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Voices of a Distant Star

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09.05.23 18:52
6 Ab 6 Jahren
In Arbeit

So lange ist es noch gar nicht her, als sich alles mit einem Mal verändert hat. Es war, als wäre es über Nacht geschehen. Und ohne jegliche Vorwarnung. Niemand hätte damals erwartet, was es in Bewegung setzen, was es verändern würde. Oder was er für Folgen haben könnte.

Ja, es hatte Folgen.

Es hatte sogar schlimme Folgen.

Und es kam der Tag, da wusste kaum noch jemand, wie alles angefangen hatte ...

Kapitel 1 - Das Mädchen das aus dem Leben gerissen wurde

 

Neue Technologien eroberten die Welt in Windeseile, brachten Fortschritt in allen erdenklichen Bereichen, schafften neue Fachbereiche, ermöglichten die Heilung der unterschiedlichsten Krankheiten, die zuvor kaum oder überhaupt nicht heilbar waren, und verschafften den Menschen zudem die Möglichkeit Wunden auf bemerkenswerte Weise schneller heilen zu lassen.

Wenn man dabei zusehen konnte, wie eine stark blutende Wunde in wenigen Minuten geheilt wurde, die sonst Tage dafür gebraucht hätte, dann war es, als hätte jemand die Magie selbst erfunden. Doch es war nur Fortschritt. Nichts weiter. Dennoch war es für die meisten war es einfach nur ein Wunder.

Noch nie zuvor hatte sich die Welt so schnell verändert, wie in jener Zeit, die nun schon lange zurück liegt. Doch im Verborgenen gab es noch viel mehr, das in Bewegung war, das geheim gehalten wurde – bis heute: Vor der Welt verborgene Orte, geheime Forschungen und mysteriöse Menschen, die diese Dinge für sich bewahrten. Dinge, die die Menschen nie erfahren sollten. Dinge, die niemals ein normaler Mensch erfahren durfte und genau deswegen vor der Öffentlichkeit gekonnt verborgen wurden, indem speziell für ihre Zwecke ausgewählte Menschen, bei jeder erdenklichen Möglichkeit, von den Massen wie Helden bejubeln und gefeiert werden konnten. Und das machte man auch. Sie brauchte es. Die Menschen brauchten jemandem, den sie sehen konnte und dem sie danken konnten. Einige von ihnen wurden schließlich sogar gefeiert wie Helden, andere erreichten Kultstatus und gehörten zu ersten Wissenschaftlern, die ähnlich stark begehrt waren wie Schauspieler oder Musiker. Sowohl unter den Erwachsenen als auch unter den Jugendlichen und Kindern.

Niemand wollte, dass jemand erfuhr, woher der Fortschritt jener Jahre in seinen schier unglaublichen Mengen kam. Und da die Menschen nicht fragen, da sie ja glaubten, sie wüssten alles, vergaßen sie nach und nach ihr anfängliches Misstrauen, gewöhnten sich an alles, bis es der Vergangenheit angehörte, normal geworden war und dachten nie wieder daran.

Während man überall auf der Welt die neuen Technologien zu benutzen wusste, geschah es dann sehr schnell - als wäre es von Anfang an so geplant gewesen -, dass ein altes Ziel plötzlich zum Greifen nah schien und erneut zu einem aufregenden Traum für die gesamte Menschheit werden sollte: Dass Reisen durch das Weltall, das Suchen nach fremden Welten; und einer neuen, weiteren Heimat für die gesamte Menschheit. Und das in gigantischen Raumschiffen; die modern, futuristisch und perfekt designt, wie Luxusdampfer daherkamen!

Es klang, wie aus einem Trailer eines Kinofilms, als es auf allen Sendern lief, doch es war real, nicht vorgespielt, nicht gelogen; auch wenn den Menschen vieles verheimlicht wurde.

Mit einem Mal sollte es möglich sein, wo es doch schon lange nicht mehr so präsent gewesen war, obwohl private Unternehmen und Konzerne bereits die Raumfahrt für sich entdeckt hatten und weit gekommen waren. Doch neben dem, was so plötzlich kam, konnten sie vom ersten Tag nicht mehr mithalten, auch wenn sie versucht, hatten ihre Kontakte spielen zu lassen, um zumindest mithalten zu können.

Keinem viel es auf, wie diese reichen Milliardäre in wenigen Monaten aus dem Raumfahrtgeschäft gedrängt wurden, denn die ersten großen Schiffe füllten sämtliche Medien für Jahre, die immer mal wieder über der einen oder anderen Stadt schwebten. Erst wurden die ersten großen Schiffe präsentiert, danach die ersten Orte geschaffen, an denen Menschen ausgebildet werden sollten, die dort leben und arbeiten sollten. Von dort, wo die Schiffe entstanden, in Windeseile gebaut wurden, gab es nur Bilder - alles war streng geheim. Das ließ eine gewisse Faszination entstehen, die der neu gegründeten Raumflotten sehr gelegen kam, denn so brauchten sie nicht einen Cent in Werbung zu investieren.

Auf der ganzen Welt war man in Hochstimmung, kaum, dass das erste Raumschiff startete und mit Touristen um die Erde seinen Bahnen zog, für jeden sichtbar in seinem imposanten, majestätischen Glanz. Es war aufregend. Sehr aufregend.

Dass diese Veränderung auf der Erde unweigerlich auch das Leben von Maura Gardner und anderen Kindern unweigerlich verändern sollte, wusste man zu der damaligen Zeit noch nicht. Als alles seinen Anfang hatte, war nichts davon abzusehen. Man sah nur das Gute, das Verheißene und die Versprechungen.

