bist doch Erdbändiger? Ich werde mit Team 1 die im Norden übernehmen. Hast du noch Fragen? Sonst wünsche ich dir viel Glück“, wieder hält er Chryso seine Hand hin.
„Ja, ich bin Erdbändiger. Ich werde mein bestes geben und hoffe nur, dass dein Plan auch wirklich funktioniert“, Chryso ist ein wenig überfordert mit der Informationsflut, aber er schlägt ein und drückt fest zu.
„Gut, lass uns jetzt zu den anderen gehen. Dort werde ich bekannt geben, wer in welchem Team ist“, Pán-tu geht zur Tür und hält sie für Chryso auf.
Auf dem Podium hält er eine Rede über Gerechtigkeit und Freiheit. Alle sind begeistert von ihr und sind sofort dabei. Chryso wird einem Team eingeteilt, in der er ein paar sogar aus der Mine kennt. Dabei hätte er nie gedacht, dass gerade diese bei solch einer Aktion mitmachen würden. Doch sie scheinen ihn nicht zu kennen und reden noch nicht einmal mit ihm, sie kommen Chryso fremd vor, als hätten sie sich noch nie zuvor gesehen.
In der Dunkelheit begeben sich alle auf ihre Posten und warten. Sie haben kein Signal ausgemacht um gleichzeitig anzugreifen. Jeder Leiter des Teams soll selbst entscheiden, wann der perfekte Zeitpunkt für den Angriff ist. Der Leiter von Chryso's Team scheint gerne lange zu warten. Erst nachdem es schon lange dunkel ist gibt er das Zeichen für den Angriff.
Ein Wasserbändiger, ein Luftbändiger und ein Feuerbändiger gehen langsam näher an das Lager der Soldaten heran. Für 30 Soldaten ist es ein sehr kleines Lager, zehn Zelte sind um ein Lagerfeuer aufgebaut. Die meisten scheinen zu schlafen, nur 4 sitzen um das Feuer und halten Wache.
Die drei Bändiger nutzen dies um noch näher heran zu kommen und beginnen mit dem Plan.
Der Luftbändiger lässt das Laubwerk wehen und erzeugt einen immer stärkeren Wind. Der Wasserbändiger lässt Wasser aus einer Flasche um sich und den Feuerbändiger kreisen. Dieser entzündet in seiner Hand eine Flamme, das ein leises knistern erzeugt. Das Wasser wird durch die Flamme gebändigt und es entsteht Wasserdampf. Der Luftbändiger lässt den Nebel in Richtung des Lagers wehen und vernebelt so die Sicht der Soldaten. Immer mehr Wasser wird zu Nebel und umgibt das Lager.
Nun bläst einer der Bändiger in ein Rohr und ein merkwürdiges Geräusch ertönt.
Sofort kommt im Lager Unruhe auf und immer mehr Soldaten erscheinen aus den Zelten. Das ist das Zeichen für die übrigen, den Erdbändigern. Sie schleichen nun auch immer näher an das Lager und führen bestimmte Bewegungen aus. Mit einem leichten rumpeln wird ein Soldat nach dem anderen in Stein gefangen. Panik bricht aus und die Soldaten laufen wild umher und suchen ihre Gegner, doch bei dem Nebel können sie ihre Gegner nicht finden.
Chryso kämpft nun auch und hat in wenigen Sekunden 5 Soldaten in Stein fangen können. Er ist sich noch nicht ganz sicher, ob das Dorf danach wirklich frei sein wird oder ob der König nicht doch noch mehr Soldaten schicken wird. Er macht sich komischer Weise auch sorgen um die Soldaten, die sie hier gefangen nehmen. Werden sie hinterher gut behandelt? Chryso will nicht, dass sie bestraft werden, nur weil sie einem Befehl gefolgt sind.
Es vergehen keine 5 Minuten und alle Soldaten sind in Felsen gefangen. Nur das Lagerfeuer lodert noch frei und der Nebel verzieht sich langsam.
„Wir haben es geschafft!“
„Jaa! Wir sind klasse!“
„Endlich sind wir frei!“
Ein Jubel bricht im Team aus, nur Chryso kann sich nicht so ganz freuen.
Wird das nicht Konsequenzen haben?Muss nicht zuerst der König besiegt sein um frei zu sein?
„Ach komm Chryso, jetzt freu dich doch auch!“, einer der Männer klopft ihm auf die Schulter.
„Du hast recht“, lächelt er den Mann an und folgt ihm in den Jubel, auch wenn er nicht ans Jubeln denken kann.
„Los, beginnt mit dem Plan“, befiehlt Pán-tu seinem Team.
Sofort laufen die Wasser-, Luft- und Feuerbändiger los, um das gleiche zu machen wie das Team von Chryso.
Als die Unruhe beginnt und die Soldaten aus den Zelten kommen um nachzusehen, greifen die Erdbändiger an. Doch vier hält Pán-tu zurück.
„Ihr geht jetzt los, in Richtung des Waldes zu ihrem Onkel. Sucht sie und bringt sie zu mir“, befiehlt er dem Team und läuft dann ebenfalls los, um die Soldaten anzugreifen.
“Hast du das auch gehört?”, Nalia dreht sich um und meint etwas gehört zu haben.
“Ja. Das waren Stimmen. Versteckt euch”
Sofort klettern sie auf nahe liegende Bäume. Kaum sind sie oben erscheinen auf dem Weg unter ihnen vier Gestalten.
“Wozu will er denn das Mädchen haben?”, hören sie eine weibliche Stimme fragen.
“Ich nehme an, dass er ihre Kraft nutzen will um selbst König zu werden”, antwortet eine männliche.
“Wird sie dann noch bei ihrem Onkel sein?”, fragt eine weitere weibliche Stimme.
“Glaube ich nicht. Wenn sie oder ihr Onkel etwas im Kopf haben, dann wissen sie, dass ihr jemand folgt. Aber vielleicht bekommen wir heraus, wo sie hingegangen sein könnten”, das war die vierte Stimme, auch wieder weiblich.
Kaniko hat genau zugehört. Er gibt der letzten Stimme recht und glaubt auch nicht, dass sie noch im Dorf bei ihrem Onkel sein wird. Das weitere Gespräch bekommt er jedoch nicht mehr mit, da sie nun zu weit weg sind.
“Was sollen wir denn jetzt machen, wenn sie nicht im Dorf ist”, fragt Nalia.
“Wir folgen den Vieren erst einmal. Sie haben recht. Vielleicht bekommen wir heraus, wo sie sich befindet”
Die drei folgen den anderen mit weitem Abstand.
Am Morgen treffen sich alle vier Teams vor dem Gebäude, in dem Pán-tu seinen Plan den anderen vorgetragen hat.
Als die letzte Gruppe mit den Gefangenen ankommt bricht bei den anderen der Jubel aus. Es haben alle geschafft die Wege wieder frei zu machen.
Pán-tu nutzt die Gelegenheit und spricht zu allen, die da sind.
“Heute haben wir einen großen Sieg gegen den König erlangt! Heute ist der Tag, an dem unser Dorf endlich frei ist von seiner Tyrannei! Bald werden wir zurückschlagen, wir werden den König stürzen und ein freies Land werden!”, brüllt Pán-tu in die Menge und darüber hinaus.
Ein Jubel bricht aus, die Chryso nicht verstehen kann.
“Geht nun zu euren Familien und Freunden und verbreitet die frohe Kundschaft”, Pán-tu breitet seine Arme aus und genießt den Jubel, den ihm gebührt.
Schnell werden die Soldaten des Königs in die Gefängnisse gebracht, in die immer die Bändiger geworfen wurden, wenn sie etwas falsch gemacht haben. Danach laufen alle schnell zu ihren Familien, auch Chryso. Er ist sich jetzt sicher, dass Pán-tu mehr vor hat als nur das Dorf zu befreien. Sein Gefühl hat ihn nicht getäuscht. Er muss jetzt alles versuchen um ihn aufzuhalten. Er weiß, dass Theara nicht mehr zurück kommen darf, es ist für sie hier viel zu gefährlich.
Pán-tu selbst bleibt in seinem Büro und plant schon weiter. Er setzt Markierungen an verschiedenen Stellen auf verschiedenen Karten.
“Was hast du als nächstes vor?”, der dünne Mann steht vor ihm und beobachtet ihn.
“Erst einmal ruhen. Wir haben heute einen großen Sieg errungen”
“Und das Mädchen?”
“Das Mädchen werde ich noch bekommen. Früher oder später. Die Jagd nach ihr hat begonnen”, wieder hat Pán-tu ein glänzen in den Augen und kann es kaum abwarten Theara in seine Obhut zu bekommen.
Erde. Feuer. Luft. Wasser.
Einige Menschen besitzen die Fähigkeit eines der Elemente zu bändigen. Jedoch sind sie in der Unterzahl und werden schon seit langer Zeit von den Nichtbändigern benutzt.
Doch seit kurzem ist eine Hoffnung erschienen, die ein Gleichgewicht zwischen ihnen herstellen soll.
Ihr Name ist Theara.
Während Aaron und Kisu schlafen, sitzt Theara vorne auf Mýga. Erst wollte Aaron fliegen, doch Theara hat darauf bestanden, dass sie fliegt. Sie ist gar nicht müde und sieht sich die Gegend an. Es ist immer noch so aufregend für sie zu reisen.
Weit in der Ferne sieht sie einen Berg, um den ein größeres Dorf zu sein scheint.
“Hey Jungs, aufwachen. Wir sind gleich da”, ruft Theara nach hinten.
“Können wir nicht noch 5 Minuten?”, murmelt Kisu unverständlich nach vorne.
“Du kannst weiterschlafen, wenn wir gelandet sind”, Aaron zieht Kisu die Decke weg, damit er endlich wach wird.
“Wo ist das Fernrohr?”, währenddessen sucht er das Ding.
“In meiner Tasche hinter dem Essen”, verschlafen holt es Kisu aus der Tasche heraus und reicht es ihm.
“Danke”, antwortet Aaron und nimmt das Fernrohr, um in Richtung des Berges, mit dem großen Dorf, zu blicken.
“Wir sollten ein Stück weiter weg vom Dorf landen. Ich kann Minen erkennen und einige Soldaten erahnen. Das wird ein Dorf sein wie bei uns!”, mahnt Aaron.
5 Minuten Fußmarsch vom Dorf entfernt landen sie und verstecken Mýga in einem kleinen Wäldchen.
“Wir sind bald wieder da”, verabschiedet sich Theara vom Bison.
“Schön und gut, aber wie sollen wir in das Dorf kommen? Die Eingänge werden mit Sicherheit bewacht”, wirft Kisu in die Runde.
“Wir werden schon einen Weg hineinfinden”, Theara ist sich sicher, dass sie es irgendwie schaffen werden, nur Aaron hat seine Zweifel.
Vor dem Eingang des Tores stehen zwei Wachen. Theara hat sich was überlegt, wie sie hineinkommen könnten, ohne groß überprüft zu werden.
“Halt, Stopp! Wer seid ihr und was wollt ihr?”, einer der Soldaten versperrt ihnen den Weg.
“Ich bin Kisu, ein Soldat der Armee und wurde hierher versetzt. Das sind meine Freunde, sie wollen auch Soldaten werden”, Kisu hofft, dass die Soldaten das abkaufen werden. Falls nicht, haben sie noch einen anderen Plan.
Der Soldat sieht die drei kritisch an.
“Hahaha! Ich will ja nichts sagen, aber ihr zwei werdet bestimmt nie Soldaten. Der Junge vielleicht dank seiner Statur, aber das Mädchen”, der Soldat scheint sich über die Geschichte kaputt zu lachen.
Wieso soll ich kein Soldat werden können? Nur weil ich ein Mädchen bin?
Theara fühlt sich beleidigt und würde ihm gerne zeigen, was sie kann, aber sie hält sich zurück.
“Na dann, willkommen in Isnoma, der Stadt aus Stein! Versucht euer Glück”, der Soldat reicht ihnen eine Karte.
“Die solltet ihr immer dabeihaben”, noch immer lacht der Soldat, macht aber für die drei Platz.
“Vielen Dank”, verbeugt sich Kisu und geht rein. Aaron und Theara folgen ihm ohne sich zu verbeugen. Sie wollen es nicht. Sie wollen sich bei Soldaten nicht bedanken, nur bei Kisu.
“Es hat tatsächlich geklappt”, ungläubig schüttelt Aaron den Kopf.
“Hast du etwa an mir gezweifelt?”, reizt Kisu ihn leicht.
“Ja”, wieder schlägt er Kisu leicht gegen den Arm, doch er muss durch die Wucht wieder einen Schritt zur Seite machen.
“Au…”
“Jungs, benehmt euch”, mahnt Theara die beiden, auch wenn sie das Spiel zwischen den beiden immer etwas lustig findet.
Sofort hören sie auf, da Theara recht hat und bemerken erst jetzt, wie groß Isnoma ist.
Jedes Haus ist aus Stein, jede Sitzbank aus Felsen gemacht und überall laufen die Soldaten herum.
“Na schön. Wir sollten hier einen Lehrer für dich finden”
Es ist ihnen unangenehm zwischen all den Soldaten herzulaufen. Vor allem für Aaron und Theara. Doch je länger sie durch die Stadt laufen, desto mehr bemerken sie, dass die Soldaten die drei nicht wirklich wahrnehmen. Eine Anspannung in den beiden senkt sich. In ihrem Dorf wurden sie fast an jeder Ecke angehalten und kontrolliert, aber hier scheint sie keiner aufhalten zu wollen.
Lange dauert es tatsächlich nicht und sie finden eine Erdbändigungsschuhle.
“Sollen wir einfach reingehen und mich anmelden?”, fragt Theara skeptisch.
“Klar, wieso denn nicht?”, mit vollem Elan stürmt Kisu hinein und begibt sich auf den Weg zum ersten Mann, den er sieht.
“Wir möchten gerne…”
“….eine Probestunde bei ihnen versuchen”, unterbricht Aaron ihn.
“Meine Freundin hier kommt von weit her, um sich das Erdbändigen genauer anzusehen”
“Viel weiß ich noch nicht darüber….”, antwortet Theara zögerlich.
“Das trifft sich gut. Die Stunde beginnt gleich. Du kannst in den Raum, aber deine zwei Begleiter müssen draußen bleiben, wenn sie nicht mitmachen wollen”, mit einer Handbewegung lädt er Theara ein in einen größeren Raum zu gehen, in dem schon kleinere Kinder darauf warten etwas über das Erdbändigen zu lernen.
Sie gesellt sich zu ihnen, jedoch ist es ihr etwas peinlich, da sie die Älteste ist.
Nachdem der Mann im Raum verschwunden ist und die Tür hinter sich geschlossen hat, hören die beiden für eine Stunde keinen Ton. Sie versuchen sich irgendwie zu beschäftigen, doch Kisu schläft nach einer halben Stunde ein, nur Aaron hört genau hin, was in dem Raum geschieht, in dem sich Theara befindet. Er findet es merkwürdig, dass keine Geräusche zu hören sind, obwohl dort drinnen einem das Erdbändigen beigebracht werden soll. Zumindest sollte er kleinere Erschütterungen spüren, aber das ist nicht der Fall.
Nach einer langen Stunden kommt sie endlich wieder aus dem Raum.
“Und? Wie wars?”, will Kisu sofort wissen, nachdem er fast von einem Stuhl gefallen ist.
“Lasst uns bloß von hier verschwinden. Hier kann man das Bändigen nicht lernen”, antwortet Theara enttäuscht.
“Wie meinst du das?”, fragt Kisu verwirrt und läuft ihr hinterher.
“Diese Stadt ist fast wie unsere. Es ist untersagt jemandem das Bändigen zu lehren, zumindest in dieser Schule”, erklärt sie ihm niedergeschlagen.
“Das dachte ich mir schon fast. Sie sah nicht wirklich wie eine richtige Schule aus, in der man das Bändigen lernen kann”, entgegnet Aaron.
“Und was sollen wir jetzt machen?”, fragt Kisu lustlos.
“Wir suchen eine Schule, die es einem lehrt”, erwidert sie.
“Wie sollen wir eine finden?”, Aaron lehnt sich gegen eine Mauer und versucht selbst zu überlegen, wie sie eine Schule finden können.
“Wie wäre es mit herumfragen?”, schlägt sie vor.
“Damit sie uns gleich in den Kerker werfen?!”, schreckt Kisu zurück.
“Nicht unbedingt. Sie wissen ja nicht, dass wir wirklich jemanden suchen. Wenn jemand fragt, dann können wir ihm irgendeine Geschichte erzählen, warum wir eine suchen”, stimmt Aaron Theara zu.
“Na gut. Mir kann ja eh nicht viel passieren”, witzelt Kisu und macht sich auf den Weg die ersten Personen zu fragen. Auch Aaron und Theara ziehen los, um einen Lehrer zu finden.
“Entschuldigung, kennen Sie einen Lehrer, der einem das Erdbändigen wirklich lehrt?”, vorsichtig fragt Theara die ersten Menschen, doch sie bekommt immer die gleichen Antworten.
“Es ist gefährlich so etwas zu fragen”
“Ich weiß von nichts”
“Das ist hier verboten. In den unteren Bezirken, nördlich von hier, sind alle Bändiger. Aber da würde ich nicht hingehen”
Nach einer halben Stunde geht sie wieder zurück zu dem Treffpunkt und wartet auf die anderen beiden. Aaron ist der Erste, der wieder zurückkommt, aber auch er scheint kein Glück gehabt zu haben.
“Zwecklos. Entweder wollen sie es nicht sagen oder sie ignorieren mich und gehen einfach weiter. Die Stadt mag zwar schön aussehen, doch sind die Menschen hier genauso wie bei uns Zuhause in den oberen Bereichen”, seufzend lehnt er sich wieder gegen eine Wand.
“Da kommt Kisu”, Theara erhebt sich und hofft, dass er erfolgreicher gewesen sein muss, da er mit einem breiten Grinsen zu den beiden kommt.
“Tja, ich habe es mal wieder geschafft”, grinst Kisu.
“Erzähl. Hast du dein Lieblingsgericht gefunden und uns einen Tisch reserviert?”, scherzt Aaron.
“Haha. Nein. Ich weiß, wo du einen Lehrer herbekommst”, mit dem Finger zeigt Kisu knapp an Theara vorbei.
“Etwa 7 Blocks von hier soll ein Erdbändiger leben, der früher einmal einem das Bändigen gelehrt haben soll. Nachdem aber die Stadt immer mehr und mehr unter die Kontrolle des Königs kam, wurde in den oberen Bezirken das Bändigen verboten und er musste die Schule schließen”, erzählt Kisu stolz, was er herausgefunden hat.
“Wie hast du das erfahren? Uns wollte keiner etwas sagen?!”, verblüfft hat Theara ihm zugehört.
“Tja, es ist manchmal von Vorteil, wenn man ein Soldat ist”, zwinkert er den beiden zu. Aaron kann dabei nur die Augen verdrehen, da ihm das gerade nur nervt.
“Na schön, dann wollen wir mal zu diesem Mann gehen”, Aaron stößt sich von der Mauer ab und läuft in die Richtung, die Kisu gezeigt hat.
“Und welches Haus ist es?”, fragt Theara, als sie fast da sind.
“Das dort vorne”, vor ihnen erhebt sich ein großes Gelände. Das Haus, welches einer Villa gleicht, ist von einer Mauer umrundet und wird von einer großen steinernen Tür verschlossen.
“Wie kommen wir da rein?”, fragt Kisu ratlos.
“Lasst mich mal”, drängt sich Aaron vor.
Er stellt sich Schulterbreit zu Tür und holt mit der rechten Faust aus. Mit voller Wucht schlägt er gegen die Tür, immer auf die gleiche Stelle, die schon sehr ramponiert aussieht.
Erst geschieht nichts, doch dann geht die Tür langsam und beschwerlich auf.
Vor ihnen steht ein Mann, der anscheinend mit Erdbändigen die Tür geöffnet hat.
Hier müssen wir richtig sein.
“Wow, haben sie die Tür einfach so geöffnet?”, staunt Kisu.
“In der Tat. Und nun sagt, was ihr wollt”, mit einem feinen, aber doch fast schnippischen Ton spricht der Mann zu den dreien.
“Wir haben gehört, dass hier einem das Erdbändigen beigebracht wird”, beginnt Kisu.
“Früher ja, doch nun ist es verboten”; antwortet der Mann.
“Auch wenn es verboten ist, können sie mich bitte unterrichten?”, fragt Theara voller Hoffnung.
“Nein. Tut mir leid”, entgegnet der Mann.
“Können wir bitte mit dem Meister persönlich reden?”, erbittet Aaron, da er die Ahnung hat, dass dies nicht der Meister sein kann.
“Ich werde sehen, ob der Herr Zeit hat. Folgt mir”, mit einem seufzen lässt er die drei eintreten und verschließt die Tür so, wie er sie auch geöffnet hat, mit einem starken Stand und einer Armbewegung nach vorne.
Er führt sie in die Villa, durch mehrere Räume, bis er sie schließlich in einem alleine lässt mit einem großen Tisch aus massivem Felsen.
Es dauert nicht lange und der Mann, der sie hinein gelassen hat kommt wieder.
“Es betritt nun Meister Tsuyoshi den Raum”, kündigt er an.
“Danke, aber du musst nicht so förmlich sein”, entgegnet ihm ein Mann. Er ist kräftig gebaut, ist jedoch kleiner, als Theara ihn sich vorgestellt hat. Größer als 1,70 m aber kleiner als 2 m.
