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Auf zum Avendroth-Schloss (Märchen für Weihnachten 2025)

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15.12.25 19:27
6 Ab 6 Jahren
Fertiggestellt

Autorennotiz

Frohe Weihnachten

Wie jedes Jahr gibt es von mir eine kleine Weihnachtsgeschichte. Am 20.12.2025 erscheint es auch auf meinem YouTube-Kanal, wo ich es symbolisch untermalt vorlese.

Link zum YouTube-Kanal: youtube.com/channel/UCF1evJIOQ4knPsIrA_iYk9Q

In einem kleinen aber schmuckvoll verziertem Holzhüttchen wuchs Konrad auf. Immerzu hatte er bei den Arbeiten seiner Tischlers-Mutter zugesehen. Am liebsten, wenn sie die grotesken Fratzen herstellte, für die das Dorf am Fuß des Avendroth-Berges bekannt war.

Im Alter von vierzehn Jahren wurde es zu Regelmäßigkeit, dass er mitging um in dem Wald vor dem Haus, das passende Holz zu finden oder eben wieder anzupflanzen. Meist vergaß er dabei seine Hilfsbereitschaft. Rannte umher oder kletterte bis in die Wipfel, der sechs Meterhohen Bäume. So kam es, dass er eines Tages, das völlig vereiste Schloss ganz in ihrer Nähe entdeckte.

„Mama, Mama!“, sprang er aufgeregt um seine Mutter herum, die eine Ladung abgestorbenes Holz in einen bereits vollgefüllten Schienenwagen füllte. Erst als sie das Ende eines langen Taues in die Hand nahm, fragte sie lächelnd, was er denn entdeckt habe. Konrad erzählt von dem eingefroren Schloss, während ihr Brennholz den steilen Hang hinaufgezogen wurde.

„Der Graf muss doch frieren da oben“, stellte seine Mutter das erwähnte, umherwandernde Licht nicht in Frage. Sie kannte das Schloss, war aber davon ausgegangen, dass es schon lange nicht mehr bewohnt war. Ihre Hütte lag auf dem einfachsten Weg zum Dorf.

„Dann laden wir ihn doch ein, bis der Winter vorüber ist. Er ist bestimmt nett.“ Sie lachte, da sie sich denken konnte, woran er das maß. „Er gilt im Dorf nicht gerade als gesellig.“ „Na und?!“, trotzt ihr Sohnemann. „Dann bringen wir ihm eben den fettesten Baum nach oben den wir haben! Den hier“ deutete er auf einen toten Baum, auf den er zugelaufen war. Vermutlich weil dieser dünner war als andere zeigte er noch auf einen weiteren und suchte einen dritten. Als er zurückkam war der erste gezeigte Baum bereits gefällt.

„Arbeite immer von dir weg“, erklärte sie, ohne richtig aufgesehen zu haben. Der Junge ging zu den Geräten, schnappte sich das Beil und kümmerte sich um die Äste, während seine Mutter den nächsten Baum fällte. Später schlug sie den Stamm in kleine Teile, die ihr Sonn aufsammelte und einlud. Die zusätzliche Ware wurde mit mehreren Fuhren hochgezogen und vor der Holzhütte im Hang abgekippt.

„Wir werden, das alles schleppen müssen“, bereitete sie in vor. „Ich bin stark“, protzte er und würde vermutlich versuchen wirklich alles mit der Hand zu tragen. Sie lächelte milde, tätschelte seinen Kopf und nahm ein paar Äste, die sie ihm in die Hand drückte, bevor sie das schwere Gerät packte. Ihr Sohn nahm trotzdem das leichtere Werkzeug und packte es in die Karre.

„Ich bin fünfmal stärker als Papa“, behauptete er. Wohl eine kleine Sicherheitsmaßnahme, dass er später auch wirklich mit zu dem Schloss und seinen tollen Fratzen durfte. „Weißt du, was wir brauchen?“ „Warme Sachen!“ Seine Augen glänzen vor Begeisterung. Wäre der steile Hang nicht gewesen, wäre er vermutlich auch umhergesprungen. „Gut. Ich ziehe dich hoch und du richtest alles her.“ Das musste sie nicht zweimal sagen. Sofort kletterte er in eine zusätzlich angebrachte Halterung und ließ sich samt Ladung hochziehen. Zweieinhalb Stunden später kam sie ebenfalls an der Hütte an. Ihr Sohn empfing sie mit einer dampfenden Tasse Tee und zeigte stolz auf seine zwei gepackte Holzschlitten.

„Und wenn der Graf unser Angebot nicht annimmt?“, fragte sie spielerisch. Konrad war ein viel zu großer Dickkopf, um nach dieser Entdeckung noch gehorsam ins Bett zu gehen. „Dann legen wir es ihm einfach vors Tor“, beharrte er wie erwartet. Immerhin gab es in dem Dorf einmal im Jahr die Tradition die Bäume des Waldes mit Lichtern zu schmücken. Was bedeutete, dass sofort wieder Heimkehren könnten und nicht in eisiger Dunkelheit übernachten müssten.