Maura selbst ahnte es auch nicht, als auch für sie sich alles bald verändern sollte. Nur eine einfache Prüfung, wenn auch eine schwierige und viele Tage in Anspruch nehmende, voller Tests, sollte, durch die Prüfungsergebnisse, die sie mit sich brachte, alles in Gang setzen, was noch kommen sollte; auch wenn im Grunde etwas ganz anderes dafür Sorge tragen sollte, dass Maura dort landete, wo sie sich nie hin Wünschen würde.

Bald würde vieles geschehen. Geradezu Unglaubliches. Ganz langsam würde es beginnen, allmählich alles in ihrem Leben verändern und dann ... die ganze Welt ... Maura dachte an nichts Schlimmes. Alles woran sie denken konnte, waren gute Ergebnisse, damit sie auf eine gute Zukunft hoffen konnte. Dafür hatte sie alles gegeben. Und nun wartete sie darauf, dass ihre Ergebnisse endlich ankamen, um sie von ihrer Unruhe zu erlösen.

Die Welt war anders als damals, als ihre Mutter noch jung war. Heute gab es nur die Ergebnisse der großen Prüfung, die über die Zukunft eines jeden entschieden. Sie sagten, wohin man gehen konnte und was für Möglichkeiten man hatte. Viele hatten Probleme mit dem Druck, obwohl sie gut waren und mehr verdient hätten, und wurden Opfer dieser erheblichen Diskriminierung. Maura allerdings hatte es nie so wahrgenommen. Sie hatte ja auch ihre eigene Prüfung der Klasse Dreifach A ständig vor Augen, für die sie monatelang gelernt hatte. Unruhig ging sie gerade in ihrem kleinen Zimmer auf und ab, dass kaum breiter war, als ihr Bett lang, und betrachtete dabei immer wieder die Poster an den hellen Wänden mit den geflügelten Fabelwesen, die ihr, auch nach fünf Jahren, seit sie sie dort angebracht hatte, immer noch gefielen. Irgendwie schafften sie es sogar, sie an etwas anderes denken zu lassen, als an das, was geschehen würde, wenn sie keine ausreichende Punktzahl erreicht haben sollte. Natürlich waren auch die einzelnen Fächer und die zusätzlichen Disziplinen wichtig, doch schlussendlich war die Höhe der Punktzahl ausschlaggebend dafür, dass sie ihr eigens gestecktes Ziel erreichen konnte, um sich und ihrer Mutter ein besseres Leben bieten zu können. Es würde dauern. Ein paar Jahre sicher - das wusste sie. Aber danach hätte sie es geschafft und würde ein Leben führen können, dass sie sich schon lange ersehnte. Ein Leben, in dem sie nicht in dieser Armut verbleiben musste, in der sie noch feststeckte und die ihrer Mutter kein einfaches Leben im Alter bieten würde.

Es lag Maura bitter und schwer im Magen, wenn sie daran dachte, dass eine Rente nie erreicht werden würde, wenn sie es nicht schaffte. Weder für sich noch für ihre Mutter, die im Wohnzimmer schon lange nervös auf und ab gegangen war, bevor Maura nach Hause gekommen war, und es auch jetzt noch tat, ohne Pause; außer sie bemerkte etwas am Fenster und eilte hastig hin, um nachzusehen. Maura versuchte sich zu beruhigen. Ihre Nerven flatterten. Sie konnte keine Minute stillsitzen, nachdem sie wusste, dass ihre Ergebnisse noch nicht angekommen waren, obwohl sie sich lange dazu gezwungen hatte zu sitzen.

Auf ihrem Tisch lag noch ein Buch, aufgeschlagen, da sie es aufgrund ihrer Unruhe nicht mehr geschafft hatte es weiterzulesen. Nur kurz hatte sie sich damit ablenken können, war dann aber, wegen eines Alarms, der aus einem Gebäude kam, direkt gegenüber der einspurigen Straße, an der das Haus lag, in dem sie lebte, so sehr aus ihren Gedanken geworfen worden, dass ein Zurückkommen nicht mehr vorstellbar gewesen war.

Am Anfang hatte Maura nicht gewusst welches sie lesen sollte, daher fand sich neben diesem einen Buch auch gleich noch ein ganzer Stapel mit Weiteren, die sie nicht weggelegt hatte, obwohl es eine gute Möglichkeit gewesen wäre sich abzulenken. Sie hatte daran gedacht, wollte es aber nicht tun. Doch ihre Augen kehrten beim hin und her gehen immer wieder auf den Stapel zurück. Ihre Unruhe stieg, als würde sie innerlich vibrieren. Es war kaum noch auszuhalten. Um sich zu beschäftigen, Ordnung zu schaffen und um sich zu beruhigen, schnappte Maura sich kurzerhand alle Bücher, sortierte sie in ihrem kleinen Regal ein, hielt kurz inne, schaute ein weiteres Mal auf eines ihrer Poster und bedauerte, dass keines ihrer geliebten Bücher an diesem Tag ihr Held hatte sein können. Das Vibrieren hatte abgenommen, doch die Unruhe war noch immer da. Nervös schluckte sie und ging wieder die wenigen Schritte auf und ab, bis ihr leicht schwindelig wurde.