“Willkommen bei mir im Haus. Was kann ich für euch tun?”, begrüßt er die drei.
“Guten Tag. Ich würde gerne bei ihnen Erdbändigungsunterricht bekommen”, platzt es aus Theara heraus.
“Mhhh...danach hat mich schon lange keiner mehr gebeten”, stirnrunzelnd begutachtet er Theara.
“Warum sollte ich die Gesetze brechen und dich das Erdbändigen lehren?”, fragt er scharf.
Sie will antworten, doch ihr fällt nichts ein.
“Sie muss es erlernen. Auch auf die Gefahr hin, dass wir erwischt werden, wir wollen gegen den König angehen. Dazu muss sie das Erdbändigen erlernen”, antwortet Aaron für sie.
“Interessant. Und weshalb sollte eine Wasserbändigerin Erde bändigen können?”, entgegnet er ihm.
“Woher wissen sie, dass ich…?”, Theara ist verdutzt, dass der Mann erkennt, dass sie eine Wasserbändigerin ist.
“Deine Augen verraten es mir. Sie spiegeln das Wasser wieder, die Gefühle, die du durchlebst”
“Sie mag zwar eigentlich eine Wasserbändigerin sein, aber tief in ihr steckt noch mehr. Wenn sie uns das nicht glauben, dann überzeugen sie sich selbst!”, entschlossen steht Kisu hinter Theara.
“Na gut. Folgt mir”, mit größeren Zweifeln führt der Mann die drei in seinen Garten, der mit Steinen gesäumt ist.
“Beweise es mir”, er deutet auf einen Felsen.
“Du schaffst das”, mit einem Lächeln will Aaron Theara stärken. Er weiß, dass sie das schafft, aber er weiß auch, dass sie immer wieder an sich selbst zweifelt.
Theara atmet tief durch und geht in die Ausgangsposition, die Aaron ihr beigebracht hat.
Bitte lass es funktionieren.
Die Drehung nach rechts und die Armbewegung nach vorne vollführt sie schnell und bei dieser letzten Bewegung schießt der Stein von ihr weg.
“Ja…”, etwas erschöpft freut sie sich, dass sie es geschafft hat.
“Und, was sagen sie?”, beginnt Kisu.
“Ich bin Tsuyoshi. Es würde mich freuen dich als meine Schülerin zu haben. Wie heißt ihr?”
“Vielen Dank!”, strahlt Theara und könnte vor Freude in die Luft springen.
“Ich bin Theara. Das ist Aaron und er hier ist Kisu”, alle drei verbeugen sich, nur sie schlägt zusätzlich ihre Hände ineinander, die Faust gegen die offene Hand, um ihm zu danken, dass er ihr Lehrer werden will.
“Na gut Theara. Folgt mir, ich würde gerne noch ein wenig mehr über euch erfahren”, Tsuyoshi dreht sich um und geht wieder in sein Haus, die drei folgen ihm.
Auf dem Tisch stehen bereits vier Tassen mit Tee mit Keksen und sie setzten sich an ihn. Theara beginnt zuerst zu erzählen. Woher sie kommen und wohin sie wollen. Aaron ergänzt einiges, weshalb sie reisen und dringend einen Lehrer suchen. Nur Kisu sitzt stumm am Tisch und nimmt sich einen Keks nach dem anderen.
Tsuyoshi hört ihnen genau zu. Als sie fertig sind mit reden schweigt er erst und die drei hoffen, dass er sie nicht gleich hinauswirft oder sie bei den Soldaten verraten wird.
“Shín ist also dein Onkel”, beginnt er.
“Äh...ja”, irritiert sieht Theara ihn an.
“Ihr solltet euch eine andere Geschichte überlegen, wenn ihr fremde Menschen trefft. Ihr könnt in der Erdnation keinem trauen. Ihr könnt von Glück sagen, dass ihr auf mich gestoßen seid”, genüsslich nimmt Tsuyoshi einen Schluck vom Tee.
“Wie meinen Sie das?”, fragt Aaron vorsichtig.
“In einer Stadt, die vom König kontrolliert wird darüber zu reden ihn zu stellen und Gerechtigkeit in die Nation zu bringen….das hört er bestimmt nicht gerne. Um zu deinem Onkel zu kommen. Er war vor sehr langer Zeit hier. Er hat mir geholfen, dass ich nicht eingesperrt werde. Ich durfte in meinem Haus bleiben, jedoch stehe ich hier unter Arrest. Schon seit langem halten wir Kontakt und er hat immer wieder davon geredet, dass jemand kommen wird, der die Welt auf den Kopf stellen wird. Es ist nicht wie heute, wo niemand mehr miteinander redet. Fast alle älteren Menschen kennen sich. Auch ich habe Kontakte zur Feuer- und Luftnation”, erzählt er ihnen mit einem Zwinkern.
“Feuer- und Luftnation?”, fragt Theara leicht verwirrt.
“Richtig. Das könnt ihr ja gar nicht wissen, der König verbietet es. Nun, der Feuerlord und die Luftnomaden distanzieren sich vom Erdkönig”, ergänzt er und holt ein Papier aus einer mit Gold verzierten Tonrolle heraus, die der Mann, der auch das Tor geöffnet hat, eilig herbeibringt.
“Das ist die einzige Karte, die die Welt zeigt, zumindest im groben”, auf dem Tisch rollt Tsuyoshi das Papier aus. Zu sehen sind große und kleine Inseln, die anscheinend die Länder darstellen sollen.
“Der Erdteil im Westen gehört der Feuernation, es unterliegt dem Feuerlord. Hier leben hauptsächlich Feuerbändiger. Auch einige andere Bändiger und Nichtbändiger leben dort, doch sie sind die wenigsten. Sie leben frei und unterliegen nicht den Bändigergesetzten, die ihr kennt. Hier im Osten, auf dem größten Erdteil, befindet sich die Erdnation, wo wir auch gerade sind. Wobei, Erdnation kann man es nicht wirklich nennen. Der König hat allen Bändigern untersagt die Nation zu verlassen. Deswegen leben hier auch so viele Feuer-, Luft- und Wasserbändiger. Die Erdbändiger fühlen sich hier recht wohl, auch wenn es nicht so aussieht. Aber etwas in ihrem Innern zieht es in diesen Erdteil. Vielleicht, weil es hier so viel Erde gibt, vielleicht auch aus einem anderen Grund, das weiß ich nicht.
Im Norden und Süden, an den Polkappen, dort wo das Wasser immer als Eis vorliegt, dort leben die meisten Wasserbändiger, die zwei Wassernationen. Sie fühlen sich dem Element angezogen und leben dort zwar in Kälte, aber in Harmonie mit dem Mond. Die Luftnomaden haben auf der ganzen Welt Tempel errichtet und suchen dort nach Frieden und Erleuchtung. Die zwei größten sind der südliche Lufttempel und der westliche Lufttempel, die beiden Insel hier. Zusammen sind sie die Luftnation. Nur diese Insel hier, direkt in der Mitte der Karte wird von der Feuer- und Erdnation geteilt. Es herrscht die ganze Zeit Anspannung und auf lange Sicht wird es zu einem Krieg kommen zwischen den beiden, wobei der erste Schlag von der Erdnation kommen wird”, damit beendet er seine Rede und wartet ab, wie sie reagieren.
“Das soll die Welt sein?”, fragt Kisu etwas kritisch.
“Sie ist groß”, die Augen von Theara strahlen, bei dem Gedanken, dass es dort draußen noch mehr gibt, vor allem Freiheit und keine Unterdrückung eines Königs.
“Warum erzählen sie uns das?”, fragt Aaron interessiert. Er ist überrascht, wie viel in ihrem Dorf nicht erwähnt wird, nur damit die Bändiger nicht anfangen zu rebellieren.
“Weil deine Freundin hier das Erdbändigen lernen will und weil ich endlich wieder frei sein will. Mein Haus und mein Garten sind zwar groß, doch fühle ich mich eingesperrt”, erklärt er ihnen.
“Na gut, bitte bringen sie mir das Erdbändigen bei”, bittet Theara ihn erneut. Aaron und Kisu nicken ihr zustimmend zu.
“Dann werde ich dein Meister sein, in der Hoffnung, dass du die Person sein wirst, die die Welt auf den Kopf stellen wird”, stimmt Tsuyoshi noch einmal zu ihr Meister zu werden.
“Danke”
“Ihr solltet den Bison vielleicht erst in der Nacht hierherbringen. Die Soldaten sehen es nicht gern, wenn etwas großes in ihre Stadt fliegt”, in den Raum kommt der Mann, der ihnen die Tür geöffnet hat, wieder herein und rollt die Karte zusammen und legt die Tonrolle mit Goldverzierungen zurück.
“Da der Tag noch nicht vorbei ist, sollten wir schon mit der ersten Stunde anfangen; und so wie ich es sehe, brauchst du erst einmal Grundlagen, um zu verstehen, was es heißt Erde bändigen zu können. Ihr beide könnt, wenn ihr wollt zusehen, aber bitte nicht stören”, schlägt Tsuyoshi vor und führt Theara wieder in den Garten. Aaron folgt ihr, um den beiden zuzusehen und vielleicht noch etwas zu lernen.
“Ich gehe noch durch die Stadt und hole später Mýga!”, ruft Kisu ihnen nach, da er sich dafür nicht sonderlich interessiert, da er selbst nicht Bändigen kann.
“Was weißt du bisher?”, fragt Tsuyoshi.
“Zuerst braucht man einen sicheren und starken Stand. Dann sollte man den Boden spüren und dann…”, Theara überlegt, doch sie weiß es nicht. War da noch mehr, was Aaron ihr gesagt hat? Sie weiß es nicht.
“Das Erdbändigen kommt aus deinem Schwerpunkt. Wenn dein Stand sicher ist und du die Kraft und Stärke der Erde fühlst, dann kannst du bändigen. Doch du musst erst selbst wie die Erde werden”, er führt sie zu einer Steinreihe und schlägt auf einen. Dieser zerspringt sofort, ohne, dass er in eine Ausgangsposition gegangen ist.
“Du musst eins sein mit der Erde. Sie spüren können. Du brauchst keine Ausgangsposition. Das ist nur für den Anfang”, unterrichtet er sie.
Stimmt. Aaron geht auch nicht immer in eine Ausgangsposition, sondern bändigt sofort.
“Schlage erst einmal immer wieder in den Sand”, vor einem Beet mit Kieseln und Sand bleibt Tsuyoshi erneut stehen und zeigt ihr, was sie machen soll.
“Was soll das bringen?”, fragt sie leicht verwirrt.
“Das stärkt deine Hände und schärft deine Sinne durch die Erde zu fühlen. Wenn du das schaffst, sind deine Füße dran. Mit ihnen wirst du dann durch die Erde sehen können. Wir müssen deinen Körper stärken. Er muss die Kraft der Erde aushalten können. Und nun beginne, das ist deine erste Aufgabe”, mit der Hand deutet Tsuyoshi, dass sie anfangen soll in den Sand zu schlagen.
Erst mit den Fäusten, dann mit der offenen Hand, immer abwechselnd schlägt Theara in den Sand. Erst einmal nicht feste, da sie nicht weiß, wie stark sie schlagen soll, doch je länger sie diese Übung vollzieht, desto stärker werden ihre Schläge. Aaron sieht ihr zu und ist beeindruckt, mit welcher Ausdauer sie diese Übung vollbringt.
“Jetzt sind deine Füße dran. Springe von einem Felsen auf den anderen. Immer mit einem Fuß und wechsle ihn beim Sprung”, weist Tsuyoshi Theara ein.
Sie ist froh, dass sie was anderes machen kann, da ihre Hände schon ein wenig schmerzen. Doch die nächste Übung scheint nicht viel leichter zu sein. Sie muss mit einem Bein auf einem Felsen stehen, springen und auf dem anderen Felsen mit dem anderen Bein landen. Es ist schwerer als es aussieht und bei den ersten Versuchen fällt sie immer wieder hin.
“Aua. Das tut weh”, immer wieder fällt sie und muss sich ihren Hintern reiben, da er schon schmerzt vom ständigen Fallen. Doch sie gibt nicht auf.
Aaron will ihr gerne zu Hilfe kommen, doch er spürt, dass er es nicht soll. Er ist verwundert, dass sie es immer wieder versucht. Normalerweise hält sie nicht so lange durch. Deswegen vollzieht er die Übung ebenfalls, nur auf dem Boden und nicht auf Felsen.
Mehrere Stunden muss Theara beide Übungen immer wieder abwechselnd durchführen, bis die Sonne untergeht.
“Genug für heute. Am ersten Tag sollte man auch nicht zu viel machen. Esst mit mir, wenn euer Freund mit dem Bison ankommt. Euch wurden Zimmer eingerichtet. Man wird sie euch zeigen”, mit diesen Worten beendet er das Training für Theara.
“Danke Meister Tsuyoshi”, wieder mit zusammengelegten Händen verbeugt sie sich und ist froh, dass die erste Trainingsstunde vorbei ist.
Jeder hat sein eigenes Zimmer mit einem Bad. Theara ist froh, als sie endlich ihre Hände in kühlendes Wasser legen kann, was zuerst stechend schmerzt, doch sich hinterher nur noch gut anfühlt.
Die ersten Sterne erscheinen und damit auch Kisu auf Mýga.
“Mýga, da bist du ja!”, freut sich Theara den Bison wieder zu sehen.
“He, ich bin auch wieder da”, beschwert sich Kisu, dass ihn niemand so freudig begrüßt.
“Ist uns gar nicht aufgefallen”, scherzt Aaron.
Im Garten hat Tsuyoshi eine Hütte aus Stein gebändigt, als Unterschlupf für Mýga.
Nach dem Essen, worauf sich Theara gefreut hat, da das Training doch sehr anstrengend war, schmeißt sie sich auf ihr Bett. Das Gestell mag zwar aus Stein sein, doch die Liegefläche ist so weich wie Mýgas Fell. Sie versinkt fast darin und spürt, wie es sich an ihrem Körper gut anfühlt.
Erde. Feuer. Luft. Wasser.
Einige Menschen besitzen die Fähigkeit eines der Elemente zu bändigen. Jedoch sind sie in der Unterzahl und werden schon seit langer Zeit von den Nichtbändigern benutzt.
Doch seit kurzem ist eine Hoffnung erschienen, die ein Gleichgewicht zwischen ihnen herstellen soll.
Ihr Name ist Theara.
Es ist für Theara ein weiterer anstrengender Tag gewesen. Sie musste weiterhin ihren Körper stärker, um die Erde fühlen zu können. Es sind gerade mal zwei Tage und sie fühlt sich wie Tod. Auch wenn es erst so wenige Tage sind, sind Fortschritte zu sehen. Inzwischen kann sie mit ihren Händen Schwingungen im Boden leicht erfühlen. Als nächstes muss sie mit den Füßen durch die Erde fühlen, auch wenn sie Schuhe trägt. Natürlich darf sie dabei das Training mit den Händen nicht vernachlässigen.
Auch Aaron trainiert nun mit, da er der Meinung ist, dass er darin auch noch ein wenig Übung bräuchte.
Nur Kisu schaut den beiden meistens zu und macht sich ab und an lustig über ihre Bewegungen. Normaler Weise sieht es spannend aus, wenn Bändiger mit diesen Bewegungen die Elemente beherrschen, doch wenn nichts geschieht, dann sind die Bewegungen einfach nur lustig.
Aber auch er trainiert ein wenig, auch wenn Aaron immer davon redet, dass er nie etwas macht.
Doch heute ist der Tag vorbei und Theara lässt sich in ihr weiches Bett fallen. Nicht nur ihre Hände und Füße brennen, sondern auch ihr Rücken schmerzt und es fühlt sich an, als ob er sich ausdehnen würde.
“Ich hoffe, dass wir mal einen Tag Pause machen werden”, murmelt sie vor sich hin und schläft direkt ein.
“Theara...”, ertönt leise eine Stimme.
“Theara…”
“Was?!”, ruckartig wacht Theara auf und sieht in die Dunkelheit.
Ich muss das wohl geträumt haben.
Es sind ein paar anstrengende Tage gewesen. Schon seit einiger Zeit kann sie nicht mehr ruhig schlafen. Immer wieder träumt sie von einer anderen Welt mit komisch aussehenden Kreaturen.
“Theara, wach auf”, nun ist die Stimme klar zu hören.
“Wer ist da?”, schreckt Theara auf und sieht nun in ein grelles hellblaues Licht. Sie muss die Augen zusammenkneifen, damit sie überhaupt Umrisse erkennen kann.
“Weißt du noch wer ich bin?”, das Licht wird schwächer und eine Gestalt wie ein Drache, den man in der Luft fliegen lassen kann, erscheint.
Theara weiß erst gar nicht, was sie sagen soll. Sie hat Angst, aber etwas in ihr sagt, dass sie keine Angst haben muss.
“Du...du warst doch in dem Wald?”, versucht sie sich zu erinnern und zugleich ihren Puls zu beruhigen.
“Ganz genau. Ich bin Eve. Ich wollte dir im Wald noch etwas erzählen, doch deine Freunde haben dich zu schnell gefunden”, stellt sich das Wesen vor.
“Moment. Hast du dafür gesorgt, dass wir diese Erscheinungen hatten?”, fragt Theara verwirrt.
Noch immer weiß sie nicht, ob sie damals das alles nur geträumt hat, oder ob es wirklich geschehen ist. Auch jetzt ist sie sich nicht sicher, ob das nicht nur ein verrückter Traum ist.
“Es ist nicht ganz ein Traum. Sieh dich um. Du bist von deinem Körper gelöst”, als ob Eve Gedanken lesen könnte, bemerkt Theara erst jetzt, dass auch sie wie ein Geist schimmert; wie in den Gruselgeschichten, vor denen sie als Kind immer Angst hatte und dann zu ihren Eltern ins Bett geschlüpft ist.
“Und ja, ich habe dafür gesorgt, dass deine Freunde etwas abgelenkt sind, damit ich in Ruhe mit dir reden konnte. Doch sie haben sich zu schnell aus ihren Illusionen befreit. Deswegen bin ich jetzt hier bei dir”, ergänzt sie ihre Erklärung.
“Was genau bist du? Was willst du von mir? Warum hast du mir diese Kräfte gegeben?”, Theara will nun endlich Antworten haben.
“Das zeige ich dir”
Eve, das Wesen, das wie ein Drache zum Spielen aussieht, hellblau erleuchtet und Muster aufweist, aber kein Gesicht, kommt Theara immer näher und umfasst ihr Handgelenk mit ihren Schweifen. Sofort wird es um beide wieder grell, sodass Theara nochmals die Augen zusammenkneifen muss. Doch es dauert nicht lange und sie kann wieder sehen.
“Wo sind wir?”, staunt Theara, als sie sieht, dass sie nicht mehr in ihrem Zimmer ist.
“Wir sind in der Geisterwelt. Beziehungsweise, ich zeige dir Bilder von der Geisterwelt”, erklärt Eve ihr.
“Geisterwelt? Dann bist du…”
“...ein Geist? Ja, das bin ich, wie alle anderen auch in dieser Welt”
“Und was willst du mir zeigen?”, langsam wird Theara immer neugieriger, was Eve von ihr wohl will.
“Das ist die Geisterwelt vor vielen Jahrhunderten, bevor der Erdkönig zu uns gekommen ist.”
Eve zeigt ihr die Glasklaren Flüsse, die üppigen Blumenfelder, die Schneebedeckten Berge am Horizont. Theara hat noch nie so viel Zauberhaftes gesehen. Nicht einmal in ihrer Vorstellung hätte sie sich so etwas erträumen können; und überall schweben die merkwürdigsten Kreaturen umher. Fliegende Langohrkaninchen, herumrennende Säbelzahnrehe und noch mehr, dessen Aussehen sie nicht beschreiben könnte.
“Es ist wunderschön”, die Augen von ihr strahlen. Es ist viel schöner und beruhigender als bei ihr Zuhause mit den dunklen, kahlen Gassen und Stollen, in denen sie arbeiten musste.
“Das war es auch, doch dann kam eben der Erdkönig durch die Tore und alles änderte sich. Wir waren auf einen Angriff nicht vorbereitet. All die Jahre zuvor haben wir friedlich mit den Menschen gelebt, wenn wir sie mal besucht haben”, auf einmal ändert sich das Bild der Landschaft. Aus den üppigen Blumenfeldern wird eine karge Landschaft, die Wälder verdorren und nur tote Bäume bleiben stehen. Die Berge am Horizont sind nicht mehr schneebedeckt. Die meisten sind zu Vulkanen geworden und lassen die Geisterwelt in ein gefährliches rot tauchen.
“Wie? Bei uns wird erzählt, dass wenn ihr durch einen Menschen fliegt ihn verändert oder sogar...”, Theara ist geschockt von den Bildern. Sie versteht nicht, wie es so weit kommen konnte.
“Das ist wahr. Die Energie, die in uns lebt ist für die Menschen zu groß, deswegen verändern sich die meisten oder sterben. Aber das kostet auch uns einen Preis. Jedes Mal, wenn wir durch einen von euch fliegen, verlieren wir Energie und sterben selbst. Wir wissen bis heute nicht, wie der damalige Erdkönig es schaffen konnte uns weit in die Geisterwelt hinein zu treiben und alles zu zerstören”, während Eve die Geschichte erzählt, sieht Theara, wie Truppen der Erdnation durch Lichttore in die Geisterwelt schreiten und sofort alles zerstören, was ihnen in den Weg kommt.