„Gut“, seufzte sie. Mehr weil sie wohl nicht anders verhindern konnte, dass der Junge alleine loszog. „Aber pack noch was rüber. Wir können später tauschen.“ Er setzte zum Protest an, gewann aber nicht. Eilig schichteten sie um, zogen dann Schals, dicke Jacken, Mützen, Rucksäcke und Handschuhe an. Selbst geknüpften Seile verbanden sie mit den holzbeladenen Schlitten.

Als sie dann endlich aufbrechen konnten, mühte sich Konrad ab, um an der Spitze zu laufen. Schließlich, so meinte er, wüsste nur er den Standort des Schlosses. Seine Mutter hielt ihn nicht zurück. Allerdings sorgte sie dafür, dass er auf der unbefestigten Straße blieb. So gerne er auch schnurgerade querfeldein gehen würde.

Nach knapp einer vollen Stunde hatten sie die marode, weiß verputze Ziegelmauer erreicht. Willkürlich wirkend waren fantasievolle Ganzkörperstatuen auf dem kargen Gelände verteilt. Köpfe von finster dreinblickenden Wesen verzierten ebenso willkürlich Säulen, Wände und Türme. Der weiße Verputz am Schloss selbst schien in Ordnung, auch wenn die Fassade stellenweiße vereist und das Dach sogar komplett bedeckt war.

Konrad fand, als er sich von einem Holzschlitten löste, eine beschädigte Fratze am Boden. Vorsichtig hob er es auf und setzte es auf einen Felsen. „Irgendwas ist hier komisch“, murmelte seine Mutter, die sich nun ebenfalls löste und ein paar der mitgebrachten Holzstücke ablud und vor der Mauer aufschichtete.

„Ma, wir müssen doch fragen!“, beschwerte er sich und rannte sofort zum eisernen Tor, dass wie auch die komplette Mauer keinen einzigen Eiskristall aufwies. „Frau und Herr Graf und Gräfin!“, rief er als er keine andere Möglichkeit fand, sich bemerkbar zu machen. Es tat sich jedoch nichts.

„Komm her und hilf mir abladen. Hier ist die beste Stelle dafür.“ „Hm aber wir müssen es ihnen sagen. Sonst sehen sie es nicht.“ Eifrig half er mit und versucht danach erneut irgendjemand hinter der Mauer zu erreichen.

„Vielleicht mag er sich nicht zeigen.“ „Das Dorf ist so unfreundlich! Ich will, dass wir nicht mehr für sie arbeiten!“, erzürnte er. „Ja, sie sind aber meine einzigen Abnehmer“, seufzte sie, enttäuscht darüber, dass es ihr Junge dort auch nicht leicht hatte.

„Setz den Kopf hierauf“, sagte sie und half mit, als es ihr Sohn, wie befohlen, auf das gestapelte Holz setzen wollte. „Ich bringe Morgen noch etwas hinauf. So ein großes Gebäude braucht noch mehr Holz.“ „Hm.“ Das Unglück, dass er nicht würde helfen können, stand ihm ins Gesicht geschrieben. Morgen würde er wieder ins Dorf zu seinem Vater runtermüssen. Die Schule rief und er befürchtete, dass seine Eltern immer noch nicht verstanden hatten, dass er auch Fratzenschnitzer werden wollte.

„Weißt du auch noch, wie man bremst?“ Seine Mutter lächelte. Ihr Sohn liebte es im rasanten Tempo den Hang zwischen den Bäumen hinunter zu brettern und er würde ihr niemals den Gefallen tun, dies weniger Halsbrecherisch zu tun. „Erst muss ich nochmal Bescheid geben“, sagte er und brüllte erneut über die Mauer. Wieder rührte sich niemand.

Sichtlich beleidigt setzte er sich auf seinen Schlitten. Sehr schnell konnte man jedoch sehen, dass er grübelte. Schließlich schuckte er sich ab und brüllte, dass er spätestens wieder am Wochenende käme.

Seine Mutter blieb noch einen Moment, um aus ein paar der mitgebrachten Holzscheite kleinere Stücke zu machen. Als sie danach noch aus ihrer eigenen kleinen Reserve ein seltsames Geflecht beigefügt hatte, brach sie ebenfalls auf.

