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Wenn Alter auf Liebe trifft

211
24.01.24 23:03
18 Ab 18 Jahren
Heterosexualität
Fertiggestellt

Autorennotiz

Das hier sollte einmal eine Kurzgeschichte werden, aber Ihr werdet sehen - es reicht vielleicht nicht für einen Roman, aber es ist bereits eine längere Abhandlung und vielleicht reicht es eines Tages doch noch zu einem Roman.

Gut, ich habe jetzt mich entschieden, es ist ein Roman. Trotzdem die Kurzgeschichte wäre mir lieber gewesen wäre.

Das Original dieser Geschichte gibt es hier:
erzaehlungen.moosecker-hassels.de/text/text_02_pdf.php?v=oeffentliche_adobe&d=wenn_alter_auf_liebe_trifft.pdf

Er ging schnell, sehr schnell auf seiner gewohnten Runde durch den Wald. Für einen Menschen an der Schwelle zum achtzigsten Lebensjahr war er ein schneller Geher. Er ging schneller, als es der Mehrzahl seiner Altersgenossen möglich war – sogar sehr viel schneller. Heute ging er so schnell, dass sein Puls deutlich stieg und seine Atemfrequenz anstieg. Auf seiner Stirn und zwischen Nase und Oberlippe bildeten sich deutlich sichtbar Schweißtropfen. Auch sein Unterhemd klebte inzwischen feucht an seinem Körper. Wenn er so schnell ging, bekam er nur noch wenig davon mit, was um ihn herum geschah. Er hatte aber die Erfahrung gemacht, dass nach einem solchen Gewaltmarsch sein Kopf frei war, frei von dem, was ihn bedrückte. Es gab einiges, was ihn zurzeit bedrückte und ihm war klar, sobald er nach dem Marsch zur Ruhe kam, kamen auch die quälenden Gedanken wieder zurück. Trotzdem, er wollte die Chance nutzen, um einige Zeit diesen Gedanken zu entkommen.

Der Weg knickte in einem Winkel von fast exakt neunzig Grad nach rechts ab. Er mochte das Wegstück nach diesem Knick, denn dieses Stück des Weges bot an einem Aussichtspunkt den Blick auf eine große, mit Wasser gefüllte Kiesgrube. Gerne beobachtete er von dort die großen Schwärme von Wasservögeln, aber heute hatte er keinen Blick für dieses Naturschauspiel und eilte am Aussichtspunkt vorüber. Nur wenige Meter weiter stockte sein Schritt abrupt. Ihm kam eine Frau entgegen, wohl ähnlich alt wie er, vielleicht wenige Jahre jünger. Trotz ihres Alterns machte sie einen durchtrainierten Eindruck auf ihn. Ihre grauen Haare waren kurz geschnitten und umrahmten ein auf ihn jugendlich wirkendes Gesicht. Das Rot der perfekt geschminkten Lippen harmonierte mit ihrem braunen Teint. Er starrte die Frau unverhohlen an, er glaubte, er sehe einen Geist. Die Frau hielt seinem Blick stand und blieb zwei Schritte vor ihm stehen.
     „Frederike? Du bist Freddy“, sagte er schließlich.
     „Ja Wölfi, das stimmt oder ist es dir lieber, wenn ich Wolfgang sage?“
     „Nein, nein! Nenne mich ruhig Wölfi, niemand sonst hat mich jemals so genannt.“
     „Wo bist du abgeblieben? Unser kleiner Streit war doch nicht so furchtbar, dass du vor sechzig Jahren spurlos verschwunden bist.“
     „Ich dachte, du wolltest nichts mehr mit mir zu tun haben.“
     „Wölfi! Ich wollte dir doch nur klarmachen, dass ich noch ein wenig mehr Zeit brauchte. Ich war noch nicht bereit, deinem Begehren nachzugeben.“
     „Ich hatte das Gefühl, ich hätte dich tödlich beleidigt. Es war wohl auch Scham dabei, ich hatte es versaut.“
     „Das hat mich nicht beleidigt. Dein wortloses Weggehen hat mich beleidigt.“
     „Ich habe das wohl falsch eingeschätzt.“
     „Ich bin monatelang fast täglich zu unserem Treffpunkt gekommen, aber es war sinnlos, eines Tages habe ich das eingesehen.“
     „Ich bin nie wieder dorthin gegangen. Erst vor einigen Tagen war ich erstmals wieder dort. Es hat sich kaum etwas an der Stelle geändert, nur statt des Kastanienbaums steht dort jetzt eine Eiche.“
     „Ich weiß, ich wohne dort an der Grünanlage.“

Wolfgang ging die beiden Schritte, die sie trennten, auf sie zu. Er zog sie in seine Arme, sie drückte ihm einen Kuss auf die Wange. Gemeinsam gingen sie die wenigen Schritte zum Aussichtspunkt. Dort schauten sie nebeneinanderstehend durch sie Gucklöcher in den Palisaden. Es waren an diesem Tag nur wenige Wasservögel zu sehen. In der Nähe des Ausblicks paddelten einige Stockenten, weiter entfernt gründelten zwei Schwäne im Uferbereich. Hinter ihnen liefen einige Jogger vorüber, nach einiger Zeit ging ein Paar mit einem kläffenden Hund vorbei. Der eigentlich bereits dunkle Tag verdunkelte sich weiter, erste Tropfen hinterließen ihre Spuren auf dem See. Zuerst tröpfelte es nur, dann öffneten sich die Schleusen des Himmels. Er nahm Frederike bei der Hand und zog sie unter das Dach der nahen Schutzhütte. Dort setzten sie sich nebeneinander auf die Rundbank, die sich um die tragende Holzsäule in der Mitte des Unterstandes schlang. Sie schwiegen beide und hingen ihren Gedanken nach. Schließlich legte Wolfgang eine Hand auf Frederikes Hand. Sie stieß einen zufriedenen Seufzer aus und rutschte näher an ihn heran.
     „Wie ist es dir ergangen, Wölfi? Bist du verheiratet?“
     „Ich war verheiratet. Meine Frau hat mich verlassen.“
     „Sie ist abgehauen?“
     „Nein, sie ist abends eingeschlafen und am Morgen nicht wieder aufgewacht. Ihr krankes Herz ist einfach stehengeblieben.“
     „Das tut mir leid, wann ist das passiert?“
     „Vor einigen Wochen. Es braucht dir nicht leidzutun. Wir hatten ein einmalig schönes Leben. Wir waren sehr glücklich miteinander, es war eine große Liebe.“
     „Ihr wart lange verheiratet?“
     „Ja, über fünfzig Jahre.“
     „Oh Gott! Ihr habt euch bald nach unserer Trennung kennengelernt?“
     „Nein, Freddy, vier Jahre später. Wir haben nicht lange überlegt und haben nach kurzer Zeit geheiratet.“
     Frederike versetzte ihm einen Stoß mit dem Ellenbogen. „Sie war wohl weniger zimperlich als ich – oder?“
     „Stimmt wohl. Sie war aber auch älter als du. Wir waren gleichaltrig.“
     „Verstehe!“
     „Nein Freddy. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Ich bin immer noch der Meinung, bei dir hätte ich es mit meiner Ungeduld für immer versaut.“
     „Ach Wölfi, lass die alten Geschichten ruhen.“
     „Hast du auch geheiratet?“
     „Ja, leider“, antwortete Frederike kurz angebunden.
     „Möchtest du nicht darüber sprechen?“
     „Jetzt nicht! Habt ihr Kinder?“
     „Ja, eine Tochter – eine prachtvolle Tochter und du?“
     „Keine Kinder. Hast du ein Auto dabei?“
     „Nein, ich wohne in der Nähe. Warum?“
     „Wenn der Regen aufhört, könnten wir zu unserem Treffpunkt fahren.“
     Wolfgang nickte, „ja, das könnten wir. Wir holen das Auto aus der Tiefgarage und fahren dorthin. Hast du einen Regenschirm in deiner Tasche?“
     „Nein, aber der Regen hat nachgelassen und wir sind nicht aus Zucker.“
     „Gut, gehen wir!“

Sie standen auf und gingen den Weg zurück, auf dem Wolfgang gekommen war. Obwohl der Regen nachgelassen hatte, waren sie ziemlich durchnässt, als sie bei seiner Wohnung ankamen. Er lud Frederike ein, sich in seiner Wohnung die Haare zu trocknen. Sie lehnte ab, sie wollte auf gar keinen Fall in seine Wohnung. Er zuckte mit den Schultern, schloss die Wohnungstür auf und bat sie zu warten. Er ging ins Bad, nahm sein Handtuch, rieb sich die Haare trocken, ging danach ins Schlafzimmer, wechselte die nasse Hose und das durchnässte Hemd und nahm ein frisches Handtuch aus dem Wäscheschrank. Wieder vor der Tür, reichte er Frederike das Handtuch, sie trocknete ihre Haare und lächelte ihn dabei an, dann folgte sie ihm in die Tiefgarage. Da Frederike genauso durchnässt war, wie Wolfgang es vor dem Umziehen gewesen war, lotste sie ihn zuerst einmal zu ihrer Wohnung. Sie bat ihn, mit hineinzukommen, Wolfgang lehnte ab, da es ihn wurmte, dass sie seine Einladung hineinzukommen ausgeschlagen hatte. „Bitte, Wolfgang, ich wollte dich nicht verärgern. Mir ging es in diesem Moment einfach zu schnell. In meinen eigenen vier Wänden fühle ich mich sicherer. Bitte komm mit herein“, bat Frederike noch einmal eindringlich. Er nickte, stieg mit ihr aus und gemeinsam gingen sie in ihre Wohnung. Frederike bugsierte Wolfgang ins Wohnzimmer, ging selbst ins Schlafzimmer, zog sich um, ging danach ins Badezimmer und richtete notdürftig ihre Frisur. Als sie wieder ins Wohnzimmer kam, schaute Wolfgang durch das Fenster auf den auf der anderen Straßenseite liegenden Park. Er dreht sich um, als er bemerkte, dass Frederike das Zimmer betrat. Er nickte anerkennend und bewunderte ihre flotte Bluse, die mit bunten Blumen gemustert war. Die Farbe ihrer leichten Sommerhose war geschmackvoll farblich darauf abgestimmt. Die Farbe der Hose zu bestimmen fiel ihm schwer – irgendwie rosa meinte er, was sich aber nicht sicher, da er meinte auch grau darin zu erkennen. Sportliche Schuhe und eine Bernsteinkette vervollständigten den Gesamteindruck. Wieder am Auto öffnete Wolfgang den Kofferraum und entnahm ihm einen großen Regenschirm. „Für heute haben wir, reichlich Wasser abbekommen“, sagte er dabei. Dann überquerten sie die Straße und gingen in das Innere des Parks. Sie gingen dicht nebeneinander, ohne sich zu berühren. Der Weg zu ihrem ehemaligen Treffpunkt war nicht weit und als sie ankamen, las Wolfgang halblaut die Inschrift des dort stehenden Gedenksteins: Zum Gedenken an die russischen Zwangsarbeiter, die hier am 7. April 1945 hingerichtet wurden.

„Einen makabren Ort hatten wir uns für unsere geheimen Treffen ausgesucht.“
     „Ja, Wölfi, das stimmt. Aber es kommen nur wenige Leute hierher. Ein- oder zweimal im Monat lege ich hier Blumen ab. Ich fühle mich schuldig, dass das damals geschehen ist und wir in unserem jugendlichen Leichtsinn diesen Ort für unsere Liebesspiele missbraucht haben.“
     „Ja, das hätten wir nicht tun dürfen, aber anderseits ist es der Beweis, dass aus einer verbrecherischen Vergangenheit eine neue Zukunft entstehen kann. Ich habe es dann aber vermasselt.“
     „Was sollen eigentlich deine ständigen Selbstvorwürfe? Du hast vorhin gesagt, du hättest deine große Liebe gefunden, dann ist es doch gut und lasse die Vergangenheit ruhen.“
     „Freddy, es ist so, ich glaube, du warst auch eine große Liebe.“
     „Dann hättest du nicht wortlos gehen dürfen. Bitte Wölfi, das ist kein Vorwurf, nur eine Feststellung. Wenn es dich interessiert, aber nur dann, erzähle ich dir nachher, wie es mir nach unserer Trennung ergangen ist. Du trägst daran keine Schuld, nur glaube ich, an deiner Seite wäre es mir besser gegangen.“
     „Ja, ich bin sehr interessiert an dem, was du in deinem Leben erlebt hast.“
     „Dann, dann sollten wir vielleicht zu einem Café fahren. Du magst Kuchen?“
     „Ich habe seit Jahren keinen Kuchen mehr gegessen.“
     „Dann lade ich dich jetzt ein. Es gibt eine große Kuchenauswahl im Alten Fischerhaus. Gute Idee?“
     „Ja, schon, aber eigentlich sollte ich dich einladen.“
     „Quatsch, die alten Konventionen habe lange ich über Bord geworfen und wenn wir uns weiter treffen wollen, solltest du das auch tun.“
     „Gut, gut, dann lass uns zum Auto gehen.“

Das Ausflugslokal war nur mäßig besucht und sie fanden ohne Schwierigkeiten einen freien Tisch mit Ausblick auf den Strom. An der Kuchentheke suchte Frederike für jeden ein Stück Sahnetorte aus. Als sie wieder am Tisch saß, bestellte sie für sich ein Kännchen Kaffee und für Wolfgang ein Kännchen Tee. Beide schwiegen und betrachteten die stromauf und stromab fahrenden Schiffe, bis die Kellnerin die Getränke und die Tortenstücke servierte. Sie aßen etwas von der Torte, Wolfgang lobte die Torte, die ihm hervorragend schmeckte, dann trankt Frederike einen Schluck von ihrem Kaffee und setzte an, ihre Geschichte zu erzählen.
     „Wie ich bereits gesagt habe, nachdem du verschwunden warst, bin ich immer wieder zu unserem Treffpunkt gegangen. Lange habe ich geglaubt, eines Tages würdest du neben dem Gedenkstein stehen. Ich wusste nicht, wo du damals gewohnt hast. Ich weiß, ich hätte das herausbekommen können, aber dazu war ich zu stolz.“
     Wolfgang lächelte, „du hättest es mit dem Telefonbuch versuchen können. Meine Eltern hatten damals schon ein Telefon.“
     „Ehrlich, auf die Idee bin ich gar nicht gekommen. Ein Telefon war für mich so etwas Außergewöhnliches, dass ich mir überhaupt nicht vorstellen konnte, dass ich dich einfach anrufen könnte. Aber egal, eines Tages gab ich auf. Ich hatte auch keine Lust auf einen neuen Freund, ich weiß, ich war ein hübsches Mädchen, Verehrer gab es reichlich, aber ich ließ alle abblitzen. Stattdessen machte ich das Abitur nach und studierte Zahnmedizin.“
     „Du bist Zahnärztin?“
     „Ja, ich war mein ganzes Berufsleben lang als Zahnärztin an der Uniklinik beschäftigt. Dann kam Georg. Ich war vorsichtig, aber er ließ nicht locker und so wurden wir ein Paar.“
     „Kenne ich den?“, warf Wolfgang ein.
     „Nein, Wölfi, Georg war ein ehemaliger Arbeitskollege aus der Zeit vor dem Studium. Wir trafen uns zufällig in der Altstadt. Eine Zeitlang gingen wir ab und zu gemeinsam aus, bevor ich mich in ihn verliebte. Schließlich gab ich seinem Drängen nach – zu dieser Zeit war ich richtig verknallt in ihn. Dabei hat er mich damals schon arg dominiert. Er wollte mich nur heiraten, wenn ich zum katholischen Glauben übertrete. Ich war dumm genug und habe das getan. Ich glaubte, ich müsse das tun, um ihm meine Liebe zu beweisen und um glücklich zu werden.“
     „Du warst doch gar nicht religiös, hast aber zu meiner Zeit immer wieder betont, du seist Protestantin.“
     „Du hast ein gutes Gedächtnis, Wölfi. Wie ich schon sagte, ich war dumm genug, um überzutreten. Was ist mit deinem Glauben? Du warst damals ziemlich fromm.“
     „Der Glaube ist mir irgendwie abhandengekommen. Schon mein Versuch, mit dir zu schlafen, widersprach meinen damaligen Moralvorstellungen, schließlich sagt die Kirche, Sex außerhalb der Ehe sei eine Todsünde.“
     „Trotzdem, du hättest es getan!“
     „Sicherlich! Der Geschlechtstrieb war stärker, als die Angst vor ewiger Verdammnis“, Wolfgang lachte.
     „Georg war da anders. Er bestand darauf, keuch in die Ehe zu gehen.“
     „Und hat er es durchgehalten?“
     „Ja, er wurde richtig abweisend, wenn ich aktiv wurde.“
     „Nimm es mir nicht übel. Freddy, Georg war ein Blödmann.“
     Frederike lachte, „das mag sein, aber ich hielt ihn für so klug, dass ich das widerspruchslos hingenommen habe. Aber sag mal ehrlich, warst du vielleicht auch ein Blödmann?“
     Wolfgang wiegte seinen Kopf hin und her, bevor er antwortete. „Hinterher sind alle klüger, aber eine Frau, die man liebt und die willens ist, mit einem zu schlafen zurückzuweisen, das halte ich für abartig.“
     „Ich nehme an, da liegst du nicht verkehrt, Wölfi.“ Frederike trank von ihrem Kaffee, dann sprach sie weiter. „Weil ich an Georgs gute Absichten glaubte, habe ich mich gefügt und verliebt, wie ich war, habe ich geglaubt, das sei richtig so. Wir heirateten recht bald und anfangs war auch alles gut und schön. Obwohl ich noch Jungfrau war, fand ich schon in der Hochzeitsnacht, dass die Liebe mit Georg die Erfüllung war. Georg war ein erfahrener Liebhaber, worüber ich mir zu diesem Zeitpunkt noch keine Gedanken machte. Was mich von Anfang an störte war, dass Georg mich vom ersten Tag unserer Ehe an ständig kontrollierte. Er wollte meine Arbeitsstelle bei der Klinik kündigen, da er fand, seine Frau solle sich um Wohnung und Haushalt kümmern. Du weißt, das war damals möglich. Das war aber das einzige Mal, dass ich mich durchgesetzt habe. Ich habe gedroht, ihn auf der Stelle zu verlassen, wenn er das täte. Widerwillig gab er nach, dass mein Gehalt als Stationsärztin den Haushalt am Laufen hielt, hatte er wohl bis dahin übersehen.“
     „Was war das denn für ein Macho? Mein Gott! Dass es möglich war, seiner Frau das Arbeiten zu verbieten, habe ich erst erfahren, als das Verfassungsgericht sich damit beschäftigt hat.“
     „Deine Frau hat auch gearbeitet?“
     „Ja, fast während unserer gesamten gemeinsamen Zeit. Es gab eine längere Pause nach der Geburt unserer Tochter, du weißt, mit Kita und Ganztagsschule war damals nichts.“
     Frederike nickte, dann trank sie den Rest ihres Kaffees und setzte ihre Erzählung fort. „Trotz dieser Vorfälle war ich in den ersten Jahren sehr glücklich. Mich störte es zwar, dass Georg im Haushalt keinen Finger rührte, aber auch das hielt ich für normal. So Ende des zweiten Ehejahres kam Georg zuerst immer später nach Hause. Ich machte mir keine Gedanken darüber, er erzählte etwas von angeordneten Überstunden und tat furchtbar beschäftigt. Dann wurde ich zur Oberärztin befördert. Das hat er dann gar nicht verkraftet, war er zu Hause, gab es ständig Ärger. Ich vernachlässige meine häuslichen Pflichten, war seine feste Überzeugung. Er kontrollierte, ob die Kloschüssel gereinigt war und solche Sachen. Immer fand er Schmutz. Er beschimpfte und schlug mich. Nach solchen Vorfällen verließ er dann das Haus und blieb die Nacht über weg. Zu dieser Zeit kam bei mir die Vermutung auf, dass Georg mich betrog.“
     „Das hast du dir alles gefallen lassen?“
     „Ja, aber es kam schlimmer! Eines Tages hatte ich Spätschicht, das war im dritten Jahr unserer Ehe. Er hatte mich tags zuvor verprügelt. Richtig schlimm verprügelt! Während der Schicht wurden die Schmerzen so schlimm, dass ich nicht weiter arbeiten konnte, so meldete ich mich krank und fuhr nach Hause. Ich wunderte mich, dass Licht in der Wohnung brannte. Aus dem Schlafzimmer hörte ich Geräusche, die mir verdächtig vorkamen.“ Frederike schwieg kurz, es arbeitete in ihr. Wolfgang fragte, ob sie noch einen Kaffee möchte. Sie nickte, Wolfgang bestellte ein Kännchen Kaffee und eine Tasse Tee, dann sprach sie weiter. „Sie stand nach vorn gebeugt am Fußende des Ehebetts und stützte sich mit den Armen daran ab. Georg nahm sie von hinten. Was ich als verdächtige Geräusche wahrgenommen hatte, war das Stöhnen der beiden. Sie bemerkten mich nicht einmal. So ging ich in die Küche, füllte einen Eimer kaltem mit Wasser, ging zurück ins Schlafzimmer und entleerte den Eimer über ihnen. Bevor sie sich von der Überraschung erholt hatten, hatte ich ihre auf dem Boden verstreuten Klamotten gegriffen und aus dem Fenster geschmissen.“
     „Mein Gott! Sie waren danach abgekühlt?“
     „Und ob, sie sahen aus, wie die begossenen Pudel. Ich ging seelenruhig ins Wohnzimmer und setzte mich auf die Couch. Kurz darauf kam Georg wutentbrannt herein und prügelte wild auf mich ein. Plötzlich stand die Frau hinter ihm und rammte ihm einen Stuhl in den Rücken. Der Erfolg war, dass sich ein wildes Gerangel zwischen den beiden entwickelte. Mir gingen fast die Augen über. Mein nackter Mann prügelte sich mit der ebenfalls nackten Frau, die er gerade eben noch gevögelt hatte. Ich glaubte es kaum, was ich sah. Mit einem gezielten Haken setzte sie ihn außer Gefecht. Sie fragte mich, ob er mich öfter schlage. Als ich nickte, versetzte sie dem sich mühsam aufrichtenden einen Tritt in das Hinterteil. Sie nahm mich bei der Hand und zog mich ins Schlafzimmer. Mir tat es leid, dass ich ihre Sachen aus dem Fenster geschmissen hatte, denn sie stand jetzt völlig unbekleidet vor mir. Ich sagte, dass es mir leidtut, was sie mit einer Handbewegung als überflüssig abtat. Der Rest ist schnell erzählt, ich ging in den Hinterhof und sammelte ihre Sachen ein, damit sie sich wieder anziehen konnte. Danach verließ ich die Wohnung und kam nur noch ein einziges Mal zurück, um meine Sachen zu packen.“
     „Das ist harter Tobak, Freddy. Wo bist du danach untergekommen?“
     „Meine Eltern nahmen mich vorübergehend auf. Ich kaufte mir eine Wohnung und da wohne ich immer noch.“
     Frederike bezahlte und im Hinausgehen fragte Wolfgang, ob sie sich bald wiedersehen könnten. „Das liegt bei dir, Wölfi, ich gebe dir meine Telefonnummer. Du hast die Wahl, ob du sie verwendest.“

Frederike machte sich keine Illusionen, sie war körperlich und geistig noch fit, aber die Spuren des fortschreitenden Alters ließen sich nur so lange kaschieren, wie sie bekleidet war. Sie hatte sich ausgezogen und warm geduscht und zum Schluss kaltes Wasser über den Körper laufen lassen. Nun stand sie vor dem raumhohen Spiegel des fest eingebauten Kleiderschranks. Obwohl sie ausgesprochen schlank war, die Oberschenkel waren von Orangenhaut bedeckt, sie fand das abstoßend. An den Oberarmen, deren Muskeln früher von glatter, straffer Haut bedeckt waren, hing jetzt die Haut faltig und schlaff. Sie drehte sich leicht, so wurden ihre Pobacken im Profil sichtbar. Die früher schönen Rundungen waren verschwunden, am Übergang zu den Oberschenkeln war die Haut faltig und schlaff, wie an den Oberarmen. Jetzt, da sie abgeschminkt war, machte ihr Gesicht auch nicht mehr viel her. Schließlich wandte sie sich ab, zuckte mit den Schultern und zog sich das Nachthemd über. In diesem Moment klingelte das Telefon. Die im Display angezeigte Telefonnummer sagte ihr nichts, außerdem war es kurz vor den Abendnachrichten, aber ihre Neugier siegte, so hob sie ab.
     „Ja, bitte?“
     „Bist du es, Freddy? Hier ist Wölfi.“
     „Oh, ich dachte, du hast erst einmal genug von mir.“
     „Mensch Freddy, ich dachte, du freust dich meine Stimme zu hören!“
     „Vielleicht will ich lieber die Tagesschau sehen, als mit dir zu sprechen“, Frederike lachte, dann sprach sie weiter, „ich freue mich Wölfi, aber es ich schaue wirklich regelmäßig die Abendnachrichten.“
     „Es ist noch eine Viertelstunde Zeit bis zur Tagesschau und eigentlich wollte ich dich nur zu einer gemeinsamen Runde durch den Wald einladen.“
     „Wann?“
     „Wann immer du es möchtest – bitte Freddy, ich meine möglichst bald. Wenn das Wetter mitspielt – morgen vielleicht?“
     „Sag mal, Wölfi? Du benimmst dich wie ein verliebter Primaner.“
     „Ich bin ganz ehrlich, Freddy, ich bin furchtbar einsam. Das ist alles.“
     „Hast du denn keinen Bekanntenkreis? Was ist mit deiner Tochter?“
     „Meine Tochter wohnt weit weg. Früher haben wir sie oft besucht, jetzt im fortgeschrittenen Alter habe ich das Gefühl, sie wohnt am Ende der Welt. Mit dem Bekannten- und Freundeskreis, da ist es schwierig. Elsa und ich, wir waren uns immer selbst genug. Wir wussten, das wird für den länger lebenden schwierig, aber wir hatten auch nicht die Kraft oder den Willen unsere Zweisamkeit mit anderen zu teilen.“
     „Wölfi! Ich gehe mit dir morgen eine Runde durch den Wald. Wann wollen wir gehen?“
     „Um elf?“
     „Gerne. Holst du mich mit dem Auto ab? Ich kann auch mit dem Bus zu dir kommen.“
     „Nein, ich hole dich um elf ab.“
     „Gut und jetzt ist Schluss! Die Viertelstunde ist vorüber. Gute Nacht Wölfi.“
     „Gute Nacht Freddy. Danke!“