So viele Male hatten ihre Bücher ihr geholfen, dachte Maura. Heute nicht. Sie hatten sie einfach nicht ablenken können, von der Realität wegtreiben lassen. Vielleicht eine halbe Stunde hatte es gewirkt, gestand sie sich mit einem Blick auf ihre alte geliebte Armbanduhr ein, doch das war es dann auch schon gewesen.

Es könnten noch Stunden vergehen, ging es Maura durch den Kopf, als sie ein weiteres Mal auf die Uhr sah, bis die Post mit meinen Ergebnissen kommt. ... Und wenn sie gar nicht kommt? Was wenn sie ... nein. Die gehen nicht verloren. Bestimmt. Bald. ... Aber was ist ... wenn sie erst morgen ... oder übermorgen ... Sie wurde fast panisch bei dem Gedanken. Warten konnte sie nicht. Dafür war es zu wichtig. Ehe ihre Ergebnisse nicht da waren, würde sie wahrscheinlich nicht einmal schlafen können.

Ohne diese Ergebnisse gab es nicht die allerkleinste Hoffnung auf eine angenehme Zukunft für Maura. Alles hing nur davon ab. Schon mit fünf Jahren hatte sie diese traurige Erkenntnis erfasst. Und wenn die Anzahl ihrer Punkte nicht hoch genug wären, wäre auch der Traum für ein Stipendium dahin, dass sie brauchte, um an einer guten Schule nicht nur ihren Abschluss machen zu können, sondern auch um dort die Kontakte zu erhalten, die ihr den guten Einstieg in die Berufswelt ermöglichten, auf den es ankam.

Maura wollte sich gar nicht vorstellen, was auf sie wartete, wenn sie es nicht schaffen würde. Es war einfach zu schrecklich. Albtraumhafte Bilder schwebten ihr schon im Kopf herum, schufen Berge an Sorgen und streuten Ängste darüber, wie Zuckerstreusel.

Für einen Moment hielt sie dann inne und warf unvermittelt einen Blick über die Schulter, rüber zur Tür. Sie wusste, wie ihre Mutter war. Vielleicht war sie noch nervöser geworden, nachdem sie in ihr Zimmer gegangen war. Sicher war nur, dass sie jetzt vor der Tür stand. Es hatte geknarrt. Schon seit zwei Stunden musste sie dort warten, dachte Maura und überlegte.

Ihr feiner Schatten schob sich durch den hauchschmalen Spalt unter der Tür. Das Licht musste an sein. Direkt zwischen Wohnungstür und ihrer Zimmertür stand sie.

Wäre sie noch unruhiger, würde man bestimmt ihr Atmen durch die Tür hindurchhören, dachte sich Maura und musste breit grinsen. Und sie würde als Erste erfahren, wann die Ergebnisse da waren, die sie beide ersehnten. Vielleicht würde sie sogar mit zitternden Fingern den Brief einfach aufreizen. Maura wäre es nur recht, wenn jemand einen Blick hineinwarf. Eigentlich erwartete Maura, in jedem neuen Augenblick, der nun kam, dass jemand kommen und anklopfen würde, hörte bereits die Schritte in ihrem Kopf, die in Wirklichkeit nicht da waren, und zuckte mit einem Mal zusammen, als ein melodischer Klang durch die Luft zu ihr drang, als wäre ihr Flehen erhört worden. Ihr Herz machte einen Satz. Sie wollte schon zur Tür rennen und sie aufreizen, da knarrte es wieder vor der Tür. Dann merkte Maura, nein, sie erinnerte sich, dass es nicht von der Tür gekommen sein konnte, kam zu sich und ihre Augen glitten zur Seite.

Maura starrte auf ihr Bett, registrierte, dass dort ihr Smartphone lag und eilte hinüber. Von ihm war der Klang ausgegangen. Es war nicht die Tür gewesen.

Eine Nachricht.

Maura nahm das dünne rotmetallisch glänzende Gerät an sich und drückte auf ein kleines pulsierendes Symbol auf dem Display. Etwas in ihr ließ den Druck ab, als sie den Namen las. Ihr Gesicht hellte sich auf und sie freute sich.

Eine Nachricht, die ihre beste Freundin ihr geschickt hatte. Maura öffnete sie sofort.

Hey! Ich habe gerade meine Ergebnisse bekommen!

Ist nicht so gut, wie ich dachte. Schade. Aber ich habe es geschafft! Ich werde dir Bescheid geben, wenn ich angenommen wurde. Bei dir ist es bestimmt viel besser gelaufen, auch wenn du die schwerste Klasse gewählt hast. Du hast dich so sehr darauf vorbereitet ... Mehr als ich. Keine Ahnung, wie du das durchgehalten hast. Ich wünschte, ich hätte es auch getan.

Egal ...

Du hast bestimmt die Bestnoten! Und mehr mindestens die achtundneunzig Prozent, die du wolltest!!!

Bei mir sind es dreiundachtzig geworden. Etwas wenig, aber für mein Ziel reicht es. Egal. Ich habe damit schon gerechnet.

Ich drück dir die Daumen.

Darunter waren hochgehoben Daumen, die ihr mit einem Auge zuzwinkerten und ein kleines Herz, das sich immer wieder drehte.

Jetzt musste Maura erst einmal tief durchatmen.

Kit hatte es geschafft. Sie hatte ihr Bestes gegeben und genug Punkte bekommen, um sich ihre Träume erfüllen zu können. Maura hoffte sehnlichst, dass sie wirklich so viele Punkte bekommen, da sie so hart gearbeitet hatte. Und um so viele Chancen wie möglich zu haben, hatte sie sich auch noch für die schwerste aller Prüfungen entschieden.