“Noch heute sind hier Soldaten und bauen irgendwas Ungenießbares an und tragen dies durch die Tore wieder in eure Welt”
“Und wie soll ich jetzt helfen?”, ein wenig verwirrt wundert sich Theara, warum gerade sie ihnen helfen soll und vor allem wie sie es anstellen soll.
“Nur wenn die Tore geschlossen werden, kann wieder Frieden in unsere Welt kommen. Wir können sie nicht schließen. Nur wer alle vier Elemente bändigen kann, hat die Kraft die Tore schließen zu können, aber auch nur, wenn er stark genug ist”
“Aber du hast mir die Kräfte gegeben. Hättest du nicht dann selbst mit diesen Kräften die Tore schließen können?”, wundert sich Theara.
“Ich kann sie nicht bändigen. Ich habe die Bändigungskräfte gesammelt, um sie an jemandem weiterzugeben”, erklärt Eve.
“Und wieso gerade ich?”, noch immer versteht Theara nicht, warum sie es sein soll.
“Ich war lange auf der Suche nach der richtigen Person. Ich habe lange beobachtet, doch bisher waren alle, denen ich begegnet bin, viel zu sehr von sich eingenommen. Auch wenn sie das Gute beabsichtigt haben, so wollten sie es nur für sich selbst nutzen. Doch du, als du dich in den Weg gestellt hast, da habe ich etwas bemerkt. Du wolltest diese Person nicht um deinetwillen schützen, sondern, weil es das Richtige war”, erklärt Eve ihr.
Aber ich hab's doch nur gemacht, weil ich Aaron…
“Ich weiß. Und dennoch lodert in deiner Seele eine Flamme, die stärker ist als alles andere”
Natürlich will Theara den anderen immer helfen. Sie hat für ältere Menschen immer den Einkauf getragen, hat dabei aber immer gehofft, dass sie dafür etwas bekommt.
“Das alles hast du gemacht, damit deine Familie und deine Freunde etwas zu essen haben”, wieder scheint Eve ihre Gedanken gelesen zu haben.
“Aber, wie hast du mir die Kräfte gegeben? Ich meine, jedem wird nur ein Element vererbt, oder keines”, es scheint für Theara zu viel zu sein.
“In dem Moment, in dem du beschlossen hast dich für den Jungen einzusetzen, habe ich dich berührt und die Kräfte auf dich übertragen. Nur wenige können gezielt einem Menschen Kräfte verleihen oder auch wieder nehmen. Ich besitze die Kraft der Erneuerung, mein Bruder hingegen die Kraft der Zerstörung. Neben uns können noch die Löwenschildkröten einem besondere Kräfte verleihen, aber das musst du jetzt nicht wissen”, versucht sie ihr zu erklären.
Erneut ändert sich die Landschaft. Nun schweben sie in einer Blase. Unter Theara scheint die Welt an ihr vorbei zu rasen. Bis die Blase langsamer wird und sie eine Stadt erkennen kann. Am äußersten Rand scheinen Mauern im Bau zu sein und in der Mitte der Stadt steht ein großes Gebäude. Wenn Theara es nicht besser wissen würde, würde sie es als einen Palast ansehen.
“Du hast recht. Dies ist der Palast des Erdkönigs. Hier lebt er. Von hier entsendet er seine Truppen zu dem südlichen und nördlichen Pol. Das Gleichgewicht ist schon lange aus den Fugen geraten”
Eve führt sie in der Blase durch den Palast, vorbei an vielen Soldaten. Erst erschrickt sie sich, doch dann merkt Theara, dass die Wachen sie gar nicht sehen können.
Sie fliegen einen langen Flur entlang, bis sie eine große steinerne Tür erreichen, durch die sie hindurch fliegen. Sie steuern auf eine Person zu, die auf einen verzierten steinernen Thron sitzt. Theara kann die Person nicht genau erkennen, da es zu dunkel ist, aber sie vermutet, dass dies der Erdkönig sein muss.
“Auch damit hast du recht. Das ist der Erdkönig. Nicht rechtmäßig auf dem Thron sitzend. Wie du auf der Karte erkennen kannst, kontrolliert er auch einige Gebiete an den Polen. Das sind die Tore in die Geisterwelt”, die beiden stehen nun vor einer großen Tafel, auf der wohl die Landmassen zu sehen sind. Sie sieht der Karte von Meister Tsuyoshi sehr ähnlich. Eve lässt die Stellen auf der Karte hell erleuchten und die Landmassen oben und unter stechen hervor. Doch lange kann sich Theara die Karte nicht ansehen, da es wieder sehr hell wird und sie sich abermals in der Blase schnell bewegen.
Kurze Augenblicke später befinden sie sich wieder in der Geisterwelt.
“Dies sind die Tore”, auf zwei schimmernde Lichtwände deutet Eve mit ihren Schweifen nun hin.
“Sind die Pole eigentlich nicht ziemlich weit entfernt?”, wendet Theara ein.
“Die Tore in der Geisterwelt sind nebeneinander, getrennt vom Lebensbaum. Wo sie jedoch in eurer Welt erscheinen ist ein Zufall. So sind sie an den Polen in eurer Welt erschienen.
“Und was soll ich jetzt machen?”, noch immer erscheint es für Theara nicht logisch zu sein.
“Wenn du die Elemente beherrschst und stark genug bist um den König zu besiegen, so sagt es eine Prophezeiung, wirst du diejenige sein, die die Tore schließen wird, um wieder ein Gleichgewicht zwischen unseren Welten zu schaffen und ein Gleichgewicht in eure Welt bringen wirst”, berichtet Eve. Die ganze Zeit über hat sie mit einer ruhigen und klaren Stimme gesprochen. Theara hat sich gefühlt, als ob sie die Stimme schon immer gehört hat, was sie beruhigt.
“Und wenn ich das alles gar nicht will? Wenn ich mich weigere gegen den König zu kämpfen? Wenn ich keine Lust habe das alles zu machen?”, bisher ist Theara immer die Person gewesen, die zu allem Ja sagt. Sie ist von sich selbst überrascht, dass sie sich überhaupt traut die Frage zu stellen.
“Wir können dich nicht zwingen, doch wir wissen, dass du es machen wirst. Wir wissen, dass du die Hoffnung bist, auf die wir schon so lange warten. In ein paar Monaten wird die harmonische Konvergenz sein. Der Tag, an dem alles entschieden wird. Bereite dich darauf vor”
“Wie? Und was ist die harmonische Konvergenz?”, fragt Theara verwirrt und leicht ängstlich.
“Du brauchst keine Angst haben. Ich werde an deiner Seite sein und dich beschützen”, versucht Eve sie zu beruhigen und ignoriert die Frage nach der Konvergenz.
“Du wirst in deiner Welt viele Freunde finden, die dir Helfen werden. Jedes Element kann ohne das andere nicht existieren. Das wissen nur die wenigsten. Du darfst nicht aufgeben”, will sie Theara stärken.
“Wie kann ich mit dir reden, wenn ich unterwegs Fragen habe? Ich bin gerade…..”
“....durcheinander? Das glaube ich dir. Es sind viele Informationen”, um der Blase herum ändert sich wieder alles und die erste Landschaft vom Anfang erscheint noch einmal. Die Flüsse sind wieder klar, die Felder erblühen bunt und die Berge erhellen die Welt nicht mehr in einem düsteren, bedrohlichen rot.
“Du kannst jederzeit mit mir reden. Auch wenn ich nicht immer die Kraft haben werde da zu sein, so werde ich dich immer erhören. Auf deiner Reise wirst du lernen, wie du deinen Geist in die Geisterwelt schicken kannst. Hier werden wir uns dann treffen”, erklärt Eve ihr.
“Du meinst in die dunkle und düstere Geisterwelt?”, fragt Theara vorsichtig.
“Ja. Aber wenn du willst werde ich die Umgebung so wie jetzt aussehen lassen, wenn wir uns sehen”, verspricht sie Theara.
Wieder erhellt sich alles um beide herum und Theara muss erneut die Augen schließen, da es zu grell ist.
Als sie ihre Augen öffnet, sind sie wieder in ihrem Zimmer in Isnoma.
“Es beginnt bald ein neuer Tag. Du solltest deinen Geist noch etwas entspannen”, die Blase um den beiden zerplatzt in tausend glitzernden Sternen.
“Kann ich den anderen hiervon erzählen?”, fragt Theara vorsichtig. Sie will nur ungern ein Geheimnis vor den beiden haben. Schon immer hat sie sich nicht wohl gefühlt, wenn sie etwas vor anderen geheim halten musste.
“Du kannst ihnen alles erzählen, oder auch nichts. Es liegt hinterher bei ihnen, ob sie es glauben werden oder nicht. Wenn sie deine wahren Freunde sind, werden sie dich bei allem unterstützen und stets an deiner Seite sein”
“Danke”, sagt Theara leise.
“Wofür?”, fragt Eve nun etwas verwirrt.
“Dafür, dass du mir eine Chance gibst. Ich wollte schon lange etwas gegen die Zustände in meinem Dorf unternehmen, doch ich hatte nie die Kraft dazu. Jetzt kann ich vielleicht sogar die Welt verändern; Familien eine neue Hoffnung geben. Ich werde alles geben, um den Kräften gerecht zu werden”, verspricht Theara Eve. Auch wenn sie sich noch nicht sicher ist, ob sie überhaupt den langen Weg gehen wird, sich den Gefahren stellen will, so will sie es doch wenigstens versuchen. Das was Eve und den anderen passiert ist tut ihr leid.
“Das glaube ich dir. Auf bald”, verabschiedet sich Eve.
Wie sie erschienen ist, so verschwindet sie auch. Ein helles Licht erscheint und umhüllt Eve. Theara muss dabei wieder ihre Augen zusammenkneifen, um ihre Umrisse noch erahnen zu können. Dann von einer Sekunde auf die anderen verschwindet das grelle Leuchten und Theara steht im dunklen.
“Warte! Wie komme ich in meinen Körper!”, schreit sie plötzlich.
Bin ich…? Moment. Ja. Ich bin in meinem Körper.
Mit Erleichterung stellt Theara fest, dass sie in ihrem Bett sitzt, nicht als Geist, sondern als reale Person. Doch sie muss schwer atmen.
War das gerade wirklich real? Oder war es doch einfach nur ein sehr lebendiger Traum? Nein. Es muss real gewesen sein.
Sie ist sich sicher, dass dies gerade nicht nur einfach ein Traum gewesen ist, sondern tatsächlich eine Reise.
Ihr Onkel hat schon oft von solchen Momenten gesprochen. Zudem, alles hat einen Grund und Sinn. Alles entspricht einem Funken Wahrheit. Warum also sollte dies nicht auch gerade wirklich geschehen sein?
Theara ist sich sicher, dies ist wirklich geschehen. Doch soll sie den Bestimmungen folgen? Soll sie die Kräfte annehmen und lernen mit ihnen umzugehen? Soll sie wirklich gegen den Erdkönig kämpfen und wird sie je Frieden und ein Gleichgewicht in ihre Welt und in die Welt der Geister bringen können?
Sie würde am liebsten sofort versuchen Antworten auf all die Fragen zu finden, doch das Training am Tag zuvor sorgt dafür, dass sie sich wieder hinlegen muss. Das weiche Bett sorgt für den Rest, dass sie während ihren Überlegungen einschläft und erst morgen Antworten finden kann, von dem, was sie von Eve erfahren hat.
Erde. Feuer. Luft. Wasser.
Einige Menschen besitzen die Fähigkeit eines der Elemente zu bändigen. Jedoch sind sie in der Unterzahl und werden schon seit langer Zeit von den Nichtbändigern benutzt.
Doch seit kurzem ist eine Hoffnung erschienen, die ein Gleichgewicht zwischen ihnen herstellen soll.
Ihr Name ist Theara.
Es sind viele Nächte vergangen, seit dem Eve erschienen ist. Theara hat es natürlich Aaron und Kisu erzählt. Kisu zweifelt jedoch, ob sie es wirklich erlebt hat oder ob es nicht doch nur ein Traum war. Aaron hingegen glaubt ihr. Er hat schon immer ein offenes Ohr für Wesen aus einer anderen Welt gehabt. Das weiß nur kaum einer, schon gar nicht Kisu.
Seit 3 weiteren Wochen trainiert Theara jetzt schon die Erde zu bändigen. Dabei hat sie große Fortschritte gemacht. Anfangs konnte sie nur spüren, wenn Aaron große Felsen gebändigt hat und diese dann auf die Erde fielen. Jetzt spürt sie selbst kleinere Vibrationen an ihren Füßen. Es fällt ihr jedoch noch etwas schwer zu sagen, aus welcher Richtung die Vibrationen kommen. Große Felsen oder Steine kann sie noch nicht gut bändigen. Es fällt ihr immer noch schwer gegen die innere Kraft anzukämpfen, die beim bändigen entsteht. Aber es wird von Tag zu Tag besser. Dafür kann sie Steine sehr gut Formen. Ob nun ein Rechteck oder doch eine Skulptur. Das kann sie sehr gut.
“Theara. Du hast in den letzten Wochen große Fortschritte gemacht. Ich denke, dass du soweit bist”, zum Frühstückstisch kommt Meister Tsuyoshí hinzu.
“Wie meinen Sie das, Meister?”, fragt Theara.
“Heute werde ich dich prüfen, wie gut du geworden bist. Dann kannst du dich neuen Aufgaben widmen”, erklärt Tsuyoshí.
“Bin ich denn schon so weit?”, fragt sie etwas unsicher.
“Du bist schon länger bereit. Du zögerst nur noch zu sehr. Du musst offener werden, deine innere Stärke auch nach außen hinbringen”, antwortet Aaron.
“Das ist schwer…”
“Das hast du doch auch schon früher gemacht, als wir etwas zu Essen besorgen mussten”, erinnert er sie.
“Das waren andere Zeiten. Da haben wir alles zusammen gemacht”, erinnert sich Theara zurück.
“Das machen wir doch jetzt auch. Nur, dass du jetzt mehr arbeitest. Damals habe ich ja das meiste gemacht”, versucht Aaron sie aufzumuntern.
“Ich kann dich dazu natürlich nicht zwingen. Es wäre jedoch gut, wenn du selbst weißt, wie stark du im Erdbändigen bist. Zudem…”, Tsuyoshí schweigt für einen Moment.
“Zudem wird wohl bald eine Armee in diese Stadt kommen, um die gesammelten Rohstoffe abzuholen. Es soll eine Lieferung werden, um Waffen zu bauen, um der Feuernation den Krieg zu erklären”, erzählt er mit gesenktem Blick weiter.
“Können sie mir das noch einmal erklären mit “Feuernation” und so? Ich habe das noch nicht so richtig verstanden”, mischt sich Kisu ein.
Er, Aaron und Theara kannten bisher nur die Bewohner in ihrem Dorf und wussten bis vor kurzem nichts von dem, was in der Welt passiert.
“So wie die Fische einige Strömungen im Meer bevorzugen, ist es auch außerhalb des Wassers. Am Land, auf der Erde, in der Luft, um uns ist eine Energie. Diese Energie können wir kaum spüren, doch sie verleitet uns dorthin zu gehen, wo wir uns wohl fühlen. Du erinnerst dich an die Karte, die ich euch gezeigt habe? Die große Landmasse im Westen, mit den vielen Vulkanen, wird von Feuerbändigern bewohnt. Sie fühlen sich dort sehr wohl und leben bisher in Frieden. Das ist die Feuernation. Die Luftbändiger, oder auch Luftnomaden, leben auf mehreren Inseln auf der ganzen Welt. Sie lieben vor allem die Freiheit, weswegen sie hoch oben in Bergen leben. Sie sind die Luftnation. Die Wasserbändiger leben an den Polen. Sie sind die Wassernationen. Jedoch hat die Erdnation, dort wo wir uns befinden, diese unter ihrer Kontrolle. Bei euch im Dorf wurde all das bisher verschwiegen, damit ihr keinen Sinn für Freiheit bekommen solltet”, erklärt es Tsuyoshí Kisu schon zum fünften Mal.
“Das ist jetzt nicht wichtig Kisu. Theara, fühlst du dich bereit?” wendet sich Aaron an Theara.
“Ja. Und falls ich die Prüfung bestehe, müssen wir die Armee aufhalten”, sagt sie mit entschlossener Stimme.
Ich muss stärker werden. Nicht nur für mich, sondern für meine Familie, meine Freunde und für die Geisterwelt.
“Die Stadt aus Stein; schön hier”, staunt Hiroki.
“Ich könnte mir vorstellen, dass es Pán tu hier auch gefallen würde, oder was denkst du Yakuki?”, will Subaku wissen.
“Sag mal, bist du dir sicher, dass dieses Mädchen hier sein soll?”, fragt Yakuki, ohne auf Subaku einzugehen.
“Ja, ich bin mir sicher. Sie soll hier irgendwo in einer Schule leben”, sagt Kenchí grimmig.
“Weißt du auch, wie wir sie zurückbringen sollen Kenchí?”, fragt Subaku.
“Wir werden sie herauslocken und dann gefangen nehmen. Wenn das nicht klappt, setzten wir sie unter Druck. Kannst du einen Käfig bauen Hiroki?”, wendet sich Kenchí an Hiroki.
“Aber klar. Ich werde gleich mal ein paar Materialien besorgen. Subaku komm mit, ich brauche dich als Träger”
“Yakuki, wir werden sie aufsuchen und uns etwas überlegen. Wir treffen uns in einer Stunde wieder hier”, befiehlt Kenchí den anderen.
Hiroki und Subaku gehen in Richtung des Marktes. Hiroki hat schon eine genaue Vorstellung, wie der Käfig aussehen soll. Problematisch wird hinterher nur der Transport, aber da werden sie schon etwas finden, da ist er sich sicher.
“Wie sollen wir vorgehen? Wenn sie das kann, was erzählt wird, dann wird es nicht einfach”, grübelt Yakuki.
“Ich nehme an, dass sie ihre Kräfte noch nicht kontrollieren kann. Und gegen eine normale Wasserbändigerin werden wir ja wohl noch ankommen”, ist Kenchí sich sicher.
“Wie wird die Prüfung aussehen, Meister Tsuyoshí?”, fragt Theara gespannt.
Steine formen kann sie, ebenso spüren aus welcher Richtung sie kommen. Auch wenn sie dabei noch Schwierigkeiten hat.
“Es wird 3 Teile geben. Im ersten Teil der Prüfung musst du lediglich Felsen bändigen und sie Formen. Im zweiten Teil wirst du dich einem Parcours stellen müssen. Du wirst ihn mit verbundenen Augen durchführen. Da bitte ich dich zudem keine Schuhe zu tragen, damit du dich am besten konzentrieren kannst. Im letzten Teil wirst du gegen mich antreten. Solltest du alle drei Teile bestehen, kannst du dich als fortgeschrittene Erdbändigerin bezeichnen”, erläutert Tsuyoshí ihr die Prüfung.
“Wo wird sie stattfinden?”, will Aaron wissen.
“Wir gehen dafür an einen abgelegten und ungestörten Ort. Die ersten zwei Teile finden außerhalb der Stadt statt. Wir werden nach dem Frühstück aufbrechen”, Tsuyoschí lässt die drei wieder allein.
“Ja, also ich wünsche dir viel Erfolg bei deiner Prüfung. Ich werde aber wohl eher durch die Stadt gehen”, meint Kisu.
“Du willst doch nur wieder vor dem einen Laden stehen und grübeln, ob du dir das Schwert kaufen sollst oder nicht”, durchschaut Aaron ihn mit einem Blick.
“Ich muss ja auch irgendwie kämpfen können. Ihr könnt bändigen, ich nicht. Da brauche ich nun mal etwas Anständiges. Meins ist ja nicht mehr das Beste…”, verteidigt er sich.
“Kauf es dir endlich. Der Händler meinte ja schon, dass das Schwert sich den Besitzer aussucht und nicht andersrum. Und das Schwert hat wohl dich ausgesucht”, lächelt Theara.
“Seitdem du in der Geisterwelt warst, redest du oft von so was. Ich glaube ja nicht, dass sich das Schwert seinen Besitzer aussucht”, Kisu nimmt sich noch 2 Brötchen und steht damit auf.
“Ich gehe dann mal los. Ich werde zurück sein, um mir deinen Kampf gegen Meister Tsuyoshí anzusehen”, verabschiedet er sich mit vollem Mund.
“Wir sollten uns auch fertig machen. Packe am besten einen Rucksack mit Verpflegung. Nach den Prüfungen wirst du bestimmt hungrig und durstig sein”, rät Aaron ihr.
“Das mache ich, bis gleich”
Theara und Aaron sind mit Meister Tsuyoshí leichter aus der Stadt gekommen als sie dachten. Tsuyoshí hat an einer Stelle in der Mauer ein Loch gebändigt, dass sie westlich aus der Stadt bringt. Kisu ist noch einmal gekommen, um Theara viel Glück zu wünschen.
Eine halbe Stunde mussten sie laufen, bis sie an einem großen Wasserfall ankommen. Er erstreckt sich mehrere Meter in die Höhe und Breite. Unten entsteht durch seine Wucht eine Nebelwand, die noch weiter entfernt auf ihren Gesichtern leicht kitzelt. Sie stehen unten am Wasserfall, an einem größeren See, am Ufer. Das erstreckt sich ebenfalls über mehrere hundert Meter, aus Stein aber auch teilweise mit Wiese und Bäumen.
