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Bilderschnipsel

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28.03.18 17:34
12 Ab 12 Jahren
In Arbeit

„Nur nicht fallen“, dachte Liz, während sie auf der kleinen Mauer balancierte, die direkt am Ufer der Donau entlangführte. Sie wusste genau, wie stark die Strömung an dieser Stelle war, aber sie brauchte den Nervenkitzel.

Immer wenn ihr das Leben zu viel wurde und die Gedanken überhandnahmen, immer wenn sie das Gefühl hatte die Kontrolle zu verlieren, immer wenn sie einfach nur weg wollte, suchte sie nach einer Sache, die ihr Herz zum Rasen brachte.

Je höher, desto besser. Je mehr Wasser im Spiel war, desto besser. Die Gefahr des Sturzes in unbekannte Gefilde war dann stets präsent. Dementsprechend führte sie ihr Weg sehr oft hierher. Ans Ufer der Donau.

Liz mochte die Höhe. Liz mochte auch das Gefühl fast zu fallen. Nur stürzen wollte sie nicht.

Der Stein war warm unter ihren bloßen Füßen. Die Sonne hatten den ganzen Tag über herabgebrannt, daher war es selbst jetzt noch alles andere als kühl.

Liz hatte Durst, seit geraumer Weile schon, aber ignorierte das Gefühl. Sie wollte alles ausblenden bis auf die Wärme unter ihren Füßen, das Rauschen des Flusses und den angenehmen Wind.

„Nur nicht fallen“, dachte Liz, während sie einen Fuß vor den anderen setzte.

Manchmal war das Leben leicht und schön, manchmal war das Leben aber auch eine einzige Katastrophe und dann wollte Liz am liebsten alles vergessen. Ihre Gedanken kreisten dann ständig, suchten sie heim, ließen sie nicht zur Ruhe kommen. Aber Aufgeben war kam trotzdem nicht in Frage. Weitergehen war die einzige Option.

„Nur nicht fallen“, dachte Liz, während sie weiterging.

Die Sonne war inzwischen fast komplett hinter dem Horizont verschwunden und die ganze Welt schimmerte orange, als würde sie brennen.

Liz blieb stehen und drehte sich, dass sie mit dem Gesicht zum Wasser auf der Mauer stand. Die Zehen krallten sich um die Kante des Steines und sie schloss die Augen, breitete die Arme aus und konzentrierte sich ganz auf den Wind. Dieser zerrte an ihrer Kleidung, ließ sie flattern.

„Nur nicht fallen“, dachte Liz, während sie sich dem Moment hingab.

Sie ging weiter. Die Mauer war nicht mehr lang. 50 Meter vielleicht noch, eher weniger. Dann war es Zeit kehrtzumachen oder hinunterzuspringen.

Liz lächelte.

Langsam ging es ihr besser, die Gedanken kamen zur Ruhe. Hörten auf zu Kreisen, ließen sie endlich wieder zu Atem kommen. Für den Moment war alles in Ordnung. Ruhe umgab sie. Sie wusste, sie konnte weitermachen.

Sie stolperte.

„Nur nicht fallen“, dachte Liz, während sie mit den Armen ruderte, versuchte ihr Gleichgewicht wiederzufinden.

Sie rutschte endgültig ab. Für einen Moment flog sie, der Wind bauschte ihre Kleidung auf, dann war da nur noch Wasser.

Sie fragt ihn, was er mit der Rose will, aber er lächelt nur und drückt sie ihr einfach in die Hand.

Es dauerte einen Augenblick, ehe sie versteht, dann lächelt auch sie und beschließt noch im selben Augenblick, dass sie die Rose trocknen wird, um den Augenblick zu bewahren.

Sie umarmt ihn, die Blume fest in der Hand.

Die Rose ist wunderschön. Sie weiß, sie ist unschuldig, sie riecht nach Freiheit und Liebe.

Eine Woche vergeht.

Sie betrachtet die Rose, die kopfüber an der Wand hängt und nimmt sie gedankenverloren herab. Berührt die Blätter und sticht sich versehentlich an einer der Dornen, die durch das Trocknen härter geworden sind.

Ein kleiner dunkelroter Blutstropfen quillt aus der Wunde und sie wischt ihn an ihrer Hose ab, um die Rose nicht zu verschmutzen, die getrocknet fast noch schöner ist.

Weiß und unschuldig. Und noch immer riecht sie nach Freiheit und Liebe.

Ein Monat vergeht.

Sie versucht die Rose nicht zu beachten, denn ihr Anblick schmerzt ihr seit es zwischen ihm und ihr aus ist. Aber wegwerfen möchte sie die Blume auch nicht, denn sie hat noch Hoffnung. Auch wenn diese immer mehr schwindet.

Sie kann nicht anders und nimmt ein Messer, stutzt den Stiel der Rose und entfernt die Dornen. Dann stellt sie die Rose ins Regal. Dort geht sie oft vorbei und jetzt sieht es endlich nicht mehr so leer aus, auch wenn sie es meist ohnehin nicht beachtet.

Die Rose ist dunkler geworden. Leicht bräunlich, nicht mehr ganz so unschuldig und der Geruch von Freiheit und Liebe ist auch verfolgen.