Es musste einfach gut gelaufen sein, sagte sie zu sich. Kit muss recht haben!

Egal was jeder andere während der letzten Monate zu ihr gesagt hatte, nur das, was von ihrer besten Freundin gekommen war, dass, was sie ihr eben geschrieben hatte, war von Bedeutung. Wenn Kit an sie glaubte, glaubte Maura auch an sich. Erstrecht, nachdem sie die beiden wegen der Tests wochenlang nicht hatte sehen können.

Eine schwere Zeit. Wahrscheinlich die Schwerste.

Alleine der Zuspruch und der Glaube, den Kit für Maura hatte, nahmen ihr all die Last von den Schultern, die sie den ganzen Tag über mit sich hatte herumgeschleppt müssen. Selbst ihre Nerven hatten sich in Windeseile entspannt! Das Beste war aber - sie spürte, wie neue Kraft in ihr war.

Wieder der melodische Klang und dasselbe Symbol traten auf ihrem Bildschirm auf, tanzte ein wenig hin und her. Der Name darüber sagte ihr, dass ihre Freundin ihr ein weiteres Mal geschrieben hatte.

Maura hob eine Augenbraue.

So schnell?, dachte sie. Ist was passiert? Ihr Herz pochte schnell. Sofort öffnete sie die Nachricht.

Mach dir keine Sorgen, wenn es nicht so gut gelaufen ist. Wir treffen uns, okay? Ich habe heute Zeit. Und ich weiß, du hast sie auch.

Dahinter stand eine Reihe von ständig zwinkernde Smilies; am Ende eine breit grinsende Hand, die winkte.

An der Tür klopfte es.

Maura erschrak und horchte auf. Sofort war ihr Herz in Panik. Sie wusste, jetzt war es so weit. Jetzt würden ihre Ergebnisse kommen. Ihre Hand wurde so weich, dass sie fast ihr Smartphone fallen ließ.

Waren sie gekommen? Waren die Ergebnisse da?, glitt es panisch durch Mauras Kopf. Das müssen sie sein! Sie schwang über in Jubelstimmung, ohne dass Ergebnisse zu kennen. Kit hatte es geschafft, sie war optimistisch und dachte nicht mehr daran, versagt haben zu können. Ihre Träume für ihr Leben, ihre Zukunft, lebten vor ihrem inneren Auge auf und zeigten eine strahlende, glückliche Welt, die ihr zuwinkte. Nur glückliche Gesichter, eine hübsche Wohnung, ihre Mutter, die nicht mehr bis zum Ende ihres Lebens arbeiten musste.

Dann kam das Geräusch wieder.

Es war von der Wohnungstür ausgegangen, nicht von Mauras Zimmertür. Jetzt war sie sicher. Ihr Herz machte einen Satz. Das musste es sein - die Post war da! Ihre Ergebnisse waren endlich gekommen und sie würde ihrer besten Freundin gleich bescheid geben können, dass auch bei alles gut gelaufen war. Sie würden heute feiern können und bis in die Nacht hineinlachen und albern sein können ohne Angst und ohne, dass sie sich sorgen machen, mussten.

Das war wie im Himmel ...

»Halt!«, ertönte es in einem Tonfall, der einem einen kalten Schauer über den Rücken laufen ließ. »Das können sie nicht tun!«

Maura erstarrte. Das war ihre Mutter! Sie schien verzweifelt, entsetzt zu klingen. Was war geschehen?

Die gerade gute Laune ging ins völlige Gegenteil über. Angst machte sich breit, ein Schwindel erfüllte Maura, ihre Eingeweide gefroren, und die Laute, die sie von ihrer Mutter hörte, die Stimme, so wie sie Klang, ließen ihre Lippen leicht zittern und die Knie weich werden.

Schwere Schritte polterten schnell hinter der Tür. Maura starrte sie gebannt an, während ihre Mutter etwas sagte, dass sie nicht verstand. Sie klang, als würde sie bitten, flehen und ... schreien! Sie schrie!

Maura wurde die Kehle regelrecht zugeschnürt, während ihr Herz stetig schneller zu schlug, bis es sich anhörte, wie der rasende Herzschlag einer kleinen Maus.

»Nein!«

Ihre Mutter flehte. Unverkennbar.

Schritte von zwei, nein, drei Personen mit schweren Schuhen waren im Flur.

Mauras Sinne waren auf einem geschärft, wie nie zuvor.

Dann rumpelte und polterte es erneut, Maura vernahm genau, wie jemand an der Wand entlang schliff, auf den Boden fiel und wie ... ihre Mutter einen Schmerzenslaut von sich gab. Bildhaft drängte sich Maura auf, wie ihre Mutter gepackt worden war, an der Wand entlangkommen und auf dem Boden gestürzt sein musste. Ihr Atem setzte für eine Sekunde aus, ohne dass sie es merkte. »Mum!«, kam es fast tonlos aus Maura Mund. Sie zog wieder Luft ein. Abstreiten ging nicht - sie war sicher, dass es ihre Mutter gewesen sein musste, die gestürzt war.

»Ist das ihr Zimmer?«, fragte eine dunkle herrische Stimme und Maura schrak zusammen. Einen winzigen Schritt machte sie zurück. »Ist das ihr Zimmer?«, kam es deutlicher und der Schwindel wurde schlimmer; der Mann redete leiser mit jemandem, die Schatten, die durch den schmalen Spalt unter der Tür kamen, huschten aufgeregt hin und her, dann blieb einer stehen. Ein Wimmern war vor der Tür zu hören. Dann kam ein Schluchzen.