“Hier wirst du deine Prüfungen ablegen. Bitte bereite dich nun darauf vor”, sagt Tsuyoshí ruhig zu Theara.
Sie legt ihren Rucksack ab und genießt noch einmal den Blick zum Wasserfall. Sie mag ihn. Er ist so stark und wild. Unten wird das Wasser hingegen wieder ruhig und fließt mäßig. Das erinnert sie an ihre Gefühle, die sie hin und wieder hat. Mal ist sie ruhig, doch sie kann auch wütend werden. Wie damals in der Mine. Sie will beide Seiten ihrer Gefühle gleich stark kontrollieren. Doch noch ist ihre sanfte Seite hauptsächlich zu sehen, was sie aber ändern will. Sie will auch öfters wilder sein, so wie Aaron, ihre Stärken zeigen. Mit dieser Prüfung will sie sich selbst beweisen, dass sie auch ihre starke Seite hervorbringen kann.
“Na schön, ich bin bereit”, Theara legt ihre Schuhe neben den Rucksack nieder und wartet auf den ersten Teil der Prüfung.
“Erde ist nicht nur Fest, wie Granit oder so locker wie Sand, sondern genauso formbar, wie Ton. Wir können Felsen mit Ecken und Kanten bändigen, aber wir können sie auch Formen”, beginnt Tsuyoshí.
Dabei atmet er tief durch, geht in die Hocke und streckt ein Bein und die Arme aus. Mit einem Ruck springt er in die Luft und landet wieder auf dem Boden. Theara fühlt das Zittern der Erde an ihren Füßen und spürt, in welche Richtung Tsuyoshí bändigt.
Im Wasser, nah am Ufer erscheint eine Felsformation mit mehreren Ebenen im Stein und vielen Löchern. Nach kurzer Zeit fließt aus ihnen Wasser und sammelt sich auf den Ebenen und fließt dann wieder in den See.
“Nicht nur oberflächlich können wir den Stein formen, auch von innen können wir sagen, wie er aussehen soll”, Tsuyoshí deutet auf die Löcher in der Felsformation.
“Jetzt bist du dran. Ich will, dass du als Erstes einen Felsen erscheinen lässt”, bittet Tsuyoshí sie.
Theara atmet einmal tief durch, geht leicht in die Hocke und ihre Arme sind angewinkelt. Dann dreht sie den rechten Arm hoch und den linken hinunter. Gleichzeitig geht sie mit dem linken Bein einen Schritt nach vorne. Sie spürt, wie ein Druck von ihrem Körper ausgeht, über ihre Füße, bis in die Erde. Dort beginnt diese zu beben und ein Fels erscheint vor ihr.
“Sehr gut. Und jetzt will ich, dass du diesen Felsen formst. Er soll so aussehen wie dein Bison Mýga”, bittet Tsuyoshí sie.
Wieder atmet Theara einmal tief durch und stellt sich wie vorhin, etwas breitbeinig, vor den Felsen; die Arme wieder angewinkelt. Vor ihrem inneren Auge sieht sie Mýga. Sie prägt sich ihre Hörner ein und ihren Schwanz. Sie sieht den Bison nun genau vor ihr und sie rutsch mit ihrem linken Fuß etwas nach hinten. Zugleich stößt sie mit der rechten Faust nach vorne. Sofort rumpelt es im Felsen und ein Teil wird abgesprengt. Direkt danach geht sie mit dem linken Bein wieder vor und ihr linker Arm schnellt nun nach vorne. Der Felsen bebt erneut und eine Form ist erkennbar.
Ganz fertig ist Theara noch nicht. Mýga ist schon gut zu erkennen, aber sie will es noch besser. Doch erst muss sie einmal tief durchatmen. Auch wenn sie trainierter ist als zu Anfang, ist das Erdbändigen noch anstrengend. Mit einer letzten Armbewegung nach unten, wird die Skulptur von Staub umhüllt. Doch langsam legt sich der Staub und ein Abbild von Mýga erscheint.
“Nicht schlecht”, staunt Aaron.
Obwohl er schon seit klein auf bändigt, hat er nie trainiert die Erde in bestimmte Formen zu bändigen. Er hat die Erde immer zum Kampf und zur Selbstverteidigung verwendet. Aber Kunst damit zu machen ist ihm nie in den Sinn gekommen.
“Danke”, freut sich Theara.
Sie ist froh, dass Aaron mit dabei ist. In seiner Nähe fühlt sich das bändigen leichter an, auch wenn es vielleicht gar nicht so ist.
“Na gut. Wollen wir es mal etwas schwerer veranstalten. Bevor wir zum zweiten Teil kommen, musst du noch den Stein dort hinten auf dem Felsen zum fallen bringen”, Tsuyoshí zeigt auf ein etwa 150 Meter entfernten Felsen, auf dem ein Eiförmiger Stein sitzt.
“Du darfst dabei nicht diese Linie überschreiten. Du hast drei Versuche, um es zu schaffen”, mit einem Stock zeichnet er eine Linie vor Theara.
“Das ist aber sehr weit…”, zweifelt sie.
“Denk dran, Erde ist mehr als nur starr”, es klingt, als ob Aaron jetzt schon wüsste, wie er den Stein vom Felsen bekommen würde.
“Hier ist Konzentration und Geschick gefragt. Viel Erfolg”
Theara läuft erst ein wenig auf und ab, um die Entfernung richtig abschätzen zu können.
Einen Stein werfen kann ich wohl nicht. So weit kommt er nicht...Vielleicht mit Anlauf…
Wieder stellt sie sich breitbeinig hin und stampf dieses Mal einmal auf den Boden. Sofort erscheint vor ihr ein größerer Felsen. Sie entfernt sich ein paar Schritte und atmet einmal tief durch. Dann beginnt sie los zu laufen.
Kurz vor dem Felsen stampft sie auf den Boden und dreht sich. Der Stein hebt sich und sie tritt gegen ihn. Sofort fliegt er von Theara weg, jedoch nicht so weit, wie sie es gerne gehabt hätte. Knapp 50 Meter vor dem großen Felsen mit dem Stein oben drauf fällt ihrer auf den Boden und zerberst.
“Mist…”
“Ich weiß, dass du es kannst”, will Aaron sie weiter ermutigen.
Theara setzt sich erst einmal hin, um weiter zu überlegen. Dabei spielt sie mit zwei Steinchen in ihrer Hand. Doch einer fällt hinunter und trifft ein anderes Steinchen am Boden.
“Springen…”, flüstert sie zu sich selbst.
Sofort steht sie auf, kniet sich jedoch wieder hin. Eine Steinsäule erscheint unter ihr und schießt zwei Meter in die Luft. Oben hebt sie ihre Arme und ein Stein schwebt nun vor ihr. Aus einer Drehung heraus boxt Theara gegen den Stein. Kaum beginnt er von ihr wegzufliegen, springt sie von der Säule hinunter. Auf dem Boden schlägt Theara nun zuerst mit der rechten Faust auf den Boden. Wieder erscheint ein Stein vor ihr. Doch lange bleibt sie nicht so. Mit ihrem linken Fuß stößt sie sich vom Boden ab und trifft mit dem rechten Fuß den Stein. Nahe am Boden bewegt er sich in Richtung des Felsens mit dem Stein oben drauf. Doch nach etwas über der Hälfte des Weges trifft der erste Stein, den Theara geschlagen hatte, auf den zweiten. Durch den Schwung des zweiten Steines fliegt der Erste wieder ein Stückchen nach oben und wird schneller. Noch am Boden liegend verfolgt sie den Stein, der in Richtung des Ziels fliegt.
Doch leider verfehlt er ihn und fliegt rechts am Ziel, und viel zu tief, vorbei.
“Verflixt!”, brüllt Theara um ihren Frust heraus zu lassen.
“Du hast noch einen Versuch”, erinnert Tsuyoshí sie.
“Vergiss nicht, was du gelernt hast. Auch wenn er weit weg ist, kannst du ihn doch noch sehen, oder?”, versucht Aaron Theara einen Rat zu geben.
“Egal was ich mache. Der Fels ist einfach zu weit weg. Ich schaffe es nicht etwas nach ihm zu werfen, dass auch ankommt”, gefrustet atmet sie tief aus.
Werfen, schlagen und treten hat nicht geklappt. Was bleibt denn dann noch übrig?...
“Hast du gerade sehen gesagt?”, fragt Theara nach, da sie das nicht ganz mitbekommen hat.
“Ja das habe ich”, lächelt er sie an.
“Na schön…”, seufzt sie und stellt sich wieder auf.
Theara steht Schulterbreit und hat ihren Kopf gesenkt, die Augen sind geschlossen. Sie vergräbt ihre Zehen in die Erde und atmet ruhig. Sie spürt, wie hart die Erde ist, dass sie kühler wird in der Tiefe und wie grob die Körner werden. Sie hebt ihre Hände in Richtung des Felsens mit dem Stein und stampft einmal mit dem rechten Fuß hart auf den Boden. Doch dieses Mal erscheint nichts. Theara bleibt weiter ruhig stehen, nur ihr Kopf dreht sich leicht hin und her. Noch einmal stampf sie mit dem Fuß auf den Boden.
Immer wieder hat Aaron ihr erzählt, dass er hin und wieder durch die Erde “sehen” kann. Durch die Vibrationen im Boden kann er bestimmen wo sich was befindet und wie das Hindernis aussieht. Sie verstand nie, was er damit meinte, bis jetzt. An den Füßen spürt Theara, nachdem sie aufgestampft hat, kleinere Vibrationen, die sich anders anfühlen als sonst. Sie hat es bisher nie richtig wahrgenommen, doch jetzt merkt sie den Unterschied. Sie spürt an den Füßen, dass etwa 10 Meter links von ihr ein Baum steht und 5 Meter rechts von ihr zwei Personen. Theara öffnet die Augen und sieht, dass es tatsächlich stimmt. Sie dreht sich nun ein wenig, bis sie schließlich seitlich zum Ziel steht. Erneut stampft sie auf den Boden. Dieses Mal ist es schwerer etwas zu sehen. Aus der Richtung des Ziels spürt Theara leichte Vibrationen, die auf den Felsen mit dem Stein oben drauf hindeuten.
Da bist du.
Sie atmet tief ein und geht einen Schritt zurück. Wieder schließt sie ihre Augen und hebt ein Bein. Mit der Ferse schlägt sie auf den Boden. Ganz schwach spürt sie, wie sich ein Erdhaufen von ihr wegbewegt in Richtung des Ziels. Theara öffnet noch rechtzeitig die Augen und sieht, wie sich der Felsen teilt und der Stein dort oben nach hinten gesprengt wird.
“Geschafft”, fast ungläubig, dass sie es tatsächlich war, muss Theara grinsen.
“Ich sagte doch, dass du es schaffst”, gratuliert Aaron ihr und klopft ihr auf die Schultern.
“Gut gemacht Theara. Damit hast du den ersten Teil der Prüfung bestanden”, lobt Tsuyoshí sie.
“Wir machen jetzt ein wenig Pause, dann beginnt der nächste Teil”
“Ich habe genau gespürt, wo der Stein war. Ich meine, die Vibrationen, das ist unglaublich”, berichtet Theara Aaron stolz, dass sie durch die Erde sehen konnte.
“Jetzt weißt du, was ich immer meinte. Ist in dunklen Höhlen sehr hilfreich, wenn man nicht sehen kann”, freut er sich mit ihr.
“Schade, dass Kisu nicht hier ist, er hätte es bestimmt spektakulär gefunden”, ein wenig traurig ist sie schon, dass er nicht mitgekommen ist.
“Du kennst ihn ja. Er ist wahrscheinlich in einem Lokal und feiert, dass er endlich das Schwert gekauft hat, indem er sich den Bauch vollschlägt”, versucht Aaron ihre Stimmung wieder zu heben.
“Ihn kann man wohl nicht mehr ändern”, gibt sie ihm recht.
Hauptsache Aaron ist da und hat sie gesehen. Das findet Theara am wichtigsten, da auch gerade er der Erdbändiger ist und sie stolz ist ihm zu zeigen, was sie kann.
“Bist du bereit für den nächsten Teil?”, wird sie von Tsuyoshí aus den Gedanken gerissen.
“Klar. Was soll als nächstes kommen?”, mit Elan steht sie auf und klopft sich den Staub von ihrer Kleidung.
“Etwas leichteres. Ein Hindernislauf. Da du gerade den Schritt zum Sehen durch die Erde entdeckt hast, wirst du das hier nun auch einsetzten müssen. Mit verbundenen Augen wirst du einen Weg finden müssen und zwischendurch paar Hindernisse überwinden”, erklärt er ihre Aufgabe.
Tsuyoshí atmet tief ein und gleitet mit den Füßen über den Boden. Seine Arme kreisen und eine Wand nach der anderen taucht vor ihnen auf.
“Das ist nur ein kleines Labyrinth, durch das du musst. Die Wände sind nicht so hoch, damit wir dich beobachten können. Viel Erfolg”, Tsuyoshí überreicht ihr ein Band, mit dem sie ihre Augen verbinden kann.
“Mach es einfach so, wie gerade. Du kannst das”, zwinkert Aaron ihr zu.
“Einfach...”, seufzt Theara leicht.
Sie steht am Eingang des Labyrinths und versucht zu erkennen, wo sie entlang gehen muss. Doch Tsuyoshí hat die Mauern gerade so hoch gemacht, dass sie es nicht erkennen kann. Theara schließt ihre Augen und bindet sich das Band um.
Abgesehen von ein paar bunten Punkten vor ihrem inneren Auge sieht sie nichts.
Sie hat Angst, dass vielleicht doch etwas schief gehen könnte und sie versagt. Doch das Aaron an sie glaubt lässt Theara jeden Schritt leichter fallen.
Bis zur ersten Ecke stampft sie jedes Mal mit den Füßen auf, um sicher zu sein, dass sie noch einen Schritt weiter gehen kann. Doch sie merkt, dass dies zu umständlich ist. Darum bleibt sie an der zweiten Ecke erst einmal stehen. Sie nimmt jetzt auch eine andere Haltung an. Die Arme angewinkelt und die Hände nach oben gebeugt. Dann vollführt Theara die gleiche Bewegung wie vorhin. Sie stampft einmal kräftig mit dem linken Fuß auf den Boden. Sie spürt wie geringe Schwingungen sich im Boden ausbreiten und vereinzelt wieder zu ihr zurückkommen. Geradeaus scheint es weiter zu gehen, doch nach einigen Metern bleibt sie wieder stehen.
War hier die Kreuzung?
Als die Schwingungen zurückkommen, spürt sie, dass der Weg nur kurz links und rechts von Mauern umgeben ist. Erneut stampft sie auf den Boden und spürt, dass der Weg nach rechts eine Sackgasse ist. Theara dreht sich ein wenig nach links. Doch dieses Mal hebt sie das Bein höher und wippt leicht nach hinten, um mit dem Fuß stärker auf den Boden zu stampfen. Beim Auftreffen auf den Boden kann sie förmlich sehen, dass dieser Gang frei ist und weiter zum Ziel führt. Mit Selbstvertrauen geht sie dort entlang, ohne zwischendurch noch einmal sicher zu gehen, ob nicht doch ein Hindernis vor ihr erscheint.
Nach der Ecke kommt sie wieder an eine Kreuzung. Dieses Mal ist der rechte Weg der richtige, doch mitten drin bleibt sie stehen. Sie spürt ein leichtes beben an ihren Füßen und weicht ein paar Schritte zurück.
“Auf jedem Weg muss man mit Hindernissen rechnen!”, hört Theara von rechts Tsuyoshí rufen.
Toller Hinweis...Wäre fast reingelaufen…
Mit einem Atemzug lässt sie ihren Fuß auf den Boden fallen. Sie spürt, dass vor ihr Steinspitzen liegen.
Die bekomme ich weg.
Theara lächelt und zeichnet mit ihrem rechten Fuß einen Halbkreis auf den Boden. Dann stampft sie mit dem linken und mit einem rumpeln entsteht in den Steinspitzen ein begehbarer Pfad.
Nach der Nächsten Ecke wiederholt sie das Ganze und kann spüren, dass am Ende des Weges der Ausgang ist.
“Denk dran, es kann immer was passieren!”, hört Theara wieder Tsuyoshí rufen.
Sie bleibt stehen, denn dieses Mal hat sie nichts an ihren Füßen gespürt. Langsam bewegt sie sich vorwärts, doch bei jedem Schritt spürt sie kein weiteres Hindernis.
Aber dann nimmt sie eine leichte Erschütterung wahr, jedoch außerhalb des Labyrinths. Theara bleibt stehen und versucht herauszufinden, was das war.
“Hinter dir!”, hört sie Aaron rufen.
Sofort dreht sie sich um. Erst hört sie ein rauschen, dass immer näherkommt und schließlich einen feinen Windstoß. Sofort streckt Theara ihren Arm aus und hält ihre Handfläche offen. Sie spürt nur noch, wie etwas hartes in ihrer Hand einschlägt, das sie nun hält.
Es war ein Stein, der auf sie geworfen wurde. Doch lange kann sie nicht darüber nachdenken.
“Pass auf!”, hört sie wieder Aaron rufen.
Erneut kann sie ein rauschen der Luft hören, sie muss sich jedoch sehr darauf konzentrieren. Jetzt scheint einer von hinten zu kommen. Sie dreht sich um und geht mit einem Schritt auf das Geräusch zu. Beim Auftreten auf den Boden erhebt sich vor ihr eine kleinere Mauer und sie kann hören, wie der Stein dagegen prallt. Doch lange kann sie sich nicht freuen, denn der nächste kommt von links. Dieses Mal ist sie zu spät, um ihn aufzuhalten. Sie schätzt ab, von wo er kommt und stößt sich vom Boden nach rechts ab. Nur knapp saust der Stein an ihrem linken Ohr vorbei. Die nächsten zwei kann sie wieder mit ihren Händen aufhalten und versucht dabei in Richtung des Ausgangs zu laufen. Theara hofft, dass es die richtige Richtung ist, da sie nicht mehr den Weg im Kopf hat. Sie musste sich zu oft drehen und die Steine aufhalten.
Doch auf einmal hört sie nicht mehr ein rauschen der Luft.
“Gut gemacht”, vorsichtig boxt Aaron gegen Thearas Schulter und sie erschreckt leicht.
“Du kannst die Augenbinde abnehmen. Ich gratuliere dir. Du hast den zweiten Teil der Prüfung bestanden”, lobt Tsuyoshí sie.
“Das mit den Steinen gerade war aber echt knapp”, beschwert sich Theara.
“Deswegen durfte ich dich am Anfang vorwarnen. Zudem, du hast das doch klasse gemacht”, zwinkert Aaron ihr zu.
“...Danke”, bekommt Theara leiser heraus als sie eigentlich wollte und ärgert sich darüber.
Ihr Bauch fühlt sich komisch an, doch sie versucht das zu ignorieren.
“Wann kommt der dritte Teil?”, fragt sie stattdessen, um das merkwürdige Danke in Vergessenheit zu bringen.
Aaron ist erstaunt, dass sie direkt weiter machen will.
“Den dritten Teil werden wir bei mir in meinem Garten abhalten. Dort werden wir gegeneinander kämpfen. Aber du kannst Zuhause natürlich erst eine Pause einlegen”, erklärt Tsuyoshí.
“Vielen Dank, Meister Tsuyoshí”, verneigt sich Theara und geht dann zu ihren Sachen.
“Ich trag deinen Rucksack für dich”, sofort nimmt Aaron ihr den Rucksack ab, da er merkt, dass sie doch erschöpft ist.
“Danke, dass ist lieb von dir”, dankbar überreicht sie ihm ihren Rucksack und ist froh den Ballast nicht mehr tragen zu müssen.
“Erzähl das nur nicht Kisu. Hinterher will er, dass ich auch seine Sachen tragen soll”, mildert Aaron seine Höflichkeit ab.
Sie soll nicht denken, dass er es jetzt immer machen wird. So kennt sie ihn auch eigentlich gar nicht. Schon viel zu oft hätte er ihre Sachen tragen können, doch das hat er bisher nie gemacht. Er weiß selbst nicht genau, warum er es jetzt macht und es ist ihm schon ein wenig peinlich.
“Meister Tsuyoshí! Gut, dass Sie kommen! Gerade haben wir eine Nachricht erhalten. Die beiden sollten sie dringend lesen”, noch bevor die drei das Haus durch den versteckten Eingang betreten, kommt ihnen Félag entgegen.
“Man hat uns einen Zettel an die Tür geheftet”, nervös überreicht er den Zettel Theara.
“Kann das wirklich stimmen?”, fragt sie schockiert.
“Was denn?”, will Aaron unbedingt wissen und nimmt den Zettel aus ihren Händen weg.
“Alles deutet darauf hin”, bestätigt Félag vorsichtig.
“Kisu soll entführt worden sein?!”, ungläubig starrt Aaron auf den Zettel.
Wir haben euren Freund “Kisu”. Wenn ihr ihn wiedersehen wollt, dann kommt zum Sonnenuntergang zur kleinen Lichtung vor dem südlichen Eingang der Stadt.
Fortsetzung folgt...
Erde. Feuer. Luft. Wasser.
Einige Menschen besitzen die Fähigkeit eines der Elemente zu bändigen. Jedoch sind sie in der Unterzahl und werden schon seit langer Zeit von den Nichtbändigern benutzt.