Am Morgen darauf fuhr Wolfgang pünktlich um elf bei Frederike vor. Diese stand bereits auf dem Gehsteig und wartete. Nachdem sie eingestiegen war, drückte Wolfgang ihr einen Kuss auf die Wange. Danach fuhr er sofort zu einem Wanderparkplatz am Waldrand. Frederike hatte sich am Morgen vorgenommen, direkt beim Spaziergang einige Punkte zu klären, damit sich Wolfgang keine sinnlosen Hoffnungen machte. Dazu kam sie aber vorerst nicht, Wolfgang ging in seinem gewohnten Tempo in den Wald hinein. Frederike fiel es schwer, mit ihm Schritt zu halten. Einen knappen Kilometer hielt sie durch, dann blieb sie abrupt stehen.
     „Wölfi, wenn du mit mir durch den Wald oder irgendwo anders hingehen möchtest, dieses Tempo halte ich nicht durch“, sagte sie, nachdem sie wieder zu Atem gekommen war.
     „Oh, das tut mir leid, seit ich allein wandern muss, habe ich mir einen schnellen Schritt angewöhnt. Ich passe mich dir an und du sagst bitte sofort, wenn ich in einen zu schnellen Schritt verfalle.“
     „Du bist nicht beleidigt, dass ich das jetzt so bestimmt gesagt habe?“
     „Nein, ich verstehe dich. Elsa hat auch immer gesagt, ich ginge ihr zu schnell.“
     In langsameren Tempo, aber immer noch flotten Schritts gingen sie weiter. So setzte Frederike zum Sprechen an, „Wölfi, damit du es direkt weißt, ich bin nicht auf der Suche nach einem Partner.“
     „Und wo ist jetzt das Problem?“
     „Ich wollte das nur klarstellen. Es ist so Wölfi, ich bin es gewohnt, allein zu leben. Ich kann mir gar kein anderes Leben mehr vorstellen.“
     „Ich werde das respektieren. Das verspreche ich, aber ich bin neugierig.“
     „Wieso?“
     „Du hast mir ausgiebig berichtet, wie deine Ehe verlaufen ist. Was meine Neugier antreibt, ist folgendes, die Frau, war das ein Ausrutscher?“
     Frederike lachte, „deine Neugierde soll befriedigt werden. Er war mit der Frau bereits liiert, als wir uns kennenlernten. Die ganzen Jahre unserer Bekanntschaft und Ehe haben die beiden ihre Liebesbeziehung gepflegt. Mir redete er ein, wir wollen keuch in die Ehe gehen und er hatte eigentlich nur Angst, dass er bei seiner Geliebten nicht genug Potenz hatte. Ein anderes Thema bitte.“
     „Eine Frage noch, lebt Georg noch?“
     „Da habe ich mich nie drum gekümmert. Für mich ist er an besagtem Tag gestorben.“

Danach verebbte das Gespräch und Frederike vertraute sich Wolfgangs Führung an. Zwischen zwei der alten Baggerseen gab es einen Aussichtsturm, den sie bestiegen. Sie schauten ein wenig umher, dann zeigte Wolfgang auf das gegenüberliegende Ufer. Frederike schaute ihn fragend an. Wolfgang erzählte ihr, dass er nach ihrer Trennung dort seinen Frust mit seinen Kumpels in nächtelangen Saufgelagen ertränkt hätte. Er lachte danach über sich selbst und meinte anschließend, heute wäre er froh, dass er das überlebt hätte. Sie gingen weiter durch den Wald und brauchten fast zwei Stunden, bis sie wieder am Parkplatz waren. Frederike musste sich eingestehen, dass sie sich in Wolfgangs Gegenwart ausgesprochen wohlfühlte. Wolfgang war mit dem Verlauf der Wanderung mehr als zufrieden, so fragte er, ob sie jetzt bereit sei seine Wohnung anzusehen. Frederike antwortete mit einem Lächeln, wobei sie mit dem Kopf nickte. Während der kurzen Fahrt zu Wolfgangs Wohnung betrachte Frederike Wolfgang vorsichtig. In Anbetracht seiner fast achtzig Lebensjahre war er ein attraktiver Mann. Seine Haare waren, wie früher, dunkelbraun. Inzwischen waren etliche graue Haare in das Braun eingebettet, was der Frisur ein interessantes Aussehen verlieh. Er wirkte so, wie er hinter dem Steuer saß und routiniert den Wagen durch den dichten Verkehr lenkte, eher wie ein Mann im Übergang zum Rentenalter. Obwohl er sich in seine Wanderkluft geworfen hatte, fand Frederike, dass Wolfgang Wert auf ein gepflegtes Aussehen legte. In diesem Punkt entsprach er ganz und gar nicht ihren Erinnerungen. Wenn sie sich Wolfgang in ihrer Jugend vorstellte, sah sie einen schlaksigen jungen Mann, dessen Haare wirr durcheinander fielen. Seinen Hosen fehlte meist die damals übliche Bügelfalte und an den Knien waren sie stets ausgebeult. Sie hatte sich nie daran gestört, nur wenn sie ihn in seltenen Fällen mit nach Hause nahm, hatte sie ihn gebeten vorher seine Hosen aufzubügeln. In diesen Fällen war sie immer baff, wie akkurat er die Bügelfalten in seine Hosen bügelte und wie geschickt er sich dabei anstellte. Als Wolfgang auf dem Parkplatz vor seiner Wohnung anhielt, war sie so in ihre Gedanken vertieft, dass sie gar nicht mitbekam, dass sie angekommen waren.
     „Was ist Frederike? Möchtest du doch nicht mit hereinkommen?“
     „Doch Wolfgang, ich war nur in Gedanken vertieft.“
     „Und was bewegt dich so?“
     „Deine Frisur und deine Kleidung.“
     „Wieso das? Ich finde nichts Ungewöhnliches an meinem Aussehen.“
     „Früher kamst du immer ein wenig wie ein Schlumpf daher“, Frederike lachte bei dieser Antwort.
     „Da magst du recht haben. Können wir hineingehen, Freddy?“

Statt zu antworten, nickte Frederike. Wolfgang schaute an der Haustür in den Briefkasten, entnahm ihm zwei Briefe, auf die er kurz einen Blick warf. „Wie immer, nur Rechnungen“, sagte er dabei. Er bat Frederike ins Wohnzimmer und fragte, ob sie Kaffee oder etwas Anderes trinken wolle. Frederike bat um Kaffee, so setzte Wolfgang die Kaffeemaschine in Gang und brühte für sich Tee auf. Er suchte derweil in der Anrichte nach Keksen, ungute Gefühle überkamen ihn, als er nach der einzigen Tüte mit Keksen griff, die er fand. Er hatte diese Tüte am Tag vor Elsas Tod beim Bäcker gekauft, weil es Elsas Lieblingskekse waren und er ihr eine Freude machen wollten. Es fehlten nur zwei Kekse – die letzten Kekse, die sie gemeinsam gegessen hatten. Ihm stiegen Tränen in die Augen, dass Frederike das mitbekam war ihm unangenehm.
     „Soll ich besser gehen, Wölfi?“
     „Nein, bitte bleib Freddy. Es tut mir leid, nach Keksen zu suchen, war keine gute Idee. Ich habe die Kekse für Elsa gekauft.“
     „Oh!“
     „Es tut mir wirklich leid, dass mir das jetzt passiert ist.“
     „Wölfi, ich finde deine Reaktion normal. Sich dafür zu entschuldigen, ist Quatsch. Leg die Kekse wieder zurück, wenn dir das hilft.“
     „Nein, das hilft nicht“, Wolfgang nahm einen Dessertteller, drapierte die Kekse darauf und zerknüllte die Tüte. Danach hielt er den Teller Frederike hin und sagte, „bitte, probiere schon einmal. Sie sind vielleicht nach der wochenlangen Lagerung etwas hart geworden, aber der Geschmack ist einmalig.“

Wolfgang verteilte zwei Tassen auf dem Tisch und ging dann in die Küche, wo er die Kanne mit Kaffee und die Teekanne auf ein Tablett stellte. Er blieb einen Moment mit dem Tablett in den Händen in der Küche stehen, dass der Anblick der Tüte mit den Keksen ihn so getroffen hatte, machte ihm zu schaffen. Seinen Wunsch nach einer angenehmen Plauderstunde, hätte seine Reaktion fast zerstört. So beschloss er am Abend seine Tochter anzurufen und ihr zu erzählen, was in den letzten Tagen geschehen war. Im Wohnzimmer stellte er die beiden Kannen auf den Tisch und brachte das Tablett zurück in die Küche. Als er wieder ins Wohnzimmer kam, hatte Frederike den angebissenen Keks auf die Untertasse gelegt und schüttete zuerst den Tee und dann den Kaffee ein. Wolfgang setzte sich ihr gegenüber und sie nahm wieder den Keks und biss ein kleines Stück davon ab. Sie verzog das Gesicht zu einem Lächeln und meinte, Elsa wusste, warum das ihre Lieblingskekse waren. Wolfgang antwortete nicht, immer noch beschäftigte ihn seine Reaktion an der Anrichte. Frederike beobachtete ihn unauffällig.
     „Lieber Wölfi, du musst deine Gefühle herauslassen, sonst erstickst du am Ende daran“, sagte sie schließlich.
     Wolfgang nickte, „ich weiß, ich bin zu viel allein. Nur unsere Tochter kann ich am Telefon oder über Skype daran teilhaben lassen. Aber das vermeide ich meist, sie hat schließlich ihre eigenen Sorgen. Ich werde sie am Abend anrufen.“
     „Wölfi, ich bin eine gute Zuhörerin.“
     „Das glaube ich gerne, aber im Moment fremdle ich noch etwas.“
     „Lass dir Zeit, ich habe den Verdacht, wir werden uns jetzt öfter sehen.“
     „Ich fürchte, ich sage wieder etwas, das uns auseinander bringen könnte.“
     „Das wird nicht passieren. Ich bin nicht mehr das zimperliche Mädchen von früher.“
     „Freddy, ich glaube, du warst gar nicht zimperlich. Ich war einfach zu ungestüm. Ich würde mich freuen, wenn wir Zeit miteinander verbringen. Von mir aus kann es auch viel Zeit sein. Hast du eine Mailadresse, dann können wir uns per Mail austauschen.“
     „Ja sicher, gib mir bitte Papier und etwas zu schreiben, dann schreibe ich dir die Adresse auf.“

Am späteren Abend, versuchte Wolfgang zuerst, ob Ulrike bei Skype online war. Als er feststellte, dass sie offline war, wählte er ihren Festnetzanschluss an, es meldete sich sein Schwiegersohn. Ulrike war zur Arbeit, so machte Wolfgang ein wenig Smalltalk mit seinem Schwiegersohn und bat darum, Ulrike möge zurückrufen. Den Hinweis, Ulrike käme erst gegen elf Uhr nach Hause, wischte er mit der Bemerkung weg, er gehe nur selten vor eins zu Bett. Es wurde fast halb zwölf, bis das Telefon klingelte.

„Danke, dass du noch anrufst, mein Schatz“, sagte Wolfgang, nachdem er auf dem Display die Telefonnummer überprüft hatte.
     „Guten Abend, mein lieber Papa – so viel Zeit muss sein“, scherzte Ulrike und sagte dann, „gibt es etwas Dingendes, Papa?“
     „Nein, Uli! Aber es gibt etwas, das ich mit dir besprechen möchte oder bist du zu müde?“
     „Nein, Papa, ich kann morgen länger schlafen.“
     „Gut Tochter! Es ist so, ich habe eine Frau getroffen.“
     „Und?“
     „Ich meine nur, deine Mama ist erst seit einigen Wochen tot.“
     „Papa, das ist jetzt Quatsch. Ihr habt mir mein ganzes Leben lang eure Weisheiten kundgetan. Die Weisheit für diesen Fall lautete, wenn einer von uns stirbt, soll der überlebende sofort anfangen neue Kontakte zu knüpfen.“
     „Ich weiß Schatz, aber ich bin noch immer so traurig und Treffen mit Freddy empfinde ich als Verrat.“
     „Papa! Hör auf! Das ist absoluter Unsinn. Du lehnst es ab in unsere Nähe zu ziehen, du hast mit deiner zurückhaltenden Art Schwierigkeiten an geselligem Beisammensein teilzunehmen. Hast du versucht, Kontakt zu einem Seniorentreff aufzunehmen? Nein, hast du nicht! Jetzt hat sich für dich eine Gelegenheit aufgetan und wieder hast du Bedenken. Warum? Mensch Papa, halte mich bitte nicht für respektlos, aber du benimmst dich wie ein Blödmann. Wie habt ihr euch denn kennengelernt?“
     „Wir kennen uns von früher. Wir waren einmal ineinander verliebt. Das war lange vor deiner Mama. Jetzt haben wir uns zufällig im Wald getroffen. Am neuen Ausblick auf den Elbsee. Den Ausblick kennst du noch nicht, der ist neu.“
     „Freddy heißt sie? Das klingt eher nach einem Mann!“
     „Ja, das stimmt, aber alle nannten sie damals Freddy. Eigentlich heißt sie Frederike.“
     „Und du bist verliebt, Papa?“
     „Ulrike, wo denkst du hin!“
     „Ach, komm schon, Papa. Wenn da gar nichts wäre, hättest du nicht angerufen.“
     „Das mag stimmen, mein Schatz. Aber sie hat gesagt, sie sei nicht auf der Suche nach einem Partner.“
     „Und nun, Papa, du möchtest, mein Einverständnis?“
     „Nein, ich möchte, dass du von Freddy weißt.“
     „Gut, ich weiß es jetzt. Ich sage dir deshalb, es ist deine Entscheidung und ich respektiere jede deiner Entscheidungen. Es ist dein Leben und alles, was dich aus deiner Einsamkeit herausholt, werde ich gutheißen. Habt ihr denn schon eine Idee, wie es weitergehen könnte?“
     „Noch nichts Konkretes, aber ich denke, wir werden zusammen wandern und ausgehen. Alles andere wird sich entwickeln oder auch nicht.“
     „Du Papa?“
     „Ja, mein Schatz?“
     „Wann sehen wir uns wieder? Zuletzt haben wir uns gesehen, als wir Mamas Asche in den Ozean gestreut haben.“
     „Wir werden sehen. Ich habe Sehnsucht nach euch beiden, aber ich schaffe die weite Fahrt nicht mehr. Zumindest nicht allein.“
     „Papa, ich kann auf längere Zeit keinen Urlaub machen, ich kann nicht kommen.“
     „Ich weiß, Tochter. Vielleicht ergibt sich etwas. Wir müssen geduldig sein.“
     „Ja, Papa, so ist es. Gute Nacht.“
     „Gute Nacht, meine Tochter.“

Am Morgen wurde Wolfgang erst spät wach, er blieb noch ein wenig mit geschlossenen Augen liegen und dachte an das Gespräch mit Ulrike. Sich nicht in die Arme nehmen zu können verursachte ihm fast körperlichen Schmerz, das wollte er nicht zulassen, so stand er entschlossen auf. Noch bevor er sich rasierte, schrieb er eine Mail an Frederike. Nur ein paar Zeilen, damit auch sie seine Anschrift hatte. Danach richtete er sich her und bereitete sich das Frühstück zu. Er hatte fast nichts geändert, seit er allein lebte, nur das zweite Gedeck war entfallen. Die gleichen Wurstsorten kamen auf den Tisch, zwei Sorten Käse reichten jetzt. Den Scheibenkäse, den Elsa so sehr mochte, hatte er weggelassen, seit der den Rest davon verzehrt hatte. Er kochte jeden Morgen sein Frühstücksei und schnitt eine Tomate in Achtel. Während das Ei im Eierkocher garte, überflog er die Überschriften der Tageszeitung, die er jeden Werktag noch im Morgenmantel aus dem Briefkasten holte. Er fand, das sei eigentlich eher unsinnig, da er die Zeitung auch digital auf dem Tablet lesen konnte. Macht der Gewohnheit, sagte er zu sich selbst. Er fand es unpraktisch, am Frühstückstisch mit dem Tablet-Computer herum zu jonglieren. Sobald der Eierkocher mit einem nervigen Ton meldete, sein Werk sei vollbracht, schüttete er sich Kaffee ein und beförderte das Ei in den Eierbecher. Manchmal fluchte er dabei, weil ihm das Ei zu heiß an den Fingern war.

Wolfgang hatte gerade sein Ei gegessen und einen ersten Schluck aus der Kaffeetasse geschürft, als Frederike anrief. Sie sagte, sie wolle nur kurz fragen, ob er Lust auf einen Spaziergang im Schlosspark hätte. Er war hocherfreut und fragte, nur wann es ihr angenehm wäre. Frederike meinte, zwölf Uhr wäre ideal und so verabredeten sie, sich um diese Zeit vor dem Schlosscafé zu treffen. Nachdem Wolfgang aufgelegt hatte, widmete er sich weiter seinem Frühstück und las ausgiebig seine Zeitung. Der Schlosspark war für ihn gut zu Fuß zu erreichen, er ging zeitig los, schließlich wollte er nicht durchgeschwitzt sein, wenn er auf Frederike traf. Obwohl er möglichst langsam ging, kam er zu früh an, so ging er einmal rund um das Corps de Logis. An der Freitreppe in Richtung Spiegelweiher hielt er kurz inne, er erinnerte sich, hier hatten einmal mit Freddy ausgiebig geknutscht. Die Erinnerung daran zauberte ihm ein Lächeln auf die Lippen. Pünktlich stand er vor dem Schlosscafé, Frederike kam kurz nach ihm an. „Bin ich zu spät?“, fragte sie etwas schuldbewusst. „Nee, Freddy, pünktlich um zwölf“, antwortete Wolfgang wohlgelaunt. Ohne große Eile gingen sie in den Park, Wolfgang mied den Weg an der Freitreppe vorbei. Dort wollte er später mit Frederike hingehen. Sie gingen zuerst auf der sonnigen Seite entlang des Spiegelweihers und bogen an dessen Ende in Richtung Rheinufer ab. Sobald sie unter den alten Bäumen ankamen, die den Weg zur Uferpromenade säumten, ergriff Wolfgang Frederikes Hand und legte diese in seine. Sie entzog ihm die Hand nicht, sondern lächelte ihn an.
     „Freddy, ich habe mit Ulrike telefoniert“, sagte Wolfgang, nachdem sie einige Meter gegangen waren.
     „Deine Tochter?“
     „Ja, ich vergaß, dass ich dir noch nichts Näheres über sie erzählt habe.“
     „Und, was sagt sie.“
     „Kurz gesagt, sie meint, ich sei ein Blödmann.“
     „Wieso das?“
     „Wegen meiner Bedenken, weil Elsa erst so kurze Zeit tot ist.“
     „Hast du Angst, die Nachbarn reden über uns?“
     „Das auch. Aber es geht nicht um eine Karenzzeit, es geht darum, dass ich mich gestern fühlte, als würde ich Elsa hintergehen.“
     „Und heute nicht mehr?“
     „Ulrike ist eine ungemein kluge Frau. Sie hat mich ganz schön in die Mangel genommen. Ich war richtig froh, dass du heute Morgen angerufen hast. Da kann ich gleich testen, ob ihre Gardinenpredigt gewirkt hat.“
     „Hey, ich bin nichts für einen Testlauf!“
     „Freddy, so habe ich das nicht gemeint. Komm sei gut.“
     Frederike blieb spontan stehen, legte ihm beide Hände um den Nacken und zog ihn zu sich heran. Sie drückte ihm einen Kuss auf den Mund. „Ich bin gut“, sagte sie danach.
     „Danke Freddy. Vom zimperlichen Mädchen ist nichts übrig geblieben.“ Wolfgang lachte, nachdem er das gesagt hatte. „Weißt du, was wir jetzt machen? Wir gehen zur Promenade, kaufen uns dort Eishörnchen, setzen uns auf eine Bank und schauen den vorbeifahrenden Schiffen zu.“
     „Sowas machen eigentlich Teenager, aber die Idee ist gut.“
     „Teenager würden sich auf die Böschung setzen.“
     „Gut, wir setzen uns auf die Böschung!“

Sie halfen sich gegenseitig, die steile Böschung zum Strom hinunterzusteigen. Zum Glück war das Gras frisch gemäht, so hatte Wolfgang kein Problem zu überprüfen, ob sie sich hinsetzen konnten, ohne auf der Hundescheiße zu landen. Frederike war beim Abstieg froh, dass sie Wolfgang davon überzeugt hatte lieber Eisbecher zu nehmen. Nachdem sie sich gesetzt hatten, stellte sie sich vor, wie es ausgesehen hätte – zwei alte Leute, auf der steilen Böschung jonglierend, mit Eishörnchen in den Händen. Lächerlich, fand sie und grinste. „Was grinst du so?“ „Zwei Tattergreise jonglieren Eishörnchen, das hätte ich sehen mögen.“ Ohne sich weiter um Wolfgang zu kümmern, nahm sie den Plastiklöffel in die Hand und aß von ihrem Eis. Auch Wolfgang widmete sich seinem Eisbecher und dachte darüber nach, wie es sich weiter entwickeln würde. Eine Zeit lang saßen sie schweigend nebeneinander, einige Schiffe fuhren vorüber, meist Schubeinheiten und einmal fuhr ein Kreuzfahrtschiff stromaufwärts. Frederike lehnte sich leicht an Wolfgang an, das erzeugte bei ihm ein Gefühl aufsteigender Wärme. Schließlich fand Frederike, es sei genug geschwiegen worden.
     „Wölfi, ich finde es schön, mit dir zusammenzusitzen, aber hast du eine Idee, wie es jetzt mit uns weitergeht?“
     „Nicht so richtig, anbaggern habe ich lange nicht mehr geübt. Genau genommen seit fast sechzig Jahren nicht mehr. Ich wünsche mir mehr Nähe zu dir, aber du hast gesagt, du bist nicht auf Partnersuche.“
     „Braucht es denn zu mehr Nähe direkt eine Partnerschaft?“
     „Ich glaube nicht, Freddy. Aber ich habe schon einmal alles, was zwischen uns war, kaputt gemacht. Bist du nach Georg in anderen Partnerschaften gewesen?“
     „Was ist das denn für ein gedrechselter Satz? Nein Wölfi, ich habe immer allein gelebt. Zieh keine falschen Schlüsse daraus. Ich habe nicht als Nonne gelebt, es war einfach nie so, dass es für eine längere Beziehung gereicht hat.“
     „Würdest du denn mit mir eine längere Beziehung eingehen, Freddy?“
     „Wölfi! Woher soll ich das wissen? Das müsste sich ergeben.“
     „Und wenn ich dir jetzt sage, ich wäre gerne mit dir allein?“
     „Das wäre guter Anfang, Wölfi.“
     „Gut, dann komm Freddy, wir gehen wieder in den Schlosspark, da sind weniger Leute.“
     Sobald sie wieder auf einem der schattigen Wege im Schlosspark waren, legte Frederike ihre Hand in seine Hand. Wolfgang führe sie durch die ruhigsten Teile des Parks, einmal hielt er an und küsste Frederike auf die Stirn. Als ihm keine weiteren Wege im Park mehr einfielen, lenkte er seine Schritte wie unbeabsichtigt zur Freitreppe. Dort blieb er stehen und zum ersten Mal, seit sie zurück im Park waren, sprach er wieder. „Erinnerst du dich? Wir haben auf der Treppe einmal geknutscht.“
     „Ich habe es nicht vergessen, Wölfi. Ich habe überhaupt nichts von dem vergessen, was wir zusammen getrieben haben. Aber du erwartest jetzt nicht, dass wir auf der Treppe knutschen?“
     Wolfgang lachte, „nein, ich möchte mit dir allein sein. Bitte lach nicht, aber ich würde mich unwohl fühlen, wenn ich dich für das Alleinsein mit zu mir nähme.“
     Frederike drückte Wolfgang auf eine Bank und setzte sich neben ihn. „Wölfi, ich habe kein Problem dich mit zu mir zu nehmen. Ich muss nur etwas klarstellen. Ich hatte seit fünfzehn Jahren keinen Sex mehr und ich bin eine alte Frau. Wenn ich auch Bedarf nach körperlicher Nähe verspüre, ich glaube nicht, dass ich die sexuelle Vereinigung noch genießen kann.“
     Wolfgang griff nach ihrer Hand. „Freddy, du bist sehr offen, das macht es mir leichter, die richtigen Worte zu finden. Ich bin durchaus noch in der Lage, mit einer Frau zu schlafen. Aber Freude? Eher Frust, wenn ich im entscheidenden Augenblick einen Wadenkrampf bekomme. Gegenseitiges Streicheln bringt die gewünschte Befriedigung bei beiden und erzeugt keinen Wadenkrampf.“
     „Überall streicheln?“
     „Überall, wo du es möchtest, Freddy.“
     „Genug philosophiert, komm, wir fahren zu mir. Unterwegs kaufen wir uns etwas, damit wir kochen können. Du isst Fleisch oder bist du Vegetarier?“
     „Nein, ich esse zwar selten Fleisch, da ich gerne Gemüse koche oder zu Aufläufen verarbeite. Wonach wollen wir denn Ausschau halten, Freddy?“
     „Wir könnten uns ein Hähnchen gönnen und im Ofen garen. Einverstanden Wölfi?“
     „Ja, gerne. Kartoffeln dazu wären gut. Wenn du magst, ich habe noch eine Portion Erbsen im Gefrierschrank.“
     „Gut, wir halten bei dir an, Erbsen mag ich gerne.“

Wolfgang ging nur kurz hinein und nahm die zubereiteten Erbsen aus dem Gefrierschrank. Er überlegte dabei, ob sonst noch etwas nützlich sein könnte, um den Tag mit Frederike zu gestalten. Er entschied sich für eine Flasche roten Sekt. Ihm fiel ein, er hatte gar keine Vorstellung, ob sie Alkohol trank. So packte er den Sekt in eine Einkaufstasche und legte die Plastikdose mit den Erbsen obenauf, damit er Frederike nicht verschreckte. Er zweifelte nicht daran, dass gegenseitige Zuneigung vorhanden war, aber er sah es als schwierig an, nach einer Zeit, die fast ein Menschenleben umfasste, einer Beziehung wieder neues Leben einzuhauchen.

„Freddy, ich fahre mit dem Bus nach Hause. Dann können wir jetzt gemeinsam zu dir fahren“, sagte er, als er sich wieder auf den Beifahrersitz setzte.
     „Klug gedacht“, antwortete Frederike und fuhr ab.
     „Ich fühle mich wohl in deiner Nähe. Ich war einfach auf meinen Vorteil bedacht.“
     „Ach komm schon. Du hast nicht nur Erbsen in deiner Tasche!“
     „Du hast mich durchschaut! Du magst Sekt?“
     „Ja, Wölfi.“
     „Gib Gas – der Sekt muss noch gekühlt werden.“
     „Du bist jeck, ich habe keine Lust auf ein Knöllchen. Es sei denn, du zahlst.“

Sie bereiteten gemeinsam das Essen zu und alberten ab und zu miteinander. Als Frederike sah, dass das Hähnchen fast fertig war und auch die Kartoffeln kochten, drückte sie Wolfgang zwei Teller in die Hand und schickte ihn zum Tischdecken in das Wohnzimmer. Besteck befände sich in der Anrichte, rief sie ihm hinterher. Wolfgang winkte zum Zeichen, dass er verstanden hatte. Als Wolfgang wieder in die Küche kam, schüttete Frederike die Kartoffeln ab, drückte Wolfgang die Geflügelschere in die Hand und bedeutete ihm, er solle das Hähnchen halbieren. Sie selbst stellte die Erbsen in die Mikrowelle. Als alles auf dem Tisch verteilt war, zog Wolfgang einen Stuhl zurück, damit Frederike sich leichter hinsetzen konnte. Frederike lachte. „Machst du das immer?“, fragte sie. Wolfgang verzog den Mund zum Grinsen und antworte, „nein, nur bei einer neuen Frau.“ „Du bist vielleicht ein Blödmann“, sagte Frederike und setzte sich. Sie aßen zuerst schweigsam, als sich Wolfgang noch einmal Kartoffeln nahm, sah er dabei Frederike auffordernd an.
     „Danke Wölfi, ich habe genug.“
     „Wir haben, glaube ich, auch beide ordentlich zugelangt. Wir könnten den Rest des Hähnchens morgen kalt essen.“
     „Du hast Ideen! Morgen willst du also wieder bei mir erscheinen?“
     „Nur, wenn du es möchtest, Freddy.“ Wolfgang war anzusehen, dass er auf eine positive Antwort hoffte.
     „Und wenn ich sage, dass ich morgen anderes vorhabe?“
     „Echt, Freddy?“
     „Nein, Wölfi, ich würde mich freuen, wenn wir den Tag gemeinsam verbringen. Ich gebe dir einen Rat. Bring Sachen zum Rasieren mit – nur für den Fall der Fälle. Alles andere, was du zur Körperpflege benötigst, habe ich vorrätig.“
     „Das ist ein Angebot, dass ich nicht ausschlagen kann. Soll ich wieder etwas zum Trinken mitbringen, Freddy?“
     „Das musst du selbst wissen, Wölfi. Bevor wir aber über weiteres sprechen, heißt es abräumen und die Spülmaschine befüllen.“
     „Vornehm, vornehm, bei mir wird von Hand gespült.“
     „Ihr habt keine Spülmaschine?“
     „Nein, Elsa wollte keine und sagte, sie wäre mit ihrer Spülmaschine verheiratet.“

Sie machten es sich danach auf der Couch gemütlich. Wolfgang hatte den Sekt entkorkt und für jeden ein Glas gefüllt. Sie tranken in kleinen Schlucken und Wolfgang konnte nicht anders, als Frederike eingehend zu betrachten. Er erinnerte sich, dass sie ihre Haare früher lang wallend getragen hatte. Er war damals total verschossen in ihr Haar gewesen, heute aber fand er, die Kurzhaarfrisur stand ihr ausgesprochen gut. Sein Blick glitt tiefer, ihre Brüste hatte er kleiner Erinnerung. Vielleicht lag das daran, dass sie damals noch sehr jung gewesen war und sich ihre Figur noch nicht ganz ausgebildet hatte, dachte er. Er war sich aber nicht sicher, ob ihm bei dieser Betrachtung einfach seine Erinnerung einen Streich spielte. Ihr Bauch war flach, erst jetzt, wo sie lässig auf der Couch saß, nahm der Bauch eine etwas kugelige Form an. Aus ihrer vier Fünftel langen Hose, die sie angezogen hatte, nachdem sich angekommen waren, ragten zwei muskulöse Unterschenkel heraus, ein Zeichen, dass sie viel zu Fuß ging. Einige Krampfadern zogen sich entlang der Unterschenkel, er hielt das für normal in ihrem Alter. Wolfgang riss sich gewaltsam aus seinen Betrachtungen, Frederike hatte zwar offensichtlich nichts davon bemerkt, aber er hielt sein Verhalten für unpassend. Er füllte die inzwischen geleerten Gläser und legte anschließend eine Hand auf Frederikes Arm. Sie lächelte ihn an und trank einen Schluck Sekt.
     „Wölfi, ich glaube, du bist dabei dich zu vergucken.“ Frederike schaute Wolfgang frech ins Gesicht. Er merkte, wie ihm die Röte ins Gesicht stieg, er fühlte sich ertappt.
     „Tut mir leid, Freddy!“
     „Was tut dir leid?“, fragte Frederike leicht verwirrt.
     „Es tut mir leid, dass ich dich so unverhohlen betrachtet habe.“
     „Mein Gott, vielleicht hatte ich vorhin doch recht, als ich dich einen Blödmann genannt habe, deine Blicke haben mir gutgetan.“
     „In Ordnung, ja ich bin dabei mich in dich zu vergucken.“
     „Bitte lass uns langsam vorgehen, was du zur körperlichen Liebe gesagt hast, ist einleuchtend. Ich muss nur herausfinden, was ich mag und was für mich nicht geht.“
     „Ich werde vorsichtig sein, ich verspreche es.“ Wolfgang zog Frederike in seine Arme.