»Ich habe Sie etwas gefragt!«, brüllte derselbe Mann. Das Wimmern wurde stärker - sie weinte - und Maura stiegen die Tränen in die Augen. Eine glitt ihr sanft über die Wange und traf ihren Handrücken. Sie zuckte, als wäre sie berührt worden. »Wir haben sämtliche Befugnisse. Also gehen Sie mir aus dem Weg!« Wieder hörte Maura, wie sich draußen etwas tat, ohne dass sie sich rühren konnte, auch wenn alles in ihr schrie, dass sie schleunigst von da wegsollte. Am besten direkt durch ihr Fenster. Dann wurde die Tür aufgerissen. Zwei Männer und eine Frau standen in einer schwarz gehaltenen Militäruniform vor ihr im Flur, schwere monströse Militärwaffen hielten sie in der Hand, als wären sie in einem gefährlichen Einsatz und ihre Gesichter waren verborgen hinter schwarzen Gesichtsmasken, durch die man nur die kalten Augen erkennen konnte; sicher damit man niemand in der Lage wäre sie zu identifizieren, sollte es passieren, dass ein Unbeteiligter sie erblickte. Ihre großen Waffen waren einschüchternd. Bilder, wie aus einem Kriegsfilm taten sich vor Maura auf. Groß und gewaltig, lang wie ein Arm, schwarz und sicher geladen, befestigt an einem breiten Gurt. Etwa über dem Magen lagen sie, während eine kleinere Waffe griffbereit am Gürtel zu erkennen war, ein Messer bei einem, der Maura seitlich zugewandt war. Es war ein Schock für Maura, dennoch schaute sie genau hin, wie in Trance. Und sie erkannte diese Uniformen aus dem Internet - aus den vielen Videos die aufgetaucht und wieder verschwunden waren, all die Jahre über, wo es alle möglichen Gerüchte gab. Dummerweise hatte sie sie gesehen, aber alles für Fakes und Gerüchte gehalten, wie es die Vertreter der Raumflotte, aber Mitglieder der Regierung getan hatten. Schlagartig musste Maura daran denken, wie unbeirrt Gerüchte überall die Runde gemacht hatten, als sie sich auf ihre Klasse Dreifach A Prüfung vorbereitet hatte. Selbst in der Schule hatte gefühlt jeder davon gesprochen. Die alten Gerüchte waren wieder hochgekommen und hatten sich verbreitet. Maura konnte sich nicht genau an alles erinnern - nicht jetzt - aber sofort stellte sich ihr eine Frage: Waren es doch keine Gerüchte? War alles wahr? Und würde sie es jetzt erfahren, ohne je jemandem davon berichten zu können? Innerlich schüttelte sie den Kopf. Sie blickte zum Fenster und spürte, wie ihr immer kälter wurde. Das Getrampel vor der Tür jagte ihr eine panische Angst ein. Aber sollte es wirklich alles wahr gewesen sein?, dachte sie noch, da merkte sie, wie dunkel es geworden war und sie dachte, ihr würde schwarz vor Augen werden, doch da stand plötzlich einfach nur jemand vor ihr, der sich blitzartig zu ihr bewegt hatte, während sie mit den Gedanken woanders gewesen war. »Du kommst mit uns! Pack deine Sachen, sonst machen wir das«, befahl einer von ihnen scharf. Es war ein anderer, merkt Maura, aber sie konnte ihn nicht sehen, solange der andere direkt vor ihr stand, wie ein breiter Baum. Direkt am Türrahmen vernahm sie Geräusche und eine Bewegung, als sie versuchte an dem vor ihr vorbeizuschauen, der sich eingehend umschaute; die anderen hatten sich augenscheinlich zurückgezogen und waren weder zu sehen noch zu hören. Plötzlich glitten die stahlgrauen Augen vor Maura runter zu ihrer Hand, blitzten auf, und fixierten das Smartphone. »Und dass hier«, sagte er, packte schnell zu, riss ihr ihren einzigen kostbaren Gegenstand, den sie besaß, aus der Hand und erklärte: »ist verboten. Keine Geräte zur Kontaktaufnahme. Keine. Verstanden?« Maura starrte nur in die kalten Augen. »Ob du verstanden hast?«, knurrte er barsch. Maura nickte; ihre Lippen zitterten stark. Danach war alles ganz schnell gegangen. Maura erinnerte sich im Nachhinein kaum noch daran, was wirklich passiert war. Alles war verschwommen und trug sich zu wie in einem schrecklichen Traum, aus dem es kein Entkommen gab. Durch ihren langsam wacher werdenden Zustand waberten die Bilder permanent mehr weg, bis sie fast ganz verschwunden waren, als hätte sie wirklich nur geträumt. Natürlich versuchte sie sich weiterhin zu erinnern, aber es funktionierte nicht. Ihr Verstand machte dicht. Dennoch waren da Bruchstücke von einem dunklen Wagen, in den man sie gebracht hatte und eine lange Fahrt. Aus dem Fenster hatte sie nichts sehen können. Glaubte sie. Da waren keine. Vielleicht waren sie auch verdeckt gewesen. Zudem meinte sie, war sich aber nicht sicher, dass sie Müde geworden war und nach einigen Minuten einfach eingeschlafen sein musste. Irgendwann, nachdem sie angekommen waren, hatte sie jemand wachgerüttelt, von dem sie nicht wusste, wer es gewesen sein könnte. Die konnte sich noch die Berührung ins