Doch seit kurzem ist eine Hoffnung erschienen, die ein Gleichgewicht zwischen ihnen herstellen soll.
Ihr Name ist Theara.
Kisus’ Tag
Kisu sieht den dreien noch ein wenig nach, doch Félag vervollständigt die Mauer wieder recht schnell. Er wäre schon gerne mitgegangen, doch würde er wahrscheinlich nur stören und sich langweilen. Er versteht zudem eh nicht viel von dem Bändigen. Wie das alles funktioniert und was sie dabei spüren. Aber das ist ihm egal. Kisu hat lieber etwas Greifbares in der Hand, wie sein Schwert. Damit fühlt er sich sicher. Es ist die Verlängerung seines Armes, um an schweren Sachen heranzukommen. Oder um Gegner fern zu halten.
Er ist schon länger hinter einem Schwert her, dass er in Isnoma gefunden hat. Bisher hat er sich das Schwert noch nicht gekauft, da er sehr an seinem alten hängt. Dies hat er von Meister Tomo als Geschenk erhalten, als er in der Armee aufgenommen wurde. Doch die Zeit hat es stumpf und spröde werden lassen. Heute will Kisu sich das Schwert noch einmal ansehen und den Verkäufer einiges fragen. Es reizt ihn sehr das Schwert in den Händen zu halten und die Stimme in seinem Kopf wird auch immer lauter.
“Wir sollten den Käfig aus Stahl bauen. Wenn das Mädchen wirklich so viel kann, sollten wir auf Nummer sicher gehen”, schlägt Hiroki Subaku vor.
“Da hast du recht. Er wird dann schwerer zu transportieren, aber sicher ist sicher”, stimmt Subaku zu.
“Im Westen der Stadt soll ein Schmied sein. Er könnte einige Materialien haben, die wir brauchen”, lenkt er Subaku durch eine Nebenstraße.
“Wir sollten uns vielleicht ein Zugtier mit Anhänger mieten. Das wäre am einfachsten”, überlegt Subaku weiter.
“Ich glaube so was gab’s im südlichen Teil. Wir könnten das beim Treffen ansprechen. Aber erst holen wir uns das Eisen”
Kisu geht durch die Straßen, als wäre er hier groß geworden. Als sie frisch in diese Stadt kamen, hat er sich immer verlaufen. Doch jetzt kennt er die Wege, wenn auch nur zum Händler und zu ein paar kleineren Imbissläden.
Der Laden ist wie immer recht leer. Doch die Gänge sind mit allerlei Waffen und Utensilien vollgestopft. Dabei gibt es gerade mal zwei Gänge, doch wenn Kisu schätzen müsste, sind hier mindestens 100 verschiedene Waffen. Doch er lässt sich von den allen nicht beirren, er weiß genau, wo er hinwill. An einer Wand hängt das Schwert, was er sich schon so oft angesehen hat.
“Das Schwert hat es dir angetan, nicht wahr?”, der Verkäufer des Ladens erkennt Kisu wieder.
Sieben Mal war er jetzt im Waffenladen, kein anderer würde so oft kommen und wieder gehen, ohne etwas zu kaufen.
“Es ist, als würde es mich rufen”, kaum hat Kisu das ausgesprochen verflucht er sich dafür.
Der Verkäufer muss ihn nun für Verrückt halten. Doch statt ihn auszulachen holt der Mann das Schwert herunter und prüft, ob es noch im Gleichgewicht ist. So unbeholfen der Mann auf Kisu wirkt, vor allem mit seinem Gehstock, umso mehr scheint er sich mit Waffen auszukennen.
„Es ist wichtig darauf zu achten, dass das Schwert immer im Gleichgeweicht bleibt, sonst kann es im Kampf womöglich zu einem Fehler kommen“, erklärt er Kisu sein Handeln.
„Deswegen bin ich hier. Mein altes Schwert gerät leider immer wieder aus dem Gleichgewicht. Es ist schwer für mich ein neues zu suchen, doch, dieses scheint etwas Besonderes zu sein“, Kisu sieht sein Schwert traurig an, gleichzeitig aber funkeln seine Augen beim Anblick des Schwertes, welches der alte Verkäufer in den Händen hält.
“Du scheinst ein Vernünftiger Junge zu sein. Folge mir”, der alte Mann geht durch eine Tür und verlässt hinten herum den Laden.
Erst zögert Kisu, doch dann folgt er ihm. Das Schwert ist zu interessant. Sie kommen anscheinend in einen Hinterhof an, in dem einige Wäscheleinen mit großen Tüchern hängen.
“Viele hier in der Gegend nennen mich verrückt”, beginnt der alte Mann.
Das fängt ja gut an…
“Dabei musst du wissen, dass ich seit über 50 Jahren schon Schwerter schmiede und verkaufe. Auf meinen Reisen bin ich auch schon vielen Exemplaren begegnet. Dabei habe ich gelernt, dass sich das Schwert den Besitzer aussucht und nicht andersherum”, der alte Verkäufer mustert Kisu.
Dieser sieht ihn skeptisch an. Es kommt ihm vor, als ob der alte Mann ihn veräppeln will.
“Du hältst mich jetzt wahrscheinlich auch für verrückt, oder?“
“Nein...Na gut, ein wenig. Aber es klingt nicht so irrsinnig, wie das, was ich schon erlebt habe”, erinnert sich Kisu zurück.
“Hast du es wirklich reden hören?”, fragt der alte Mann.
“Wenn sie meinen ‘Kauf mich‘, dann ja”, will Kisu die Stimmung wieder etwas anheben.
Doch der Verkäufer hebt nur eine Augenbraue.
„Was ich meine ist, dass es mehr ein Gefühl ist, ein Drang im Kopf das Schwert unbedingt in den Händen zu halten”, gibt Kisu zu und versucht die Stimmung doch noch zu retten.
Der Blick des alten Mannes erhellt sich wieder.
“Wenn das Schwert und du verbunden seid, könnt ihr sogar Steine schneiden”, der alte Mann leg das Schwert zur Seite, richtet sich gerade auf und nimmt eine Kampfposition ein. Zuvor hat Kisu ihn nur für einen klapprigen alten Verkäufer gehalten, doch nun strahlt er eine ungeheure Stärke aus. Er steht vor einem Stein und atmet einmal durch.
Seine rechte Hand greift nach dem Gehstock zu seiner linken und ein Schwert schnellt heraus. Mit einem Vorwärtsschritt schlägt der alte Mann das Schwert gegen den Stein. Kisu sieht es schon zerschellen, doch dies geschieht nicht. Stattdessen scheint das Schwert den Stein wie Butter zu zerschneiden.
“Vertrauen ist der Bund, damit das Schwert den Stein schneiden kann”, erklärt er Kisu.
„Und natürlich eine scharfe Klinge“, fügt er lächelnd hinzu.
“Woah. Nicht schlecht. Damit könnte ich Aaron bestimmt ein wenig nerven”, grinst Kisu.
Ehrfürchtig hebt Kisu das Schwert auf und stellt es sich schon bildlich vor.
“Das, was du in deinen Händen hältst ist eines von den drei Drachenschwertern. Das Metall stammt aus den Kéaipiko Bergen. Sie wurden auf der Drekaeyja Insel im Feuer der Drachen geschmiedet”, erzählt der alte Verkäufer ihm.
“Klingt fast so, als wollen Sie mir das Schwert nur schmackhaft machen”, zwinkert Kisu ihm zu.
“Das möchte man meinen, aber dem ist nicht so”, versichert er ihm.
“Ich würde es hinterher nur bereuen, wenn ich es nicht kaufen würde”, grinst Kisu und freut sich, dass er es sich endlich entschieden hat.
“Gute Wahl mein Junge. Aber noch eine Warnung: Echte Schwertkenner sind hinter diesen Schwertern her. Man sagt, dass der, der alle Schwerter besitzt, den Weg zu einem Schatz finden soll. Hüte es!”, warnt der alte Verkäufer.
“Was für ein Schatz soll das sein?”, fragt Kisu etwas interessiert nach.
“Das weiß keiner so genau, es gibt nur ein paar Theorien, aber die habe ich mir nicht gemerkt. Ich interessiere mich nur für die Schwertkunst”, winkt der Verkäufer ab.
“Wie viel soll das Schwert überhaupt kosten?”, versucht Kisu sich von der Idee abzubringen nach dem Schatz zu suchen, denn viel Geld hat er nicht mehr übrig.
Sie haben zwar noch einiges, jedoch haben sie sich abgesprochen in einer Woche nur einen bestimmten Betrag auszugeben.
“Das Schwert würde 5000 Silberstücke kosten”, fast mit einer Reue in der Stimme nennt er den Preis.
“Das ist viel…”, verstummt Kisu fast, wenn er an seine 500 Silberstücke denkt, was schon eine Menge ist.
Der alte Mann sieht Kisu an, doch er hat ein Gefühl, dass das Schwert zu ihm muss.
“Du bist doch ein Soldat, oder?”, fragt er auf einmal.
Wobei er das Wort Soldat etwas merkwürdig ausspricht. Fast so, als würde er Soldaten verabscheuen.
“Naja...eigentlich schon”, beginnt Kisu.
“Dann hast du doch bestimmt so einen Schocker. Für 400 Silberstücke und im Tausch für das Dingen erhältst du das Schwert”, schlägt ihm der alte Mann vor.
“Mhh...Er funktioniert jedoch nicht mehr”, gibt Kisu zu.
Zudem kann er sich nicht vorstellen, wofür der Mann das gebrauchen könnte.
“Das ist nicht schlimm. Mein Sohn ist Erfinder. Auch wenn wir das Wissen über diese Dinger verloren haben, so glaube ich, dass wir eines Tages herausfinden können, wie sie funktionieren. Er hat eine eigene Werkstatt, paar Häuser weiter. Sie heißt Samia Satoa”, der Verkäufer führt Kisu wieder in den Laden und nimmt das Schwert noch einmal an sich.
Er legt es vorsichtig auf den Tresen und wickelt es in ein Tuch.
“Sie müssen mir versprechen, dass hier raus niemals eine schlimmere Waffe angefertigt werden soll”, nur widerwillig tauscht er seinen Schocker gegen das Schwert.
“Versprochen”, der alte Verkäufer reicht ihm das Schwert, was Kisu schon so lange begehrt.
“Dieses Schwert nennt sich übrigens Unmei”
Ehrfürchtig nimmt Kisu es entgegen.
“Ich werde gut darauf aufpassen. Vielen Dank!”, verbeugt sich Kisu überglücklich.
Das muss ich mit Essen feiern.
“Du musst die anderen finden und beschützen!”, ruft der alte Mann Kisu hinterher, doch er hört es nicht mehr. Kisu ist schon drei Häuser weiter und sucht die Stände mit dem Essen.
Auch wenn Kisu nicht mehr viele Silberstücke übrig hat, so will er den Kauf dennoch genießen und was leckeres Essen.
Was soll ich mir nur holen? Mhh. Am besten den einen Spieß. Der war immer so lecker und teuer ist er auch nicht.
Nur eine Straße weiter findet Kisu den Laden, den er gesucht hat und holt sich einen Spieß mit Fleisch und Tomaten.
“Meinst du, die anderen sind schon fertig mit dem Käfig?”, fragt Yakuki.
“Bestimmt. Sie sind immer schnell”, versichert Kenchí ihr und liest sich einen Zettel durch.
“Sieh mal. Passt er nicht zu der Beschreibung?”, fragt er nun und deutet auf einen Jungen, der genüsslich einen Spieß isst.
“Die Soldatenuniform und das Äußere passt”, bestätigt Yakuki, als sie sich den Zettel durchließt.
“Wie gehen wir vor?”, fragt sie und überlegt sich selbst etwas.
“Spiel einfach mit”, schon geht Kenchí direkt auf den Jungen zu.
“Verzeihung, wie ist dein Name?”, fragt er ihn direkt.
“Wer will das wissen?”, kommt die Antwort mit vollem Mund.
“Wir gehören zu dem Stadtbeliebten Spiel Wie ist dein Name? Ich bin Ying und das ist Sue”, stellt Kenchí sich mit falschen Namen vor.
“Ich bin Kisu. Das ist aber ein merkwürdiges Spiel”, rätselt Kisu und beißt noch einmal von seinem Spieß ab.
“Merkwürdig, aber sehr beliebt”, springt jetzt Yakuki ein.
“Und ich darf dir gratulieren. Du bist unser 1000. Mitspieler”, strahlt Kenchí ihn freudig an.
“Was habe ich denn gewonnen?”, fragt Kisu vorsichtig, doch aber auch mit einer gewissen Neugier.
“Eine Reise mit der besten Kutsche durch die Stadt zum besten und beliebtesten Hotel zum Entspannen für ganze 3 Tage. Du darfst auch bis zu zwei weitere Freunde einladen”, verkündet Kenchí mit heller Stimme.
Zuerst hat Kisu noch mit einem Schwerz gerechnet. Oder dass jemand sein Schwert wegnehmen will. Er hat die Warnung vom alten Mann noch sehr genau im Kopf. Auch die letzten Worte, die er ihm hinterhergerufen hat. Doch die beiden scheinen auf ihn einen ehrlichen Eindruck zu machen, auch wenn er ein komisches Gefühl im Bauch hat.
“Ein bisschen Entspannung könnte nicht schaden”, grinst Kisu und streckt seine Schultern durch.
“Also nimmst du den Preis an? Dann folge uns doch bitte”, Yakuki deutet die Straße hinunter und Kenchí geht vor.
“Ich dachte, es gehört eine Kutschfahrt mit dazu?”, fragt Kisu irritiert.
“Aber natürlich. Wir haben die Kutsche jedoch weiter weg stehen. Es sollte ja niemand wissen, dass wir das beliebte Spiel hier auf dieser Straße spielen”, zwinkert Yakuki ihm zu.
“Willst du denn noch Freunde abholen, mit denen du deinen Gewinn teilen willst?”, fragt Kenchí noch, bevor sie in eine Seitengasse einbiegen.
“Meine zwei besten Freunde vielleicht. Wenn wir Glück haben sind sie wieder bei Meister Tsuyoshí Zuhause”, überlegt Kisu.
Erst wollte er nein sagen, aber auch wenn er mal Zeit für sich haben will, so kann er es den beiden doch nicht antun. Vielleicht findet er auch Möglichkeiten diesen Gewinn Aaron unter die Nase zu reiben.
“Danke”, antwortet Kenchí nun im dunkleren Ton.
Sofort kommt dieses merkwürdige Gefühl in Kisu hoch, dass er schon am Anfang hatte. Dort hat er es auf den Spieß geschoben, doch jetzt isst er nichts mehr.
Er will gerade zu seinem Schwert greifen, hat es schon herausgezogen, da rumpelt es unter seinen Füßen. Kisu sieht nur noch, wie sein Arm mit dem Schwert im Stein stecken bleibt und kann sich nicht mehr bewegen. Sein anderer Arm hält noch immer das neue Schwert, jedoch steckt auch dieser tief im Stein gefangen.
“Ihr seid gar nicht Ying und Sue, oder? Ihr kommt aus unserem Dorf. Euer Akzent ist anders, als von den Menschen hier”, blinzelt Kisu durch die Augen. Er versucht sich an die beiden zu erinnern, kann aber nicht sagen, ob er sie schon einmal gesehen hat.
“Sieh an, du hast ja doch was im Kopf”, sagt Yakuki schnippisch.
“Was wollt ihr?”, fragt Kisu wütend.
“Von dir? Eigentlich nichts. Wir wollen nur deine Freundin. Wir haben etwas Großes mit ihr vor”, erklärt Kenchí wie selbstverständlich.
“Und dank dir wissen wir jetzt, wo wir sie finden können”, ergänzt Yakuki.
“Sie wird nicht mitkommen, auch wenn ihr mich festhaltet”, Kisu versucht sich zu befreien, aber der Stein lässt ihm keine Freiheit.
“Sie wird wieder zurück nach Biánhu kommen. Ob sie will oder nicht”, grinst Kenchí.
“Wie wollt ihr das anstellen? Ihr konntet mich zwar fangen, aber die anderen beiden…”, weiter kommt Kisu nicht, da alles vor ihm dunkel wird.
“Was? Er hat zu viel geredet”, verteidigt sich Kenchí, da Yakuki ihn missbilligend ansieht.
“Wie sollen wir ihn jetzt transportieren?”, fragt sie kopfschüttelnd.
“Wir trage ihn. Ist sowieso leichter, wenn er nichts sagt”, erklärt er ihr.
“Wobei du den anderen beiden vielleicht eine Nachricht übersenden kannst”, ergänzt er.
“Na schön. Bei Sonnenuntergang an der kleinen Lichtung vor dem südlichen Eingang? Soll ich auch Hiroki und Subaku Bescheid geben?”, fragt sie.
“Ja, tu das. Ich werde dort auf euch warten”, stimmt Kenchí zu.
Yakuki hat einen Zettel und Kohle besorgen können und kommt an das Tor zum Anwesen von Meister Tsuyoshí an. Sie heftet ihn an das Tor und tritt zwei Mal kräftig dagegen, damit es auch jeder im Haus hören und spüren kann. Schnell verschwindet sie und biegt um eine Ecke, beobachtet jedoch noch, wie Félag den Zettel findet.
“Kisu? Entführt? Die armen. Der muss sie doch vollreden”, scherzt Aaron.
“Das ist nicht lustig. Was ist, wenn sie ihm etwas antun?”, besorgt setzt sich Theara hin.
Gleichzeitig steigt eine Wut in ihr hoch. Wie können Menschen nur so etwas machen? Warum machen sie das? Was haben sie nur davon?
“Beruhige dich. Wenn du zu wütend wirst, kannst du nicht mehr klar denken und du hast keine Kontrolle über deine Kräfte”, versucht Tsuyoshí sie zu beruhigen.
Er spürt im Boden Schwingungen. die von Theara ausgehen. Auch Aaron scheint sie zu spüren.
“Tut mir leid. War blöd von mir”, gibt Aaron reumütig zu.
“Ja, das war es”, sieht sie ihn böse an.
“Aber was sollen wir jetzt machen?”, fragt Theara weiter, tief durchatmend.
Aaron fühlt sich schlecht, weil sie sauer auf ihn ist, was er aber verstehen kann. Jedoch kann er es nicht ertragen, wenn sie wütend auf ihn ist. Schon damals hat er dann alles für sie gemacht, damit sie nicht mehr abweisend zu ihm ist.
“Unvorbereitet sollten wir nicht dort hingehen. Ich denke, dass es mindestens drei sein werden. Wahrscheinlich Bändiger, denn so trottelig Kisu auch sein mag, so leicht würde er sich nicht gefangen nehmen lassen”, überlegt Aaron.
Er will die Führung übernehmen, um Theara zu zeigen, dass er es auch ernst meint und hofft so, dass sie seinen Kommentar von vorhin schon wieder längst vergessen hat.
“Wenn es zum Kampf kommen sollte, wovon ich ausgehe, sollte ich besser mitkommen. Mit Entführern sollte man nie unsorgsam vorgehen”, wendet Tsuyoshí ein.
“Vielen Dank. Ich würde vorschlagen, dass Aaron und ich vor gehen. Sie bleiben im Hintergrund und suchen eine Möglichkeit Kisu zu befreien. Wir werden sie solange ablenken”, schlägt Theara vor.
Egal wer es ist, sie will den Entführern unbedingt ihre Meinung sagen. Sie kann es nicht ausstehen, wenn Menschen andere dominieren und wie Sklaven oder Tiere behandeln. Das erinnert sie zu sehr an die Minen Zuhause in Biánhu.
Es dauerte nicht mehr lange, bis die Sonne am Untergehen ist und die drei sich auf den Weg machen. Kurz vor dem Treffpunkt trennen sie sich und Tsuyoshí nimmt einen anderen Weg.
“Bevor wir da sind, noch einen Rat: Versuche die Wut in Kraft umzusetzen. Das macht dich stärker, aber lass sie nicht dein Herz berühren”, rät Aaron ihr.
“Wie meinst du das?”, versteht Theara das gesagt nicht ganz.
“Wir sind da”, er geht nicht auf die Frage ein.
Sie erreichen die Lichtung und können Kisu früh sehen.
Theara will sofort zu ihm, doch Aaron hält sie auf.
“Wer seid ihr und was wollt ihr?”, fragt Aaron mit standhafter Stimme.
Theara bewundert ihn dafür. Sie hätte die Worte in dieser Situation nicht halb so kräftig aussprechen können. Sie ist wütend und zornig und würde am liebsten sofort eingreifen, würde es aber nicht schaffen noch so klar zu reden.
“Wir kommen aus eurem Dorf und wollen sie da wieder zurückbringen”, und Kenchí deutet auf Theara.
“Und wozu?”, fragt Aaron weiter.
Er will Tsuyoshí etwas Zeit verschaffen.
“Das muss euch nicht interessieren. Wenn du zustimmst, lassen wir euren Freund frei!”, lächelt Kenchí verschmitzt.
“Mach es nicht! Ich habe nicht alles mitbekommen, aber sie wollen deine Kräfte nur ausnutzen!”, brüllt Kisu ihnen zu.
“Ihr lasst ihn frei, oder ihr steckt gleich da drin!”, ruft Theara entgegen.
Sie kann dabei kaum glauben, dass sie das tatsächlich so laut und klar ausgesprochen hat.
“Das will ich nur zu gern sehen”, lacht Kenchí hämisch.