Am Ende des Abends verabredeten sie sich für den kommenden Nachmittag, sie wollten gemeinsam für das Abendessen einkaufen und anschließend eine Wanderung auf dem Rheindeich unternehmen. Für eventuelles Regenwetter, machte Wolfgang den Vorschlag, statt der Wanderung die Mahn- und Gedenkstätte in der Altstadt aufzusuchen. Wolfgang ging danach beschwingt in Richtung Bushaltestelle. Die Frau, die er beim Abschied in seine Arme genommen hatte, hatte sein Herz gewärmt. Seine Hoffnung war, dass sich etwas entwickelte, etwas, um seine Trauer über Elsas Tod in geordnete Bahnen zu leiten. Elsa, das war seine große Liebe gewesen. Er hatte ihn überwältigt, damals, als er auf sie getroffen war. Die Liebe hatte all die Jahrzehnte überdauert, aber Elsa war nun tot. Ulrike hatte ihm die Leviten gelesen, er wusste, Elsa hätte die gleiche Meinung vertreten. Vorbehaltlos wollte er in die neue Beziehung gehen, das war sein fester Vorsatz. Als er die Wohnungstür aufschloss, klingelte das Telefon. Bis er ins Wohnzimmer gelangte, hatte der Anrufer aufgelegt, aber der Anrufbeantworter blinkte. Er drückte die Wiedergabetaste, Ulrike bat um seinen Rückruf. Er schaute nach, wer zuletzt angerufen hatte, es war auch Ulrike. So wählte umgehend ihre Nummer, Ulrike hob bereits nach dem zweiten Klingeln ab.
     „Guten Abend, Papa“, schallte es fröhlich aus dem Telefon.
     „Guten Abend mein Schatz, ich hatte Sorge, es wäre etwas Ernsthaftes vorgefallen, aber deine Stimme klingt fröhlich.“
     „Du bist nicht zu erreichen, Papa. Wandelst du auf Freiersfüße?“
     „Wieso?“
     „Papa! Schon vergessen? Du hattest mir von einer Frau namens Freddy erzählt.“
     „Ich bin nicht dement, Ulrike!“
     „Gut! Dann frage ich jetzt, hat mein Vortrag geholfen?“
     „Mein Schatz, ich könnte jetzt sagen, das geht dich nichts an. Du hast uns schließlich auch nicht gesagt, mit wem du ins Bett gehst.“
     „Papa, du bist ein Blödmann! Entschuldige bitte, ich wollte nicht respektlos sein.“
     „Schon verziehen, Freddy sagt auch, ich sei ein Blödmann.“
     „Heißt das, es wird nichts mit euch?“
     „Nee, wir sind uns inzwischen sehr nahe.“
     „Stellst du uns Freddy vor?“
     „Ich kann sie einladen, wenn wir das nächste Mal skypen, wenn ihr das möchtet.“
     „Ja gerne, Papa. Meinst du, sie möchte das auch?“
     „Ich werde sie fragen. So einfach ist das, mein Schatz.“
     „Du Papa?“
     „Ja Schatz!“
     „Ein wenig fürchte ich, dass wir uns vielleicht nicht mögen. Wird das unserer Beziehung schaden?“
     „Hör zu Ulrike! Das wäre jetzt reden über ungelegte Eier. Ihr werdet euch zumindest nicht unsympathisch finden und das ist doch ein guter Anfang. Mach dir erst einmal keine Sorgen. Lassen wir es einfach auf uns zukommen.“
     „In Ordnung, Papa! Aber jetzt wird es Zeit für mich, ich habe morgen Frühschicht.“
     „Dann, mein Schatz, wünsche ich dir jetzt eine gute Nacht und grüße Jean von mir.“
     „Gute Nacht, Papa. Ich werde deine Grüße ausrichten.“

Wolfgang fühlte sich beschwingt, nachdem das Gespräch beendet war. Eigentlich hatte er vorgehabt, sich sofort zu Bett zu begeben und dort noch etwas zu lesen. Jetzt aber ging er zur Stereoanlage und ließ baskische Volksmusik ertönen. Er öffnete entgegen seiner sonstigen Gewohnheit noch eine Flasche Wein und goss sich ein Glas davon ein. Er setzte sich auf die Couch, trank aus dem Glas und träumte davon, wie es sich entwickeln konnte. Die Musik ließ ab und an etwas Traurigkeit aufsteigen. Er war kein Tänzer und hatte sich zeitlebens vor dem Tanzen gedrückt. Für Elsa war das während all ihrer gemeinsamen Jahre eine traurige Angelegenheit gewesen. Er hatte es aber nie geschafft, ihr in diesem Punkt entgegenzukommen. Dann hatte ihnen aber Ulrike eine CD mit baskischer Folklore geschenkt. Sie waren beide begeistert gewesen, als sie erstmals diese Melodien hörten. Dann, eines Abends, an dem sie sich noch näher waren, als sie es eigentlich immer waren, hatten sie sich von der Couch erhoben und zu dieser Musik getanzt. Er lächelte bei dem Gedanken an das Tanzen. Ihm war klar, sein Tanzstil glich eher dem eines Tanzbären, als dem eines tanzenden Menschen, aber an diesem Abend hatten sie getanzt, bis sie außer Atem waren. Ihm fiel ein, er wusste nicht, ob Frederike tanzte. Er wollte das klären, damit sie von seinem Unvermögen nicht im ungeeigneten Moment erfuhr. Er verdrängte den Gedankengang schnell wieder und lauschte weiter der Musik. Als die CD abgelaufen war, war er immer noch aufgekratzt, so suchte er eine weitere CD aus. Irische Folklore erschallte aus den Lautsprechern, während Wolfgang seinen Traum träumte. Später startete er noch einmal sein Notebook und schrieb Ulrike ein Mail, in der er mit liebenden Worten ausdrückte, wie sehr er es schätzte, eine solche Tochter zu haben.

Am frühen Nachmittag machte sich Wolfgang auf den Weg zu Frederike. Da kein Regen in Sicht war, hatte er kurz entschlossen sein Fahrrad aus dem Keller geholt. Eine Flasche Riesling und Elsas elektrischen Rasierapparat hatte er in seinen Rucksack gelegt. Er fuhr ohne Eile entlang eines Bachlaufs, vorbei an der Stelle, an der er und Frederike einmal als Nachbarskinder gelebt hatten. Dort wo früher das Haus und ein großer Obstgarten gewesen waren, befand sich heute ein LKW-Parkplatz. Wolfgangs Erinnerung war etwas verschwommen, es fiel ihm nicht ein, ob sie als Kinder gemeinsam im Obstgarten gespielt hatten. Nur den Obstgarten, damals von einer hohen Ziegelmauer umgeben, konnte er sich bildhaft vorstellen. Er hatte sich mit dem Kettenhund, der den Obstgarten bewachte, angefreundet. Da der Obstgarten groß und unübersichtlich war, war es dadurch möglich, dass seine Klassenkameraden zur Reifezeit, in aller Ruhe Äpfel stehlen konnten. Wo all die Freunde abgeblieben waren, war ihm unbekannt. Nur noch mit einem der damaligen Freunde stand er Kontakt, wenn sie sich trafen und der alten Zeiten gedachten, konnten sie immer noch über diesen Coup lachen.

Das ist alles so lange her, dachte Wolfgang. Solange sie im gleichen Haus gelebt hatten, hatte er Freddy als junge Frau kaum wahrgenommen. Sie hatten sich erst ineinander verliebt, als er mit seinen Eltern in die Innenstadt gezogen war. Zufällig hatten sie sich einmal auf der Straße getroffen, als er seinen Schulfreund besuchte, der damals an der Hinterseite des Obstgartens mitten in den Feldern lebte. Er hatte sie ins Kino eingeladen und nach dem Kino waren sie sich näher gekommen, so hatte alles angefangen.

Frederike stand in der Küche und staunte, als Wolfgang mit dem Fahrrad ankam. Sie gab ihm den Garagenschlüssel und sagte, er solle sein Fahrrad in die Garage bringen und nahm ihm den Rucksack ab. Wolfgang bat sie, die Flasche Wein aus Rucksack nehmen und in den Kühlschrank stellen. Als Wolfgang von der Garage zurückkam, hatte Frederike auf dem Küchentisch zwei Tassen mit Kaffee bereitgestellt und eine Schüssel Kekse dazwischen platziert. Wolfgang umarmte sie, bevor sie sich an den Tisch setzten, und gab ihr einen Kuss auf den Hals. In beiden stieg Wärme auf. Später gingen sie gemeinsam spazieren. Nach einiger Zeit legte Wolfgang Frederikes Hand in seine Hand. Er erhielt einen dankbaren Blick dafür. Es ging aber nicht lange gut, sich bei den Händen zu halten. Es war eine Erfahrung, die Wolfgang schon in den letzten Jahren gemacht hatte, wenn er mit Elsa Hand in Hand gegangen war. Nach einer kurzen Strecke schmerzte ihm dann der Arm. Ein paar Schritte hielt er noch durch, dann nahm der Schmerz überhand.
     „Tut mir leid, Freddy. Das ist eine Alterserscheinung. Händchen halten ist eher etwas für junge Leute.“ Wolfgang verzog sein Gesicht zu einem schiefen Lächeln.
     Frederike gab ihm einen leichten Stoß und sagte unter Lachen, „ich weiß schon, dass ich mir keinen jugendlichen Liebhaber eingefangen habe. Aber das Gefühl, dich an meiner Seite zu haben, finde ich überwältigend.“
     „Das sind Worte, die mein Herz erwärmen. Komm, wir gehen über den Friedhof zurück zu dir.“
     „Gehst du oft auf den Friedhof?“
     „Nein, nie, nur zum Spaziergang.“
     „Du besuchst nie das Grab deiner Frau?“
     „Es gibt kein Grab, Freddy. Elsa wünschte an unbekannter Stelle beigesetzt zu werden. Ulrike und ich, wir haben dann beschlossen, ihre Asche im Ozean zu verstreuen.“
     „Wirklich?“
     „Ja, wir haben der Einfachheit halber den Leichnam im Ausland kremieren lassen. Ich habe die Urne in den Kofferraum gepackt und bin zu Ulrike gefahren. Wir sind an einem Tag mit wenig Brandung zu unserem Lieblingsstrand gegangen, haben uns ausgezogen, sind ein Stück weit in Wasser gegangen und haben die Asche vom Wind forttragen lassen. Ich hatte eine Urne aus Salz, so haben wir die leere Urne einfach ins Wasser geworfen, wo sie sich in kurzer Zeit aufgelöst hat.“
     „Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll, aber mir könnte es auch gefallen, spurlos zu verschwinden.“
     „Ich habe Ulrike das Versprechen abgenommen, mit meiner Asche ebenso zu verfahren. Nur eine Bedingung ist daran geknüpft, sollte ich noch einmal in einer Partnerschaft leben, so soll meine Partnerin die Entscheidung treffen, ob das so geschieht.“
     „Ich habe mir noch nie Gedanken über mein Ableben gemacht. Eigentlich ist mir gleichgültig, was danach geschieht. Ein Testament habe ich, mein ganzer Besitz geht an die Kinderkrebsklinik.“
     „Komm, Freddy! Lassen wir für heute das Thema Sterben ruhen. Wir befinden uns an der Schwelle zu etwas Neuem. Ich habe gestern spät noch mit Ulrike telefoniert. Eigentlich skypen wir jeden Sonntag und so laden wir dich ein, am Sonntag an unserem Videotelefonat teilzunehmen. Dann habt ihr schon einmal einen ersten Eindruck voneinander.“
     „Eh, ist es dir so ernst?“
     Wolfgangs Stimme klang jetzt belegt, „Freddy, es ist mir sehr ernst!“

Frederike guckte sich um, ob sie allein zwischen den Gräbern waren. Sobald sie sicher war, dass sie allein waren, kuschelte sie sich an Wolfgang an, sie sprach ganz leise, aber bestimmt zwei Worte – mir auch! Wolfgang hatte nach diesen Worten das Gefühl, sein Herz gerate außer Takt und er musste einige Male tief Luft holen, um seine Gefühle unter Kontrolle zu bringen. Als er sich wieder gefangen hatte, legte er seine Arme um Frederike und drückte sie an sich. Frederike stiegen Tränen in die Augen. Sie gingen tiefer in das Gräberfeld hinein, bis sie auf einen der Hauptwege nahe Kapelle und Krematorium kamen, dort wendeten sie in Richtung Hintereingang. Sie kamen an einer Reihe historischer Gräber vorbei und wandten sich dann in Richtung des niederländischen Ehrenfeldes. Für Frederike war dieser Teil des Friedhofs neu, sie zeigte sich erschüttert über die endlosen Reihen weißer Grabplatten mit den Namen und Daten während des Krieges im Reichsgebiet umgekommener Niederländer. Schließlich zog Wolfgang sie weiter, er wollte den Zauber des Tages nicht durch Gedanken an eine blutige Vergangenheit zerstören. Ihm war klar, wenn sie einmal bei seinen intensiven Gesprächen mit Ulrike zugegen war, würde sie noch genug von seinem Verhältnis zur Vergangenheit mitbekommen. Aber bitte nicht jetzt, dachte er.

Am Abend schauten sie zuerst die Tagesschau und bereiteten sich dann eine Pfanne Bratkartoffeln zu. Sie setzten sich am kleinen Küchentisch an gegenüberliegende Seiten, während sie die Kartoffeln aßen. Wolfgang schaute Frederike verliebt an, die fragte ihn schließlich, ob er ein Glas Wasser möchte. Da Wolfgang den Mund voll Kartoffeln hatte, nickte er zustimmend. Frederike stand auf, aber statt Gläser und Wasser zu holen, hielt sie bei Wolfgang an, strich ihm einmal über die Haare und versetzte ihm dann einen freundschaftlichen Stoß. „Es ist dir aber klar, dass du dich selbst bedienst, wenn du Durst hast. Wenn deine Aussage zu unserem Verhältnis zueinander stimmt, dann kannst du hier nicht den Gast spielen“, sagte sie dazu. Wolfgang, der seinen Bissen inzwischen geschluckt hatte, legte ihr einen Arm um die Hüften und drückte sein Gesicht an ihren Bauch. Danach sagte er, „dann setz dich ganz schnell wieder hin, ich hole Gläser und Wasser.“ „Dann mach hin, ich habe Durst!“ Frederike setzte sich wieder, während Wolfgang sich um das Wasser kümmerte. Nach dem Essen saßen sie weiter am Tisch und schauten aus dem Fenster. Wolfgang hatte eine Hand über den Tisch ausgestreckt und Frederike hatte ihre Hand in die seine gelegt, dann schlug sie vor, noch einen kleinen Rundgang durch den Park zu machen. Da der Park nicht sehr ausgedehnt war, gelang es Wolfgang, bis zum Mahnmal sie bei der Hand zu halten. Sie hielten dort an und Wolfgang zog Frederike in seine Arme. Er zog sie dann ein Stück weiter, er wollte nicht an diesem Ort des Gedenkens seine leidenschaftlichen Gefühle ausleben. Wieder hielt er an, Frederike fühlte sich warm und weich in seinen Armen an. Er drückte ihr einen leidenschaftlichen Kuss auf den Mund, bevor sie weiter gingen.

Frederike ging ins Bad, sobald sie die Wohnung betreten hatten, sie kam nach kurzer Zeit, mit einem leichten Morgenmantel bekleidet wieder hinaus. „Wenn du es dir auch bequem machen möchtest, mein Bademantel dürfte dir passen, er hängt im Bad. Ich gehe in die Küche und hole den Wein“, sie grinste bei diesen Worten und verschwand in der Küche. Wolfgang war zwar überrascht, musste sich aber selbst eingestehen, dass das, was Frederike jetzt tat, seinen Wünschen entgegenkam. So ging er ins Bad, zog sich aus, machte sich frisch und zog den Bademantel über. Der Bademantel passte ihm ganz gut, ein wenig zu eng, wenn er den Gürtel zumachte, fand er. Mit offenem Gürtel ging es, er zog sicherheitshalber seinen Slip wieder an. Nur nicht mit der Tür ins Haus fallen, dachte er dabei. Als er ins Wohnzimmer kam, hatte Frederike bereits den Wein eingeschenkt, auf einem Dessertteller hatte sie dünn geschnittene Schinkenscheiben und Käse drapiert. Mit einem Kopfnicken in Richtung Fernsehapparat, deutete sie die Frage an, ob Wolfgang Fernsehen wollte.
     „Nein, ich möchte, dass wir uns unterhalten, Freddy“, war seine Antwort, dazu verzog er sein Gesicht zu einem Grinsen.
     „Dann setz dich bitte hin und steh nicht so unschlüssig im Zimmer herum.“ Auch Frederike grinste.
     „Meine liebe Freddy, ich freue mich, bei dir zu sein“, Wolfgang erhob sein Glas, nachdem er sich zu Frederike auf die Couch gesetzt hatte. Sie stießen einmal kurz an und tranken vom Wein. „Der Wein ist dir nicht zu trocken?“, fragte Wolfgang und setzte sein Glas ab.
     „Ich bin zwar keine Weinkennerin, aber ich bevorzuge trockene Weine. Du darfst gerne vom Schinken und vom Käse nehmen. Ich habe noch mehr davon im Kühlschrank.“
     „Ich nehme gerne, du bist ein Schatz.“

Wolfgang trank noch einmal an seinem Glas, rollte danach eine Scheibe Schinken zusammen und knabberte daran. „Wo hast du diesen Schinken her? Mein Schatz.“ „Das verrate ich dir nicht, Wölfi.“ Wolfgang grinste und aß den Rest der Schinkenscheibe. Vorsichtig rutschte er näher an sie heran und legte ihr eine Hand auf den Oberschenkel. Frederike ließ ihn gewähren, rutschte noch näher an Wolfgang heran und lehnte sich bei ihm an. Als er seine Hand näher zu ihrem Körper hin führte, war für ihn es unverkennbar, sie war unter dem leichten Mantel unbekleidet. Obwohl er verstand, dass sie sich ihm auf keinen Fall entziehen würde, ging er weiter vorsichtig vor. Schließlich wurde Frederike aktiv, streichelte zuerst seine Wangen, rutschte schließlich mit der Hand tiefer und schob die Hand zwischen den Revers des Bademantels hindurch auf seinen Brustkorb. Sie führte die Hand weiter nach unten, beim Bauchnabel hielt an und führte dort leicht streichelnde Bewegungen aus. Wolfgang reagierte leicht kitzlig, ließ sich aber bereitwillig auf die Berührungen ein. Schließlich öffnete Frederike den nur lose gebundenen Knoten des Bademantels und legte die Hand zwischen seine leicht gespreizten Beine. Sie kraulte durch den Stoff des Slips Wolfgangs Hoden, was bei ihm zu einem lustvollen Stöhnen führte. „Komm Wölfi, wir legen uns auf das Bett, das ist sicher bequemer für uns“, sagte Frederike schließlich. Ohne auf Wolfgangs Antwort zu warten, erhob sie sich und ging zum Schlafzimmer, Wolfgang folgte ihr umgehend. Sie schlug die Bettdecke zurück, wandte sich dann um und zog Wolfgang den Bademantel von den Schultern, er ließ sich danach rückwärts auf das Bett fallen. Sie legte sich mit geöffnetem Morgenmantel neben ihn, drehte sich auf die Seite und kraulte wieder seine Hoden. Wolfgang genoss die Berührungen leise stöhnend, hielt aber schließlich ihre Hand fest und gab ihr einen Kuss.
     „Mein Schatz, hast du Gleitgel im Haus?“
     „Was ist das, Wölfi?“
     „Gleitgel erleichtert alten Menschen den Sex. Wenn ich es mir auf dem Penis verteile, schützt es mich davor, beim Reiben wund zu werden. Sollte es dazu kommen, dass wir uns vereinigen, hilft es dir bei Scheidentrockenheit.“
     „Dann, Süßer, werden wir einmal einkaufen müssen. Aber jetzt? Die Geschäfte haben geschlossen.“
     „Wenn ich nicht in dich eindringe, reicht Bodylotion.“
     „Hab ich, ich hole sie aus dem Bad!“

Frederike kam unbekleidet aus dem Bad zurück, die Flasche mit der Lotion hielt sie wie eine Trophäe hoch. Darüber kam Wolfgang ins Grinsen, streckte die Hand aus und zog sie zu sich heran, als sie diese ergriff. „Zimperlich bist du nicht mehr“, flüsterte er, als sich ihre Gesichter nahekamen. Frederike versetzte ihm einen leichten Knuff und legte sich so, dass sie Wolfgang auf den Brustkorb küssen konnte. Vorsichtig schob sie eine Hand unter seinen Slip und kraulte ihm die Schamhaare. Wolfgang schob den Slip schließlich nach unten, griff nach der Lotion und verteilte eine kleine Menge davon auf der Eichel. Frederike drückte sich einen kleinen Klecks Lotion auf die Hand und griff nach dem Penis, auf dem sie unter leichter Massage die Lotion verteilte. Wolfgang drückte die Hand auf ihre Vulva und stimulierte die Klitoris. Ein Zittern lief durch Frederike, sie ließ sich zurücksinken und gab sich ganz ihren Gefühlen hin. Schließlich geriet sie richtig in Ekstase und als sie meinte es nicht mehr aushalten zu können, drehte sie sich so, dass wieder nach Wolfgangs Penis greifen konnte. Die leichte Massage ließ den Penis schnell erigieren und als sie mit der anderen Hand über die Schamhaare und den Hodensack strich, kam Wolfgang zum Höhepunkt. Er griff nach einem Papiertaschentuch und ejakulierte in das Tuch. Ermattet sanken beide zurück und sich bei den Händen haltend lagen sie fast bewegungslos auf dem Bett.

„Wenn du meine Hand loslässt, hole ich uns Wein, meine Süße.“ Sagte Wolfgang nach einiger Zeit.
     „Einen kurzen Augenblick noch, Wölfi. Ich möchte den Traum weiterträumen.“
     „Wenn wir uns nicht verkrachen, werden wir noch oft träumen können.“
     „Wir haben uns nie gezankt, warum sollten wir das jetzt tun? Du bist ein Blödmann. Hast du wenigstens den Rasierapparat mitgebracht?“
     „Ja Süße, hätte ich sonst nicht bleiben dürfen?“
     „Ich sag’s doch – Blödmann! Du hättest auch ohne Rasierer bleiben dürfen, aber du bekämst am Morgen keinen Kuss von mir und du dürftest mich auch nicht küssen.“
     „Oh, jetzt ein Glas Wein?“
     „Ja!“

Wolfgang stand auf und ging ins Wohnzimmer. Tiefe Zufriedenheit hatte sich in ihm ausgebreitet. Im Wohnzimmer stellte er sich kurz an das Fenster und schaute auf den Park, seine Gedanken in diesem Moment galten Elsa, er wusste, seine Verliebtheit war das, was sie sich für ihn wünschen würde. Er riss sich von den Gedanken los. Er empfand, in diesem besonderen Augenblick wäre es Verrat – Verrat an den beiden Frauen, die er liebte. So griff er nach der Weinflasche und den beiden leeren Gläsern und ging zurück ins Schlafzimmer. Frederike erwartete ihn mit einem freudigen Lächeln. Wolfgang setzte sich auf die Bettkante und schüttete den Wein in die Gläser, die er auf den Nachtisch gestellt hatte. Er tauchte einen Zeigefinger in sein Glas, tupfte mit dem feuchten Finger auf eine von Frederikes Brustwarzen, beugte sich zu ihr hinunter und sog an der feuchten Brustwarze. Frederike reagierte kitzlig und nannte ihn einen Spinner. Wolfgang tat empört und sagte, sie täte ihm Unrecht, denn er täte es aus Liebe. Beide lachen, Frederike setzte sich auf und sie tranken ihren Wein.
     „Du machst eine gute Figur für einen Mann im achtzigsten Lebensjahr, Süßer.“
     Wolfgang lachte. „Das Kompliment gebe ich gerne zurück. Angezogen, wie auch nackt bist du eine absolut gut aussehende Frau.“
     „Ach komm, alles ist schlaff und wenn ich die Orangenhaut auf meinen Oberschenkeln betrachte, würde ich mich am liebsten sofort anziehen.“
     „Mein Schatz! Bitte tu das nicht. Dein Anblick erfreut meine Augen.“
     „Süßer, du bist blind vor Liebe.“

Als Antwort kuschelte sich Wolfgang an Frederike an, entwand ihr das Weinglas und drückte sie wieder auf die Matratze. Er legte sich neben sie und Frederike legte ihren Kopf auf seine Brust. Liebevoll streichelte Wolfgang ihre Pobacken, Frederike hielt ganz still und stieß dabei schnurrende Geräusche aus. Nach einer halben Stunde fand sie, es sei genug gekuschelt. Sie stand auf, ging ins Bad und zog ihren Morgenmantel wieder an. Wolfgang gab sich enttäuscht, schlüpfte aber auch wieder in den Bademantel. So intim wie sie jetzt miteinander waren, fand er ein Slip sei überflüssig. Im Wohnzimmer setzten sie sich nebeneinander auf die Couch, hielten sich bei den Händen und tranken den Rest des Weins. Später zeigte Frederike Wolfgang das Gästezimmer, sie waren aber beide der Meinung, sie könnten das Bett teilen, bis es einem von ihnen zu eng im Bett würde.