Gedächtnis rufen, aber nicht an das Gesicht. Der Teil fehlte. Sie konnte sich noch vergegenwärtigen, wie sie draußen stand, durch einen Flur gehen musste, aber jedes Mal mit schwarzen Lücken dazwischen, und schließlich in diesem Zimmer gelandet war. Zwischendurch hatte sie durch einen großen Scanner gehen müssen, der sich elegant gedreht hatte, wie etwas, dass sie von einem Zuckerwattestand her kannte. Die Erinnerungen daran waren fast weg und wie einzelne Bilder, die vergessen worden waren zu löschen. Wie sie aus dem Wagen gestiegen war, wusste sie nicht mehr, merkte sie dann, als sie all ihre Kräfte zusammennahm, um sich darüber klar zu werden, wie sie in dieses Zimmer gekommen war, in dem sie sich wiedergefunden hatte. Nur wie sie sich plötzlich in ihm wiedergefunden hatte, wusste sie noch. Was man alles zu ihr gesagt hatte - sie wusste, dass man mit ihr gesprochen hatte - war wie ein dumpfes Rauschen hinter verschwommenen schattenhaften Schemen. Trotzdem waren Fetzen vorhanden, aus denen sie Rückschlüsse ziehen wollte. Da war ein Symbol, dass ihr ein paar Mal aufgefallen war. Sie strengte sich an, damit es Form annahm, damit sie sagen konnte, was sie gesehen hatte. Frustriert ballte sie ihre Hände zu Fäusten, drückte so fest, bis die Knöchel weiß wurden und drückte die Augen fest zusammen. Da waren Gerüche. Sie konnte sie nicht zuordnen, außer den von alten Fahrzeugen, von denen sie bereits wusste, dass sie in mindestens in einem gesessen haben musste. Dann war da etwas, dass an einen Keller erinnert hatte, nein, an eine Garage ... meinte sie. Sie drehte den Kopf zur Seite, legte ihr schräg und versuchte es nochmal. Es ging nicht. Trotz allem, egal wie viel ihr fehlte oder wie viel ihr an Erinnerungen geblieben war, konnte sie kurz zusammenfassen, was passiert war und machte es, um sich nicht noch mehr aufzuregen. Wenn sie alles richtig zusammenfügte, dann hatte alles bei ihrem Zuhause angefangen. Man hatte sie aus ihrem Zimmer gezerrt und kurz darauf in einem Wagen gebracht, wo sie mit drei anderen, an deren Gesichter sie sich kaum erinnerte, gemeinsam gesessen hatte. Sie hatte eine Tasche!, fiel ihr ein und ihre Laune lichtete sich etwas. Sie hatte eine, das wusste sie. Und sie war bei ihr. Wer sie gepackt hatte, konnte sie nicht sagen - der Teil fehlte. Aber sie hatte Dinge bei sich, die ihr gehörten. Es war nicht viel, aber es gab ihr ein Stück Sicherheit zurück. Maura machte weiter, hielt die Augen geschlossen. Nach einer langen Fahrt, auf der wohl niemand etwas gesagt hatte, hatte man sie, in einer beunruhigenden Dunkelheit, aussteigen lassen, wo nur kahle Wände waren. In einem fensterlosen Flur, den sie entlanggeschickt worden war, waren ihre Schritte zu hören gewesen, aber auch da hatte kaum jemand etwas gesagt. Das wenige, das ihr in den Sinn kam, war nicht mehr als Getuschel. Und dann war sie in ihrem Zimmer gelandet. In dem, wo sie nun war - alleine - sitzend auf dem Bett. Sie öffnete schnell die Augen, ließ den Blick schweifen. Es fühlte sie eigenartig an. Die Farben und das Licht waren ... anders. Sofort fragte Maura sich, ob man ihr etwas verabreicht hatte. Immerhin hatte sie so viele Lücken, die sie sich anders nicht zu erklären wusste. Das konnte doch nicht von dem Schock kommen oder an der Angst liegen, die sie fortwährend in sich gespürt hatte und nun weg war, als hätte jemand eine schwere Decke mit kleinen Steinen über sie gelegt. Nein. Man musste ihr etwas gegeben haben. Sicher, um dafür zu sorgen, dass niemand ärger machte. Doch wann haben sie es getan? Sie versuchte den Abschnitt in ihrem Kopf zu aktivieren, aber nichts tat sich. Maura fand die Antwort nicht und das machte ihr noch mehr Angst, als sie schon hatte, da sie nicht wusste, was mit ihr machen würde, was man ihrer Mutter angetan hatte oder was als Nächstes kommen würde. Ihr Kopf wandte sich links der Tür zu, durch die gekommen sein musste und die sie kaum sah, auch wenn sie die Augen stark zusammenkniff. Nur ein blasses Quadrat direkt neben der Wand mit einem Punkt deutet auf sie hin. Nur wenige Meter von ihr entfernt, machte es den Eindruck, als wären es Kilometer. Die Entfernung zu schätzen war dumm, stellte sie fest. Während sie sich umsah, wurde Maura deutlich, dass diese Unterbringung nicht dafür gedacht schien, dass jemand länger hierblieb. Alles war spartanisch, klein, nur ein winziges Fenster - als sie mit den Augen umherglitt, sah sie kaum etwas, aber das hatte sie erkannt. Sie wurde also nur zwischengelagert. Ein Seufzer entkam ihr und löste ein Pochen in ihren Ohren aus, das Minuten brachte, ehe es wieder fort war. Das Mittel musste noch immer wirken, meinte