“Dann kommt und holt mich doch!”, fordert Theara die vier auf und stellt sich kampfbereit hin.
Sie atmet jetzt langsamer und tiefer, um ihre Kräfte zu sammeln. Dabei denkt sie an das, was Aaron gesagt hat. Ganz versteht sie es immer noch nicht, aber ihre Wut ist nicht mehr so groß, dafür ihr Wille Kisu zu befreien.
“Wie du willst. Wir werden nicht nur dich, sondern auch deine Freunde als Zusatzgeschenk mitbringen!”, seine Miene verfinstert sich.
“Das Mädchen gehört mir”, sagt er zu seinen Leuten und deutet, dass sie angreifen können.
Sofort stürmen die anderen drei auf Aaron los. Nur Kenchí geht behutsam auf Theara zu.
Yakuki springt in die Luft und landet kniend auf dem Boden. Dabei bebt die Erde und eine Steinmauer rast auf die beiden zu. Aaron springt nach links und Theara weicht nach rechts aus. Damit sind sie getrennt und leichter anzugreifen.
Hiroki wirft Rauchbomben und Aaron verschwindet im schwarzen Nebel. Unbeirrt rennen die drei rein und nur die Erde ist bebend zu spüren.
Der Rauch stört Aaron nicht. Mit einem kräftigen Fußtritt auf den Boden spürt er die Schwingungen und kann die Richtung der Angreifer erkennen. Er vollführt sofort eine Drehung und drei kleinere Felsen erscheinen vor ihm. Mit den Fäusten boxt er sie von sich weg.
Yakuki kann ihrem ausweichen. Der Fallenleger Hiroki, der nicht bändigen kann, kann seinen mit zwei Macheten abwehren. Subaku boxt gegen seinen und der Fels zerspringt in kleine Stücke. Hiroki wirft ein Gewicht mit einem Seil und will Aaron so fesseln. Doch er bemerkt es blitzschnell und schießt auf einer Säule nach oben. Doch das Gewicht zertrümmert die Säule und Aaron schwebt für kurze Zeit in der Luft. Diese Gelegenheit nutzen Yakuki und Subaku und stampfen auf die Erde. Synchron erscheinen Felsen, die sie in die Luft treten, Richtung Aaron.
Er erkennt einen, der plötzlich aus dem Rauch zu ihm fliegt. Er kann sich etwas in der Luft drehen und stößt mit dem Fuß gegen den Felsen. Dieser zersplittert und Staub kommt auf. So sieht Aaron den zweiten Felsen zu spät und kann nur noch seine Arme schützend vor sich heben. Der Felsen trifft ihn und Aaron wird zu Boden geschleudert.
Tsuyoshí schleicht sich durch einige Gebüsche zu dem Käfig von Kisu.
“Meister Tsuyoshí. Sie sind auch hier?”, wundert sich Kisu.
“Ich werde dich hier herausholen”, begrüßt er Kisu und inspiziert den Käfig.
“Helfen Sie lieber den anderen beiden. Sie brauchen die Hilfe dringender als ich”, bittet er ihn.
“Die beiden schaffen das. Vertrau ihnen. Aaron ist ein fähiger Erdbändiger und Theara hat große Fortschritte gemacht. Ich vertraue ihnen auch”, will er Kisu beruhigen.
“Wenn sie die Schlüssel suchen, die hat einer von denen eingesteckt…”, sagt Kisu bedrückt.
“Wir brauchen keinen Schlüssel”, lächelt Tsuyoshí.
“Aber mein Schwert kann das Schloss auch nicht aufbrechen”, entgegnet Kisu ihm.
Wie will er denn das Schloss sonst aufbekommen?
“Hab Vertrauen. Alles hat einen Schwachpunkt. Man muss ihn nur finden”, Tsuyoshí geht um den Käfig herum und klopft immer wieder gegen die Gitterstäbe.
“Nur zu schade, dass man Metall nicht bändigen kann...Aber so müsste es gehen”, er entfernt sich etwas vom Käfig und stellt sich seitwärts zu ihm hin. Er atmet tief ein und wedelt mit den Armen. Für Kisu sieht es aus, als ob Tsuyoshí versuchen würde zu tanzen. Jedoch ohne einen richtigen Tanzschritt zu erwischen.
Doch dann spürt er es. Der Boden unter ihm bebt und mit einem Mal schießen an den Ecken des Käfigs Steinspitzen in die Höhe und krachen gegen die Decke des Käfigs. Kisu wird ordentlich durchgeschüttelt, doch tatsächlich geben zwei der Ecken nach und die Decke springt auf und verbeult sich.
“Sie hätten mich auch vorwarmen können”, beschwert er sich und klettert hinaus.
“Dann hätte es keinen Spaß gemacht”, gibt Tsuyoshí zu und zwinkert ihm zu.
Kisu ist etwas verwirrt, weil er den Meister so nicht eingeschätzt hätte. Er hätte ihm nie Humor zugetraut.
“Was ist das für ein Schwert?”, überrascht sieht er Kisu an, als er sein neues Schwert aufhebt und an seinem Gürtel anbringt.
Für diesen Kampf will er lieber direkt das neue Schwert ausprobieren.
“Was? Das? Das habe ich mir heute gekauft. Ich war schon lange darauf aus mir ein neues zu holen. Naja und das hat es mir irgendwie angetan”, grinst Kisu.
“Du weißt, was das für eines ist?”, fragt Tsuyoshí ehrfürchtig.
“Ich denke schon. Der Verkäufer hat mir ein wenig darüber erzählt. Das es eines von drei Drachenschwertern sein soll und so”, Kisu versteht nicht, warum das in diesem Moment so wichtig ist.
“Sei dir bewusst, dass du nun eine große Verantwortung trägst”, sagt Tsuyoshí nur und dreht sich um.
Kisu hätte jetzt mit einer langen Geschichte gerechnet, doch der Meister ist schon auf dem Weg zu Theara und Aaron.
“Du solltest deinem Freund helfen. Ich werde Theara unterstützen”, sagt er zu Kisu und rennt los.
Nur kurz bleibt Kisu stehen und wundert sich über die Bemerkung. Doch er wird schnell aus den Gedanken gerissen, da er aus Aarons Richtung ein lautes Aufschlagen hört.
“Du solltest besser mitkommen. Ich mag es nicht, wenn ich kleinen Mädchen weh tun muss”, grinst Kenchí zu Theara.
“Keine Angst, du wirst mir schon nicht weh tun. Ich kann mich durchaus wehren!”, brüllt sie wütend.
Er scheint sie nicht ganz ernst zu nehmen. Das mag sie nicht. Ihr Leben lang wurde sie immer so behandelt, als ob sie nichts könnte. Abgesehen vom Wasserbändigen in den Minen. Immer wurde sie unterdrückt, das will sie nicht mehr. Sie will ernst genommen werden.
“Ich bin gespannt!”; lacht er.
Sofort geht Kenchí einen Schritt zurück und tritt mit dem linken Fuß auf den Boden. Mit einem rumpeln erscheint ein größerer Stein, den er sofort in einer Drehung wegschleudert. Er dreht sich direkt weiter und stampf erneut auf den Boden und ein großer Fels erscheint, den er mit beiden Füßen in ihre Richtung tritt.
Theara stellt sich in Richtung des Steins und kann ihn mit der linken Hand von sich ablenken. Sofort geht sie einen Schritt nach vorne und wartet auf den richtigen Moment.
“Ahhh!”, brüllt sie und boxt mit der rechten Faust gegen den Felsen.
Im ersten Augenblick scheint nichts zu geschehen, doch dann bekommt der Fels risse und bricht in vier Teile.
“Sieh an, du hast trainiert”, lobt Kenchí sie sarkastisch.
“Ich bin dran!”, faucht sie ihn an.
Theara läuft langsam in seine Richtung, bleibt aber abrupt stehen und kniet sich hin. Mit einem Mal schießt sie auf einer Säule fünf Meter in die Höhe. Jetzt kann sie über die Bäume hinwegsehen und über die Mauer, die sie und Aaron trennt. Sie kann auch Kisu erkennen, der von Tsuyoshí befreit wird. Sie schließt die Augen und konzentriert sich. Langsam bewegt sie kreisend ihre Arme. Sie weiß von ihrer Mutter, dass Wasserbändiger aus fast allem das Wasser ziehen können, um es zu nutzen. Genau das will sie jetzt auch. Doch sie hat nicht das gleiche Gefühl wie sonst, wenn sie Wasser bändigt.
“Da oben kannst du dich auch nicht verstecken!”, ruft Kenchí hoch und schlägt mit der rechten Faust auf den Boden.
Unmittelbar danach fängt die Säule an zu wackeln und Theara verliert den Halt.
Verdammt, komm schon.
In der Luft bewegt sie immer noch die Arme und kann endlich das Fühlen, was sie wollte. Sie spürt, wie das Wasser in ihrer Umgebung zu ihr kommt. Aus den Blättern, dem umliegendem Gras, sogar teilweise aus Steinen, die danach noch trockener und sandiger aussehen. Schließlich öffnet sie wieder die Augen und lässt ihre Arme nach vorne schnellen. Ihr Hände sind offen nach vorne gerichtet und eine Wasserschlange bildet sich vor ihr zu Eis. Theara landet mit den Füßen darauf und rutscht so die letzten Meter wieder nach unten.
Kaum unten angekommen, dreht sie sich und wirbelt einen Arm über ihren Kopf. Das Wasser um sie herum folgt der Bewegung und schießt schließlich in Kenchí’s Richtung. Er geht in die Hocke und steht sofort wieder auf, die Arme schützend vor sich und mit einem Beben erscheint eine Mauer vor ihm. Das Wasser prallt daran ab und verteilt sich drumherum.
Jetzt nutzt er diese Gelegenheit und schlägt immer wieder gegen diese Mauer und kleinere Steine fliegen in Thearas Richtung. Wieder lässt sie ihre Arme kreisen und das Wasser kommt wieder zu ihr. Noch gerade eben kann sie das linke Bein angewinkelt hochheben, damit das Wasser eine Wand vor ihr bildet und sie es zu Eis verwandeln kann. Die kleineren Steine donnern gegen die Eiswand und bohren sich immer tiefer hinein.
Theara erscheint seitlich von der Eismauer und tritt auf den Boden. Doch lange geschieht nichts.
Was ist das? Komm schon.
Erst beim dritten Versuch erscheint endlich ein Fels, den sie in Richtung von Kenchí schießt. Doch leider ist sie zu abgelenkt gewesen von den Versuchen, dass sie nicht bemerkt hat, dass er sich schon weiterbewegt hat. Er schlägt wieder auf den Boden, doch dieses Mal schießt eine kleine Schwelle in ihre Richtung und teilt sich vor ihr. Staub wird aufgewirbelt und trifft sie am Auge. Sofort schließt sie ihre Augen, doch hat sie leider schon etwas Staub hineinbekommen. Sofort dreht sich Theara im Kreis und hebt ihre Arme. Dieses Mal dauert es nicht so lange und das Wasser aus der Umgebung umringt sie. Mit breiten Beinen und wedelnden Armen steht sie mit geschlossenen Augen auf dem Kampffeld und schützt sich mit einem dicken Wasserring. Theara versucht zu spüren, wo sich Kenchí befindet, doch sie kann kaum Schwingungen im Boden ausmachen.
Verflixt, warum kann ich nichts spüren? Ist das, weil ich gerade Wasser bändige?...
Theara versteht gerade nicht, was passiert.
“Haben wir also den starken Erdbändiger zu Boden bringen können?”, lacht Yakuki genüsslich.
“Bringen wir es zu Ende”, sagt Hiroki.
“Mit Vergnügen”, freut sich Subaku und stampf auf die Erde.
Ein größerer Stein erscheint und Subaku boxt ihn in Richtung von Aaron, der immer noch am Boden liegt. Er sieht nur, wie der Stein auf ihn zu kommt, kann sich aber momentan noch nicht bewegen.
“Wenn ihn einer besiegt, dann bin ich das!”, ruft Kisu und springt zwischen Aaron und den Stein.
Aaron kann nur ein kratzen hören, als ob jemand schweres Metall durch den Boden zieht. Kaum spürt er, dass zwei schwere Sachen neben ihm auf den Boden prallen, sieht er Kisu, wie er gebeugt vor ihm steht und zu den Angreifern blickt. In seiner rechten Hand hält er das neue Schwert, welches er von dem alten Mann gekauft hat.
“Hast du mich gerade gerettet oder habe ich mir den Kopf doch schwerer angestoßen?”, fragt Aaron ihn ungläubig.
“Ich hab‘ ein bisschen aufgerüstet. Jetzt kann ich mit euch mithalten”, und Kisu reicht ihm eine Hand zum Aufstehen.
“Das musst du mir später mal genauer zeigen”, ihm ist es etwas peinlich, dass Kisu ihn retten musste.
Bisher war es immer andersrum. Er hofft nur, dass Theara es nicht gesehen hat. Wobei das egal sein kann, denn Kisu wird jetzt keine Gelegenheit auslassen jedem von der Rettung zu erzählen.
“Zuerst werden wir aber die hier besiegen”, und Kisu deutet mit seinem Schwert auf die drei Angreifer, die etwas erstaunt sind.
“Pah, Glückstreffer”, meckert Yakuki und stellt sich wieder kampfbereit hin.
Dieses Mal ist es Kisu, der zuerst losrennt und nimmt Hiroki ins Visier.
Dieser grinst nur und holt sein Gewicht an dem Seil und lässt es kreisend auf Kisu zurasen.
Kurz bevor das Gewicht Kisu trifft gleitet er auf seine Knie und beugt sich nach hinten. Er spürt den Luftzug, den das Gewicht macht und rutsch noch weiter in Richtung von Hiroki.
Dieser ist überrascht, dass Kisu ausgewichen ist und verliert fast die Kontrolle über sein Seil. Diesen Moment nutzt Kisu und steht rennend wieder auf. Bevor sein Angreifer etwas machen kann, stößt er ihm mit seinem Schwertknauf gegen den rechten Arm und Hiroki lässt sein Seil mit dem Gewicht fallen, dass nur wenige Meter vor ihm zum Boden gleitet.
Zeitgleich läuft auch Aaron los. Dabei weicht er immer wieder Angriffen von Yakuki und Subaku aus. Einen zufliegenden Stein kann er fangen und schleudert ihn zu Yakuki zurück. Sie hält ihre Arme schützend vor sich und der Stein zerspringt vor ihr, was eine Rauchwolke bilden lässt. Diesen unbeobachteten Moment nutzt Aaron und wirft sich zu Boden, um dann die Beine von ihr wegzuziehen. Sie verliert ihren Halt und stürzt zu Boden. Aaron blickt nicht zurück, ob er erfolgreich gewesen ist, sondern steht wieder auf und reißt seinen Arm nach vorne in Richtung von Subaku. Dieser ist noch gelähmt und kommt erst wieder zu sich, als er etwas kühles um sein Handgelenk spürt. Eine Säule ist neben ihm erschienen und schließt seinen ganzen Arm ein.
“Du scheinst wohl gerade Probleme mit dem Bändigen zu haben”, lacht Kenchí sie aus.
Nur grob kann sie seine Position ausmachen und lässt einen Arm in diese Richtung schnellen. Ein Wasserstrahl geht in diese Richtung und sie hofft, dass sie trifft.
“Daneben”, singt Kenchí.
“Dieser nicht!”, hört Theara Tsuyoshí rufen.
Kenchí dreht sich um und sieht eine breite Steinmauer auf ihn zukommen. Noch rechtzeitig kann er nach links ausweichen.
Diesen Moment der Pause nutzt Theara, um die Augen zu säubern, damit sie wieder sehen kann.
“Danke Meister”, freut sie sich.
Kenchí schaut sich um und sieht, wie Kisu dabei ist Hiroki in die Enge zu treiben. Aaron ist dabei, erfolgreich gegen Yakuki zu kämpfen und Subaku sitzt gefesselt auf dem Boden, noch mal fixiert in Stein. Ihm ist schleierhaft, wie es so weit kommen konnte.
“Deine Eltern wären bestimmt stolz auf dich”, grinst er jetzt.
“Was?”, Theara versteht nicht, was das jetzt damit zu tun hat.
Was meint er damit genau?
“Nur zu schade, dass sie es vielleicht nicht mehr erfahren werden. Ich meine, noch geht es ihnen in ihren Zellen gut, aber wer weiß, was Pán tu noch so alles einfällt”, redet Kenchí fast schon gelangweilt vor sich her.
“Was habt ihr mit meinen Eltern gemacht?”, ruft Theara energisch.
Sie wird nervös. Sie bekommt Angst. Sie hat nie so weit gedacht.
“Ich meine ja nur. Wenn du nicht nach Biánhu kommst, dann wird Pán tu bestimmt nicht erfreut sein”, grinst er hämisch.
Theara stellt sich gerade vor, wie es ihren Eltern jetzt geht. Wie sie getrennt in einer dunklen Zelle sitzen, angekettet und ohne Nahrung und Trinken. Für einen Moment setzt ihr Herzschlag aus und ihr Magen dreht sich um.
“Na was ist? Kommst du mit?”, lächelt Kenchí falsch.
Für einen Moment passiert nichts, doch dann scheint es um Theara windig zu werden. Ihre Haare flattern leicht durch die Luft und Staub bäumt sich um sie herum auf.
“Nein…”, sie bekommt kaum ein Wort heraus.
Mittlerweile ist der Luftdruck um Theara so stark, dass größere Kieselsteine ringsherum um sie wegfliegen.
“Theara, beruhige dich!”, fleht Tsuyoshí sie an.
Doch Theara hört ihn nicht. Sie starrt in die Leere und malt sich weiter aus, was mit ihren Eltern geschieht. Unter ihren Füßen bekommt der Boden Risse und kleinere Brocken springen heraus und fliegen davon.
“Das werde ich nicht zulassen...”, sagt sie sich zu ihr selbst und geht einen Schritt auf Kenchí zu.
Vor ihr erhebt sich ein großer Fels. Sie hebt nur die Hand in seine Richtung und schon fliegt der Fels mit rasender Geschwindigkeit auf ihn los. Noch so eben kann er eine Mauer vor sich hochziehen, doch diese hält nicht ganz stand. Zusammen mit dem Felsen zerschellt sie und viele Bruchstücke verteilen sich um ihn herum. Der Staub, der dabei aufgewirbelt wird, ist sofort verschwunden. Auch die Rauchwolken bei Aaron und Kisu verschwinden, da nun der Windstoß so kräftig ist, dass er auch sie erreicht und die Mauer vom Anfang des Kampfes niederreißt.
“Theara…”, schockiert blickt Aaron zu ihr.
“Ich bin noch deine Gegnerin”, ruft Yakuki und schleudert einen Stein auf Aaron.
Doch das bekommt er mit und fängt ihn auf. Mit einer Drehung schleudert er ihn zurück und trifft Yakuki, die nicht damit gerechnet hat und stürzt dabei zu Boden. Aaron schenkt ihr keine Aufmerksamkeit mehr und rennt zu Theara.
Kenchí ist von der Wucht auf den Boden gefallen, kann jedoch wieder schnell aufstehen. Jetzt ist er es, der hart auf den Boden aufstampft und bebend ein Großer Fels vor ihm erscheint. Mit beiden Fäusten schlägt er dagegen und der Fels schießt auf Theara zu. Sie hebt nur ihre rechte Hand und bevor der Fels auch nur zu nahe kommt zerspringt er in tausend Einzelteile. Sofort lässt sie wieder ihre Arme kreisen und das Wasser aus ihrer näheren Umgebung kommt zu ihr. Sie streckt die Arme nach vorne aus und ein großer Wasserstrahl rast auf Kenchí zu. Bevor dieser ihn erreicht pustet sie leicht in seine Richtung und der Strahl wird zu einer großen spitzen Eissäule.
“Theara, tu das nicht!”, mahnt Aaron, der endlich bei ihr angekommen ist.
Kenchí hat schon eine Mauer vor sich hochgezogen und kurz bevor die Eissäule diese trifft bleibt sie in der Luft stehen.
“Aber die haben meine Eltern”, es kommt nur eine kratzige Stimme aus ihr heraus.
Jetzt versteht Aaron, warum sie so wütend ist. Ihre Eltern sind alles für sie. Ihre Eltern haben sie immer beschützt und alles für sie getan.
“Wenn sie wirklich deine Eltern haben, dann werden wir sie gemeinsam holen”, langsam kommt Aaron Theara immer näher.
“Sie sollen Zuhause irgendwo gefangen sein”, erzählt Theara weiter und ist den Tränen nah.
“Wir sind immer an deiner Seite. Egal was passieren wird. Kisu und ich werden dich nicht im Stich lassen. Wir werden sie befreien, aber nicht so”, jetzt steht er genau vor ihr und legt eine Hand auf ihren Schultern.
Aaron hat große Mühen stehen zu bleiben, da der Wind um Theara doch sehr stark ist. Wenn er nicht schon längst Erde um seine Füße gebändigt hätte, wäre er womöglich schon nach hinten umgepustet worden.
Eine Träne rollt an ihrer Wange hinunter und fällt Aaron in die Arme. Erst ist er etwas perplex, da sie das noch nie gemacht hat seit er sie kennt, doch dann schließt er auch seine Arme um sie.
“Danke”, hört er sie ganz leise sagen.