Am Abend des nächsten Tages brach sie erneut mit einer Lieferung auf. Sie hatte nicht damit gerechnet, den Holzstoß angerührt aufzufinden. Tatsächlich war dieser sogar komplett aufgebraucht. Skeptisch sah sie sich das Gebäude an. An der großen, hölzernen Tür hang jene Fratze, die ihr Sohn am Vortag aufgehoben hatte. Irgendjemand war wohl da und hatte das Holz angenommen. Es nicht weiter hinterfragend schichtete sie wieder das mitgebrachte Holz auf den selben Fleck. Da es noch zusätzliches Holz vom Vortag gab, wagte sie es, noch einmal los zu gehen und schlechte Lichtverhältnisse für den Rückweg in Kauf zu nehmen.

Auf die selbe Weise ging sie am darauffolgenden Tag vor. Der Holzstoß war weg und sie lieferte zweimal. Danach musste sie ihre Unterstützung auf eine Fuhre einschränken, da sie alleine nicht genügen Überschuss erarbeiten konnte, die dann noch mit zwei Fuhren vor zu schlechter Sicht ausgeliefert werden konnte.

Nach drei solcher Tage stieg ihr Sohn den Berg wieder hoch. Er strahlte, da ihm sein Vater bessere Ausrüstung geschenkt hatte, die den Aufstieg leichter und sicherer machten. „Und? Hat sich etwas getan?“ Vor der Tür standen schon zwei Schlitten bereit, die nicht mehr ganz unangetastet waren. Konrad hatte heimlich ein paar der Scheite auf jenen Schlitten umgepackt, den er später ziehen würde. „Das werden wir sehen.“ Sie begrüßte und verpflegte ihren Sohn, bevor es nach einer Ruhepause zum Schloss los ging.

Diesmal waren sie gut eine dreiviertels Stunde langsamer. Doch Konrad wollte partout nicht einsehen, dass ihm bereits der Aufstieg in den Knochen lag und das Gewicht des Holzes zu schwer war. Lieber schob er es der ungewohnten Ausrüstung zu und bat seine Mutter, die doch bestimmt schon härter gearbeitet hatte vorzugehen. Anfangs wollte sie das nicht, vergrößerte ihren Abstand jedoch kurz vor dem Ziel, um ein Lager für ihren erschöpften Sohn vorzubereiten.

Als er ankam gab es eine freigeräumte Fläche und den Anfang eines Lagerfeuers. „Schlüpf aus deinen Sachen und geh in den Schlafsack“, befehligte sie, noch bevor sie dieses Teil ausgeschüttelt und ausgelegt hatte. Entweder durch den strengen Tonfall oder wegen der Erschöpfung gehorchte er ohne zu murren. Es dauerte nicht lange, da schief er schon neben den wärmenden Flammen. Seine Mutter gönnte sich keine Pause. Mit gewohnten Handgriffen räumte sie die Schlitten ab und zog diese dann ins Lager

„Du bist ein kleiner Sturkopf“, weckte sie ihn auf und bot ihm zu trinken an. „Bin ich gar nicht“, protestierte er schlaftrunken und brauchte eine Weile, um das Getränk anzunehmen. Plötzlich war er jedoch hell wach und starrte mit offen Mund zum Schloss. Irritiert folgte seine Mutter seinem Blick und zuckte zusammen.

In etwa zwei Meter Abstand stand ein langer dürrer Herr in Biedermeier-Mode, der bei seiner Entdeckung seinen Gehstock etwas zurücknahm, seinen Zylinder abnahm und sich freundlich lächelnd leicht verbeugte. „Schönen Abend die Dame und der Herr.“ Konrad wuchs in die hohe und konnte vor Stolz und Aufregung kaum an sich halten. „Sind sie der Graf? Ich bin Konrad und das ist meine Mutter Annelore. Sie stellt wunderbare Holzfratzen her.“ „Tag“, unterbrach sie den Redeschwall ihres Sohnes. Sie wirkt noch immer ziemlich irritiert, was nicht nur an dem jungen Mann lag, der ein wenig Mühe hatte seine voluminöse, schwarze Haarpracht wieder unter den Zylinder zu bekommen. Das Schloss im Hintergrund strahlte im unversehrten Weiß durch eine Frühlingspracht aus saftigem Grün und lila Krokussen.

„Ich wollte mich für das Holz und ihre harte Arbeit bedanken. Das war sehr freundlich von ihnen und ich würde mich gerne erkenntlich zeigen.“ „Kann ich die Fratzen sehen?“ Konrad war nicht mehr zu halten und flitzte auf das Schlossgelände. „Entschuldigen sie.“ „Keine Ursache, es ist das mindeste.“ Im gemäßigten Tempo folgten sie dem Jungen. „Sie erinnern mich an meine Tochter Annelore. Vor Jahren ging sie in Dorf.“

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Kurzbeschreibung

Dieses Jahr gibt es ein Weihnachtsgeschichte von mir mit grotesken Fratzen, einem Jungen, der das mag und einem Schloss, dass herrenlos zu sein scheint.

Kategorisierung

Diese Story wird neben Survival auch in den Genres Entwicklung, Festliches, Natur und Familie gelistet.

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