sie, als sie versuchte aufzustehen und die weichen Beine spürte, den eigenartigen Schwindel, der sich in ihrem Kopf breit machte und durch Kopfschmerzen ergänzt wurde, wenn sie zu sehr ins Sonnenlicht, dass rechts von ihr in das Zimmer fiel, blickte. Dabei machten die Augen ihr schon so genug Probleme. Immer wenn sie von etwas ganz Nahem auf etwas, dass weiter weg war, blickte, verschwamm alles. Zudem war ihr Verstand sehr langsam. An der schwarzen Uhr mit den weißen Zahlen und Zeigern, die regelrecht zu strahlen schienen versuchte sie die Uhrzeit auszumachen. An der ergrauten weißen Wand hing sonst nichts, soweit konnte sie alles erkennen. Und die tickte nicht - das hörte sie. Sonst gab es kein Geräusch. Pure Stille, neben ihrem Atem. Ein oder zwei Stunden später - Maura wusste es nicht -, war sie etwas klarer im Kopf und warf neuerlich einen Blick um sich. Nun konnte sie alles besser erkennen. Auch, dass das Licht von den Lampen kam, nicht von Sonnenlicht, wie sie zuerst vermutet hatte. Vielleicht war sie in einem Keller, mutmaßte sie. Besser als in einer Zelle. Aber Mut machte ihr das nicht. Es schnürte ihr eher nur noch mehr die Kehle zu. Das war es also, dachte sie nebenher. Ein kleiner fensterloser Raum mit Bett und Schreibtisch, karg und leer, grau und steril. Keine Bilder, keine Pflanze, kein Fenster. Kein Fernseher ... Totale Folter, gab sie innerlich feixend hinzu und zwang sich zu einem Lächeln, das schmerzte. Ihre Augen brannten und sie wusste, dass sie den Tränen nahe war. Klammernd hielt sie sich am Bett fest und versuchte die feuchten Vorboten zu verdrängen. Sie schaute auf den Boden, atmete tief durch, um sich zu beruhigen und versuchte sich ein weiteres Mal mit Ablenkung. Langsam hob sie den Kopf und schaute voraus. Etwas weiter rechts war eine zweite Tür auszumachen. Sie stand offen. Ein winziges Badezimmer lag offenkundig dort. Komplett in Weiß. Nur Seife, Handtücher, Toilettenpapier und andere Hygieneartikel hatte man ihr dort gelassen, die sie von Weitem erkennen konnte hinter durchsichtigem Plastik. Alles neu, wenn sie richtig lag. Vom Bett aus, auf dem sie saß, sah sie gut genug, befand sie. Die Aufschrift der Hygieneartikel hatte sie lesen könne. Also musste es reichen. Aufstehen wollte sie jedoch nicht. Dann, als sie nach links auf den Boden blickte, fand sie ihre Tasche; ein Stück davon schaute hervor, als hätte sie sich gerade erst dorthin geschoben, um hallo zu sagen. Ihre persönlichen Sachen standen also am Fußende des Bettes. Sie erklärte ihr jedoch nicht, wie sie dort hingekommen waren, da sie ganz genau wusste, dass sie sie nicht getragen hatte. Um es zu überprüfen, bewegte sie Hände, als wollte sie etwas greifen und wiederholte es einige Male. Dabei dachte sie zurück und war sich dann sicher. Sie hatte sie nicht ... Plötzlich - ein Gedanke, der einschlug wie ein Blitz. Eine Erinnerung kehrte zu ihr zurück, viel Klarer und mit Menschen, an deren Gesichter sie sich nicht erinnerte, aber daran, dass man ihre Sachen zurückbehalten hatte, da man sie noch auf verdächtige Gegenstände hatte durchsuchen wollen. In diesem Moment blitzten auch die Bilder vor ihrem inneren Auge auf, wie sie erst durch den Scanner hatte gehen müssen und wie man ihr anschließend noch ihr Blut danach abgenommen hatte, genau wie eine Impfung. Instinktiv fasste Maura an die Stelle, spürte aber keinen Schmerz. Wo sie sich befand, an welchem Ort, wusste Maura trotzdem nicht. Auch der Raum gab nichts preis. Kein Symbol, kein Buch, nichts. Aber sie musste weit weg von zuhause sein, dachte sie traurig und die Tränen liefen über ihre Wangen. Was sie an diesem Ort sollte oder was auf sie wartete, konnte oder wollte sie sich nicht vorstellen. Irgendwie hatte sie das Gefühl, dass sie auf jemanden wartete, wusste aber nicht warum. Niemand hatte ihr etwas gesagt. Und wenn es anders war, dann kam sie einfach nicht mehr ins Gedächtnis. Nachdenklich legte Maura eine Hand an ihren Kopf und versuchte sich anzustrengen, damit alles wieder zu ihr zurückkam. Und dann glaubte sie, dass da etwas war. Allerdings war es schon länger her, gehörte wohl eher nicht zu ihrer momentanen Situation, doch ... Vor etwa einem Jahr, hatte sie etwas im Internet erfahren können. Eher zufällig als gewollt, aber das war von denen, die dahinter steckten wohl auch so beabsichtig gewesen. Würde sie jetzt nachschauen, wäre es vergeblich. Schon am nächsten Tag war davon nichts mehr zu finden gewesen, als sie noch einmal gezielt nachgesehen hatte. Immerhin waren da noch die Gerüchte, die viele Menschen beschäftigten. Damals war sie aber unaufmerksam gewesen und hatte sich nicht erkundigt. Jetzt ärgerte