“Rührend, aber wir haben keine Zeit mehr dafür. Wir werden in Biánhu auf dich warten. Deine Eltern werden sich bestimmt freuen!”, ruft Kenchí ihnen zu und schießt auf einer Säule in Richtung von Yakuki, Hiroki und Subaku. Hiroki schmeißt eine Rauchbombe auf den Boden und umhüllt sie alle.
“Ich bin noch nicht fertig mit euch!”, meint Kisu und rennt in den Rauch hinein.
“Kisu! Lass es! Das bringt nichts mehr!”, ruft Aaron ihm zu.
Kisu spürt ein rumpeln des Bodens und sieht nur das Seil mit dem Gewicht am Boden liegen, als der Rauch sich etwas verzieht.
“Danke, dass ihr mich hier rausgeholt habt”, bedankt er sich bei den dreien.
“Wir konnten dich ja schlecht bei denen lassen”, zuckt Aaron mit den Schultern.
“Warum warst du vorhin so wütend, Theara?”, fragt Kisu sie.
“Der Anführer der vier hat gesagt, dass sie ihre Eltern Zuhause gefangen halten”, antwortet Aaron für Theara.
“Was sollen wir jetzt machen?”, fragt Kisu.
“Wir werden nach Biánhu zurückkehren und meine Eltern retten, sowie das gesamte Dorf endlich vollkommen befreien”, sagt sie mit fester Stimme.
“Lasst uns wieder zurück gehen. Es wird schon dunkel”, und Meister Tsuyoshí geht vor.
Langsam folgen sie ihm und merken jetzt, wie kaputt und hungrig sie sind.
“Theara, noch was”, hält er sie auf, während Aaron und Kisu schon vor gehen.
“Ja?”
“Teil drei der Prüfung wird nicht stattfinden. Ich habe gesehen, wie du gekämpft hast. Mehr musste ich nicht sehen. Jedoch...Du solltest die Übergänge zwischen den einzelnen Elementen trainieren. Mir scheint, du hattest Probleme?”
“Da haben sie recht, Meister…”, antwortet sie zögerlich.
“Ich verspreche, ich werde mein Bestes geben!”, lächelt sie ihn an.
Auch wenn ihr gerade nicht sehr nach lächeln zumute ist.
“Das glaube ich dir. Und noch was: Der Zorn hat dich vorhin überrannt. Er ist mächtig, aber gefährlich. Dir muss bewusst sein, dass die Kontrolle der Elemente nicht leicht ist und Zorn und Wut dir nicht im Weg stehen dürfen”, rät Tsuyoshí ihr.
“Ich werde mir Mühe geben”, verbeugt sich Theara vor ihrem Meister.
Nach dem Essen liegt Theara noch länger wach und sieht sich ihre Hände an. Sie weiß noch immer nicht, weshalb sie Probleme mit dem Bändigen hatte. Sie weiß auch nicht, weshalb sie hinterher keine Probleme hatte beide Elemente auf einmal zu beherrschen. Theara hofft jedoch, dass dies nicht die Rettung ihrer Eltern beeinträchtigen wird.
Sie ist nur froh, dass sie heute wenigstens Kisu befreien konnten. Er hat es auch geschafft, dass sie zwischenzeitlich lachen konnte, als er die Rettungsgeschichte von Aaron erzählt hat. Immer wieder und wieder und jedes Mal hat er sie immer weiter ausgeschmückt.
Die Nacht ist klar und Theara atmet noch einmal tief durch, bevor sie mit einem letzten Gedanken einschläft.
Mama, Papa, ich werde kommen und euch retten. Versprochen!
Erde. Feuer. Luft. Wasser.
Einige Menschen besitzen die Fähigkeit eines der Elemente zu bändigen. Jedoch sind sie in der Unterzahl und werden schon seit langer Zeit von den Nichtbändigern benutzt.
Doch seit kurzem ist eine Hoffnung erschienen, die ein Gleichgewicht zwischen ihnen herstellen soll.
Ihr Name ist Theara.
Pan tú sitzt in seinem Büro und verschiebt Spielsteine auf einer Karte.
„Pan tú?“, klopft eine fragende Stimme durch die Tür.
„Ja?“
„Du wolltest uns sprechen?“, es erscheinen drei Männer in der Tür.
„Wie sieht die Lage aus?“, will Pan tú sofort wissen.
„In den Minen arbeiten jetzt die anderen. Wir überwachen sie dabei“, antwortet der dickste von ihnen.
„Die kleine Armee haben wir in die Gefängnisse gebracht. Sie wollen aber noch nicht reden“, antwortet der Größte von den dreien.
„Und wie sieht es mit den Eltern von dieser Theara aus?“, will er von dem dritten wissen.
„Wir haben sie bis jetzt noch nicht gefunden. Aber wir glauben nicht, dass sie aus Biánhu geflohen sind. Wir haben alles abgeriegelt“, antwortet der Muskuläreste von den dreien.
„Haben sie sich dem Widerstand angeschlossen?“, fragt er leicht genervt weiter.
„Das können wir nicht mit Sicherheit sagen, aber wir vermuten es“, antwortet er nur zögerlich.
„Haben wir Anhaltspunkte, wo sie ihr Lager haben?“
„Leider nicht“
„Wir vermuten, dass sie in nächster Zeit versuchen wollen die gefangenen Soldaten zu befreien, um sie auf ihre Seite zu holen“, erzählt der Größte.
Pan tú ist für einige Zeit in Gedanken. Die drei wissen nicht, ob sie gehen können, oder ob sie noch Befehle erhalten werden.
„Wenn der Widerstand die Soldaten befreien will, dann sollen sie es nur tun. Stellt ihnen eine Falle. Verbreitet das Gerücht, dass morgen Nacht besonders wenige Wachen im Dorf sein werden, und gerade auch am Gefängnis kaum Wachen stehen werden. Sollten sie auftauchen, dann schnappt ihr sie!“, befiehlt er.
„Wird gemacht“, nickt der Große.
„Nicht so schnell“, hält Pan tú die drei auf, die schon gehen wollten.
„Nur ein kleiner Kreis darf davon wissen. Der Widerstand wird Maulwürfe haben. Ihr müsst vorsichtig sein, damit sie nicht Misstrauisch werden“
„Jawohl, Pan tú“, sprechen die drei im Chor und verschwinden dann aus dem Büro.
„Tomak! Komm bitte her!“, ruft Pan tú seinen Sekretär.
„Bereite bitte folgendes vor: Morgen Mittag sollen drei Truppen von Soldaten in die umliegenden Dörfer. Es wird Zeit, dass wir uns vergrößern und die anderen Dörfer von den Nichtbändigern befreien“, er überreicht ihm ein Schreiben.
Tomak liest sich das Schreiben genau durch.
„Aber dann wird das Gefängnis, die Minen und das Dorf an Soldaten unterbesetzt sein! Was ist, wenn wir angegriffen werden?“, wundert er sich nach dem Durchlesen.
„Die Soldaten würden auf ihrem Weg die Angreifer bemerken und eliminieren. Wir brauchen keine Angst haben. Und jetzt geh und leite alles in die Wege“, schickt Pan tú ihn fort.
„Jawohl“
„Ich bin gespannt, ob ihr euch zeigt“, böse sieht sich Pan tú die Karte des Dorfes an, nachdem Tomak den Raum verlassen hat.
„Ruhe!“, ruft ein Mann auf einem Podest.
Es dauert etwas, bis alle ruhig geworden sind.
„Wir haben diese Versammlung einberufen, weil wir wichtige Neuigkeiten haben!“, der Mann spricht laut, damit ihn alle verstehen.
Zusätzlich hallt seine Stimme von den Wänden der Höhle ab, in der sie sich befinden. Sie liegt im Westen von Biánhu und ist tief in einen Berg gebändigt worden.
„Wir haben von unserem Informanten mitbekommen, dass ab morgen die meisten Anhänger von Pan tú nicht mehr im Dorf sein werden. Diese Gelegenheit wollen wir nutzen, um die Gefangenen zu befreien und um sie auf unsere Seite zu ziehen!“
„Woher wollen wir wissen, ob sie uns helfen werden?“, kommt eine Stimme aus der Menge.
„Wir haben momentan dasselbe Ziel. Sie wollen aus den Gefängnissen. Das können sie nur mit unserer Hilfe. Damit sie nicht wieder eingesperrt werden, muss Pan tú aufgehalten werden!“
„Wie wollen wir das überhaupt anstellen?“, ein alter Mann ruft dazwischen.
„Chryso wird euch alles erklären!“
Der Vater von Theara steigt auf das Podium.
„Wir werden zwei Teams bilden. Das Erste, angeführt von Sofia, wird die Gefangenen herausholen und überzeugen uns anzuschließen. Das zweite Team, angeführt von mir, wird zu Pan tú gehen und ihn überwältigen“, berichtet er seinen Plan.
„Woher wollen wir wissen, dass er allein sein wird?“, eine Frau meldet sich zu Wort und wirkt skeptisch.
„Unser Informant hat uns zugesichert, dass nur er, Pan tú und zwei Bewacher vor Ort sein werden. Es ist alles freiwillig. Wer dabei sein will, wird hinterher eine Nummer bekommen!“
„Wer ist mit dabei, um endgültig frei zu sein vom Erdkönig und von Pan tú?!“, ruf der Mann neben Chryso.
„Jaaa!“
„Hier!“
„Wir werden es ihnen zeigen!“
„Wir werden uns nicht länger kontrollieren lassen!“
Von überall kommt Zustimmung und Hoffnung.
Chryso verlässt das Podium und geht zu Sofia.
„Bist du dir sicher, dass du zu Pan tú gehen willst?“, fragt sie ihn unsicher.
„Er ist hinter unserer Tochter her. Ich werde nicht zulassen, dass er ihr etwas antun wird“, er ist wild entschlossen etwas gegen Pan tú zu unternehmen.
„Ich würde dich gern begleitet“
„Du weißt, dass ich das nicht zulasse. Du wirst die Männer und Frauen aus den Gefängnissen holen. Pan tú ist zu gefährlich und unberechenbar“, Zorn liegt in seiner Stimme.
„Wir sollten uns jedoch auf einen Hinterhalt vorbereiten. Es kann eine Falle sein, dass so viele das Dorf verlassen“, warnt sie ihn.
„Da hast du recht. Wir werden Späher aussenden, die den Vorgang überwachen sollen, ob die Soldaten das Dorf wirklich verlassen werden“
„Ich möchte euer Gespräch nur ungern unterbrechen, aber es wird Zeit, dass ihr eure Einheiten einweist“, mischt sich der Mann ein, der vorhin auch auf dem Podium stand.
Es haben sich mittlerweile einige Freiwillige gemeldet und wurden einer Gruppe zugeordnet. Es sind leider weniger geworden, als sich der Mann erhofft hatte.
„Wir kommen“, sichert Chryso zu und gibt Sofia noch einen Kuss auf ihre Stirn.
Die zweite Gruppe, die Pan tú angreifen soll, besteht mit Chryso nur aus 12 Leuten. Die meisten kennt er inzwischen. Es sind sechs Erdbändiger, mit ihm, zwei Feuerbändiger, eine Wasserbändigerin und drei Nichtbändiger.
Nachdem sich die Bändiger erhoben hatten, war erst einmal Chaos in Biánhu. Pan tú wusste diese Gelegenheit zu nutzen, um als Anführer dazustehen. Er hatte erst versprochen eine Gleichheit zu erschaffen. Am Anfang sah es auch danach aus, doch mit der Zeit wurden die Nichtbändiger immer weiter unterdrückt. Es fing nach der Gefangenschaft der Soldaten des Erdkönigs an. Viele Bändiger mochten keine Nichtbändiger, doch einigen wurde es zu viel. Sie waren der Ansicht, wenn nun sie unterdrückt werden, die nicht Bändigen können, dann werden sie sich auch erheben und kämpfen.
Es kamen zu Streitigkeiten zwischen den Bändigern. Viele wollten nur eine Gleichstellung und keine Macht über die anderen. Doch die meisten standen hinter Pan tú. Die sich gegen ihn stellten, wurden gefangen genommen und sitzen mit vielen Nichtbändigern im Gefängnis, oder müssen wieder ihre Arbeit verrichten, wie zuvor mit einer strengen Aufsicht und mit Unterdrückung.
Daher ist ein Widerstand gegründet worden, in dem Bändiger und Nichtbändiger zusammenarbeiten, um etwas gegen Pan tú zu unternehmen. Einige Befreiungsschläge wurden auch schon durchgeführt.
Chryso und Sofia, die Eltern von Theara, sind dem Widerstand sofort beigetreten. Sie würden alles tun, um ihre Tochter vor ihm zu beschützen. Chryso war erst nicht damit einverstanden, dass Sofia auch mit zum Widerstand kommt, aber sie konnte ihn überzeugen. Sie würde sowieso in das Blickfeld von Pan tú geraten.
Chryso hebt seine Hand, damit die anderen der Gruppe ruhig werden.
„Danke erst einmal, dass ihr mitmachen wollt. Ich weiß, dass es nicht leicht werden wird“, beginnt er.
„Wir kennen die Gefahren. Wir sind bereit diese einzugehen“, antwortet einer von ihnen und die anderen nicken dazu.
„Na gut. Wir werden getrennt zu der großen Hütte mit seinem Büro gehen. Es soll ja nicht sofort jeder wissen, was passieren wird. Ihr sechs bleibt draußen und bewacht die Hütte“, er meint die fünf Erdbändiger und die Wasserbändigerin.
„Wir sechs gehen rein. Wir müssen vier Mal abbiegen, bevor wir an seinem Büro ankommen. Da werdet ihr vier euch positionieren. Du wirst mit mir direkt zu Pan tú gehen“, Chryso deutet auf einen Nichtbändiger.
„Kurz nach Sonnenuntergang werden wir uns an seiner Hütte treffen. Seid ihr bereit?“, fragt er in die Runde.
„Wir werden ihn schnappen und der Gerechtigkeit vorführen!“, ruft einer von ihnen.
„Jaa!“
„Wir werden es ihm zeigen!“
„Jetzt sind wir dran!“
Die ganze Gruppe ist motiviert endlich zurückschlagen zu können.
Die Gruppe von Sofia ist etwas größer. Mit ihr sind es etwa 30 Männer und Frauen, die die Gefangenen befreien wollen. Es sind zehn Erdbändiger, fünf Feuerbändiger, mit Sofia fünf Wasserbändiger, acht Nichtbändiger und zwei Luftbändiger. Die meisten Luftbändiger wollten nicht mitkämpfen, solange sie es nicht müssen. Viele von ihnen verabscheuen die Gewalt, was wiederum viele Feuerbändiger nicht verstehen. Denn schon als Kinder sind sie es, die sich gerne duellieren.
„Danke, dass ihr euch alle freiwillig gemeldet habt. Ich weiß das sehr zu schätzen“, freut sie sich, dass so viele mithelfen wollen.
„Nach unseren Informationen sind die Leute von dem Erdkönig im nördlichen Teil des Gefängnisses. Unsere Freunde im südlichen Teil. Wir werden uns aufteilen. Die Gruppe mit mir wird die Armee vom Erdkönig befreien. Die Zweite unsere Freunde“
„Was ist mit den Wachen?“, fragt eine Frau aus der Menge.
„Sie sind unterbesetzt und die restlichen werden von Erdbändigern und Luftbändigern übernommen. Sie werden es uns ebenfalls ermöglichen einzudringen, zusammen mit euch Feuerbändigern. Dann teilen wir uns und dringen zu den Zellen vor“, erklärt Sofia das Wichtigste.
Auch wenn noch viele Sorgen haben, dass es vielleicht nicht klappen wird, so ist deren Hoffnung doch größer endlich eigenständig zu sein.
Viele vom Widerstand leben mittlerweile im Wald um Biánhu herum. Im Dorf können sie nicht mehr leben, weil Pan tú und sein Gefolge wissen, dass sie dem Widerstand angehören. So ergeht es auch den Eltern von Theara. Sie können ebenfalls nicht mehr zurück.
In den Bäumen haben sie provisorische Baumhäuser erbaut, in denen sie nun leben. Oft gibt es einen stillen Alarm, da eine Wache von Pan tú durch den Wald patrouilliert.
„Können wir wieder zurück, wenn wir gegen Pan tú gewinnen?“, sorgend blickt Sofia aus dem kleinen Fenster.
„Wir müssen die anderen davon überzeugen, dass jeder gleichgestellt werden soll, dass niemand den anderen dominieren darf. Egal ob man nun Bändiger ist oder nicht. Nur allein deswegen sollte sich niemand als etwas Besseres sehen“, Chryso zweifelt, dass sofort alles gut sein wird.
Die Zeit der Unterdrückung war zu lange, als dass man einen Wandel so schnell heraufbeschwören könnte.
In der Nacht kann Sofia kaum schlafen. Immer wieder stellt sie sich die Fragen, ob sie es schaffen werden, ob sie an alles gedacht haben. Was Theara wohl gerade macht? Hat sie sich damit abgefunden, dass sie wieder Ordnung in diese Welt bringen soll? Ob es ihr gut geht? Ob Kisu und Aaron gut auf sie aufpassen?
Erst zum Morgen findet sie in den Schlaf.
Als sie aufwacht, ist Chryso schon aufgestanden und geht mit seiner Gruppe einige Einzelheiten durch und hofft, dass sie nun gut vorbereitet sind.
Gegen Mittag ertönt ein Warnsignal. Sofort gehen alle auf die Bäume und verstecken ihre Hütten noch einmal mit einer Extraschicht Laub.
„Sie gehen tatsächlich“, flüstert jemand hinter Sofia überrascht.
Eine kleine Armee aus etwa 100 Männern und Frauen durchqueren den Wald. Sie wollen in die Richtung von Shín, der in Omoidé lebt; dem Onkel von Theara. Sie steuern jedoch nicht den direkten Weg an. Niemand traut sich durch den Utagaí-Wald.
Doch, dass die Armee gar nicht bis dahin will, weiß keiner.
„Wenn drei Armeen dieser Größe Biánhu verlassen haben, könnten wir doch eine gute Chance haben“, Freude und Ehrfrucht liegt in der Stimme einer Frau hinter Chryso.
„Wenn sie vorzeitig zurückkommen werden, haben wir ein paar Freunde bei ihnen, die uns warnen werden“, sagt der Mann, der neben Chryso auf dem Podium gesprochen hatte.
Gegen Abend gehen die Ersten los zu ihren Positionen. Sie sollen alle nah an ihrem Einsatzort sein, jedoch keine Aufmerksamkeit erregen.
Zum Sonnenuntergang gehen auch Chryso und Sofia los.
„Bitte pass auf dich auf“, küsst sie ihn zum Abschied.
„Versprich mir bitte, dass du schnell verschwindest, wenn es zu gefährlich wird“, bittet er sie.
Sie lächelt ihn nur an und läuft in die Richtung des Gefängnisses.
Chryso trifft sich mit drei weiteren in einer Seitengasse kurz vor der Hütte, in der Pan tú sein soll.
„Na schön, gleich ist es soweit. Ich hoffe ihr seid alle bereit“
„Das sind wir“
Sofia kommt an dem Gefängnis an. Nur noch einmal links um einen großen Felsen und sie ist da. Doch bleibt sie vorher stehen. Sie wartet auf das Signal der anderen, dass sie bereit sind. Mit einem blinkenden Spiegel in den letzten Strahlen der Abendsonne bekommt sie das Signal. Langsam geht Sofia zum Eingangstor, vor der zwei Wachen stehen.
„Halt! Was willst du hier?“, wird sie von ihnen aufgehalten.
„Ich bin hier, um die Gefangenen zu befreien“, entgegnet sie ihm.
„Ha! Du allein? Ein guter Witz“, spottet der Linke.
„Das war kein Witz, und allein bin ich auch nicht. Hinter mir stehen viele weitere“, sagt Sofia ganz ruhig.
„Ja sicher, das sieht man. Ganz allein stehst du hier. Die Sonne ist dir wohl nicht bekommen“, lacht der Rechte.
„Welche Armee meinst du denn? Ich sehe keine, nur diese Ameisen, die neben dir im Dreck her krabbeln“, zieht er Sofias Aussagen herunter.
„Diese“
Sofia beginnt sich zu drehen und rudert mit den Armen. Von einer hohen Felswand kommt Wasser zu ihr geflogen. Einige hatten zuvor ein paar Fässer mit Wasser dort abgestellt. Das ist nun auch das Zeichen für die anderen anzugreifen.
Bevor die Wachen etwas machen können, ist der linke schon von Fuß bis Hals in Eis gefangen. Der rechte staunt nur und bemerkt zu spät, dass neben Sofia ein Loch erscheint, aus dem weitere Angreifer herauskommen. Er will noch in das Notsignalhorn blasen, doch er ist zu langsam und ist in Stein gefangen, sodass er seine Arme nicht mehr bewegen kann.
„Warum macht ihr das? Wir sind doch alle Bändiger!?“, fragt der Rechte verwundert.
„Deswegen sind wir in der Pflicht die Kräfte vernünftig anzuwenden und nicht, um andere zu schaden“
Drei Feuerbändiger springen synchron vorwärts in Richtung des Holztores und schlagen mit ihren Fäusten Feuersäulen darauf. Kurz danach kommen zwei Erdbändiger und treten gemeinsam einen großen Felsen gegen die nun angeschlagene Tür.
Unter dem Feuer und dem Gewicht gibt sie nach und zerbricht.
Zwei bleiben draußen stehen, um Wache zu schieben, falls Verstärkung eintrifft.