Als Frederike in den frühen einmal Morgenstunden erwachte, lag sie allein im Bett. Vorsichtig tastete sie sich im Dunkeln zum Gästezimmer und legte sich zu Wolfgang. Der wurde davon wach, schloss sie in seine Arme und schlief bald darauf wieder ein.

Frederike und Wolfgang hatten am Morgen noch lange beieinander gelegen und später gemeinsam das Frühstück gerichtet. Vor dem Frühstück hatte Frederike die Zeitung aus dem Briefkasten geholt, nach dem Frühstück hatte sie die Zeitung aufgeteilt, Frederike las die Lokalseiten, während sich Wolfgang den Leitartikel las und sich anschließend dem Wirtschaftsteil widmete. Später tauschten sie die Teile der Zeitung und Frederike schüttete Wolfgang noch einmal Tee nach. Als sie sich vom Tisch erhoben, war es fast Mittag, Wolfgang wollte zu Hause vorbeischauen und erbot sich, wenn Frederike auf einen gemeinsamen Abend Lust hätte, für das Abendessen zu sorgen. Frederike, die dabei war, die Spülmaschine zu füllen, stellte sich auf und kuschelte sich bei Wolfgang an und fragte dann, ob er den Rasierapparat bei ihr ließe. Wolfgang nickte und Frederike begleitete ihn zu Tür, wo sie ihm einen Schlüssel für die Garage in die Hand drückte. Er zog sie in seine Arme, küsste sie und wandte sich zum Gehen. Dann drehte er sich noch einmal um und fragte, „du magst Fisch?“ „Ja gerne, Süßer“, antwortete Frederike. An der Haustür hielt Wolfgang kurz inne und winkte, Frederike winkte zurück.

Zu Hause angekommen war Wolfgang aufgewühlt. Mit Freddy hatte er die Nacht verbracht! Er hatte eine Frau in den Armen gehalten und sie hatten sich an den intimsten Stellen berührt. In ihm war das Gefühl, Freddys Berührungen noch immer zu spüren. Es war Donnerstag und seiner Kenntnis nach hatte Ulrike donnerstags frei, so wählte er umgehend ihre Festnetznummer und als sich dort niemand meldete, versuchte er es auf ihrem Handy. Ulrike meldete sich nach dem zweiten Klingeln. „Hallo, Papa“, schallte es aus dem Hörer. Wolfgang fragte nur, ob sie bald zu Hause wäre, Ulrike antworte, sie sei bloß bei Leclerc und wäre in einer halben Stunde zurück. Wolfgang sagte, er würde sie dann anrufen und legte auf. In der Wartezeit, ging er in den Keller und suchte eine Flasche Wein für den Abend aus, dann setzte er sich ins Wohnzimmer und las noch einmal die Zeitung. Mehrmals schaute er auf die Uhr, die Zeit verstrich nur langsam. Nach einer halben Stunde ließ er noch fünf Minuten vergehen, bevor er Ulrike anwählte.
     Ulrike hob sofort ab, „hallo Papa, geht es dir gut?“
     „Ja, mein Schatz, mir geht es sehr gut.“
     „Du rufst nur so an? Uns geht es auch gut. Aber ich denke, du möchtest etwas loswerden.“
     Wolfgang lachte, „das stimmt! Ich habe bei Freddy übernachtet.“
     „Ja?“
     „Wie ja?“
     „Wo ist das Problem, Papa?“
     „Es gibt kein Problem, ich wollte es dir nur mitteilen.“
     „Doch Papa! Du hast ein Problem. Du hast wieder Bedenken.“
     „Du kennst mich wohl gut?“
     „Ja, sicher, ich bin deine Tochter.“
     „Uli, ist es wirklich richtig, was ich tue?“
     „Papa, ich will nicht in dein Intimleben eindringen, aber ich bin fest davon überzeugt, dass auch Menschen deines Alters sexuelle Bedürfnisse haben. Wenn du nun meinst, das wäre Unrecht, dann kann ich nur sagen, du hast es nicht begriffen. Immer hast du mir erklärt, Liebe und Sexualität lägen in der Natur des Menschen und man dürfe und solle das ausleben.“
     „Stimmt schon, aber du bist eine Generation jünger.“
     „Du erliegst jetzt deinen eigenen Vorurteilen, Papa. Du und Mama, ihr seid immer sehr offen gewesen. Ich weiß, ihr habt miteinander geschlafen – bis zum Schluss und jetzt gibt es eine andere Frau, da wirst du die gleichen Träume träumen, wie zu Mamas Zeiten. Zwing mich jetzt nicht wieder Worte zu dir zu sagen, die ich als respektlos empfinde.“
     „Nein, Uli, tu‘ ich nicht. Ich bin nur verunsichert und auf der anderen Seite bin ich sehr glücklich.“
     „Dann lass deinem Glück freien Lauf. Bitte Papa, ich mache mir die wenigsten Sorgen um dich, wenn ich weiß, dass du in Einklang mit deinen Gefühlen lebst.“
     „Ist ja gut. Uli, ich glaube, ich habe mich wirklich verliebt.“
     „Dann, mein lieber Papa, lebe deine Liebe.“
     „Uli, ich habe immer Sorge, du würdest mich irgendwann für mein Begehren verachten.“
     „Wie oft, wie oft muss ich mich wiederholen. Ich werde alle deine Entscheidungen respektieren und gutheißen.“
     „Bitte Uli, wir müssen jetzt Schluss machen, ich muss noch einkaufen. Ich habe Freddy versprochen, für das Abendessen zu sorgen.“
     „Was ist denn dein Plan?“
     „Ich habe ein Geschäft gefunden, das verkauft frischen Fisch, direkt aus Rungis. Ich dachte an eine Dorade aus dem Atlantik.“
     „Gute Idee, da gibt es wirklich fangfrische Fische?“
     „Ja, aber frag nicht nach dem Preis.“
     „Ich kann mir das vorstellen, Papa. Ich benutze jetzt Mamas Worte, das geht alles vom Erbe ab. Papa, ich will nichts, nicht das Geringste, gib dein Geld aus!“
     „Ja, ja, mach‘ ich und wenn ich nichts mehr habe, darfst du mich unterstützen. Ich sage dann einmal, grüße Jean von mir und fühlt euch von mir umarmt. Tschüss, mein Schatz.“
     „Au revoir, Papa und grüße Freddy von uns.“

Wolfgang machte sich auf den Weg, er erstand eine Dorade aus Wildfang im Atlantik. Die Dorade fand er, sei mit ein paar Kartoffeln dazu, ausreichend für zwei Personen. Auf dem Heimweg hielt er bei einem Blumengeschäft an und ließ ich einen handlichen Strauß zusammenstellen. Ein wenig Leerlauf hatte er noch, bevor er zu Frederike fahren wollte. So machte er sich zu Hause daran, seine getragenen Hemden zu waschen. Das Hemd, das er gestern angezogen hatte, zog er auch aus und stopfte es mit den anderen Hemden in die Waschmaschine. Als die Maschine lief, rief er Frederike an.
     „Ich glaube, meine Aussage stimmt, du benimmst dich, wie ein verliebter Primaner“, sagte Frederike, sofort als sie abhob.
     „Ach Freddy, ich bin ehrlich, mich hat es ins Herz getroffen.“
     „Mach halblang. Wir sind noch in der Lehrzeit.“
     „Ich weiß, Schatz, aber ich träume einen schönen Traum. Ich rufe übrigens an, um zu fragen, wann ich kommen kann.“
     „Süßer, du hast das Abendessen. Also spätestens zu der Zeit, die wir vor dem Abendessen benötigen, um das Essen zuzubereiten. Schöner wäre es aber, wenn du so zeitig kommst, dass wir noch gemeinsam Kaffee trinken können.“
     „Noch läuft die Waschmaschine. In einer Stunde könnte ich losfahren.“
     „Alles klar, Süßer. Ich schütte Kaffee auf und Kekse habe ich auch im Haus.“
     „Du hast Knoblauch und frischen Rosmarin?“
     „Knoblauch habe ich, Rosmarin habe ich nur getrockneten.“
     „Ich bringe frischen Rosmarin mit. Soll ich auch Kartoffeln mitbringen oder magst du lieber Reis zum Fisch?“
     „Lieber Kartoffeln, die habe ich selbst, da kannst du dir das Mitbringen sparen.“

     „Freddy?“
     „Ja?“
     „Kann es sein, dass ich wieder zu ungeduldig bin?“
     „Wölfi! Jetzt mach bitte keinen Aufstand! Wenn schon Ungeduld, dann sind wir momentan beide ungeduldig.“
     Wolfgang lachte, „dann ist es gut, ich küsse und ich umarme dich, bis gleich.“
     „Bis gleich, Süßer.“

Wolfgang packte seine Sachen zusammen, unten in die Tasche legte er einen Schlafanzug. Er hatte sich so unpassend nackt gefühlt, nachdem Frederike in der Nacht im Nachthemd zu ihm unter die Decke gekrochen war. Sie hatte sein Unbehagen beim Aufstehen bemerkt und sich schnell das Nachthemd über den Kopf gezogen. Danach hatten sie, sich an den Händen haltend, gegenüber gestanden und Wolfgang hatte sich am Anblick ihrer immer noch wohlgeformten Brüste erfreut. Irgendwann hatte sie sich von seinen Händen gelöst und ihm einen leichten Schubs gegeben. Dabei meinte sie, er solle nicht so begierig gucken, sie schäme sich eigentlich wegen ihrer schlaffen Brüste. Da hatte er sie noch einmal zu sich herangezogen. „Was schlaff ist oder nicht, das lass bitte meine Sorge sein“, flüsterte er in ihr ins Ohr und hielt sie fest an sich gedrückt. „Mein Gott, du bist ein riesengroßer Quatschkopf“, war ihre Reaktion darauf gewesen, beide waren in Lachen ausgebrochen.

Wolfgang fuhr bei Frederike vor und parkte in ihrer Garagenauffahrt. Da Frederike nichts von seiner Ankunft bemerkt hatte, drückte er die Klingel. Frederike öffnete umgehend die Tür, ihrem Gesicht war anzusehen, dass sie freudig erregt war. Wolfgang packte Fisch und Wein in den Kühlschrank, dann folgte er Frederike ins Wohnzimmer. Auf dem Tisch stand duftend ein frisch gebackener Kuchen. Wolfgang überreichte die Blumen, Frederike gab ihm zum Dank einen Kuss. Sie goss den Kaffee ein und beide setzten sich nebeneinander auf die Couch.

„Will mein Schatz uns mästen?“, fragte Wolfgang, als Frederike für jeden ein Stück Kuchen auf den Teller legte.
     „Süßer, ich korrigiere mich, du bist kein Blödmann, du bist aber ein Quatschkopf und ein Spinner. Der Kuchen ist übrigens für mehrere Tage gedacht.“
     „Och, Schatz, ich bin doch ein so lieber Kerl.“
     „Gut, ein lieber Spinner. Jetzt lang zu, wenn wir noch lange herummachen, können wir uns das Abendessen sparen.“
     Wolfgang probierte vom Kuchen, „wow, du kannst richtig gut backen.“
     „Danke Süßer. Für nächsten Mittwoch habe ich eine einwöchige Reise mit einer Freundin nach Langeoog gebucht, jetzt habe ich eigentlich gar keine Lust mehr zu fahren.“
     „Ich finde das schade, denn du wirst mir fehlen, mein Schatz. Aber trotzdem, du solltest dich auf weiter auf die Reise freuen. Schließlich können wir täglich telefonieren.“
     „Ich kann die Reise auch absagen.“
     „Freddy! Du wirst dann vielleicht eine Freundin verlieren.“
     Frederike seufzte, „du rätst mir zu fahren?“
     „Mein Schatz, das ist mein Rat.“
     „Und wir telefonieren?“
     „Schatz, wir telefonieren. Du bist nicht auf der Suche nach einer Partnerschaft – schon vergessen?“
     „Nein, aber im Moment möchte ich nur noch mit dir zusammen sein. Süßer, verstehst du das?“
     Wolfgangs Stimme klang belegt, als er antworte. „Ja, das verstehe ich nicht nur, es entspricht auch meinen Wünschen. Trotzdem, Freundschaften muss man pflegen. Die Einsamkeit, in die ich nach Elsas Tod geraten bin, sollte uns allen eine Warnung sein.“
     „Gut, du hast mich überzeugt. Ich stelle dir Emilie vor. Wir kennen uns seit der Schulzeit.“
     „Freddy, ich weiß, du wirst mir fehlen. Trotzdem, es ist das Beste, das du tun kannst. Fährst du mit dem Auto?“
     „Nein, wir fahren mit einer Reisegruppe im Bus.“
     „Darf ich dich zum Bus bringen?“
     Frederike drückte ihm einen Kuss auf die Wangen und antwortete spontan, „ja, mein Süßer.“

Sonntag brachte Wolfgang sein Notebook mit, er loggte sich in Frederikes WLAN ein und als die Verbindung stand, fragte er, ob Frederike Lust auf einen Spaziergang hätte. Es wird regnen, war ihre Antwort. Sie entschieden sich aber doch für eine Runde durch den Park. Frederike zog eine Jacke mit Kapuze an und nahm zusätzlich einen Schirm mit. Wolfgang meinte, seine Schirmmütze würde genügen, schließlich seien nur geringfügige Niederschläge zu erwarten. Sie überquerten die Straße und tauchten in den Schatten der hohen Bäume des gegenüberliegenden Parks ein. Wolfgang fühle sich fast euphorisch, als sie Seite an Seite über die stillen Wege gingen. Am Mahnmal, ihrem ehemaligen Treffpunkt, zog er Frederike zu sich heran. Sie schenkte ihm ein Lächeln. Schließlich fragte sie, wann Ulrike sich denn melden würde. „Wir haben Zeit, Ulrike arbeitet bis drei. Eine halbe Stunde fährt sie, dann wird sie sicher zuerst einmal mit Jean sprechen und sich danach melden“, antwortete Wolfgang. So gingen sie noch eine zusätzliche Runde durch den Park. Auf dem Rückweg setzte leichter Regen ein, Frederike öffnete den Regenschirm und fragte Wolfgang, ob er mit unter den Schirm möchte. Wolfgang drückte sich eng an Frederike, nahm dann den Schirm und Frederike hakte sich bei ihm ein. Ohne große Eile gingen sie weiter, beide freuten sich an ihrer Nähe.

Ulrike meldete sich um kurz vor vier Uhr. Wolfgang rückte ein wenig am Notebook herum, bis er meinte, sie wären gut auf dem Video zu sehen, dann sah er, dass auch Ulrike und Jean nebeneinander vor dem Bildschirm saßen, so sagte er, „hallo, könnt ihr uns gut sehen?“
     „Hallo Papa! Ja, wir können euch gut erkennen.“
     Wolfgang wurde förmlich bei der Vorstellung. „Freddy, darf ich dir meine Familie vorstellen? Das sind Ulrike und Jean. Und das, meine lieben, ist Frau Fridrich, ihr wäre es aber lieber, ihr würdet sie Freddy nennen.“
     „Es freut mich sehr, Wolfgangs Familie kennenzulernen. Da wir schon bei den Vornamen sind, können wir direkt du zueinander sagen oder möchten sie das nicht?“
     „Doch gerne, weißt du, Freddy, wir hatten ein wenig Furcht vor dem Kennenlernen, aber es sieht so aus, als gäbe es keine Probleme zwischen uns“, antwortete Ulrike. Man sah ihr an, dass sie erleichtert war. Sie übersetzte kurz für Jean, dann sprach sie weiter, „Freddy, Papa, wir sind so froh, dass ihr beide euch gefunden habt, aber bitte, ihr denkt daran, dass das für uns – vor allem für mich – gewöhnungsbedürftig ist.“
     „Ulrike, das verstehe ich sehr gut, ich werde auf gar keinen Fall zwischen dir und deinem Papa stehen. Ich werde eurer gemeinsames Gedenken an deine Mutter respektieren, das kannst du mir glauben.“
     „Ich glaube dir, Freddy. Einen Moment bitte, ich übersetze für Jean.“
     Nach der Übersetzung sprach Jean einige Sätze, Wolfgang verstand die groben Zusammenhänge, Frederike verstand kein Wort, Französisch war ihr nicht geläufig. Als Jean schwieg, übersetzte Ulrike. „Jean sagt, er freut sich sehr, dass Papa eine jetzt eine Freundin hat. Er findet dich sehr nett und er wünscht euch beiden eine große Zukunft. Das ist die Kurzform. Ich glaube, Papa hat genug verstanden, um dir alles genau zu erklären. Ist das recht so, Papa?“
     „Ja, Uli, ich erzähle Freddy alles, was Jean gesagt hat. Freddy verreist übrigens am Mittwoch für eine Woche.“
     „Ich hatte die Reise geplant, bevor wir uns verliebt haben. Eigentlich habe ich gar keine Lust mehr auf die Reise, aber Wölfi hat mir zugeredet, zu fahren. Vielleicht will er auch nur eine Woche lang seine Ruhe haben.“
     Wolfgang gab daraufhin ihr zuerst einen Stoß, dann zog er sie in seine Arme, lachend sagte er, „ich werde Nacht für Nacht in mein Kissen weinen, solange du weg bist.“
     „Papa, wie kann Freddy es nur mit dir aushalten?“
     „Och, Freddy findet mich ganz nett.“
     „Uli, verzeih mir, aber dein Papa ist ein Blödmann.“
     „Mein reden!“
     „Uli, wenn du dich mit Freddy verbünden willst, dann mache ich mit Jean eine Männer-WG auf.“
     „Ha, ha, das möchte ich sehen! Ich glaube, Jean legt Wert auf seine Frau.“
     „Ist ja gut, ich weiß mit Jean, außer Wein zu trinken, auch nur wenig anzufangen.“
     Frederike wandte sich an Wolfgang, „möchtet ihr jetzt als Familie allein miteinander sprechen? Ich gehe dann noch eine halbe Stunde spazieren.“
     „Mein Schatz, so wie es im Moment aussieht – du bist Familie. Bitte bleib!“

Die vier unterhielten sich noch eine Zeit lang über die unterschiedlichsten familiären Themen, dann verabredete sich Wolfgang mit Ulrike und Jean auf den nächsten Sonntag. Danach nahm Wolfgang Frederike in die Arme, der Verlauf des Gesprächs hatte seine Ängste darüber, ob seine Familie auf Frederike akzeptieren würde beseitigt. Frederike ihrerseits, wirkte entspannt, sie wollte es sich eigentlich nicht eingestehen, aber sie wusste es trotzdem, sie war in Sorge gewesen, dass Ulrike sie ablehnen könnte.

Mittwoch brachte Wolfgang Frederike mit dem Auto zum Busbahnhof. Frederike war ziemlich müde, sie hatte schlecht geschlafen und da sie eigentlich lieber ihre Zeit mit Wolfgang verbracht hätte und der Reise von daher nur noch wenig abgewinnen konnte, war ihre Laune nicht die Beste. Wolfgang redete ihr noch einmal gut zu und als er anführte, sie könnte sich doch auf das Wiedersehen in einer Woche freuen, besserte sich ihre Laune langsam.
     „Wölfi, glaub mir, deine blöden Ideen sind jenseits von Gut und Böse.“ Frederike lachte.
     „Ich finde die Idee gut! Ich freue mich auf jeden Fall, wenn du wiederkommst.“
     „Wärst du mitgekommen, wenn wir uns früher kennengelernt hätten?“
     „Ich glaube schon, ich mag das Meer.“
     „Fahren wir einmal zusammen ans Meer? Dahin, wo es lange Strände gibt? Wir könnten uns gegen den Wind stemmen und mit den Füßen im Wasser immer weiter und weiter gehen. Zurück können wir uns dann vom Wind treiben lassen.“
     „Ja, mein Schatz, das machen wir. Im Winter könnten wir an den Atlantik fahren. In die Nähe von Ulrike. Das geht jetzt wieder, da wir uns beim Fahren abwechseln können.“
     „Das wäre schön. Wir machen das – versprochen?“
     „Ich verspreche es, Freddy.“
     „Dann guck jetzt nach einem Parkplatz, da vorn steht Emilie.“

Zu Wolfgangs Überraschung entpuppte sich Emilie als das genaue Gegenteil von Frederike. Emilie war klein und pummelig, sie strahlte etwas aus, das ihn an eine seiner Großmütter erinnerte, die immer in der Küche stand und aus den wenigen, in der Nachkriegszeit vorhandenen Zutaten, die herrlichsten Gerichte kochte. Während Wolfgang den Koffer aus dem Kofferraum holte, begrüßten sich die beiden Freundinnen. Als Wolfgang mit Frederikes Rollkoffer zu ihnen stieß, taxierte ihn Emilie mit freundlich blickenden Augen. Frederike stellte die Beiden gegenseitig vor. Wolfgang fremdelte, wie er es eigentlich immer tat, wenn er auf Fremde traf.
     Frederike gab ihm einen Stoß, „Emilie beißt nicht, mein Süßer.“
     „Entschuldige Schatz, ich habe Schwierigkeiten mit Fremden.“
     Emilie lächelte Wolfgang an, begrüßte ihn mit einer angedeuteten Umarmung, dazu sagte sie, „guten Morgen Wolfgang, ich beiße wirklich nicht.“
     „Guten Morgen, Emilie. Ich freue mich, dich kennenzulernen.“ Wolfgang hatte jetzt seine Fremdheit jetzt überwunden, auch er deutete eine Umarmung an und sagte dann, „und du sorgst vielleicht dafür, dass Freddy heil zu mir zurückkommt?“
     Frederike lehnte sich an Wolfgang an. „Keine Sorge, mein Süßer! Emilie und ich, wir sind vorsichtige Menschen. Ich werde auf Langeoog vor Sehnsucht nach dir vergehen. Ich denke, Emilie ist da ein gutes Gegengewicht.“

Der Bus fuhr vor, Wolfgang übergab dem Busfahrer Frederikes Koffer, der ihn verstaute. Frederike bat Emilie schon einmal einzusteigen und einen Platz zu reservieren. Sobald Emilie sich von Wolfgang verabschiedet hatte und die Beiden allein auf der Straße standen, lehnte sich Frederike bei Wolfgang an, sie gab ihm einen Kuss und sagte dann, „pass auch du gut auf dich auf, mein Süßer. Bitte grüße Sonntag deine Kinder von mir.“ Wolfgang umarmte sie, dann stieg Frederike in den Bus. Emilie hatte Plätze in der rechten Sitzreihe gefunden, so winkten die beiden Frauen, als der Bus sich in Bewegung setzte. Wolfgang winkte zurück und schaute dem Bus hinterher, bis er hinter einer Kurve seinen Blicken entschwand. Der Nachmittag dehnte sich für Wolfgang ins unendliche, er fühlte sich allein ohne Frederike. Lustlos ging er einkaufen, ihm kam keine Idee, was er zum Essen zubereiten könne. So kaufte er im Gemüseladen einen Sack Kartoffeln. Am frühen Abend rief Frederike an und sagte, sie seien gut angekommen. Sie verabredeten sich für den späteren Abend zu einem ausgiebigen Telefonat. Wolfgang war weiter ziemlich lustlos, er bereitete eine Pfanne Bratkartoffeln zu. Er ließ die gebratenen Kartoffeln auf einen Teller gleiten und stocherte dann darin herum. Das Essen machte keinen Spaß und außerdem fand er die Kartoffeln leicht versalzen. Danach spielte er etwas am Computer herum, zwischendurch guckte er die Tagesschau. Dann endlich klingelte das Telefon.
     „Guten Abend, mein Süßer“, schallte es aus dem Hörer.
     „Guten Abend, mein Schatz, seid ihr gut untergekommen?“
     „Oh ja, wir haben ein schönes Doppelzimmer im Hotel Logierhus.“
     „Ziemlich nobel, habe ich im Internet gesehen.“ Im Hintergrund hörte Wolfgang Emilie sprechen, „mit wem spricht Emilie?“
     „Sie telefoniert mit ihrem Mann.“
     „Ah, dann können wir in Ruhe telefonieren. Ich war mir nicht sicher, ob eure Unternehmungslust durch unsere Telefonate gebremst wird.“
     „Ich habe es gesagt, du bist ein Blödmann, aber einer von den netten. Ich denke, wir gehen heute zeitig zu Bett. Vielleicht noch ein Absacker an der Bar und dann ist Schluss. Morgen Abend, wollen wir ins Kino, es läuft ein alter Schinken. Was machst du denn?“
     „Ach Schatz, ich wusste nicht, dass ich mich ohne dich so leer fühle.“
     „Aber irgendetwas tust du doch?“
     „Ja schon, ein wenig surfen. Nachher lese ich und warte, dass du mich morgen anrufst.“
     „Ich melde mich früh, du darfst so lange im Bett bleiben.“
     „Oh ja, mein Schatz weckt mich!“
     „Um acht?“
     „Acht ist gut.“
     „Emilie hat aufgelegt, bis morgen, mein Süßer.“ Frederike drückte einen Kuss auf ihr Smartphone.
     „Gute Nacht, Freddy, mein Schatz.“

Wolfgang fühlte sich beschwingt nach dem Telefonat. Er war verwirrt, da er bisher nicht geahnt hatte, wie viel Nähe zu Frederike er inzwischen entwickelt hatte. Er nahm sein Buch zur Hand, dann überlegte er es sich anders und ging eine große Runde spazieren. Es war dunkelt, als er zurückkam. Wieder griff er nach seinem Buch und vertiefte sich in die spannende Geschichte. Gegen elf klingelte wieder das Telefon, Ulrikes Telefonnummer wurde im Display angezeigt.
     „Guten Abend, meine liebe Tochter“, sagte Wolfgang, nachdem er abgehoben hatte.
     „Guten Abend, Papa. Ich habe vorhin schon versucht dich anzurufen, da war aber besetzt.“
     „Ja, da habe ich mit Freddy telefoniert.“
     „Sie ist gut angekommen?“
     „Oh, ja, alles ist in Ordnung. Das Hotel scheint ganz schön nobel zu sein, ich habe es mir im Internet angesehen.“
     „Und wie geht es dir, so allein?“
     „Eigentlich bin ich daran gewöhnt, aber jetzt fehlt mir Freddy.“
     „Komm, Papa, sie bleibt doch nur eine Woche weg. Bis dahin nimmst du doch sicher deine Gewaltmärsche wieder auf.“
     „Ja, bestimmt. Es ist alles erträglich und Freddy hat versprochen mich morgen zu wecken. Zu der Reise gehört irgendeine Art Fitnessprogramm. Morgens Gymnastik am Strand oder sowas. Da wird sie wohl zeitig anklingeln.“
     „Das dir? Du schläfst doch bis in die Puppen.“
     „Stimmt Schatz, verrate mich nicht, ich kann mich ja nach dem Weckruf noch einmal umdrehen. Freddy lässt euch übrigens grüßen.“
     „Grüßt du bitte Freddy von uns? Kommt ihr uns besuchen?“
     „Ich habe schon mit Freddy darüber gesprochen. Ich dachte, im Winter.“
     „Ihr könntet auch im Herbst kommen. Ich weiß doch, wie gerne du im Oktober am Strand wanderst.“
     „Schatz, ich weiß nicht! Der Oktober gehörte deiner Mama und ich habe Freddy noch nicht gesagt, dass es das Haus gibt.“
     „Papa, Mama ist tot! Wenn ihr im Winter kommt, wird es für dich genauso sein. Du musst für Mama einen Platz in deinem Herzen freihalten, aber du solltest deine Chance nutzen, dass du wieder jemand hast. Ihr fahrt beide Auto, ihr könnt euch abwechseln beim Fahren. Wenn du aber so tust, als hättest du alle Zeit der Welt, dann ist das Quatsch. Wenn einer von euch nicht mehr fahren kann, habt ihr das gleiche Problem, wie vorher. Dir allein war es zu weit zu fahren, schon vergessen?“
     „Nein, Schatz, ich vergesse es nicht. Die Fahrt zur Beisetzung hat mir gereicht. Es ist etwas anderes, ich will nicht als Großkotz vor Freddy dastehen. Bei Fremden ist das einfacher, da sage ich einfach es wäre dein Haus. Bei Freddy kann ich das nicht machen, da kommt schnell heraus, woher das Geld stammt.“
     „Du schämst dich, weil ihr das Haus finanziert habt?“
     „Nein, das ist es nicht, Schatz!“
     „Dann verstehe ich nicht, was du meinst.“
     „Es ist so mein Schatz, Freddy und ich wollen auf Augenhöhe miteinander umgehen. Da passt meine Vermögenslage vielleicht nicht.“
     „Verstehe ich nicht, Freddy ist doch sicher nicht auf Sozialhilfe angewiesen.“
     „Nein, nein, sie ist gut situiert. Sie war Zahnärztin.“
     „Papa! Du suchst nach allem, was du wissen willst, bei Google. Ein Klick hätte genügt. Du weißt nicht, wer Freddy ist?“
     „Doch sicher, sie hat bei der Uniklinik gearbeitet. Ich glaube als Oberärztin.“
     „Frau Dr. Frederike Fridrich. Emeritierte Professorin der Zahnheilkunde – so steht es bei Google.“
     „Uff! Uli, das macht die Sache einfacher. Aber nach der Flamme meines Herzens bei Google zu suchen, das wäre in meinen Augen abartig.“
     „Mag sein Papa, aber mir ist es erlaubt.“
     „Sicher, Tochter.“
     „Du darfst es Freddy auch sagen, dass ich ihr nachgeschnüffelt habe.“
     „Das werde ich tun, mein Schatz.“
     „Und du überlegst, ob ihr im Oktober kommen wollt?“
     „Uli, mein Schatz, wir werden darüber nachdenken, wenn Freddy wieder zurück ist. Ich sag‘ dir jetzt einfach einmal gute Nacht und bitte grüße Jean von mir.“
     „Gute Nacht, Papa. Bis bald.“