sie sich dafür. Sie legte die Hände vors Gesicht und dachte dabei: Es hatte nie aufgehört ... Sie haben weiter geredet ... und ich habe nicht zugehört. Warum habe ich nicht zugehört? ... Es war überall! Eine Weile später hatte sich Maura wieder beruhigt und versuchte mit dem etwas anzufangen, was sie wusste, und kam zu einer Erkenntnis: Wenn alles wahr sein sollte, dann war sie nun eine von vielen. Eine, die wie andere vor ihr, von der Regierung fortgeschafft worden sind. Spurlos, für immer. Sie war fassungslos, aber so war es und - sie schaute sich um, als müsste sie sich vergewissern, dass sie nicht halluzinierte - sie war mittendrin. Sie musste sich an mehr erinnern! Maura versuchte an die genauen Worte zu gelangen, die in ihrem Kopf verstaut waren. In einer dieser dunklen Ecken, wo man alles hin stopfte, was man für unwichtig hielt, mussten sie zu finden sein. Leider schien es ihr im Moment unmöglich. Alles war wie leergefegt; den schuldigen Besen zu finden und zu bestrafen wäre erfolglos gewesen, dachte sie noch und schaute zum Licht hin, dass sie zuerst für ein Fenster gehalten hatte. Wie lange ich wohl schon hier bin?, fragte sie sich und wandte sich nicht der Uhr zu, die dort war, sondern wollte es wie immer, wie gewohnt, mit einem Blick auf ihre Armbanduhr klären, die sie von ihrem Onkel geschenkt bekommen hatte, doch ... die war ... weg. Verschwunden. Schnell sah sich Maura verwundert um, tastete ihre Hosentaschen nach dem einzigen Erinnerungsstück ab, dass sie von ihm hatte, stand hastig auf, eilte zum Bettende, wo ihre Tasche stand, und durchsuchte fieberhaft auch dort alles. Ohne Erfolg. Sie war nicht aufzufinden. Ohne zu überlegen, legte Maura ihre Hand auf ihr Handgelenk und betastete alles. Es war unnatürlich, befand sie. Hatte man ihr die Armbanduhr ebenfalls einfach abgenommen, wie ihr Smartphone? Ihr Köper fing an zu zittern, die Knie wurden weich und die Beine kippten ihr weg. Sie saß auf dem Boden, stütze sich mit den Armen nach hinten ab, die ebenfalls leicht zitterten, und atmete immer schneller. Was wollten sie mir ihrer Uhr? Es schoss ihr entsetzt durch den Kopf, bis es sich anfühlte, als würde ihr Gedanke durch ihren ganzen Körper nachhallen. Aber hatten sie sie wirklich? Oder lag sie noch zuhause? Maura überlegte. Nein, sie hatte sie dabei. Die Gedanken kamen nach ihrem Ruf einfach zu ihr, klar und deutlich. Man war sicher davon ausgegangen, dass es sich um eine dieser Uhren handelte, die vollkommen normal aussieht, jedoch zum Verschicken von Nachrichten gedacht war und anderen Spielereien. Das würde es erklären, spekulierte Maura. Aber ihre war gewöhnlich. Müssten sie das nicht gemerkt haben? Sie runzelte die Stirn und fing an diese Menschen für Idioten zu halten. Und nun? Maura versuchte aufzustehen. Es gelang ihr bei ihrem dritten Versuch und fühlte sich schlagartig erschöpft, als wäre sie gerade einen steilen Hügel hinaufgelaufen. Und was würde als Nächstes geschehen? Was hatte man mit ihr vor? Diese Gedanken gingen eine Weile durch ihren Kopf, schwirrten einfach so herum. Und wann würde jemand kommen und sie von hier wegschaffen? Maura war ratlos. Ein Blick auf ihre Tasche genügte, um zu wissen, dass man Pläne mit ihr hatte. Ein Blick auf ihre Erinnerungen sagte ihr, dass sie nicht einverstanden damit ist, es aber niemanden interessierte. Mit den Gedanken an ihre Familie fasste sie erneut an ihr nacktes Handgelenk. Kit ging ihr durch den Kopf. Sie wollte sich heute mit ihr treffen, feiern. Das würde nicht passieren. Was macht sie nur, wenn ich ihr nicht mehr antworte?, fragte sich Maura, aber sie wusste, dass sie das Erstrecht bei ihr auftauchen würde. Doch Maura würde sie nicht antreffen. Wahrscheinlich würde ihr niemand aufmachen. Aber Kit würde wiederkommen, es wieder versuchen, keine Ruhe geben, bis sie meinte, dass etwas passiert sein muss. Dies war der Moment, in dem sie Begriff, dass sie wohl nie wieder ihre Freunde oder ihre Familie wiedersehen würde, und brach in Tränen aus.

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Yuki Am 08.05.2023 um 20:19 Uhr Mit 1. Kapitel verknüpft
Beim lesen holert es etwas.
Bis ... jegliche Vorahnung. ... alles gut und dann holpert es.
Vielleicht so:
... Niemand hätte erwartet, was es in Bewegung setzte, was es verändern würde - oder was er (oder es) sogar für Folgen hatte.

Minimale Änderung, besser zu lesen.
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ZevitarWest (Autor)Am 09.05.2023 um 18:48 Uhr
Genau ... sollte es heissen. n.n"
Ich mag solche Sätze sehr.
Danke

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Kapitel: 2
Sätze: 417
Wörter: 6.313
Zeichen: 36.336