Im Innenhof erscheinen weitere Soldaten, doch die Luftbändiger lassen ihre Waffen davonfliegen und die Erdbändiger sperren sie direkt in einer Steinsäule ein. Sechs Kämpfer bleiben im Vorhof und halten hier die Stellung. Die anderen teilen sich auf. Elf gehen in den Nordteil und elf gehen in den Südteil des Gefängnisses.
Chryso gibt das Zeichen zum Angriff. Er kniet sich hin und schießt auf einer Steinsäule in die Richtung von Pan tús Hütte. Die anderen kommen aus den Seitengassen und attackieren sofort die Wachen. Der eine ist Erdbändiger und der andere ein Feuerbändiger. Der Erdbändiger tritt auf den Boden und schleudert einen Felsen auf die anderen. Chryso geht dazwischen und schlägt dagegen, woraufhin sich der Felsen in Staub und kleinere Brocken aufteilt. Aus dem Staub springen zwei heraus und der Erdbändiger wird in Eis gefangen; der Feuerbändiger, bevor er handeln kann, in einem Felskeil.
„Ihr bleibt hier, damit sie sich nicht gegenseitig befreien können“, weist Chryso den fünf Erdbändigern und der Wasserbändigerin ihre Aufgabe zu.
Er und die anderen betreten das Gebäude. Wie ihnen mitgeteilt wurde, ist es vollkommen still und leer. An jeder Ecke stellt sich jeweils einer hin, um eventuell die anderen zu warnen, falls etwas sein sollte.
Schließlich kommen sie an die Tür, wo Pan tú sich befinden soll. Chryso nickt dem Nichtbändiger zu und tritt die Tür ein.
Sofia und ihr Team laufen gezielt durch das Gebäude. Eine ehemalige Wache hat ihnen genau erklärt, wo sie entlang gehen müssen, um zu den Gefangenen zu kommen. Sie gelangen an die Tür, hinter der sich die gefangene Armee vom Erdkönig befinden soll.
„Bereit?“, fragt Sofia in die Runde.
Die anderen nicken und Sofia drückt die Tür auf.
„Was zum…?“, Sofia kann nicht glauben, was sie sieht.
„Glaubt ihr wirklich, dass euch das gelingen wird?“, grinst der Feuerbändiger, der vor Pan tús Gebäude in Stein gefangen wurde.
„Wer sitzt hier fest? Ihr oder wir?“, brummt ein Erdbändiger zurück.
„Aaaaahhh!!“, brüllt der Feuerbändiger und eine Flämmensäule schießt knisternd aus seinem Mund in die Höhe.
Erschrocken weichen die anderen zurück.
„Was sollte das?“, fragt die Wasserbändigerin entsetzt.
„Das werdet ihr noch sehen“, grinst der Feuerbändiger.
„Wo sind die Gefangenen?“, Sofias Gruppe betritt den Raum zu den Zellen, wo angeblich die Gefangen sein sollen.
Doch die Zellen sind vollkommen leer.
„Sind wir vielleicht falsch abgebogen?“, fragt einer aus der Gruppe.
„Nein, wir mussten runter und uns dann links halten… Wir sollten wieder zurück“, Sofia bekommt ein ungutes Gefühl.
„Wohin zurück wollt ihr denn?“, erscheint grinsend der Größte, der mit den anderen beiden bei Pan tú war.
„Wir haben euch schon Sehnsüchtig erwartet“, grinst er und es erscheinen immer mehr Soldaten in der Tür, durch der sie gekommen sind.
„Ich schlage vor ihr ergebt euch sofort. Hier gibt es kein Zurück mehr“, redet der Mann ruhig weiter.
„Ihr könnt uns nicht aufhalten!“, ruft jemand von hinten und stürmt auf die Soldaten los. Einige andere folgen seinem Beispiel und laufen mit ihm zusammen in Richtung der Soldaten. Sie lassen eine Feuerwelle und mehrere Steine auf die Soldaten los. Diese reagieren jedoch sofort und errichten bebend einen Schutzwall aus Stein. Die Nichtbändiger laufen mit ihren Schwertern los. Bevor sie den Schutzwall erreichen durchbricht ein Erdbändiger den Schutz, um einen Weg für die Nichtbändiger frei zu machen.
Der Plan die Gefangen zu befreien ist schiefgelaufen und Sofia muss nun auch eingreifen. Sie hat an ihrem Gürtel eine Wasserflasche befestigt, die sie nun benutzt und so einen Soldaten mit einer Wasserpeitsche von den Beinen reißt. Er fällt zu Boden und wird von einem Erdbändiger in Stein gefangen.
„Kämpft nicht, um nur zu kämpfen. Wenn ihr könnt, flüchtet durch die Tür und verschwindet!“, ruft sie zu ihren Leuten.
Doch momentan sieht es nicht so aus, als ob jemand von ihnen es bis zur Tür schaffen würde.
„Das war das Zeichen. Los geht’s!“
„Moment, ich dachte wir wollten in die anderen Dörfer?“, wundert sich ein Soldat.
„Das haben wir nur daher gesagt“, grinst der Mann, der bei Pan tú war.
„Wie meinen Sie das?“, der Soldat versteht nichts mehr.
„Wir werden den Widerstand zerschlagen. Also! Los geht’s!“, ruft der Mann erneut zu seinen Leuten.
„Deswegen haben wir so nah am Dorf ein Lager gebaut, um es nicht am ersten Tag vor anderen zu beschützen, sondern um schnell genug wieder vor Ort zu sein…“, dem Soldaten geht ein Licht auf.
„Was dachtest du denn? Bist du etwa auch einer vom Widerstand?“, lacht der Truppenführer.
Der Soldat zieht eine Grimasse und löst sich von der Truppe.
„He, was soll das?“, ruft der Mann.
„Aaahhh!“, der Soldat bückt sich und richtet sich sofort wieder auf.
Seine Hände hebt er in die Luft und ein Feuerwall schießt in den Himmel. Am Boden beginnt er sich zu drehen und auch der Feuerwall beginnt zu rotieren, bis der Wall schließlich in alle vier Himmelsrichtungen auseinander geht.
Sofort wird er von anderen Soldaten gepackt und auf dem Boden festgehalten.
„Also bist du doch einer vom Widerstand... Setzt ihn in Stein fest und lasst ihn hier. Wir rücken ohne ihn fort“, befiehlt er den anderen.
„Hast du das gesehen?“, die Bändiger am Gefängnis sehen in die Richtung, aus der ein Flammenstoß aus dem Wald kam und den Himmel kurzzeitig erleuchtete.
„War das…?“
„…das Zeichen. Wir müssen hier weg!“
„Ich gehe zu den anderen und warne sie, haltet ihr die Stellung!“
Die Bändigerin läuft los in den Nordteil des Gefängnisses. Schon von weitem hört sie Stimmen und kann Steine auf den Boden schlagen hören. Sie erreicht die Tür und erblickt ein Schlachtfeld. Zumindest soweit sie hineinsehen kann, da der Weg von Soldaten versperrt wird.
„Was ist hier los?!“, ruft die Bändigerin in den Raum und muss sich mit einem Feuerstoß verteidigen.
„Lauf weg! Es war eine Falle! Warn die anderen!“, Sofia kann sich von einem Gegner befreien und versucht ihr von der anderen Seite zu helfen.
„Hier waren die Gefangenen noch nie. Als wir ankamen, haben sie schon auf uns gewartet. Los, verschwinde!“, Sofia sieht erschöpft aus.
Die Bändigerin läuft nur widerwillig los. Sie will den anderen helfen, sieht aber ein, dass sie nicht helfen kann und weicht einem Steinwurf vom Gegner aus. Kurzzeitig überlegt sie in den Südteil zu rennen und nach den anderen zu sehen, aber sie vermutet, dass dort ebenfalls eine Falle auf ihre Freunde gewartet haben muss.
Draußen angekommen sieht sie, wie die anderen versuchen eine Armee aufzuhalten. Natürlich haben sie keine Chance, die Armee ist zu stark und sie selbst sind zu wenige.
Verzweifelt blickt sie nach links und rechts. Sie will ihre Freunde nicht im Stich lassen. Sie will gerade loslaufen und helfen, da erblick sie ihre Freundin. Doch sie dreht sich um und schüttelt nur den Kopf. Die Bändigerin versteht; will aber nicht. Doch ihr Körper macht sich selbstständig und sie katapultiert sich mit einem Flammenstoß aus dem Gefängnis heraus in ein Waldstück und hofft, dass ihr niemand folgen wird.
Chryso stößt die Tür auf und er und der Nichtbändiger dringen ein.
„Ich habe schon auf euch gewartet“, begrüßt Pan tú die beiden mit ruhiger Stimme.
„Wir sind hier, um dich zu stoppen“, entgegnet Chryso.
„Du bist mit einem Nichtbändiger hier. Stört er nicht?“, grinst er ihn hämisch an.
Der Nichtbändiger will auf Pan tú losgehen, doch Chryso hält ihn auf.
„Bändiger oder nicht, das ist egal. Wir werden dich zusammen aufhalten“
„Dann heißt es wohl zwei gegen zwei“, Pan tú deutet auf seinen Sekretär.
„Drei gegen einen“, entgegnet Tomak.
„Du bist also auch einer von ihnen und unser Maulwurf“, langsam setzt sich Pan tú auf seinen Stuhl.
„So ist es. Seitdem du dir die Macht angerissen hast, ist es nur noch schlimmer geworden. Der Spalt ist größer als zuvor“
„Was meint ihr? Wie weit sind die Armeen wohl gekommen?“, grinst Pan tú und achtet nicht auf das, was Tomak erzählt.
„Ist doch egal. Wir haben dich!“, zischt der Nichtbändiger.
„Ich nehme an, dass zwei Gruppen wieder zurück sind und die dritte auch gleich wieder da sein wird“, erzählt Pan tú weiter.
„Chryso! Die Armeen kommen zurück!“, eilt einer der weiteren Nichtbändiger herein, der Wache stehen sollte.
„Ah, die dritte Armee ist also doch schon zurück“, freut sich Pan tù.
„Nenn mir einen Grund dich nicht gleich hier fertig zu machen“, Chryso spannt seine Muskeln an.
Der Boden bebt und Chryso schließt Pan tú in Stein ein.
„Tomak, du bist übrigens gefeuert“
„Wir sind umzingelt!“, die drei weiteren Wachen, die an den Ecken stehen sollten, erscheinen im Raum.
„Die anderen draußen haben sie schon“
„Dann sollte ich auch mal“, atmet Pan tú tief durch.
Es bebt erneut und Pan tú sprengt sich aus dem Felsen. Er dreht sich und schlägt mit der Faust auf Tomak. Er wird in Stein gefangen. Die anderen wollen sofort reagieren, doch Pan tú ist schneller. Mehrere kleinere Felsen erscheinen und treffen die anderen am Bauch. Sie liegen am Boden und krümmen sich. Nur Chryso steht noch.
„Willst du nicht wissen, was mit euch alles geschehen wird?“, lacht Pan tú.
„Wenn ich dich aufhalte wird das nicht mehr interessant sein“, sagt Chryso wütend.
„Du solltest wissen, dass ich nur deine Tochter will“
„Was willst du von Theara?“, Zorn steigt weiter in ihm auf.
„Von ihr nicht viel, sondern eher ihre Kräfte. Deine Frau, ihre Mutter, ist schon in unserer Gewalt. Jetzt noch dich. Dann werde ich zusammen mit Theara, oder auch Avatar, wie sie viele gerne nennen, zum Erdkönig wandern und ihn absetzten. Dann werde ich regieren und alle Nichtbändiger von dieser Welt streichen! Und deine Tochter hat die Kraft meine Vision zu verwirklichen!“, lacht Pan tú.
„Da musst du mich erst beseitigen, bevor du Theara etwas antun kannst!“, ruft Chryso und stampft auf den Boden.
Ein Fels erscheint und Chryso schleudert ihn auf Pan tú. Er schützt sich mit seinen Armen und der Fels zerbricht.
„Ich habe schon fast vergessen, wie viel Spaß das Kämpfen macht!“
Pan tú läuft auf Chryso los und schleudert dabei unaufhörlich Gesteinsbrocken auf ihn. Chryso will sich wehren, doch er muss sich schützen und kann so nicht zurückschlagen.
Bevor Chryso reagieren kann, steht Pan tú vor ihm und schmeißt einen größeren Felsen auf ihn. Chryso will gegen den Felsen schlagen, doch seine Wucht ist so groß, dass er durch das Fenster hinausgeworfen wird.
Er steht langsam wieder auf und will einen Gegenangriff starten, doch er wird sofort von der Armee umstellt.
„Weiß du, was das Beste ist? Deine Tochter ist schon auf den Weg hierhin. Ich hatte ein wenig gepokert, aber ihr habt so reagiert, wie ich es mir vorgestellt habe“, lacht Pan tú Chryso regelrecht aus.
„Du glaubst doch nicht wirklich, dass Theara dir folgen wird!“
„Kinder würden alles tun, um ihre Eltern zu befreien. Nicht umsonst kann sie anscheinend so viel. Sie wurde von etwas Höherem auserwählt. Das muss man nutzen und ich werde sie leiten!“
„Ich werde alles tun, damit ihr nichts geschehen wird!“
Chryso schlägt mit der Faust auf den Boden. Eine Erdwelle schießt auf Pan tú zu, doch er springt mit einer Steinsäule vorher in die Luft und weicht so der Welle aus. Ein Soldat greift Chryso mit Feuer an, doch er erhebt eine Mauer vor sich und lässt den Arm des Soldaten darin einschließen. Er bückt sich zugleich, damit die Feuerbrunzt ihn nicht erwischt und umkreist seinen Gegner. Auf der anderen Seite erhebt er ebenfalls eine Mauer und schließt dort den zweiten Arm des Soldaten ein. Pan tú nutzt in der Zwischenzeit seine Höhe und lässt sich zu Boden fallen. Mit der Faust schlägt er auf den Boden und spitze Steinsäulen erscheinen, die sich als Pfad in die Richtung von Chryso erheben. Er springt zur Seite und will einen Gegenangriff ausführen, doch er bemerkt nicht, dass hinter ihm ein weiterer Soldat steht. Nur aus den Augenwinkeln kann er erkennen, wie eine Wasserfontäne auf ihn zurast und er schließlich in Eis gefangen wird.
„Ich hatte von dir wirklich mehr erwartet…“, schüttelt Pan tú enttäuscht den Kopf.
„Du bist ein Feigling! Du versteckst dich hinter den anderen und lässt sie kämpfen, anstatt selbst zu kämpfen!“, Chryso versucht sich zu befreien, doch das Eis ist zu dick.
Chryso will noch mehr sagen, doch er spürt einen Schlag von hinten und kann nur noch Dunkelheit erkennen
„Ich spare mir nur die Kräfte auf. Ich werde kämpfen, da kannst du dir sicher sein“, flüstert er dem bewusstlosen Chryso ins Ohr, auch wenn er weiß, dass er ihn nicht hören kann.
„Schafft sie weg!“, befiehlt er den Soldaten.
Diese legen Ketten um den bewusstlosen Chryso und den anderen. Sie befreien ihn aus dem Eis und transportieren in auf einem Pferdestrauß. Chryso und die anderen werden in die Richtung des Gefängnisses gebracht, in dem die Gruppe von Sofia besiegt wurde und auch schon in Hochsicherheitszellen sitzen.
Die Bändigerin, die fliehen konnte, beobachtet, wie Chryso und die anderen dort hingebracht werden. Sie lehnt an einem Baum und weiß nicht, was sie unternehmen soll.
Theara, bitte komm nicht hier hin. Du musst uns nicht retten. Wir werden es auch so schaffen.
Thearas Mutter macht sich große Sorgen.
„Hier hast du deinen Mann wieder“, ein Soldat kettet den bewusstlosen Chryso in dem Stahlkäfig an.
„Chryso!“, immer wieder versucht Sofia ihn zu rufen und so zu wecken.
„Mir geht es gut“, antwortet er endlich leise.
„Es tut mir leid. Wir sind ihnen direkt in die Arme gelaufen“
„Mach dir keine Vorwürfe“
„Aber Theara wird versuchen uns zu befreien. Sie wird sich nur in Gefahr bringen…“
„Du kennst sie doch. Sie ist wie ich. Dickköpfig. Und sie ist wie du. Sie will den anderen immer helfen. Aber du musst dir keine Sorgen machen. Ich weiß, dass sie es schaffen wird“, Chryso ist sich sicher.
„Ich hoffe du hast recht“, Sofia lehnt sich sitzend gegen die Stahlwand.
Theara, bitte pass auf dich auf. Ich glaube an dich. Ich verspreche dir, alles wird wieder gut!
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Bloona • Am 12.07.2017 um 21:44 Uhr | |||
Hallo, ich habe eben erst das zweite Kapitel entdeckt. ^^ Da hast du jetzt aber voll die Spirituelle Ebene gefahren. Gefällt mir. Die Idee mit den Geistern im Wald fand ich gut. Auch wenn ich mir ein klein wenig gewünscht hätte, dass auch Theara noch einmal geprüft worden wäre. Ich gehe davon aus, dass der Geist, der sie heimsucht, vergleichsweise für Raava steht? Ich bin gespannt zu erfahren, wie du das weiter einbaust und warum genau Theara als würdig erachtet wurde. ^^ Die Absätze diesmal waren bei weitem besser und ich fand es auch übersichtlicher. Einen Hinweis hab ich aber trotzdem für dich. Die Zeichensetzung bei der direkten Rede haut nicht immer hin und auffallen häufig ist dein Bindungswort „und“ was in den meisten Fällen sogar überflüssig wäre oder durch geeignetere Bindewörter ersetzt werden könnte.^^ Ein Beispiel: „Wir haben Glück gehabt.“, und Aaron mustert den älteren Mann. Zum einen, kann der Punkt weg, wenn sich der nachgestellte Satz auf das Gesagte bezieht. (Es werden dann nur Ausrufezeichen und Fragzeichen gesetzt.) Und zum anderen, das „und“ muss gar nicht dahin. „Wir haben Glück gehabt“, rief Aaron und mustert den älteren Mann. Oder „Wir haben Glück gehabt“, erwiderte Aaron während er den älteren Mann musterte. Oder eine ganz andere Variante, wenn der nachgestellte Satz sich eben nicht auf das Gesagte bezieht. (Dann wird übrigens der Punkt gesetzt, aber nicht das Komma.) „Wir haben Glück gehabt.“ Aaron mustert den älteren Mann. Ich hoffe du weist was ich meine und war halbwegs verständlich. ^^ Aber ansonsten bin ich immer noch von der Geschichte angetan und bleibe dran. Viele Grüße Bloona Mehr anzeigen |
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ChristyBlue • Am 20.10.2017 um 23:44 Uhr | |||
Hey. Ich finde deine Interpretation vom ersten Avatar echt klasse. Ich werd' das hier weiter verfolgen. Aber sei' mir nicht böse, wenn ich nicht immer kommentiere, ja? Einen Verbesserungsvorschlag hab ich aber: Das "Erde. Feuer. Luft. Wasser. Einige Menschen besitzen die Fähigkeit eines der Elemente zu bändigen. Jedoch sind sie in der Unterzahl und werden schon seit langer Zeit von den Nichtbändigern benutzt. Doch seit kurzem ist eine Hoffnung erschienen, die ein Gleichgewicht zwischen ihnen herstellen soll. Ihr Name ist Theara." würde ich kursiv schreiben. :) Aber deine Umsetzung ist sonst echt klasse! Liebe Grüße, Christy Mehr anzeigen |
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Bloona • Am 05.06.2017 um 15:13 Uhr | |||
Hey, ich bin beim stöbern auf deine Story gestoßen und fand den Gedanken einer eigenen Interpretation der Geschichte des ersten Avatars ziemlich interessant. ^^ Ich habe mir vor nicht allzu langer Zeit erst die zweite Korra Staffel angesehen. Deine Umsetzung ist sehr durchdacht und du hast dir mit dem Background des Szenarios auch viel Mühe gegeben, dass merkt man in den Beschreibungen. Das einzige was mir persönlich etwas gefehlt hat, wäre ein richtiges Druckmittel der Nichtbändiger gegenüber den Bändigern. Ich kann mir nicht so wirklich vorstellen, dass es vorher nie einen Aufstand gegeben hat. Die Bändiger sind doch um längen im Vorteil gegenüber Schwertern. Auch wenn’s weit hergeholt klingt, aber irgendwas, dass ihre Bändigerfähigkeiten einschränkt oder ein Elektroschockhalsband oder keine Ahnung. :) Ich hoffe du weist worauf ich hinaus will. Die Spirituelle Seite daran wurde kurz angeschnitten, aber du hast sie dabei. Darüber war ich echt froh. Das solltest du unbedingt weiter ausbauen. Die bisherigen Charaktere haben mir gut gefallen, wobei noch ein paar Details bezüglich der Optik wünschenswert sind. Einfach um die Vorstellung zu verbessern. :) Am Schreibstil gibt es nicht viel zu meckern. Ich fände ein paar mehr Absätze toll um die Übersichtlichkeit zu verbessern, gerade bei Dialogen. Ich freu mich auf das nächste Kapitel und bleib auf jeden Fall dran. Viele Grüße Bloona Mehr anzeigen |
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Kapitel: | 13 | |
Sätze: | 4.349 | |
Wörter: | 53.686 | |
Zeichen: | 298.316 |