Wolfgang nahm sich wieder sein Buch zu Hand und drückte sich in die Ecke der Couch. Er las nicht mehr viel, Ulrikes Idee im Oktober an den Atlantik zu fahren, hatte jetzt etwas Bestechendes an sich. Er wollte aber zuerst alles mit Frederike besprechen, bevor er sich weiter in das Thema vertiefte, mit seiner neuen Liebe am Strand zu wandern – eine bestechende Idee. Es wurde spät, bevor Wolfgang den Drang verspürte, ins Bett zu gehen. Er las noch ein paar Seiten in seinem Buch und schlief schnell ein, nachdem er das Licht gelöscht hatte. Seine Träume waren wirr in dieser Nacht. Der Atlantik spielte in einem der Träume eine Rolle, es war ein schöner Traum, mit donnernder Brandung im Hintergrund. Er tauchte unter den Wogen hindurch, wie er es in jüngeren Jahren gerne getan hatte. Der Wecker klingelte früh, es dauerte einige Zeit, bis er wahrnahm, es war das Telefon.
     „Ja?“, meldete er sich verschlafen.
     „Guten Morgen, Süßer! Du klingst reichlich verschlafen.“
     „Mein Schatz, guten Morgen. Du hast mich geweckt.“
     „Schlimm?“
     „Nein, ich freue mich.“
     „Dann ist es ja gut.“
     „Freddy, ich habe etwas erfahren. Ich habe mit Ulrike telefoniert. Sie hat mir gesagt, du seist Professorin.“
     Frederike lachte, „deine Tochter spioniert mir also nach! Das ist kein Problem, wenn du es getan hättest, wäre ich jetzt sauer.“
     „Schatz, das verstehe ich. Ich verspreche dir, ich werde niemals etwas hinter deinem Rücken tun. Deshalb sage ich es dir jetzt, denn Ulrike bittet uns darum, noch im Herbst zu kommen.“ Wolfgang hielt einen Moment inne, bevor er die richtigen Worte fand, „Schatz, es gibt da ein Haus.“
     „Haus – ich verstehe kein Wort.“
     „Genau genommen ist es Ulrikes Haus. Aber Elsa und ich, haben ihr das Geld für den Kauf gegeben und so haben wir immer so getan, als sei es unser Haus.“
     „Ihr habt den Kredit bezahlt?“
     „Nein mein Schatz. Wir haben bar bezahlt.“
     „Du willst mir schonend beibringen, dass ich mir einen Goldfisch geangelt habe?“
     „Nein, ich dachte, ich könnte dir von dem Haus im Laufe des Winters erzählen. Wenn wir aber jetzt wirklich schon bald zu Ulrike fahren, dann musst du vorher wissen, was Sache ist.“
     „Süßer, ich muss jetzt los, sonst komme ich zu spät zum Strand. Möchtest du, dass ich am Abend wieder anrufe? Wir können das dann noch in aller Ruhe besprechen.“
     „Bitte Freddy, bitte ruf mich an und morgens weckst du mich. Ich wünsche dir einen schönen Tag.“
     „Hab auch einen schönen Tag, mein Süßer.“

Frederike fand sich im Nachhinein ziemlich doof, zumindest fand sie es sei doof gewesen, bei der Beschreibung ihres beruflichen Werdegangs die Professur zu verschweigen. Aber da Wolfgang das Thema nicht weiter vertieft hatte, ging sie davon aus, dass er diesem keine besondere Bedeutung zumaß. An Strand hatte die Gruppe gerade mit der Gymnastik angefangen, als sie ankam. Sie suchte sich einen Platz neben Emilie und breitete ihre Matte aus. Da es der erste Tag war, bestand die Gymnastikeinheit aus leichten Übungen, trotzdem merkte Frederike, dass sie über längere Zeit ihre sonst fast täglich durchgeführte Morgengymnastik vernachlässigt hatte. Doch der frische Westwind und die salzige Luft machten ihren Kopf frei, sie ordnete ihre Gedanken und fand, dass Wolfgang eine offene Art hatte. Über seine Bemerkungen zum Haus machte sie sich weiter keine Gedanken, sie fand es aber seltsam, dass Menschen liquide genug waren, ein Haus bar zu bezahlen. Sie selbst lebte eigentlich sparsam. Da sie keine Familie hatte und sich auch sonst niemand vorstellen konnte, dem sie etwas vererben konnte, hatte sie außer einer Rücklage für Notfälle, keine größeren Geldmengen angesammelt. Alles Geld, das sie erübrigen konnte, hatte sie für ihre Reisen verwendet. Sie fand, dass sie das mit Wolfgang besprechen musste, verschob das aber auf die Zeit, wenn sie wieder zu Hause war.

Nach dem Frühstück machten sich Frederike und Emilie auf zu einer Strandwanderung. Sie gingen gegen den starken Westwind an, wenn sie sie nah an den Dünen entlang gingen, peitschte ihnen der Wind den feinen Sand ins Gesicht. Emilie, die Ingenieurwissenschaften studiert hatte, fühlte sich dabei an ein Sandstrahlgebläse erinnert. Als junge Frau hatte sie ein Praktikum in einer Eisengießerei gemacht und dort zeitweise Gussstücke mit der Sandstrahllanze von Schlacke befreit. Es war für eine Frau eine harte Arbeit gewesen, aber sie dachte gerne daran zurück – in der Gießerei hatte sie Paul kennengelernt. So hielt sie ihr Gesicht in den Wind und dachte dabei an Paul. Als sie vom Wind genug hatten, kehrten sie zum Mittagstisch im Restaurant Windlicht ein. Frederike war froh, dass sie nun saßen und bei beiden hatte sich Hunger eingestellt. Mehr noch lag es Frederike daran, in aller Ruhe mit ihrer Freundin über ihr Verhältnis zu Wolfgang zu sprechen.
     „Ich glaube, ich habe einen Fehler gemacht, Emilie“, sagte Frederike, nachdem sie einen Schluck Mineralwasser getrunken hatte.
     „Inwiefern? Hat der Fehler mit Wolfgang zu tun?“
     „Ja schon. Ich habe Wolfgang ausführlich von meinem beruflichen Werdegang erzählt, habe aber verschwiegen, dass ich Professorin bin und jetzt hat er es selbst herausgefunden.“
     „Er hinter dir her geschnüffelt?“
     „Nein, nein! Seine Tochter hat wohl nach mir auf Google gesucht. In ihrem Fall halte ich das für legitim, wenn Wolfgang das selbst gemacht hätte, wäre ich sauer geworden.“
     „Und was hat er dazu gesagt?“
     „Ich glaube, er war überrascht. Er hat nur gesagt, dass er es erfahren hat.“
     „Und wo meinst du nun, hast du einen Fehler gemacht?“
     „Ich hätte das nicht auslassen dürfen.“
     „Freddy, du machst dir Sogen, wo keine sind. Man soll in einer Partnerschaft zwar ehrlich zueinander sein, aber jeder Mensch hat schließlich seine Geheimnisse. Warum hast du nichts von der Professur gesagt?“
     „Ich wollte Wölfi nicht verschrecken. Ich weiß, das ist Quatsch, aber Professorin klingt so hochgestochen.“
     „Was hat Wolfgang denn beruflich gemacht?“
     „Das weiß ich nicht so genau, er war selbstständig und er hat vorhin eine Bemerkung gemacht, der ich entnehme, er hat richtig Geld gemacht.“
     „Was hat er gesagt?“
     „Ach, ich hole besser etwas weiter aus, als einfach das wiederzugeben, was Wölfi heute gesagt hat.“
     „Und?“
     „Ich hatte vorgeschlagen, dass wir im Winter gemeinsam ans Meer fahren. Er war davon begeistert und meinte, wir könnten in die Nähe seiner Tochter fahren. Heute nun sagte er, seine Tochter habe vorgeschlagen, wir sollten schon im Oktober kommen“, Frederike trank etwas von ihrem Wasser, dann sprach sie weiter. „Wölfi hat das zum Anlass genommen, mir von einem Haus in Frankreich zu erzählen. Er und seine Frau haben es bar bezahlt. Ich kann mir so etwas gar nicht vorstellen – ein Haus ohne Kredit zu kaufen.“
     „Das kann ich auch nicht nachvollziehen. Vielleicht war das Haus nicht so teuer?“
     „Kann sein. Wir werden das besprechen.“
     „Möchtest du meinen Rat, Freddy?“
     „Ja, Emilie.“
     „Ich glaube, ihr solltet das alles nicht so wichtig nehmen. Ihr seid auf dem besten Weg ein Paar zu werden, nehmt euch so, wie ihr seid. Gebildet seid ihr wohl beide, ihr lebt beide nicht in ärmlichen Verhältnissen, das sind beste Voraussetzungen für eine Partnerschaft.“
     „Danke Emilie.“

Am Abend sprachen Frederike und Wolfgang ziemlich lange miteinander. Beide verspürten dabei Wärme und Zärtlichkeit. Wolfgang sagte dabei flapsig Frau Professor zu ihr. Sie nannte ihn daraufhin einen Schwätzer, der trotzdem ganz lieb und nett wäre. Als Wolfgang antwortete, er sei sogar supernett, brachen beide in Lachen aus. Frederike brachte danach das Thema auf das Haus. Sie schilderte, dass es ihr schwerfiele, sich vorzustellen, dass jemand aus ihrem Umfeld, ein Haus bar bezahlen könnte. „Ach mein Schatz, so teuer war das Haus nicht, zweihundertfünfzigtausend Deutsche Mark“, antwortete Wolfgang darauf. „Du bist wirklich ein Spinner! Gerade einmal gut fünfzigtausend Euro beträgt zurzeit das durchschnittliche Privatvermögen eines Deutschen, du sprichst von mehr als dem Doppelten und sagst, das sei nicht so teuer.“ „Bitte Schatz, sollen wir es nicht einfach so nehmen, wie es ist?“, wiegelte Wolfgang ab. Frederike war das ganz lieb, so ließen sie das Thema fallen und widmeten sich noch eine Zeit lang den Gefühlen, die sie bewegten.

Für Wolfgang verging die Woche quälend langsam. Er frönte seiner Leidenschaft für das Kochen. Jeden Tag kaufte er ausgiebig ein und kochte, immer wurde eine große Portion gekocht. Nach der halben Woche war sein Gefrierschrank fast gefüllt, er schichtete so weit um, dass er noch Platz fand, um am Sonntag ein weiteres Gericht zu kochen. Am Samstag nach dem Frühstück ging er auf den Markt und kaufte eine Poularde. Beim Gemüsehändler erstand er Möhren, Schalotten und Champignons. Sein Blick fiel auf frischen französischen Knoblauch, so kaufte er noch eine dicke Knoblauchzwiebel. Den Rest seiner Zeit schlug er täglich mit einem Marsch über mindestens sechs Kilometer tot. Als er Ulrike von seinen Laufleistungen erzählte, antwortete sie, er solle bei der Olympiade mitmachen. Beide kamen ins Lachen, als Wolfgang erklärte, das wäre das Ziel seines Trainings.

Sonntag klingelte gewohnt früh Wolfgangs Telefon. An diesem Morgen war Wolfgang bereits wach und hatte im Bett liegend gelesen. So hob er sofort ab.
     „Guten Morgen, liebe Freddy“, sagte er ohne auf die angezeigte Telefonnummer zu gucken.
     „Guten Morgen, Süßer. Du bist ja heute schon richtig munter.“
     „Oh ja. Ich habe auf deinen Anruf gewartet.“
     „Spinner! Was hat dich wirklich so munter gemacht?“
     „Ehrlich?“
     „Ja sicher!“
     „Ich bin tagelang durch die Wälder gerannt, ich bin jetzt topfit.“
     „Was du da wieder verzapfst! Du redest Unsinn! Also was ist?“
     „Ich werde gleich kochen, ich koche für uns. Am Mittwoch gibt es ein Festessen.“
     „Echt? Und was kochst du?“
     „Überraschung!“
     „Ach komm schon. Ich muss doch wissen, auf was ich mich freuen kann.“
     „Es gib Coq au Vin. Sagst du mir, was du als Beilage möchtest?“
     „Mach bitte Vorschläge, Süßer.“
     „Baguette oder Kartoffeln? Klassisch wäre Baguette. Salzkartoffeln, wie wir sie kennen, sind in Frankreich eigentlich unüblich.“
     „Gut, da du mich nach Frankreich entführen willst, mein Süßer – ich bin für Baguette. So, jetzt muss ich los, das Training beginnt. Bei so einem fitten Mann, will ich nicht zurückstehen.“
     „Dann sage ich jetzt, mach es gut bis heute Abend, mein Schatz.“
     „Bis heute Abend, mein Süßer.“

Nach dem Telefonat startete er beschwingt in den Tag. Er rasierte sich so gründlich, wie er es sonst nur tat, wenn er mit einer Frau zusammen sein wollte. Die Hingabe bei der Rasur brachte ihn zum Lachen, er hatte zwei Frauen geliebt und nur mit einer von ihnen hatte er Sex gehabt – Sex mit Freddy war eine neue Erfahrung, eine Art neues Leben. Einmal, das war in der Zeit zwischen Frederike und Elsa, hatte er mit einer Frau geknutscht, sie hatte still gehalten und wohl sein Fummeln genossen. Es war wohl ein Fehler, dass er sich nicht getraut hatte, mehr als ihren Hals zu küssen und nur einmal leicht den oberen Ansatz ihrer Brüste berührt hatte. Mit seinem heutigen Wissen, ging er davon aus, in diesem Moment hatte die Frau mehr von ihm erwartet. Egal, dachte er, er hatte die Frau nie mehr wiedergesehen. Da der Tag verregnet war, machte er sich nach dem Frühstück direkt daran, die Poularde zu braten. Da es ein Festessen werden sollte, opferte er eine gute Flasche Rotwein. Er fand, das sei eigentlich Quatsch, aber wenn er Frederike wieder in den Armen halten konnte, dann war das wie Weihnachten und Ostern am gleichen Tag. Als der Coq au Vin fertig war, war noch reichlich Zeit, bis sich Ulrike melden würde. So zog er sich wetterfest an und begab sich auf einen seiner schnellen Märsche – Gewaltmärsche nannte Ulrike diese Unternehmungen ab und zu scherzhaft und er hatte die Redewendung übernommen.

Durch sein schnelles Gehen fühlte er sich nach gut drei Kilometern klar und befreit von allen negativen Gedanken. Die Sehnsucht nach Frederike konnte das nicht stillen, seine Trauer um Else lenkte schnelles Gehen aber in liebendes Gedenken. Elsa war tot, aber wenn er in Bewegung war, hatte er das Gefühl, er könne sie immer noch erreichen und sich mit ihr besprechen. Sie hatten sich zeitlebens immer wieder aufeinander abgestimmt und wenn er jetzt eine Frage an Elsa stellte, wusste er genau, was sie geantwortet hätte. Ulrike fehlte auch, sie war immer erreichbar, aber er konnte sie nicht umarmen. Er und Ulrike umarmten sich gerne und oft, wenn sie zusammen waren. Frederike war etwas Neues, sein Leben würde sich weiter entwickeln und er hoffte auf die Chance, mit ihr ähnlich vertraut zu werden, wie mit den anderen Menschen, denen er sich nahe fühlte. Auf dem Rückweg peitschte im Regen ins Gesicht. Er legte noch einen Schritt zu, so hatte er sich völlig verausgabt, als er wieder zu Hause ankam.

Am späten Nachmittag sprach er lange und ausgiebig mit Ulrike und Jean. Er sagte schon einmal provisorisch zu, im Oktober zusammen mit Frederike zu Besuch zu kommen. Ulrike bat darum, er solle bald mitteilen, was er erledigt haben wolle. Wolfgang versprach sich mit Frederike zu besprechen und dann könne sie loslegen. Danach sprach Wolfgang von seiner Sehnsucht, sich wieder in die Arme zu nehmen. Schließlich verabschiedeten sie sich bis zum nächsten Sonntag. Danach blieb Wolfgang allein mit seinen Gedanken, bis Frederike anrief. Als das Telefon klingelte, wurde er aus seinen Grübeleien gerissen.
     „Wölfi, mein Süßer, du fehlst mir.“
     „Mein Schatz, du fehlst mir auch. Weißt du, wann du Mittwoch zurückkommst?“
     „Die Fähre geht um Viertel nach neun, irgendwann am Nachmittag, denke ich.“
     „Ich hole dich am Busbahnhof ab, mein Schatz?“
     „Ja gerne, Süßer! Ich rufe dich an, wenn absehbar ist, wann wir ankommen. Emilie findet dich übrigens sehr nett. Ich glaube, ihr werdet euch gut verstehen. Paul, ihr Mann, ist auch ein ganz Netter. Hast du eigentlich gar keine Freunde?“
     „Doch, mit einem meiner Schulfreunde habe noch ich Kontakt. Du kennst ihn sicher auch, er war oft bei mir.“
     „Welcher deiner Freunde ist es?“
     „Alois.“
     „Ah, an den Verrückten kann ich mich erinnern. Er hat später das schönste Mädchen unserer Straße geheiratet.“
     „Sie sind immer noch verheiratet und eigentlich ist er immer noch verrückt.“
     „Wow, eine lange Ehe!“
     „Oh ja, mein Schatz. Sie sind noch länger verheiratet, als Elsa und ich es waren.“
     „Trefft ihr euch oft?“
     „Nein, sie wohnen ziemlich weit weg, in der Eifel. Mein Schatz, ich habe heute Ulrike zugesagt, dass wir im Oktober kommen, vorausgesetzt, dass dir das Recht ist.“
     „Wenn nichts dazwischen kommt, spricht nichts dagegen, mein Süßer. Warum eigentlich Oktober?“
     „Elsa und ich – wir haben dort im Familienkreis beide unseren Geburtstag gefeiert.“
     „Mein Süßer, das ist jetzt schwierig. Ich habe die Sorge, ich störe euer Gedenken.“
     „Bitte Freddy, der Vorschlag kommt, wie ich bereits gesagt habe, von Ulrike. Wenn ich dir versichere, du störst nicht?“
     „Wenn ihr mir meine Bedenken nehmen könnt, dann komme ich gerne mit.“
     „Schatz, wir werden dir deine Bedenken nehmen. Ich bin mir so sicher, dass du nicht störst, dass ich sofort aufschreibe, was alles erledigt werden muss, bevor wir kommen. Wir sprechen das dann noch ab, wenn du zurück bist.“
     „Bin ich kompliziert, Süßer?“
     „Nee, mein Schatz, ich finde dich nicht kompliziert, ich liebe dich und vor allem, ich liebe dich so, wie du bist. Mach dir nur keinen Kopf, wenn ich mit dir nach Frankreich fahren möchte, dann bist du willkommen.“
     „Du hast mir gesagt, wir fahren an den Atlantischen Ozean. Sagst du mir wohin genau, Süßer.“
     „Der Name des Ortes wird dir nichts sagen, sagt dir Aquitanien etwas? Das ist eine alte Region Frankreichs. Sie reicht etwa von Bordeaux bis zur spanischen Grenze. Von Bordeaux aus fahren wir noch mehr als eine Stunde.“
     „Mhm, das klingt ganz schön weit weg, Wölfi.“
     „Es ist weit, mein Schatz.“
     „Damit du es weißt, mein Süßer. Mit dir zusammen habe ich das Gefühl, wir könnten alles schaffen. Ich freue mich auf die Reise und ich freue mich auf Mittwoch. Jetzt aber wünsche ich dir eine gute Nacht – du weißt, mein Wecker klingelt früh.“
     „Ich übe dann ab jetzt Französisch - bonne nuit et dors bien, chérie.“
     „Das habe ich jetzt nicht verstanden, was heißt das?“
     „Gute Nacht und schlaf gut, Schatz.“

Die Tage bis zum Mittwoch zogen sich für Wolfgang bleiern dahin. Der morgendliche Weckruf und das Gespräch zur guten Nacht, waren die einzigen Phasen des Tages, während derer er sich wohlfühlte. Mittwoch war er früh erwacht, so war er bereits dabei sein Frühstück vorzubereiten, als Frederike um sechs anrief. Beide spürten ihre Unruhe. Frederike bat Wolfgang noch um den Einkauf einiger Vorräte, dann rief Emilie, es wäre Zeit fürs Frühstück. Es dauerte noch ein paar Minuten, bis sich die Liebenden entschließen konnten, das Gespräch zu beenden. Wolfgang fühlte sich gut nach diesem Gespräch, er rechnete kurz nach, eine Stunde zirka brauchte die Fähre, eine halbe Stunde würde es wohl dauern, bis alle im Bus saßen und mit einer Pause würde die Busfahrt wohl fünf Stunden dauern – vor halb vier konnte der Bus demnach kaum eintreffen. Er machte es sich am Tisch bequem und frühstückte ausgiebig, danach las er lange in der Zeitung. Schon am frühen Nachmittag hatte Wolfgang seine Einkäufe erledigt und machte sich auf den Weg in den Wald – eine Runde, so schnell er gehen konnte. Verschwitzt, wie er nach seinem Rundgang war, kaufte er einen Strauß bunter Blumen. Zu Hause duschte er sich kurz ab, er zog sich möglichst sportlich, aber doch schick genug an, um den besonderen Anlass zu würdigen. Er war gerade dabei, das Abendessen und die von Frederike bestellten Vorräte in eine Klappbox zu verpacken, als das Telefon klingelte.
     „Ja, mein Schatz“, sagte er, nachdem er das Gespräch angenommen hatte.
     „Wir sind am Kreuz Kaiserberg, Süßer.“
     „Oh! Toll, ich mache mich sofort auf den Weg. Bis gleich Freddy.“
     „Bis gleich, Wölfi.“

Wolfgang packte den Rest der Sachen schnell in die Box und machte sich auf den Weg zum Busbahnhof. Er mischte sich unter andere, die auch so aussahen, als wollten sie Passagiere abholen. Da er keine Ahnung hatte, wo genau der Bus mit Frederike und Emilie ankommen würde, ging er langsam auf dem Gelände hin und her. Er schaute sich um, ob er Paul ausmachen konnte, da er ihn aber nur von seinen Telefonaten mit Frederike kannte, war das ein sinnleeres Unterfangen. Sein Telefon klingelt, es war Frederike, die ihm berichtete, sie kämen nur langsam voran, da es einen Unfall auf der A3 gegeben hätte. Wolfgang beruhigte sie damit, dass er sagte, er hätte Zeit und schließlich sei er schließlich nicht auf der Flucht. Nach einer halben Stunde fuhr ein Bus vor, aber er war nicht der Bus, auf den Wolfgang wartete. Die Abholer wurden nach der Abfertigung dieses Busses deutlich weniger, so widmete sich Wolfgang wieder dem Studium der wartenden Männer, es gab nur noch fünf wartende Männer, er versuchte Paul durch Auszählen ausfindig zu machen. Quatsch, dachte er, dann ging bei einem der Männer, ganz in seiner Nähe, das Telefon. So bekam er mit, dass dieser die Frau, mit der er sprach, Emilie nannte. Nach dem Ende des Gesprächs nahm Wolfgang seinen ganzen Mut zusammen und sprach den Mann an.
     „Entschuldigen sie die Störung, sind sie Paul?“
     „Ja, kennen wir uns?“
     Wolfgang lachte, „nein, aber sie sprachen ihre Gesprächspartnerin mit Emilie an.“
     „Ja sicher, sie heißt so. Ich nehme jetzt an, sie sind der Freund von Freddy.“
     „Ja, ich bin Wolfgang.“
     „Es freut mich sehr, sie kennenzulernen. Freddy hat schon einiges von ihnen erzählt. Sie sind der Ältere, nehme ich an. Darf ich ihnen trotzdem das Du anbieten?“
     „Das ist kein Problem für mich, Paul.“ Wieder ging Wolfgangs Telefon.
     „Was ist mein Schatz?“, fragte Wolfgang, nachdem er das Gespräch angenommen hatte.
     „Das dauert hier noch, Süßer. Seit zehn Minuten sind wir keinen Meter vorangekommen. Ich schlage vor, du fährst nach Hause, ich nehme dann ein Taxi.“
     „Nein, mein Schatz, ich warte. Ich habe gerade Paul kennengelernt. Wir warten gemeinsam auf euch.“
     „Soll ich das Emilie weitergeben? Dann braucht sie jetzt nicht Paul anzurufen.“
     „Gib Emilie dein Telefon, ich reiche meins an Paul.“

Wolfgang reichte sein Telefon an Paul weiter. Dieser sprach kurz mit Emilie und gab nach dem Ende des Gesprächs das Telefon an Wolfgang zurück. Beide beschlossen, eine Runde durch die Halle des nahen Hauptbahnhofs zu drehen. Da Emilie gesagt hatte, sie würde sich melden, wenn es weitergehe, verließen sie den Hauptbahnhof und drehten eine Runde durch die angrenzenden Straßen. Beide erschraken, über das, was sie sahen. Obwohl das Viertel im Sperrbezirk lag, boten überall Frauen ihre Dienste an. Zum Teil sehr junge Frauen. Eine ganz junge Frau, fast noch ein Mädchen, versuchte Wolfgang anzusprechen. Wolfgang schüttelte den Kopf und die beiden Männer beeilten sich zurück zum Bahnhof zu kommen. Erst hier fand Wolfgang wieder Worte.

„Mein Gott, Paul! Dieses Mädchen könnte vom Alter her meine Enkelin sein. Stell dir das vor, sie wollte mit mir schlafen.“
     „Das ist eine Katastrophe, ich denke, ein Großteil der Frauen ist drogenabhängig, andere sind vielleicht auf Loverboys hereingefallen. Aber diese wirkte so jung, ich schätze, die ist noch keine achtzehn Jahre alt.“
     „Das ist für mich unverständlich. Neu ist das aber nicht. Einmal vor vielen Jahren, da war unsere Tochter so fünfzehn oder sechzehn Jahre alt, hat mich einmal ein Mädchen in Hamburg angesprochen – direkt neben der Davidwache. Ich war so entsetzt, ich meinte, ich blicke in die Augen meiner Tochter. Ich bin nie mehr nach St. Pauli zurückgekehrt – doch einmal in Begleitung von Ulrike, so ein halbes Jahr später.“
     „Ulrike ist deine Tochter?“
     „Ja!“

Pauls Telefon klingelte, Emilie berichtete, der Stau sei vorbei und es ginge endlich weiter. Sie klang genervt. Paul drückte einen Kuss auf das Telefon und versuchte dann Emilie zu beruhigen. So gingen die beiden Männer zurück zum Busbahnhof. Es hatte leichter Regen eingesetzt, Wolfgang ging kurz zum Auto und holte zwei Regenschirme, von denen er einen Paul abgab, dann bog der Bus um die Ecke und in diesem Moment setzte stärkerer Regen ein. Als Frederike ausstieg, hatte Wolfgang das Gefühl, sein Herz würde zerspringen, dann lagen sich die beiden Verliebten in den Armen, den Regen spürten sie nicht. Sie verabschiedeten sich von Emilie und Paul, dann waren sie endlich allein. Im Auto umarmten sie sich noch einmal, beiden lief das Wasser aus den Haaren. Wolfgang steuerte vom Glück beseelt die wenigen Kilometer zu Frederikes Wohnung, sie räumten gemeinsam den Kofferraum aus. Sobald sie in der Diele alles abgestellt hatten, nahmen sie sich wieder in die Arme, Wolfgang küsste Frederike auf die nassen Haare, Wärme durchströmte sie. Schließlich sagte Wolfgang, „mein Schatz, wir sollten uns die Haare trocknen.“ Frederike zog Wolfgang ins Bad und reichte ihm ein Handtuch. Wolfgang zog Frederike zu sich heran und trocknete ihr das Haar. Sie versetzte ihm einen Knuff und sagte dann, „du bist wirklich ein Blödmann, das Handtuch war für dich bestimmt.“ Wolfgang ließ sich davon nicht beeindrucken, sondern trocknete weiter Frederikes Haare. Als er mit dem Ergebnis seiner Bemühungen zufrieden war, warf er sich das Handtuch selbst über den Kopf und rubbelte seine Haare. Frederike schüttelte den Kopf und reichte ihm ein frisches Handtuch, dann schaute sie in den Spiegel.
     „Oh Gott, wie sehe ich aus?“, entfuhr ihr dabei.
     „Mein Schatz, ich finde, du siehst bezaubernd aus.“
     „Ich sag’s doch, du bist ein Quatschkopf.“
     „Schatz, wenn es sich sehr stört – ich bereite das Essen vor, du föhnst dir kurz die Haare nach, in Ordnung?“
     „Süßer, mir ist das lieb, ich mag nicht so ungepflegt aussehen, wenn ich mit dir zusammen bin.“
     „Was ungepflegt aussieht, entscheide ich, mein Schatz. Jetzt ab ins Bad, ich gehe in die Küche.“

Wolfgang ging in die Küche, dort stellte er die Kasserolle mit dem Coq au Vin auf den Herd, um ihn zu erwärmen. Das Baguette schob er zum Aufbacken in den Backofen, da es inzwischen nicht mehr kross war. Den Rotwein stellte er einen Moment in den Kühlschrank, da er ihn als zu warm empfand. Obwohl Frederike nur knapp eine viertel Stunde im Bad war, sah sie richtig schick aus, als sie in die Küche kam. Wolfgang warf ihr einen anerkennenden Blick zu und bemerkte dann, das Essen sei fast fertig. Er begann damit den kleinen Küchentisch zu decken, Frederike regte an, doch lieber im Wohnzimmer zu essen. „Hier in der Küche finde ich es zum Essen heimeliger, bitte lass uns hier essen“, in Wolfgangs Blick lag etwas Bittendes. Frederike grinste und nickte dabei. Sie deckte daraufhin weiter den Tisch ein, während Wolfgang das Baguette in handliche Stücke schnitt. Sobald der Coq aufgewärmt war, stellte er den Topf auf den Tisch und schüttete Wein in Gläser. Sie setzte sich an den Tisch, stießen die Gläser an und Wolfgang sagte, „ich wünsche dir einen guten Appetit, mein Schatz.“ Frederike legte eine Hand auf Wolfgangs Hand und antwortete, „mein Gott, Wölfi! Was hast du dir für eine Arbeit gemacht.“ Wolfgang grinste, antwortete aber nicht. Mit Freude sah er, dass er offensichtlich ihren Geschmack getroffen hatte. Sie aßen zuerst schweigsam, dann erzählte Frederike von der Woche auf Langeoog. Wolfgang hörte aufmerksam zu, zwischendurch tunkte er ein Stück Baguette in die Soße und kaute andächtig daran. Als beide gesättigt waren, war noch einiges vom Coq au Vin im Topf. Er schlug vor, den Rest am nächsten Tag gemeinsam aufzuessen. Frederike lachte, „Du kannst wohl nicht genug von mir kriegen!“ Wolfgang lachte auch und als er sich wieder beruhigte hatte, antwortete er, „bis zu deiner Bemerkung dachte ich, wir gehen miteinander.“ „Gehen? Du Quatschkopf – nach meinem Eindruck schlafen wir miteinander.“ Frederike legt ihm eine Hand auf den Arm und wies mit einer Kopfbewegung in Richtung Spülmaschine. Beide erhoben sich, Frederike gab Wolfgang einen Topf, in den er den Rest des Essens füllte. Sie räumte derweil das Geschirr in die Spülmaschine. „Passt mein Topf noch in die Spülmaschine? Sonst spüle ich ihn von Hand?“, fragte Wolfgang, nachdem er seinen Topf unter fließendem Wasser ausgespült hatte. Frederike blickte kurz auf. „Passt!“, antwortete sie und nahm ihm den Topf ab und schob ihn in die Spülmaschine, die sie danach einschaltete. Später dann saßen sie gemeinsam auf der Couch und tranken vom Rotwein.

„Schatz, du sagt’s, wenn ich gehen soll?“
     „Du bist vielleicht ein Spinner. Meinst du, ich habe eine Woche lang Sehnsucht nach dir und jetzt schicke ich dich nach Hause? Wenn du gehen willst, dann geh. Verstehen könnte ich das aber nicht.“
     „Nein, ich will nicht gehen. Ich dachte nur, du seist vielleicht müde.“
     „Süßer, du bist an mir interessiert! Davon gehe ich zumindest aus und wenn ich müde bin, gehen wir gemeinsam zu Bett.“
     „Bist du müde, Schatz?“
     „Nein, Süßer. Erzähl mir lieber, was du mit Ulrike wegen der Reise ausgeheckt hast.“
     „Wenn es in deine Pläne passt, können wir im Oktober fahren. Zwei, drei Wochen dauert es, bis der Gärtner Zeit hat, den Garten zu richtet und die Putzhilfe wird drei Tage benötigen, um alles auf Vordermann zu bringen. Das Haus steht schließlich seit einem Jahr leer.“
     „Wie groß ist das Haus?“
     Wolfgang schaute sich im Zimmer um. „In etwa so groß, wie unsere beiden Wohnungen zusammen.“
     „Ganz schön groß.“
     „Ja, das Haus ist für uns zwei überdimensioniert. Der Garten ist auch recht groß.“
     „Drei Wochen, das wäre Mitte September. Mir würde das passen. Warum erst im Oktober?“
     „Das hat keinen besonderen Grund, es war Ulrikes Idee und ich habe dann Geburtstag.“
     „Ja ich weiß, aber wenn du mich fragst, ich wäre für Mitte September und wenn wir uns vertragen, können wir gerne bleiben, solange es halbwegs warm bleibt.“
     „Wir werden uns vertragen! Meist bleibt es bis weit in die zweite Oktoberhälfte hinein angenehm warm. Wenn dir das nicht zu lange wird, ich bin dabei.“
     „Das ist doch einfach zu regeln, mein Schatz. Wir bleiben so lange es uns gefällt und wie wir miteinander im Moment umgehen besteht eine große Chance, dass es uns lange gefällt. Komm, schütte noch einmal Wein nach, denn langsam werde ich doch müde.“
     „Du bist sicher, wir schlafen zusammen?“
     „Ja.“
     „Gut, ich habe Gleitgel mitgebracht.“
     Frederike küsste Wolfgang auf den Mund. „Du Quatschkopf! Ich werde müde, ich sprach vom Schlafen, mein Süßer. Das Gleitgel benutzen wir am Morgen.“
     „Auch gut, mein Schatz. Wir kuscheln!“ Wolfgang legte Ihr einen Arm um die Schultern.

Wolfgang verteilte den Rest des Weins in die Gläser. Eng nebeneinander sitzend tranken sie Wein und genossen ihre gegenseitige Zuneigung. Sie gingen zu Bett, als die Gläser geleert waren. Frederike kuschelte sich an Wolfgangs Rücken, nachdem sie das Licht ausgeschaltet hatte.

Wolfgang schlief gut in dieser Nacht. Die Wärme unter Bettdecke wurde durch die Frau, die nah bei ihm lag, verstärkt. Er erwachte ein paar Mal, weil Frederike sich bewegte. Einmal waren beide wach, Wolfgang fragte, ob er ins Gästezimmer wechseln solle. Als Antwort schmiegte sich Frederike sich fest an ihn an. Am Morgen erwachte Wolfgang dadurch, dass Frederike ihm über die stoppeligen Wangen strich. Wolfgang reckte sich einmal, dann zog er sie in seine Arme. Sie klopfte ihm nach einigen Minuten auf die Brust.
     „Hat mein Süßer weder Durst auf Kaffee, noch Hunger?“
     „Doch schon, nur ich kann mich so schwer von dir trennen, Schatz.“
     „Ich geh‘ dir nicht laufen. Wie machen wir es, setzt du Kaffee an oder soll ich in die Küche gehen?“
     „Ich setze Kaffee an und ich komme noch einmal zum Kuscheln zurück. Wenn der Kaffee fertig ist, gehe ich ins Bad und du trinkst deinen ersten Kaffee. So habe ich es gerne – einverstanden?“
     „Wenn du es gerne so machst, dann aber fix. Ich habe Kaffeedurst“, Frederike versetzte Wolfgang einen Stoß.

Als Wolfgang aus der Küche zurückkam, legte er sich noch einmal auf das Bett und kuschelte sich mit dem Kopf in Frederikes Armbeuge. Er nutzte die wenigen Minuten und genoss die Wärme, die sich in ihm durch die Nähe seiner neuen Liebe ausbreitete. Als das Gluckern der Kaffeemaschine aufhört, stand er entschlossen auf, denn er hatte den Eindruck, er wäre bereits wieder kurz davor einzuschlafen. Er füllte zwei Tassen mit Kaffee und ging damit zurück zum Schlafzimmer, Frederike saß auf dem Bett und lächelte ihn an. Wolfgang stellte eine Tasse auf den Nachttisch und wollte mit der anderen Tasse im Bad verschwinden. „Bitte Süßer, trinke deinen Kaffee zusammen mit mir oder widerspricht das deinen Grundsätzen?“, Frederike verzog den Mund zu einem Grinsen. Ohne auf ihre Bemerkung einzugehen, stellte er die zweite Tasse auch auf den Nachttisch und setzte sich neben sie, dann ließ er sich rücklings auf die Matratze fallen und zog seine Liebe vorsichtig zu sich herunter. „Hey, du bist ein komischer Kerl, wie sollen wir so unseren Kaffee trinken?“ Wolfgang drückte sie an sich und kitzelte sie. „Der Kaffee ist noch zu heiß. Da können wir noch etwas liegen bleiben.“ Frederike gab ihm einen Kuss und befreite sich aus seiner Umarmung, als sie wieder saß, probierte sie am Kaffee. „Los, setzt dich hin, der Kaffee ist nicht zu heiß, aber er ist sehr stark.“ „Magst du ihn nicht so stark? Dann nehme ich in Zukunft weniger Kaffeemehl.“ Frederike grinste wieder, „nein, mach den Kaffee so, wie du ihn magst und jetzt trink, sonst können wir uns statt an den Frühstückstisch gleich an den Mittagstisch setzen.“

Wolfgang hatte während Frederike sich im Bad herrichtete ein opulentes Frühstück gerichtet und noch einmal eine Kanne Kaffee angesetzt. Sie saßen lange in der Küche und blieben auch nach dem Frühstück noch lange sitzen. Schließlich räumten sie den Tisch ab und füllten das Geschirr in die Spülmaschine. Danach öffnete Wolfgang den Gürtel ihres Morgenmantels, zu seiner Freude sah er, es war ihr einziges Kleidungsstück. Er fand ihre nicht mehr ganz festen Brüste anziehend und so begehrenswert, dass er sie gerne gestreichelt hätte. Frederike zog ihn jedoch in Richtung Schlafzimmer und ließ sich dort umgehend auf das Bett fallen. Er spreizte ihre die Beine und massierte leicht ihre Vulva. Sie reagierte kitzlig darauf, so versuchte sie durch Druck auf seine massierende Hand das Kitzeln zu vermindern. Wolfgang merkte sofort, was sie wünschte und erhöhte selbst den Druck auf die Vulva. So hatte Frederike beide Hände frei und widmete sich ausgiebig der Erforschung seines Körpers. Sobald sie ihn mit einer Hand an den Schamhaaren kraulte und ihm mit der anderen Hand leicht die Hoden massierte, drehte sich Wolfgang so, dass er auf dem Rücken zu liegen kam. Frederike beugte sich über ihn und er zog sie zu sich herunter, wohlig fühlte sich der Druck ihrer Brüste auf seinem Brustkorb an, er umschlang sie mit seinen Armen. Lange lagen sie fast regungslos beieinander, nur ab und zu streichelte Wolfgang leicht über ihren Rücken.
     Frederike kraulte nach einiger Zeit wieder Wolfgangs Schamhaare. Bei ihm löste das ein lustvolles Brummen aus. Als das Blut den Penis wieder aufrichtete, wanderte eine ihrer Hände am Penis aufwärts und umschloss diesen. Mit der anderen Hand massierte sie leicht die Hoden. Wolfgang hatte das Gefühl er könne sein Verlangen nicht weiter ertragen, er griff nach der Tube mit dem Gleitgel, öffnete sie und drückt einen Klecks davon auf seine Hand. Er verteilte das Gel auf ihren Schamlippen und führte mit dem Zeigefinger einen Teil des Gels in die Vagina ein. Frederike nahm sich auch die Tube und verteilte Gel ausgiebig auf dem Penis. Schließlich schob sich Wolfgang zwischen Frederikes gespreizte Beine und drang vorsichtig in sie ein. Mit erst langsamen, dann aber heftiger werdenden Bewegungen bewegt er sich auf und ab. Frederike verfiel in lustvolles Stöhnen, was ihn weiter anheizte. Er war in Höchstform, aber kurz bevor er ejakulierte, durchfuhr ein heftiger Schmerz sein rechtes Bein. Er war gezwungen, sich zur Seite fallen zu lassen, um sich dann neben das Bett zu stellen. Dort drückte er den Fuß durch, vom Schmerz blieb nur noch ein ziehendes Gefühl in der Wade. Frederike richtete sich auf und streichelte ihn sanft.
     „Schatz, das war’s. Tut mir leid, aber das war das, was ich mit Frust meinte.“
     „Süßer, hole ein paar Mal tief Luft und geh einige Schritte hin und her. Wenn du dich danach wieder hinlegst, dann helfe ich dir, damit du deine Befriedigung findest.“
     „Und du?“
     „Da mach dir keine Sorge, es war wunderschön und wenn es dir hilft, du darfst du dich weiter mit mir beschäftigen und jetzt geh etwas in der Wohnung hin und her.“

Wolfgang ging bis in die Küche und anschließend im Wohnzimmer einige male hin und her. Dann stellte sich wieder Sehnsucht bei ihm ein. Er legte sich neben Frederike, die sofort tätig wurde und zart über seine Brust streichelte. Sie führte ihre Hand über seinen Bauch und kraulte ihn dann in den Schamhaaren. Als sie mit ihrer Hand den Penis umschloss und diese rhythmisch auf und ab führte, griff er zwischen ihre Beine und massierte leicht die Klitoris. Er hörte damit auf und stöhnte lustvoll, als es zum Erguss kam. Frederike hatte ein Taschentuch zeitig genug auf die Eichel gedrückt und fing damit die Samenflüssigkeit auf. Noch längere Zeit lagen sie danach schmusend beieinander. Dann richtete sich Wolfgang auf und lehnte sich an das Kopfende des Betts an, Frederike legte ihren Kopf auf seinen Schoß.
     „War es schlimm, mein Schatz?“
     „Was war schlimm, Wölfi?“
     „Dass ich im falschen Moment einen Krampf bekam.“
     „Süßer! Was geht nur in deinem Kopf vor? Merkst du nicht, dass ich total entspannt bin?“ Frederike richtete sich auf. „Du bist vielleicht ein komischer Kerl. Ich weiß schon, dass du kein jugendlicher Liebhaber bist. Du hast andere Qualitäten, du hast ein Gespür dafür, wann du was tun musst, damit ich es genießen kann.“
     „Mein Schatz, versteh mich nicht falsch. Für mich ist es schlimm, wenn das passiert und da dachte ich, es sei auch für dich unangenehm.“
     „Süßer, wollen wir es nicht einfach so hinnehmen, wie es ist? Wir sind doch beide nicht mehr neu. Wenn es wieder passiert, dann ist das ebenso. Wenn es nicht passiert, findest du ohne meine Nachhilfe deine Befriedigung. Wir haben noch Kaffee, den hole ich, wir trinken den hier im Bett und überlegen dabei, was wir nach dem Aufstehen machen.“

Die beiden Tassen stellte Frederike auf den Nachttisch und kroch dann wieder zu Wolfgang auf das Bett. Er nahm sie in die Arme, schaute mit Vergnügen auf ihre Brüste, legte eine Hand auf ihren Bauch und drückte ihr einen Kuss auf den Mund. Sie tranken danach ihren Kaffee und einigten sich auf einen Spaziergang über die Felder in die Auen bis zum Rhein. Wolfgang wies auf den angesagten Regen hin, woraufhin sie meinte, mit Schirmen würde es sicher kein Problem sein, denn schließlich sei im Wetterbericht nur die Rede von leichten Regenschauern gewesen.

Hand in Hand gingen sie anfangs über die Felder in Richtung Rheindeich. Wie immer bekam Wolfgang nach kurzer Zeit Schmerzen in Arm, so musste er Frederikes Hand loslassen. Sie hielt daraufhin kurz an, drückte sich an ihn an und sagte dabei, „mein Süßer, es ist nicht schlimm. Wir nehmen uns bei den Händen oder wir lassen es sein. Das sind Äußerlichkeiten.“ Wolfgang drückte ihr einen Kuss auf die Haare, dann gingen sie weiter. Als sie den Deich erreichten, setzte Regen ein, sie öffneten ihre Schirme und gingen weiter in die Auenlandschaft hinein. An einem Tümpel schreckten sie einen Graureiher auf. Sie schauten dem davon fliegendem Vogel nach und träumten von einer gemeinsamen Zukunft.

Am Nachmittag versuchte Wolfgang Ulrike über Skype zu erreichen, als sie dort nicht online war, hinterließ er ihr die Nachricht, sie möge sich melden, sobald sie den Computer einschaltete. Kurz darauf überlegte er es sich anders und rief Ulrike auf ihrem Handy an. Er erreichte sie in der Charcuterie. Ulrike versprach sich zu melden, woraufhin Wolfgang witzelte, sie möge ihm ein schönes Stück pâte de foia gras mitbringen. „Ja doch, mein ganz lieber Papa“, beendete Ulrike das Gespräch. Es dauerte eine Weile, bis Ulrike wieder zu Hause war. Wolfgang hatte während der Wartezeit Kaffee angesetzt. Er saß mit Frederike auf der Couch und sie hatten beide eine Tasse Kaffee vor sich stehen, als Ulrikes Videobild auf dem Bildschirm erschien.
     „Guten Tag Freddy, guten Tag Papa. Ihr habt Sehnsucht nach mir?“
     „Guten Tag Ulrike. Ich versuche deinen Papa dazu zu überreden, dass wir zu euch kommen, sobald alles vorbereitet ist. So, in drei Wochen. Geht das bei euch?“
     „Ja sicher, wenn ich sofort den Gärtner bestelle! Das mit der Putzfee dürfte kein Problem sein. Beim letzten Mal hat sie drei Tage gebraucht, um das Haus auf Vordermann zu bringen. Sie kann es sich dann in den nächsten Wochen einteilen, so wie es zeitlich am besten bei ihr passt. Du hast dazu auch eine Meinung, Papa?“
     „Ja sicher! Frauen soll man nicht widersprechen. Jetzt ernsthaft, wir haben das besprochen. Wenn du den Gärtner sofort bestellst, können wir sicher sein, dass er fertig ist, bis wir kommen. Soll ich dir schon Geld überweisen?“
     „Nein, nicht nötig. Wenn ich die Rechnung vom Gärtner habe, schreibe ich eine Mail und Putzfrau strecke ich vor. Ich rufe gleich den Gärtner an, damit er bald kommt. Wir freuen uns, dass ihr frühzeitig kommt.“
     „Nun gut, liebe Tochter, wir fangen dann sofort mit den Vorbereitungen an. Tschüss Uli und grüße Jean von uns.“
     „Tschüss Freddy, Tschüss Papa.“ Ulrike winkte zum Abschluss, bis Wolfgang das Gespräch durch einen Klick beendete.

Abends saßen sie eng beieinander auf der Couch. Wolfgang hatte am frühen Abend gefragt, ob er wieder über Nacht bleiben solle. Frederike hatte sich an ihn geschmiegt und geantwortet, sie fände es schön, wenn er bliebe. So hatten sie es sich nach dem Abendessen bequem gemacht und versuchten jetzt sich auf ein gemeinsames Fernsehprogramm zu einigen. Viel gab das Programm nicht her und sie entschieden sich für eine Dokumentation über die Judenverfolgung während des Nationalsozialismus. Während Wolfgang sich auf die einzelnen Geschehnisse konzentrierte, war Frederike tief erschüttert von der Brutalität der Vorgänge. Sie war erleichtert, als die Sendung zu Ende war. Sie gestand sich ein, dass sie sich in ihrem Leben viel zu wenig mit der Vergangenheit beschäftigt hatte. Politisch interessiert war sie schon, aber mit der Vergangenheit hatte sie sich wenig beschäftigt. Das Mahnmal im Park stillte für sie das Bedürfnis, nach Vergangenheit. Sie hatte schon bemerkt, dass Wolfgang da tiefergehende Interessen hatte und sie freute sich darüber. Allein sein Vorschlag, gemeinsam die Mahn- und Gedenkstätte zu besuchen, war ungewöhnlich für ihre Vorstellung. Diese Gedanken weckten ihre Neugier. So schaltete sie kurz entschlossen den Fernseher aus. Wolfgang schaute sie fragend an.
     „Wölfi, du bist sehr an der Vergangenheit interessiert. Sagst du mir, wie es dazu kam?“
     „Freddy, der Ausgangspunkt war, dass mir trotz meiner wenigen Kenntnisse Zweifel an den Werten kamen, die uns vermittelt wurden. Die Eltern- und Großelterngeneration hat sich mitschuldig gemacht am Tod von Millionen. Uns redeten sie ein, dass Sex vor der Ehe unmoralisch sei und Selbstbefriedigung auch – der Mord an Millionen ist wohl nicht so schlimm. Von dieser Zeit an habe ich versucht, mir alles Wissen über die Vorgänge während des Dritten Reichs anzueignen.“
     „Dann war die Dokumentation für dich nichts Neues?“
     „Neu nicht, aber ich bin immer wieder erschüttert, wenn ich damit konfrontiert werde.“
     „Mich hat die Vergangenheit nie sehr interessiert. Ich glaube, das war ein Fehler.“
     „Schatz, wo soll da ein Fehler sein? Du hattest eben andere Interessen. Ich bewundere dich richtig dafür, dass du noch studiert hast und deine Karriere finde ich beeindruckend.“
     „Süßer, alles, was ich von dir weiß, ist sicherlich genau so beeindruckend.“
     „Nein, das ist es nicht. Was ich gemacht habe, machte ich, weil ich es der Familie einmal zeigen wollte.“
     „Hä?“
     „Ich hatte eine Menge Cousinen und Cousins. Ich war der doofe. Alle machten Abitur, fast alle studierten, einige promovierten und einer wurde sogar Professor. Nur ich, ich wurde für gut befunden ein Handwerk zu erlernen. Pah, denen wollte ich es zeigen. Alles habe ich mir selbst angeeignet, während die anderen lernen durften.“
     „Du hast doch keine Minderwertigkeitskomplexe?“
     „Nee Schatz, so wie ich mich durchgebissen habe, da wird man entweder größenwahnsinnig oder man übt sich in Bescheidenheit.“
     Frederike lachte, „zumindest bisher habe ich von Größenwahn bei dir nichts bemerkt. Du hilfst mir, mich mit der Vergangenheit vertraut zu machen?“
     „Ja sicher, wenn das dein Wunsch ist, mein Schatz.“
     „Süßer, war Elsa auch an der Vergangenheit interessiert?“
     Die Erwähnung von Elsa versetzte Wolfgang einen Stich ins Herz, er hatte sich aber so im Griff, dass Frederike das nicht bemerkte. „Oh ja, ich musste sie sogar ein wenig davor schützen, sie konnte sich furchtbar darüber aufregen. Ich glaube, sie hat sich richtig dafür geschämt.“
     „Süßer, ihr hattet wohl viele Gemeinsamkeiten?“
     „Ja mein Schatz, so war es.“
     „Du hast aber doch nicht nur wegen Sex vor der Ehe damit angefangen, dich mit den Untaten zu beschäftigen?“
     „Wo denkst du hin! Überleg doch einmal, die Betreiber der Konzentrationslager ermorden Millionen Menschen und erklären uns, was Anstand ist. Nicht Lügen, nicht selbst befriedigen und was sonst noch unanständig sein soll, wurde uns eingetrichtert. Dabei haben sie gelogen, dass sich die Balken gebogen haben, wenn man nachfragte, was sie in der Nazizeit gemacht haben. Mein Vater hat an drei Feldzügen teilgenommen, der wird nicht die Kinder der Feinde geknuddelt haben.“
     „Bist du verbittert darüber, Süßer?“
     „Ja doch, schon. Aber das ist nur tief in meinem Innern aktiv. So wie mein Leben verlaufen ist, bin ich erfüllt von Dankbarkeit. Ich empfinde Dank für die Jahre, die mir geschenkt wurden.“
     „Ich glaube, Süßer, Dankbarkeit empfinde ich auch. Die Erfüllung meiner Sehnsucht nach Liebe, ist das, was in meinem Leben gefehlt hat. Das, mit uns, ist jetzt vielleicht noch einmal eine Chance auf Erfüllung dieser Sehnsucht.“
     „Mein Schatz, dann lass es uns einfach versuchen.“ Er zog bei diesen Worten Frederike in seine Arme.
     „Glaub mir, mein Süßer, ich bin bereit.“ Antwortete Frederike, während sie an ihn anlehnte.

Wolfgang zappte etwas in den Programmen herum, bis er auf eine Talkshow stieß, die sie einigermaßen interessant fanden. Frederike holte für jeden ein Glas Wein, sie lehnte sich danach umgehend wieder an Wolfgang an, während sie dem Geschehen auf dem Bildschirm folgten. Als der Wein geleert war, meinte Frederike, sie möchte zu Bett gehen. Wolfgang nickte, stand von der Couch auf und brachte die beiden leeren Gläser in die Küche. Als er zurückkam, war Frederike bereits im Bad verschwunden. So zog Wolfgang sich aus, schlug die Bettdecken zurück und wartete darauf, dass sie aus dem Bad kam. Frederike legte sich sofort hin, als sie ins Schlafzimmer kam. Wolfgang deckte sie zu, drückte ihr einen Kuss auf den Mund und ging ins Bad.

Er kam zurück und kroch umgehend zu Frederike unter die Decke. Diese kuschelte sich umgehend bei ihm an und er drückte ihr einen Gutenachtkuss auf die Wange, danach löschte er das Licht und beide schliefen recht bald ein. Einmal wurde Wolfgang in der Nacht wach, Frederike atmete röchelnd und er robbte unter seine eigene Decke, bevor er wieder einschlief.

Die Tage vergingen schnell mit den Reisevorbereitungen. Wolfgang arbeitete eine Liste ab, die er noch gemeinsam mit Elsa erstellt hatte. Trauer kam in ihm auf, als er auf der Liste saure Bohnen las. Ihm fiel ein, für ihr letztes gemeinsames Abendessen hatten sie gemeinsam diese Bohnen mit Mettenden zubereitet. Seit diesem Tag hatte er nie mehr saure Bohnen gegessen, aber die Reste des Abendessens hatte er damals eingefroren. Er beschloss, die Bohnen aufzutauen und zu essen. Er war versucht, diesen Punkt auf der Liste zu streichen, aber er wusste, dass Ulrike darauf hoffte, dass sie von den gesäuerten Bohnen etwas abbekam. So ließ er den Posten auf der Liste und machte mit den nächsten Punkten der Liste weiter. Das Telefon klingelte, am anderen Ende der Leitung war Frederike.
     „Freddy, mein ganz lieber Schatz, du vermisst mich?“
     „Ich vermisse dich zwar, aber ich komme ganz gut allein zurecht.“
     „Du stirbst nicht vor Sehnsucht?“
     „Hör zu, du bist ein Quatschkopf, das weißt du, aber im Moment kommst du mir wieder eher wie ein Blödmann vor. Ich rufe an, weil Emilie und Paul uns zum Aperitif eingeladen haben.“
     „Du hast zugesagt, Schatz?“
     „Nein Süßer, ich rufe an, um dich zu fragen, ob ich zusagen soll. Morgen Abend um sieben.“
     „Ja sicher, das ist kein Problem, sag zu.“
     „Gut! Du kommst pünktlich zum Kaffee?“
     „Ah, du hast doch große Sehnsucht nach mir.“
     „Jetzt hör auf, mit dem dummen Gerede! Kommst du oder kommst du nicht?“
     „Schon überredet, mein Schatz. Halb drei bin ich bei dir.“
     „Du Wölfi?“
     „Ja?“
     „Ich glaube, ich habe mich so richtig verliebt.“
     „In mich?“
     „Blödmann, in wen denn sonst?“
     „Gut, ich ziehe die Frage zurück. Ich liebe dich.“
     „Dann, Süßer, mach hin. Es ist bereits halb zwei.“
     „Küsschen Schatz, bis gleich.“
     „Bis gleich Süßer.“

Wolfgang verpackte seine zusammengestellten Güter in eine Klappbox, schrieb noch einen Einkaufzettel und holte sein Fahrrad aus dem Keller. Nach einem Zwischenstopp beim Supermarkt machte er sich auf den Weg zu Frederike. Er radelte gemächlich, da es noch Zeit war bis halb drei. Ihm kam in den Sinn, was er ihr zu Abend vorschlagen wollte. Seinen ursprünglichen Plan, Frederike zum Essen ausführen, hatte er verworfen. Er hatte Sehnsucht nach körperlicher Nähe. Kurz vor halb drei kam er bei ihr an und drückte den Klingelknopf. Als Frederike den Türsummer betätigte, steckte er den Kopf durch die Haustür und rief, „würden Frau Professor die Freundlichkeit besitzen, mir den Schlüssel für die Garage anzureichen?“ Frederike schüttelte amüsiert den Kopf, nahm den Schlüssel und ging ihm entgegen. Sie versetzte ihm einen Knuff, er drückte ihr seine Einkaufstasche in die Hand und brachte das Rad in die Garage. Sie folgte ihm. In der Garage nahm er sie in die Arme, nach einem kurzen Kuss auf den Mund drückte er sie fester an sich und drückte ihr einen weiteren Kuss auf den Hals. Seine rechte Hand verirrte sich dabei an ihre Pobacken und er drückte die Hand fest auf ihr Hinterteil. Sie gab ihm einen Stoß und zog ihn an der Hand ins Haus. In der Küche roch es intensiv nach frisch gebrühtem Kaffee. Eine kleine Schüssel mit Keksen stand auf dem gedeckten Tisch. Nachdem Frederike den Kaffee eingeschüttet hatte und sie sich an den Tisch gesetzt hatten, hatte sie Gesprächsbedarf, wusste aber nicht, wie sie anfangen sollte, als sie sprach, klang ihre Stimme unsicher.
     „Wölfi, bitte sei mir nicht böse, aber ich möchte weder mit Frau Doktor, noch mit Frau Professor angesprochen werden.“
     Wolfgang guckte verwirrt. „Es war ein Scherz, Freddy!“
     „Ich weiß, wenn wir zwei allein sind, sind solche Scherze kein Problem. Aber ich möchte anonym bleiben und das Treppenhaus hat hier manchmal Ohren. Eine Nachbarin über mir ist extrem neugierig. Du hast doch gesehen, es steht nur Fridrich an Klingel und Briefkasten.“
     „Bist du mir jetzt böse?“
     „Nein Süßer, ich wollte das nur klarstellen.“
     „Verstanden, Schatz! Ich mache solche Scherze nur noch, wenn wir allein sind.“
     „Gut, Süßer. Das Thema ist beendet.“
     „Schatz, ich möchte, dass wir heute allein bleiben.“
     „Habe ich etwas anderes gesagt?“
     „Nein, aber eigentlich wollte ich dich ausführen. Jetzt habe ich aber große Sehnsucht nach Nähe.“
     „Dann, mein Süßer, müssen wir überlegen, was wir zu Abend essen.“
     „Kein Problem, Schatz! Ich habe für Frankreich Vorräte gekauft, die sind in meiner Einkaufstasche. Was wir heute essen, kann ich morgen nachkaufen.“
     „Du nimmst Lebensmittel mit ins Land der Kochkunst?“
     „Jo, aber nur Mettenden und saure Bohnen. Die könnten wir für den Abend zubereiten. Magst du das?“
     „Saure Bohnen habe ich noch nie gegessen. Ich kann also nur probieren. Warum nimmst du diese Sachen mit nach Frankreich?“
     „Ich möchte Uli damit erfreuen, die Bohnen gibt es schließlich nur im Rheinland und in Westfalen. Eine Suppe koche ich auch noch. Die kommt eingefroren in die Kühlbox und wir essen sie gemeinsam am ersten Abend.“
     „Nun komm Wölfi, wir wollten Kaffee trinken.“ Beide lachten.

Beim Kaffee hatte Wolfgang Frederikes Hand in seine gelegt, er erhielt einen dankbaren Blick dafür. Nach einigen Schlucken Kaffee fragte Frederike, um welche Suppe es sich den handele. Als Wolfgang antwortete, er würde Graupensuppe kochen, guckte sie verständnislos. Das verwirrte wiederum Wolfgang. Daraufhin zuckte sie mit den Schultern. „Kenn‘ ich nicht, mein Schatz“, sagte sie daraufhin. „Mein Schatz, ich hatte gerade den Horror, sich dachte, du würdest vielleicht sagen, mag ich nicht.“ Frederike aß einen Keks, bevor sie antwortete, „ich bin unkompliziert, wenn es ums Essen geht. Meine Mutter hat aber immer gesagt, Graupensuppe sei scheußlich.“ „Schatz, wenn ich die Suppe koche, bleibt genug übrig für uns beide. Wir probieren die Suppe gemeinsam und wenn du sie nicht magst, hat sich mein Plan erledigt.“ Sie lächelte danach und meinte – gerne Schatz.

Am späteren Nachmittag saßen sie beieinander auf der Couch, Frederike lehnte sich an Wolfgang an, während sie sich von einem Naturfilm berieseln ließen. Durch die Berührung ihrer Körper stieg in Wolfgang Wärme auf, so legte er einen Arm um sie und drückte sie an sich. Sobald der Film endete, wurde Frederike aktiv. Sie führte eine Hand entlang der Innenseite seiner Oberschenkel in Richtung seines Schritts. Sowie sie dort angekommen war, ertastete sie durch seine Hose seinen Hodensack. Vorsichtig massierend führte sie die Hand in kreisenden Bewegungen über diese Stelle. Wolfgang stieß leise röchelnde Töne aus. Schließlich ließ sie ihre Hand ruhen und fragte, ob sie nicht duschen wollten. „Gemeinsam, mein Schatz?“, frage Wolfgang zurück. „Ich dachte eher an nacheinander, aber wenn es dir nicht zu eng wird in der Kabine, dann gerne.“ „Mir wird es nicht zu eng, wenn du das Wasser nicht zu heiß einstellst!“ Wolfgang drückte ihr einen Kuss auf die Stirn.

Eng aneinandergedrückt standen sie unter der Dusche. Als Frederike das Wasser abstellte, schäumte Wolfgang ihr die Haare ein und verteilte danach großzügig Schaum auf ihren Brüsten. Um ihn davon abzubringen, kraulte sie ihn intensiv an den Schamhaaren und schäumte ihm anschließend die Haare ein. Während sie sich nach dem Einseifen abspülten, nahm Wolfgang Frederike fest in seine Arme und küsste sie dabei auf den Hals. Schließlich stellte sie das Wasser ab. Wolfgang fragte, ob sie noch kurz kalt duschen wollten. Sie erklärte er sei verrückt, könne aber gerne kalt duschen, während sie sich abtrockne. Er schüttelte den Kopf, half ihr aus der Duschtasse und trocknete sie hingebungsvoll ab. Sobald Frederike trocken gerieben war, meinte er, sie möge sich schon einmal hinlegen, während er die Duschkabine trocken rieb. Sie zuckte mit den Schultern, schüttelte verwundert den Kopf und ging ins Schlafzimmer, wo sie sich unter die Bettdecke kuschelte. Als Wolfgang einige Minuten später folgte, schlug sie die Bettdecke zurück, erfreut betrachte er die Körperformen der Frau, in die er sich verliebt hatte. Er setzte sich zu ihr auf die Bettkante. Sie wurde sofort aktiv und streichelte ihm über die Innenseite der Oberschenkel.

Wolfgang hielt einen Moment lang still, dann legte er sich so auf Frederike, dass er ihre Brüste küssen konnte. Schließlich umschloss er eine der Brustwarzen mit seinen Lippen und führte seine Zunge mit kreisenden Bewegungen darüber. Sie reagierte kitzlig darauf, so rutschte er weiter nach unten, bis sein Kopf auf ihrem Bauch ruhte. Frederike drückte seinen Kopf fest an sich, während Wolfgang in wohliges Schnurren ausbrach. Schließlich rutschte er noch weiter nach unten, bis er seine Lippen auf ihre Schamhaare drücken konnte. Frederike stöhnte lustvoll, so legte er seine Lippen auf ihre Vulva. Sie blieb entspannt, nur ihr Stöhnen wurde lauter. Er erforschte mit der Zunge ihre Schamlippen, bevor er schließlich die Zunge zur Klitoris führte und diese zärtlich bearbeitete. Das Stöhnen wurde lauter und dann, während Wolfgang den Eindruck hatte, sie würde schmelzen, kam Frederike zum Orgasmus. Sie schien völlig die Kontrolle über sich verloren zu haben, sie atmete in schnellen Stößen und er spürte, wie ein Zittern durch ihren Körper lief. Schließlich stieß sie einen tief aus ihrem Körper kommenden Seufzer aus, sie entspannte sich und lächelte ihn voller Glück an. Er setzte sich wieder neben sie und hielt ihre Hand.
     „Süßer, was hast du gemacht?“, fragte sie schließlich.
     „Wolltest du das nicht? Dann täte es mir leid.“
     „Mein Süßer, du hast mich total glücklich gemacht.“ Sie legte sich so, dass ihre Körper sich berührten, nahm seine Hand und drückte sie auf eine ihrer Brüste. Eine Weile lag sie so, bevor sie weitersprach. „Wölfi, für dich hast du jetzt gar nichts gehabt. Komm, ich helfe dir.“
     „Ach Schatz, wenn es dich glücklich macht, dann ist es auch für mich gut.“
     „Komm schon Wölfi. Leg dich neben mich.“

Ohne zu antworten, legte Wolfgang sich neben Frederike, diese drehte sich so, dass sie ihn bequem streicheln konnte und streichelte ihn zwischen den Oberschenkeln, dann legte sie eine Hand unter seinen Hodensack und brachte durch ganz sanfte Berührungen die auf den Hoden sprießenden Haare zum Schwingen. Schließlich legte sie die Hand um seinen Penis und massierte diesen mit wechselndem Druck. Nach wenigen Minuten kam Wolfgang zum Höhepunkt. Er spürte, wie seine Beinmuskulatur in Zuckungen geriet und sein Leib sich aufbäumte, dann kam er zum Erguss. Da er es versäumt hatte, ein Tuch bereitzulegen, fing er die Samenflüssigkeit mit der Hand auf. Er sank erschöpft auf das Kissen, Frederike nahm zwei Papiertaschentücher zur Hand und trocknete ihm Hand und Penis.

Sich an den Händen haltend, lagen sie nebeneinander. Wolfgang atmete nach dem Orgasmus noch einige Zeit heftig, langsam beruhigte sich sein Atem, seine Sehnsucht nach Nähe war immer noch nicht gestillt. So drehte er sich in Richtung Frederike und legte seinen Kopf so, dass er das Gefühl hatte, den Duft ihrer Haut einzuatmen. Er lag eine ganze Weile so bei ihr, dann erhielt er einen Stups.
     „Was ist, Freddy?“
     „Süßer, so langsam meldet sich bei mir der Hunger.“
     „Oh, du sollst natürlich nicht verhungern, während wir schmusen, aber es ist zu schön hier bei dir zu liegen.“
     „Du bekommst meine Nähe die ganze Nacht.“
     „Schatz, du hast mich schon überredet. Kümmerst du dich um die Kartoffeln? Derweil koche ich die Bohnen.“

Etwas mühsam drehte sich Wolfgang so im Bett, dass die Unterschenkel über das Bett hinausragten. Sich mit den Händen abstützend richtete er sich auf und setzte sich. Er blieb dort einen Moment sitzen, bevor er sich erhob und den Bademantel überzog. Er gähnte einmal laut, dann reichte er seiner Liebe die Hand, zog sie hoch und hielt ihr den Morgenmantel auf. „Du willst wohl bald wieder ins Bett, mein Süßer? Ich wollte mich eigentlich noch einmal anziehen.“ „Och Schatz, wie unromantisch.“ Frederike schüttelte als Antwort nur den Kopf, zog sich dann den Morgenmantel über und ging ins Bad. Als sie zurückkam, stand Wolfgang bereits in der Küche und beschäftige sich mit den Bohnen.

Wolfgang zog sie zu sich heran, drückte sie fest an sich und flüsterte ihr ins Ohr, „zimperlich bist du jetzt aber nicht mehr.“ Frederike gab ihm einen Knuff, löste sich von ihm und griff nach dem Kartoffeleimer. „Du bist wirklich ein unbeschreiblicher Quatschkopf oder bevorzugst du es, wenn ich auf zimperlich mache?“, sagte sie dabei. Beide lachten. Als sie schließlich beim Essen saßen, schaute Wolfgang, nachdem sie gekostet hatten, erwartungsvoll an. Frederike nickte. „Wölfi, sich von dir beim Kochen beraten zu lassen, ist keine schlechte Idee.“ „Freddy, mein Schatz, ich koche gerne, du darfst auch gerne eigene Ideen einbringen.“ Sie antwortete nicht, sondern schnitt sich ein Stück von den Mettenden ab und bestrich dieses mit Senf. Sie nahm noch eine Gabel von dem Gemisch aus Bohnen und Kartoffelstampf, dann lächelte sie Wolfgang an. Dieser lächelte zurück und sah sie erwartungsvoll an.
     „Süßer, ich habe nicht viele Ideen beim Kochen. Ich kann kochen, aber es ist nicht meine Passion.“
     „Liebes, wenn es geht, sollten wir gemeinsam kochen. Aber du musst dich schon dazu äußern, was du möchtest.“
     „Das, mein Süßer, werde ich dir schon sagen.“
     „Dann bin ich beruhigt, mein Schatz. Darf ich die Graupensuppe bei dir kochen?“
     „Sicher, warum fragst du?“
     „Das ist eine längere Prozedur.“
     „Muss ich dabei sein?“
     „Nö, außer zum Abschmecken. Ich bringe meinen Schnellkochtopf mit oder hast du einen eigenen?“
     „Wölfi! Du kennst dich in meiner Einrichtung aus, ich habe keine verborgenen Schätze.“ Frederike lachte.
     „Schon gut, Schatz. Den Schnellkochtopf bringe ich mit. Er verkürzt das Erstellen der Rinderbrühe zeitlich um die Hälfte.“
     „Wölfi, kommen wir zu näherliegendem. Wie werden wir den Abend gestalten? Da du dich nicht anziehen wolltest, gehe ich davon aus, dass wir den Abend auf der Couch verbringen.“
     „Ja, gerne.“
     „Wir werden etwas trinken?“
     „Nur wenn du Vorräte hast, denn ich möchte das Haus heute nicht mehr verlassen.“
     „Habe ich, aber nur im Keller, Süßer.“
     „Dann gehen wir noch in den Keller, Liebes.“
     „Süßer, aber nicht in diesem Aufzug!“
     „Gut, gut, wir ziehen uns noch einmal an. Oder gehst du allein?“
     „Auf gar keinen Fall. Wir wollen gemeinsam auswählen.“
     „In Ordnung, mein Schatz.“

Gemeinsam gingen sie die Treppen hinab in den Keller. Auf dem Kellergang legte Frederike ihre Hand in die von Wolfgang. „Was ist, mein Schatz?“, fragte daraufhin Wolfgang verwirrt und erfreut. Frederike lehnte sich an Wolfgang an, und antwortete, sie fände den Kellergang unheimlich. Er fand zwar nichts Unheimliches am Gang, aber der Gang er war nur spärlich beleuchtet. Der fleckige, ursprünglich offensichtlich mausgrau gestrichene Boden, sowie Wände und Decken, die mit einer Farbe gestrichen waren, die wohl einmal weiß gewesen war, schimmerten in allen Grautönen und die Farbe an den Wänden blätterte großflächig ab. Das Szenario hätte einem alten Kriminalfilm in Schwarzweiß durchaus zu einer schaurigen Kulisse verhelfen können. So drückte er ihre Hand fester in seine und sagte, „du stehst unter meinem Schutz, mein Schatz.“ In Frederikes Kellerraum, der auch nur spärlich beleuchtet war, standen nur einige ausrangierte Einrichtungsgegenstände und ein kleines Weinregal. „Süßer, ich weiß ja, was im Regal liegt. Bist du bitte so lieb und schaust dich selbst im Regal um.“ Wolfgang nickte, hockte sich vor das Regal und fand schnell eine Flasche, die ihm zusagte. Ohne etwas zu sagen, hielt er ihr die Flasche hin. „Oh, mein Süßer hat einen ausgewählten Geschmack. Portugieser Weißherbst – ein angenehmer Sommerwein. Eine gute Wahl. Komm, wir gehen wieder nach oben.“ Wieder drückte sie ihre Hand in die von Wolfgang, als sie durch den Kellergang gingen. In der Wohnung klingelte das Telefon, als Frederike die Eingangstür aufschloss. Sie hob ab, ohne auf die im Display gezeigte Nummer zu achten.
     „Fridrich“, sprach sie vorsichtig in das Mikrofon, nachdem sie das Gespräch angenommen hatte, da sie keinen Anruf erwartete.
     „Guten Abend, Freddy. Hier ist Ulrike, ich nehme an, mein Papa ist bei dir, denn zu Hause ist er nicht.“
     „Guten Abend, Ulrike. Ist es dir nicht Recht, dass Wölfi so oft bei mir ist?“
     „Freddy! Wo denkst du hin, ich freue mich darüber.“
     „Danke Ulrike, ich gebe an Wölfi weiter, tschüss.“
     Sie legte das Telefon auf den Tisch und rief nach Wolfgang, der in die Küche gegangen war und ging selbst ins Schlafzimmer.
     „Guten Abend, meine liebe Tochter.“
     „Du redest geschwollen daher, Papa.“
     „Uli, sei nicht so frech, sonst enterbe ich dich. Du spionierst hinter mir her?“
     „Papa! Nein, ich wollte dir sagen, der Gärtner war da und ich habe bereits die Rechnung per Mail erhalten.“
     „In Ordnung, ich überweise sofort. Wie viel?“
     „Siebenhundertfünfzig.“
     „Gut, bitte zahle sofort, das Geld ist übermorgen auf deinem Konto. Ich überweise achthundert und schicke dir eine Einkaufsliste. In Ordnung, Schatz?“
     „Ja sicher, Papa. Aber die paar Einkäufe kann ich vorstrecken.“
     Wolfgang lachte, „Quatsch Uli, ich halte mich da an deine Mutter und die hätte in diesem Punkt keinen Widerspruch gelten lassen.“
     „Nun gut, da Mama das auch so gewollt hätte, gebe ich mich geschlagen.“
     „Gut mein Schatz, grüße bitte Jean von uns und halte die Ohren steif.“
     „Bis bald, Papa.“

Wolfgang öffnete nach dem Telefonat die Weinflasche, stellte zwei Weingläser auf den Couchtisch und goss den Wein ein. Er ging ins Schlafzimmer, zog sich wieder aus, zog den Bademantel über und setzte sich auch die Couch. Frederike kam im Morgenmantel aus dem Bad, setzte sich neben ihn und kuschelte sich an ihn. Er legte einen Arm um ihre Schultern und drückte sie.
     „Süßer, ich glaube, Ulrike meint, wir passen gut zusammen. Ich hoffe, ich enttäusche sie nicht.“
     „Du machst dir unnötige Sorgen, Schatz.“
     „Bist du sicher?“
     „Ja, natürlich, sonst würde ich das nicht sagen. Uli und ich begegnen uns immer mit Respekt. Die Wahl des Partners wird weder kommentiert noch kritisiert. So habe ich es immer gehalten, bei allen Liebesabenteuern, die Uli so hatte. So wird es jetzt auch bei uns beiden sein, Uli und du, ihr werdet euch mögen, da bin ich ganz sicher.“
     „Ich mache mir auch eigentlich keine Sorgen. Was ich meine ist, wenn Ulrike und ich nicht miteinander klarkommen, was wird dann aus uns beiden?“
     „Wir werden uns weiter lieben. Ich fahre dann nicht mehr nach Frankreich.“
     „Süßer, jetzt machst du dir etwas vor.“
     „Nein Freddy, allein ist mir die Fahrt zu weit und was mache ich den ganzen Tag allein im Haus? Elsa und ich, wir haben uns beim Fahren immer abgewechselt und jetzt wechseln wir beide uns ab. Wenn es dir dort gefällt, aber nur dann, können wir gerne öfter fahren. Andernfalls wird das Haus verkauft.“
     „Du wirst dann Ulrike nur noch selten sehen.“
     „Ja, ich weiß. Aber für sie ist es genauso weit, wie für uns.“
     „Süßer, so meinte ich das nicht. Ulrike ist berufstätig, während du ein fitter Rentner bist.“
     „Ach, komm schon, mein Schatz. Einen Mann im achtzigsten Lebensjahr, als fit zu bezeichnen ist mit Sicherheit übertrieben.“ Wolfgang lachte.
     „Süßer, wenn ich sehe, wie du loslegst, wenn du allein gehst, dann kann ich deine Auslassung zu fit, nur einem Wort beantworten – Blödmann.“
     „Sei nicht so frech! Sonst wird das nichts mit uns.“
     „Gut, ich nehme der Blödmann ausnahmsweise zurück, aber dann bist du immer noch ein Quatschkopf.“ Frederike drückte sich fester an Wolfgang an, der kitzelte sie an den Brüsten.

An diesem Abend rührten sie sich kaum noch von der Couch weg. Ab und zu tranken sie an ihrem Wein. Zwischenzeitlich legte Wolfgang immer wieder einmal eine Hand zwischen ihre Oberschenkel und versuchte sie an der Vulva zu kraulen. Er erhielt dann einen freundlich gemeinten Knuff, aber sie fand die Berührung als durchaus angenehm. Irgendwann fiel Wolfgang ein, dass er Ulrike versprochen hatte, das Geld für den Gärtner zu überweisen. So setzte er sich kurz an das Notebook und füllte eine Überweisung an sie aus. Frederike erhob sich auch, stellte sich hinter ihn, legte ihre Hände auf seine Schultern und schaute ihm bei seiner Tätigkeit zu. Als Wolfgang die Überweisung abgeschickt hatte, lehnte er sich auf dem Stuhl zurück, bis sein Kopf an ihre Brust stieß. Sie kraulte ihm ausgiebig die Haare, schließlich sagte sie, „Süßer, darf ich mich an den Kosten beteiligen?“ „Auf gar keinen Fall!“ „Süßer, nun sei nicht bockig.“ Wolfgang schüttelte den Kopf, dachte einen Moment nach und sagte dann, „fünfzig Euro der Überweisung sind für unsere Erstausstattung gedacht. Die können wir teilen. Der Gärtner ist mein Problem.“ „Geht doch, Süßer!“ Frederike ging in die Diele, entnahm ihrem Portmonee fünfundzwanzig Euro und legte sie auf den Tisch. Wolfgang hatte es sich bereits wieder auf der Couch bequem gemacht und zog sie auf seinen Schoß.

Die letzten Tage vor der Abreise ging Wolfgang entspannt an, schließlich gab es nach dem Abarbeiten der Packliste nichts mehr, was er mitnehmen wollte. Einiges an Kleidung lagerte in Frankreich, was er an Kleidung einpackte, waren eher die Sachen, die er bei Ausflügen tragen wollte oder dann, wenn er Frederike ausführte. Toilettenartikel lagerten auch in Frankreich, so packte er davon nur das ein, was er für die Zwischenübernachtung benötigte. Insgesamt kamen nur ein kleiner Reisekoffer und eine Reisetasche für die Zwischenübernachtung zusammen. Frederike hatte er entsprechende Hinweise gegeben und nachdem er ihr erklärt hatte, es wären eine Waschmaschine und ein Wäschetrockner im Haus vorhanden, packte diese auch nur wenig Wäsche und wenige Kleidungsstücke ein. Nachdem sie alles zusammengelegt hatte, bat sie Wolfgang, ihre Auswahl zu begutachten. Er nickte zufrieden, sagte dann, sie solle bitte noch an festes Schuhwerk zum Wandern denken und legte ihr einen Arm um die Schultern, dann fiel ihm doch etwas auf.
     „Mein Schatz, möchtest du barfuß am Strand laufen?“
     „Weiß nicht, Süßer. Wie hältst du es?“
     „Ich gehe bei Temperaturen über zehn Grad immer barfuß.“
     „Aua, das ist ganz schön kühl.“
     „Findest du? Schatz, mache es doch so – nimm Badelatschen mit und für Tage, an denen dir darin zu kühl ist, leg einfach ein paar alte Sportschuhe ins Auto. Die brauchst du gar nicht erst zu verpacken, die können während der gesamten Zeit im Kofferraum bleiben. Du ziehst sie bei Bedarf direkt auf dem Parkplatz am Strand an.“
     Frederike ging zum Schuhschrank und griff nach ein paar abgetragenen Schuhen. „Gut, Süßer?“, fragte sie und hielt Wolfgang die Schuhe hin.
     „Perfekt, Schatz. Wenn es dir passt, fahren wir von hier aus los. Soll ich die letzte Nacht zu Hause schlafen?“
     „Du schläfst eigentlich jede Nacht bei mir. Warum fragst du?“
     „Vielleicht willst du in der letzten Nacht deine Ruhe haben, Freddy.“
     „Süßer, ich gehe jetzt nicht davon aus, dass du gerade in dieser Nacht eine Liebesorgie feiern willst.“
     „Nee, ich denke an schlafen.“
     „Gut, welches Auto nehmen wir?“
     „Wie du möchtest, was spricht für dein Auto?“
     „Ich bin vertraut damit.“
     „In meinem Auto ist aber die Befestigung für den Piepser an der Scheibe.“
     „Piepser?“
     „Das Mautgerät, Schatz. Und noch etwas, ich brauche nicht umpacken, bevor wir fahren.“
     „Wölfi, ist es viel Arbeit, die Halterung in meinem Auto anzubringen?“
     „Nee, ist schon gut, Schatz. Mit doppelseitigem Klebeband klebe ich die Halterung an deine Windschutzscheibe und das Umpacken ist auch keine Riesenaktion. Und jetzt, mein Schatz, da gehe ich in die Küche und koche Graupensuppe. Du hast Platz im Gefrierschrank?“
     „Ja, warum?“
     „Die Suppe müssen wir einfrieren, damit sie die Reise übersteht und eine Portion bleibt dann hier – die essen wir, wenn wir zurück sind.“
     „Süßer, fast habe ich den Eindruck, dass ich mir den Koch einer Großküche eingefangen.“ Beide nahmen sich lachend in die Arme.

Nachdem sie die Küche aufgeräumt hatten, was es bereits Zeit für das Abendessen. Wolfgang war, nachdem er abgeschmeckt hatte, hochzufrieden mit der Suppe. Fast so gut wie früher, bemerkte er dazu. Bei dieser Ansage wallte Trauer über den Tod von Elsa in ihm auf. Er konnte die Trauer so weit unterdrücken, dass Frederike nichts davon mitbekam. Er hielt Frederike einen Löffel mit Suppe hin, diese schüttelte den Kopf und sagte, „nein Süßer, ich lasse mich gleich am Tisch überraschen.“ Ohne weiter auf ihn einzugehen, deckte sie den Tisch ein. Während Wolfgang die für den Abend geplante Portion noch einmal wärmte, stellte Frederike zur Feier des Tages zwei Gläser mit Wein auf gedeckten Tisch.
     „Bitte Freddy, setzt dich schon an den Tisch, ich kümmere mich um die Suppe.“
     „Du, Süßer, willst du mich bevormunden?“
     Wolfgang lachte, „nein mein Schatz, ich mag es, meine Liebe zu verwöhnen.“
     „Bevor du weiter dumme Sprüche drischst, guck lieber nach deiner Suppe, sonst brennt sie noch an.“
     „Schon gut, ich glaube, sie ist inzwischen warm genug.“

Wolfgang stellte den Topf auf den Tisch, nahm den Schöpflöffel und füllte Suppe auf Frederikes Teller. Füllte dann seinen Teller und setzte sich gegenüber von Frederike an den Tisch.
     „Ich wünsche dir einen guten Appetit, Schatz.“
     Frederike rührte einmal mit dem Löffel ihre Suppe um und schaute Wolfgang lächelnd an, „danke, mein Süßer, soll ich jetzt probieren oder stoßen wir zuerst mit unserem Wein an?“
     „Wir stoßen zuerst an, dann ist dein Urteil vielleicht nicht so streng.“
     „Mein Gott, was habe ich mir für einen Spinner eingefangen.“ Sie hoben beide ihre Gläser, stießen diese aneinander und tranken jeweils einen kleinen Schluck. Frederike griff zum Löffel, füllte diesen mit Suppe, pustete kurz auf den Löffel und schob diesen in den Mund. Wolfgang schaute gespannt, dann sagt sie, „Wow, mein Süßer, deine Suppe ist sehr gut.“
     „Danke, mein Schatz, das freut mich.“

Nach dem Essen überkam Frederike Sehnsucht nach Nähe. Sie lehnte sich intensiv bei Wolfgang an und ließ sich von ihm streicheln. Sie dachte daran, wie sie damals vor vielen Jahrzehnten, Wolfgangs Drängen zurückgewiesen hatte. Heute fand sie, sie sei damals wirklich arg zimperlich gewesen. Aber hätte, hätte… Jetzt in seinen Armen fühlte sie sich geborgen, Wolfgang war entweder anders als alle anderen Männer, mit denen sie im Laufe ihres Lebens zusammen gelebt hatte, oder er war durch das Alter ruhiger geworden. Sie wollte sich keine weiteren Gedanken darüber machen. Da sie Wolfgang als einen sexuell erfahrenen Liebhaber erlebte, glaube sie, dass er in einer erfüllten Beziehung mit Elsa gelebt hatte. Eigentlich war ihr das gleichgültig, sie fand schließlich sei Wolfgang jetzt ihr Liebhaber und seine Vergangenheit war nicht ihr Problem. Sie hoffte auf eine echte Partnerschaft und meinte, sie seien auf dem besten Weg dorthin. Wolfgang streichelte inzwischen intensiv die Innenseiten ihrer Oberschenkel.
     „Süßer, du möchtest mehr Nähe?“
     „Nein mein Schatz, so ist es gut und angenehm.“
     „Möchtest du, dass ich dich auch streichle?“
     „Ruhig, liebes, es ist alles gut. Lehne dich weiter bei mir an oder mache dich lang auf der Couch und lege deinen Kopf auf meinen Schoß.“
     Frederike folgte diesem Vorschlag und legte sich so, dass ihr Kopf auf seinem Schoß lag. Wolfgang erforschte mit einem Finger die Form ihrer Brüste. „Das ist gut, mein Süßer“, sagte sie schließlich, während nun seine Hand eine ihrer Brüste umfasste.
     „Möchtest du heute gar nicht Fernsehen?“
     „Mein Süßer, ich möchte deine Nähe. Sag einmal Wölfi, du klangst so verbittert, als du über Selbstbefriedigung sprachst, du hast aber nichts dazu gesagt, wie du selbst dazu stehst.“
     „Schatz, im Moment gibt es bei mir keinen großen Drang nach Selbstliebe, deine Berührungen machen mich glücklich.“
     „Selbstliebe?“
     „Ja Schatz, ich finde den Ausdruck treffender als Selbstbefriedigung.“
     „Du drückst dich vor einer klaren Antwort, wie du dazu stehst?“
     Wolfgang schwieg einen Moment, während er sie weiter streichelte, sie hatte fast den Eindruck, dass sich wirklich vor einer Antwort drückte, da sprach er wieder, „ich bin der festen Überzeugung, jeder Mensch hat das Recht zur Selbstliebe. Fast jeder Mann masturbiert, zumindest ab und an, aber immer noch ist diese Art Befriedigung zu erlangen mit Vorurteilen besetzt.“
     „Süßer, ich schäme mich immer vor mir selbst, wenn ich das tue, was du Selbstliebe nennst.“
     Wolfgang stellte das Streicheln ein und drückte Frederike. „Freddy, das solltest du nicht. Es gehört zum Menschsein. Wenn dir danach ist, dann tu es und bitte tu es ganz ohne Scham. Man lernt dabei viel über seine eigenen Bedürfnisse.“

Frederike setzte sich auf und lehnte sich umgehend bei Wolfgang an. Sie hatte im Moment keinen weiteren Gesprächsbedarf. Das vertrauensvolle Zusammenleben mit einem Mann, den sie eigentlich schon ein Leben lang kannte, wärmte ihr Herz. Sie erinnerte sie zurück an ihr Zusammenleben mit Georg. Georg hatte es zu Anfang der Ehe verstanden, ihre Sexualität zu erwecken. Alle Männer danach waren in dieser Beziehung nur Stümper gewesen. Drüber rutschen und fertig, war wohl deren Devise. Ihre sexuellen Erlebnisse mit Wolfgang waren weder mit den Höhenflügen zu Anfang ihrer Ehe, noch mit den faden Erinnerungen an die Männer nach Georg zu vergleichen. Wolfgang spürte, was ihr guttat. Er hatte auch keinerlei Hemmungen, sie so zu führen, dass er zu seiner Genugtuung kam. Das Alter sorgte zwar zu gewissen Einschränkungen, aber jedes Alter hat eben seine eigenen Regeln und Reize. Schließlich erhob sie sich, holte eine Flasche Wein, sowie zwei Gläser.
     Als sie wieder auf der Couch saß, lehne sie sich schnell wieder an, so als hätte sie Angst davor, die Wärme des Herzens könne verloren gehen. Dann hatte sie weiteren Gesprächsbedarf. „Süßer, ich habe etwas nachgelesen, kannst du mir sagen, wieso es gegen die Juden solche Hassgefühle gibt? Was ist die Wurzel des Antisemitismus?“
     „Freddy, das ist eine schwere Frage, auf die ich keine Antwort weiß. Menschen, klüger als ich, haben sich darüber Gedanken gemacht. Es gibt Hinweise, die Wurzeln des Antijudaismus lägen bereits in der Zeit der Pharaonen. Andere Hinweise gehen auf die Zeit der Abspaltung der Christen vom Judentum zurück. Der heutige Antisemitismus entstand im 19. Jahrhundert und ist meiner Meinung nach eng mit dem Aufkommen des Rassismus verknüpft. Ich kann das alles nicht begreifen.“
     „Ich war so dumm zu meinen, die Vergangenheit sei überwunden, eben vergangen. Es brauche unsere Generation nicht zu kümmern.“
     „Mach dir bitte deshalb keine Sorgen, mein Schatz. Wer hat nicht so gedacht? Du bist da keine Ausnahme, eher der Normalfall.“
     „Unser Besuch in der Mahn- und Gedenkstätte – was wir da gesehen haben, war fürchterlich. Wölfi, warum haben sich unsere Vorfahren darüber geschwiegen?“
     „Ich will unsere Eltern und Großeltern nicht in Schutz nehmen, aber ich glaube zuerst waren sie nach dem Zusammenbruch mit dem Überleben beschäftigt und als es wieder aufwärts ging, folgte die Verdrängung. Was hat der Jude nicht alles Schlimmes getan! Alles hat man ihnen angedichtet. Die Juden beherrschen die Wirtschaft – da kann ich nur lachen, aber das Lachen bleibt mir im Halse stecken. Ich sage es einmal so, ihre eigenen Unzulänglichkeiten, die haben die wirklich herrschenden den Juden untergeschoben. Gab es Hunger, das waren die Juden schuld. Kam es zu Arbeitslosigkeit, die Habgier der Juden hat sie bewirkt. Ich könnte das fortsetzen, in einer antisemitischen Gesellschaft ist der Jude eben immer Schuld. Dabei frage ich mich immer, wer oder was, ist der Jude. Jemand Charakterzüge zuzuschreiben, weil er einer Gruppe angehört – abartig!“
     „Süßer, ich bin so froh, mit dir über alles sprechen zu können. Du weißt, wir sind morgen eingeladen?“
     „Eh, ich bin nicht dement!“
     „Du bist und bleibst ein Quatschkopf. Ich meinte, wir sollten es jetzt nicht zu spät werden lassen.“
     „Du hast recht. Nach dem Besuch bei Emilie haben wir noch zwei Tage, dann fahren wir, ich hoffe im Innersten, es wird eine schöne Reise für uns.“
     „Ach komm, Süßer! Erst redest du mir ein, alles wäre ganz einfach und nun kommst du mit Bedenken.“
     „Schon gut, mein Schatz. Ich war mir nur einen Moment unsicher, ich bin sicher, es wird die Reise unseres Lebens. Dann komm, lass uns schlafen gehen.“
     „Ja Süßer! Sonst redest du noch mehr geschwollenes Zeug daher.“ Frederike erhob sich und ging ins Bad.

Am Tag bevor sie auf ihre Reisen gehen wollten, packte Wolfgang die letzten Utensilien in seine Reisetasche und wartete auf seine Putzhilfe. Mit ihr besprach er, was er gerne in den nächsten Wochen erledigt hätte. Danach schellte er bei den Nachbarn, die sich um Briefkasten und Wohnung kümmern wollten. Anschließend machte er sich auf den Weg zu Frederike. Sie packten gemeinsam das gesamte Gepäck in Frederikes Auto, Wolfgang befestigte den Autobahnpiepser an der Windschutzscheibe und programmierte das Navi. Danach war es Zeit für das Mittagsessen, Frederike hatte einige Brote geschmiert, die sie gemeinsam in der Küche aßen.
     „Haben wir noch etwas zu erledigen, mein Schatz?“
     „Nein Süßer, ich habe mich von der Nachbarin verabschiedet, die leert meinen Briefkasten und hat meine Handynummer für den Fall, dass etwas Wichtiges ist.“
     „Ich schreibe dir unsere Festnetznummer auf, da läuft der Anrufbeantworter. Die kannst du ihr zusätzlich geben.“ Wolfgang schrieb die Telefonnummer auf einen Zettel und reichte diesen Frederike.
     „Gute Idee, warum hast du Festnetz in Frankreich?“
     „Wir, mein Schatz, sag bitte wir haben. Wir haben über den Festnetzanschluss auch Internet. Einen PC haben wir auch, ich nehme aber mein Notebook mit, damit können wir fernsehen –morgen Abend im Hotel.“
     „Kein Fernseher auf dem Zimmer? Das glaube ich jetzt nicht.“
     „Kannst du Französisch? Meine Kenntnisse reichen nicht zum Fernsehen.“
     „Wenn deine Kenntnisse nicht reichen, meine rudimentären Kenntnisse reichen bestimmt nicht.“
     „Da wir nichts mehr zu erledigen haben, schlage ich vor, wir gehen gleich spazieren.“
     „Gerne Süßer!“

Hand in Hand gingen sie in den Park zum Gedenkstein, dort legte Wolfgang den Arm um Frederikes Hüfte und sie gingen langsam weiter durch den Park. Nach wenigen Schritten gerieten sie ins Stolpern. „Süßer, so hätten wir vor einem halben Jahrhundert spazieren gehen können, jetzt lassen wir das lieber, sonst landen wir auf der Unfallstation, statt in Frankreich.“ Wolfgang lachte und legte ihre Hand in seine Hand, die ihm bald darauf einschlief. So beendeten sie ihren Spaziergang eng nebeneinander gehend, ohne sich an den Händen zu halten. Sie gingen sehr eng nebeneinander, das führte ab und an zu einem leichten Rempler. Wieder zurück in der Küche setzte Wolfgang Kaffee an, Frederike holte einen Rest Kekse aus der Anrichte. „Die sollten wir jetzt aufessen, bis wir wieder nach Hause kommen, sind die nicht mehr knackig“, sagt sie dazu. Während sie an ihrem Kaffee tranken und ab und zu einen Keks knabberten, hatte Frederike das Gefühl, sie sei mit dem Mann, der ihr gegenüber saß, zutiefst verbunden. Große Sehnsucht nach seiner Nähe stieg in ihr auf.
     „Süßer, ist es unanständig? Ich möchte mit dir unter die Decke – ich möchte deine Berührungen.“
     „Mein Schatz, da gibt es nichts Unanständiges. Ich sage es so, in der Beziehung zwischen zwei Liebenden, da gibt es nichts Unanständiges. Wir lieben uns, das ist das größte aller Gefühle. Ich mag es, wenn du deine Wünsche und Bedürfnisse offen aussprichst.“
     „Gut Süßer, wenn wir unseren Kaffee getrunken haben, legen wir uns etwas hin.“

Da Wolfgang keine Idee hatte, wie viel Berührung Frederike wünschte, nahm er aus dem Bad das Gleitgel mit ins Schlafzimmer. Frederike hatte sich unter die Decke verzogen und bis auf ihren Slip, war sie nackt. Sie hob die Decke an und klopfte auf die Matratze, als Aufforderung, er solle sich zu ihr setzen. Er setzte sich neben sie, zog den Slip so weit nach unten, dass ihre Schamhaare frei lagen und betrachte die Formen des von ihm so begehrten Körpers. „Wölfi, mein lieber Schatz, bitte zieh dich aus und leg dich zu mir“, sagte sie schließlich. Wolfgang folge der Aufforderung und kroch zu ihr unter die Decke. Frederike schmuste sich umgehend bei ihm an. Vorsichtig spielte er zuerst mit ihren Brüsten, während er einen Arm unter ihren Nacken schob, drehte er sich so, dass er auf ihrem Oberkörper zu liegen kam. Liebevoll setzte er leichte Küsse auf ihren Hals, während er seine Hand nach unten gleiten ließ und diese dann auf ihre Vulva drückte. Frederike stöhnte leicht auf und beantwortete den Druck seiner Hand mit kräftigem aufbäumen und wieder entspannen ihres Beckens. Leicht massierte Wolfgang den Bereich um ihre Klitoris und drang vorsichtig mit dem Zeigefinger in sie ein. Frederike wurde für ihn ungewohnt feucht, bisher hatte er den Eindruck gehabt, sie leide an trockener Scheide. Er wusste, sie war bereit für ihn, er schob sich zwischen ihre Beine. Frederike massierte ihn an Penis und Hoden. Als er bemerkte, dass er kurz vor dem Erguss stand, verteilte er vorsichtshalber etwas Gleitgel auf der Eichel und drang dann in sie ein. Sowie Wolfgang seinen Penis rhythmisch in ihr vor- und zurück bewegte, stöhnte sie lustvoll auf und drückte ihre Hände fest auf seine Pobacken. Wolfgang ejakulierte, als ein Zittern durch Frederikes Körper lief. Er blieb auf ihr liegen, sie drückte noch etwas auf seine Pobacken. Wolfgang stieß dabei ein wohliges Brummen aus. Schließlich rollte er sich neben sie und Frederike schmuste sich bei ihm an. Später lagen sie nebeneinander und hielten sich bei den Händen.
     „Ich glaube, mein Süßer, es entwickelt sich etwas Großen zwischen uns.“ Sagte Frederike schließlich, während sie sich aufsetzte.
     Wolfgang hielt weiter ihre Hand. „Freddy, mein ganz lieber Schatz, es ist etwas unbeschreiblich großes, was uns gerade widerfährt.“
     „Ja Wölfi, ich habe nicht geglaubt, dass ich mich noch einmal so verlieben könnte.“
     „Es kann eine große Liebesgeschichte werden, wenn wir es wollen, mein Schatz.“ Auch Wolfgang setzte sich auf. Er nahm sie in die Arme und wiegte sie leicht hin und her, dann fügte er hinzu, „und heute, haben wir unsere Liebe ohne jeden Krampf genießen dürfen.“
     „Mein Süßer, ich fühle mich bei dir geborgen – mit deinen Krämpfen werden wir lernen zu leben.“ Frederike drückte sich fest an ihn an, während seine Hand ihren Rücken streichelte.

Die beiden waren viele Wochen in Frankreich geblieben. Sie fuhren erst zurück, als sich im November das Wetter verschlechterte. Nach dem ersten starken Herbststurm hatten sie noch ein paar Tage abgewartet, dann setzte für einige Tage Dauerregen ein. Sie entschlossen sich noch einmal, mit Ulrike und Jean ein ausgiebiges Familienessen zu veranstalten und dann in Richtung Heimat aufzubrechen. Ulrike, die sie gerne noch einige Zeit in ihrer Nähe gehabt hätte, beruhigten sie mit dem Versprechen, dass sie bald wieder kämen.

Wieder in der Heimat, fiel es ihnen schwer, sich einzuleben. Vor allem Frederike hatte das Gefühl, sie sei amputiert, wenn sie länger allein in ihrer Wohnung war. So oft es ging, hockten sie fortan zusammen. Wolfgang war sehr verschmust und setzte alles daran, möglichst oft mit seiner Liebe zusammen zu sein. War er allein, hatte er oft das Gefühl, er sei völlig ausgebrannt. Sobald sie Zeit gemeinsam verbrachten, fühlten sie, es war ein Fehler weiter nebeneinander her zu leben. Da Wolfgang sich nicht dazu äußerte, wuchs in Frederike die Überzeugung, sie müsse selbst aktiv werden. Einen Plan hatte sie nicht, sie wünschte sich mehr Zeit mit Wolfgang, wollte aber auf keinen Fall mit ihm ständig zusammen sein. Wenn sie auch die gemeinsame Zeit in Frankreich als berauschend schön empfunden hatte, meinte sie dennoch, sie brauche einen Rückzugsraum und sei es nur ab und zu.

Da sie Wolfgang am Nachmittag erwartete, machte sie sich daran, als Überraschung einen Marmorkuchen zu backen. Sie hatte seit langer Zeit nicht mehr selbst gebacken, merkte aber schon beim Rühren des Teigs, dass sie an dieser Tätigkeit immer noch gefallen fand. Während des Backens durchzog ein angenehmer Duft die Küche. Frederike dachte darüber nach, für wen sie zuletzt gebacken hatte. Ihr fiel nichts dazu ein, sie glaubte am Ende, sie hätte einen Nachmittag mit zwei Kolleginnen verbracht und hätte deshalb gebacken. Kaum war der Kuchen ausgekühlt, war es schon Zeit, dass sie die Kaffeemaschine in Gang setzen konnte. Wolfgang kam, wie gewohnt, sehr pünktlich. Sie nahmen sich in die Arme, wobei ihm der Duft von frisch gebackenem Kuchen in die Nase stieg.
     „Mein Schatz, was hast du gemacht? Es duftet nach Kuchen.“
     „Süßer, zur Abwechslung habe ich einmal selbst gebacken, statt zum Bäcker zu gehen. Ich hoffe, der Kuchen ist gelungen.“
     „Freddy, vielleicht machen wir gemeinsam ein Catering-Unternehmen auf. Du backst Kuchen und ich koche.“
     Frederike löste sich von ihm, versetzte ihm einen Stoß und sagte, „du bist einfach nur ein Blödmann, widersprich besser nicht, ich bin mir da mir Ulrike einig!“
     „Oh, Schatz, ich dachte nur, wir bessern unsere Rente auf.“
     „Jetzt labere nicht weiter herum, du schüttest Kaffee ein und ich schneide den Kuchen an.“
     Als sie beide saßen, schaute Wolfgang verliebt auf die Frau, die ihm all ihre Liebe schenkte, sagte aber nicht.
     Frederike, die der Meinung war, Wolfgang sollte etwas sagen, beendete schließlich das Schweigen. „Wölfi! Was starrst du mich so an, gefällt dir irgendetwas nicht?“
     Wolfgang reagierte verdattert. „Ich gucke verliebt, mein Schatz. Dass ich dich anstarre, ist eine Unterstellung.“
     „Mein Gott, in was für einen Quatschkopf habe ich mich verliebt. Wölfi, ich dachte, du wolltest mir etwas sagen!“
     „Oh ja, der Kuchen schmeckt fantastisch!“
     Frederike schüttelte den Kopf, „in deiner Jugend warst du zu stürmisch. Jetzt scheinst du eher unentschlossen zu sein. Ich war der Meinung, du hättest dir Gedanken über unsere Zukunft gemacht.“
     Wolfgang grinste, dann sagte er, „ja, habe ich.“
     „Und du möchtest deine Gedanken nicht mit mir teilen?“
     „Doch, mein Schatz. Ich habe nur Sorge, du könntest nein sagen.“
     Wieder schüttelte sie den Kopf, „Süßer, wo ist dein Problem? Ich habe mir auch Gedanken gemacht und da ich wohl mutiger bin, als du es bist, fange ich an und ich erwarte, dass du nicht einfach dazu schweigst.“
     „Dann lege los, Freddy!“
     „Ich möchte, dass wir gemeinsam leben. Gemeinsam unsere laufenden Finanzen planen, gemeinsam unseren Haushalt führen und uns für einander verantwortlich fühlen. Ich möchte, dass du über die Einhaltung meiner Patientenverfügung wachst, dass du die Verfügungen für meine Beisetzung umsetzt, solltest du mich überleben. Auf gar keinen Fall möchte ich meine Wohnung aufgeben. Ich brauche vielleicht ab und zu einmal einen Rückzugsort.“ Frederike holte einmal tief Luft, dann fügte sie hinzu, „Süßer, ich habe nichts hinzuzufügen, es wäre jetzt der Moment, an dem du dich äußern solltest.“
     Wolfgang schob noch einen Bissen Kuchen in den Mund, kaute einen Moment genussvoll darauf herum und spülte mit Kaffee nach, bevor er antwortete. „Mein Schatz, deine Wünsche decken sich mit meinen. Ich möchte auch meine Wohnung behalten, aber ich möchte trotzdem mit dir zusammenleben. Wie finden wir also zusammen?“
     „Süßer, da werden wir einen Weg finden. Kannst du dir vorstellen, dass du zu mir ziehst und bei Bedarf einfach ein paar Stunden oder wenige Tage in deine Wohnung zu wechselst?“
     „Ja, das kann ich mir sogar gut vorstellen.“

Bereits Ende Februar traten sie ihre zweite gemeinsame Reise nach Frankreich an. Das war, wie sich bald herausstellte, keine gute Idee. Ende der ersten Märzwoche verdichteten sich die Hinweise auf Notmaßnahmen gegen eine um sich greifende Pandemie. Sie berieten sich mit Ulrike und Jean und kamen gemeinsam zu der Überzeugung, den Aufenthalt abzubrechen. Als sie am 12. März die Heimreise antraten, hatte der französische Präsident bereits weitgehende Schutzmaßnahmen ab dem 14. März verordnet. Sie vermuteten, dass ihre Abreise ein Abschied für lange Zeit sein würde. Wieder zu Hause wurden auch für Deutschland weitgehende Schließungen und Kontaktbeschränkungen angeordnet. Sie machten sich Gedanken darüber, wie es weitergehen könnte. Nach ihrer ersten gemeinsamen Nacht in der gewohnten Umgebung sprach Wolfgang das Thema direkt beim Frühstück an.
     „Freddy, mein Schatz. Wir werden nicht mehr so leben können wie bisher, wenn die Kontaktbeschränkungen in Kraft treten, darf ich dich nicht mehr besuchen.“
     „Was schlägst du vor, Süßer? Ich habe bereits eine Idee.“
     „Dann lasse mich an deiner Idee teilhaben, Freddy.“
     „Wenn wir ständig zusammenleben, fallen wir nicht unter die Kontaktbeschränkung.“
     „Schatz, bist du jetzt mutig oder tollkühn?“
     „Beides, Süßer! Dir fehlt der Mut dazu?“
     „Nein, ich sage es so – zu mir oder zu dir?“ Wolfgang stand auf, stellte sich hinter sie, beugte sich zu ihr herunter, legte seine Arme um sie und sagte, „wir lassen es so, wie bisher auch, mein lieber Schatz. Nur werde ich offiziell bei dir einziehen. Ich meine mit Ummeldung beim Bürgerbüro.“
     „Süßer, besprichst du das bitte mit Ulrike?“
     „Nein, das werde ich nicht! Ich teile ihr unsere Entscheidung mit!“
     „Süßer, bitte tu es für mich.“
     „Ja Schatz, wenn das dein Wunsch ist, mache ich das. Wir haben uns aber entschieden, wir wollen unser Leben weiter gemeinsam verbringen. Nur mit dem Rückzugsort, das wird schwieriger werden, aber, dass ich ab und zu Zeit in meiner Wohnung verbringe, ist doch mit Sicherheit erlaubt.“

Wolfgang wiegte sie leicht in seinen Armen, wie er es gerne tat. Frederike griff schließlich nach seinen Händen, erhob sich und kuschelte sich umgehend bei ihm an. Lange standen sie aneinander gelehnt und schwiegen. Dann sagte Frederike, „Süßer, an die Arbeit. Wenn du hier komplett einziehen willst, wirst du noch einiges bei dir packen müssen, oder?“ „Ja, das stimmt, machen wir uns an die Arbeit, bevor die Kontaktbeschränkungen in Kraft treten.“

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Kapitel: 17
Sätze: 2.586
Wörter: 31.572
Zeichen: 186.015

Kurzbeschreibung

Sie waren einmal ein Liebespaar. Über fünfzig Jahre später treffen sie sich zufällig. Nach dem Austausch von Erinnerungen wagen sie den Versuch, ihrer Liebe neues Leben einzuhauchen. Wird es gelingen?

Kategorisierung

Diese Story wird neben Erotik auch in den Genres Liebe, Nachdenkliches gelistet.

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