Zwei Monate vergehen.

Die Rose steht noch immer im Regal, sie hat sie nicht mehr herausgenommen, aber geht mehrmals am Tag daran vorbei. Sie sieht die Rose immer, wenn sie in ihrer Wohnung ist und gleichzeitig auch wieder nicht. Sie sieht sie, aber betrachtet sie nicht.

Und wenn sie es doch tut, kommen die Gedanken. Sie weiß nicht mehr, ob sie noch Hoffnung hat oder nicht. Sie weiß nicht, ob sie überhaupt noch etwas fühlt, wenn sie die Rose sieht.

Die Rose ist nicht mehr schön. Bräunlich, vertrocknet und zusammengeschrumpft. Zudem riecht sie nach dem Ende.

Eine Minute vergeht.

Sie nimmt die Rose aus dem Regal, dreht sie, betrachtet jedes Blütenblatt, jeden Makel, jedes Detail genau und lässt sie fallen. Sie tritt darauf.

Etwas sticht. Einen Dorn hat sie wohl übersehen und steckt nun ihrem Fuß.

Trotzdem tritt sie erneut darauf. Wieder und wieder. Bis nicht mehr viel übrig ist.

Der Stiel ist zerbrochen, die Blütenblätter sind fein zerbröselt. Zu Staub.

Und der Staub ist wunderschön und doch wieder nicht. Fein ist er auf dem Boden verteilt, hell und voller Trauer. Der Geruch ist verflogen.

Und für den Moment ist sie frei.

Viel Zeit vergeht.

Die Rose steht nicht mehr im Regal, der ist Staub weggeworfen.

Die Zeiger sind angerostet, das Ziffernblatt vergilbt und das Uhrwerk tickt schon lange nicht mehr. Das Pendel ist seit Jahren schon verschwunden und das hölzerne Gehäuse von Insekten zerfressen. Die Scharniere der Gehäusetür quietschen und das Glas in der Tür ist trübe.

Er streicht über das Holz. Rau fühlt es sich unter seinen Fingern an und es könnten leicht kleine Teilchen absplittern.

Es wäre leicht, die Uhr einfach wegzuwerfen, aber er tut es nicht. Er behält sie. Sieht dabei zu, wie sie immer weiter zerfällt, weil er sich nicht näher mit ihr befassen will. Aber wenn er sie repariert, müsste er Teile austauschen, die Uhr wäre nicht mehr dieselbe und das will er nicht, denn es hängen viele Erinnerungen daran.

Er geht um den Tisch, auf dem die Uhr liegt, und betrachtet sie von allen Seiten.

Er erinnert sich daran, dass Uhren nicht nur schön anzusehen sind, sondern auch einen Sinn haben. Diesen Sinn hat die Uhr verloren. Und schön anzusehen ist sie auch nicht mehr. Da sind nur noch Erinnerungen. Erinnerungen an die Vergangenheit.

Er muss etwas tun. Endlich handeln.

Er nimmt den Meter aus der Schublade am Tisch, um das Gehäuse abzumessen. Wegwerfen will er sie nicht, also muss sie erneuert werden.

Während er misst, sieht er, dass das Gehäuse gar nicht so kaputt ist, wie er dachte. Die Schäden sind nur oberflächlich. Das Holz ist noch gut, er muss es nur abschleifen, die Kanten entfernen. Dann wird das Gehäuse zwar dünner sein, aber immer noch stabil genug. Die Holzwände sind dick und gut verarbeitet.

Die Scharniere muss er ölen. Das Schloss des Gehäuses muss er ganz austauschen, ebenso wie die Zeiger. Da ist nicht viel zu retten. Das Schloss ist völlig zerkratzt und aufgebogen, die Zeiger nicht nur angerostet, sondern sogar schon löchrig. Und er muss die fehlenden Zahnräder und Federn nachbauen lassen.

Aber der Schlüssel zum Aufziehen der Uhr und der Antrieb an sich sind noch gänzlich in Ordnung. Nicht einmal angerostet oder verschmutzt.

Er wischt mit dem Finger über die Glasscheibe, wischt den Staub hinfort.

Das Glas muss er putzen. Aber dann ist es wieder klar. Und man kann den Zahnrädern beim Ticken und dem Pendel – das Pendel, er muss noch ein neues Pendel bauen – beim Schwingen zusehen.

Dann sieht er sich das Ziffernblatt noch einmal an.

Wenn er Farbe kauft und neu aufzeichnet, langsam und vorsichtig, dann kann es wieder im alten Glanz erstrahlen.

Erneut geht er um den Tisch herum, betrachtet die Uhr von allen Seiten.

Nein, die Uhr wird danach nicht mehr dieselbe sein. Aber sie ist dann immer noch seine Uhr, an der Erinnerungen hängen. Und sie wird wieder ticken, wieder einen Zweck haben und wieder schön anzuschauen sein.

Wieder geht er um den Tisch herum.

Dann geht er Werkzeug holen.

Es ist kalt draußen und es wird schon bald Nacht.
Dunkel zieht auf.
Aber in mir brennt ein Feuer.
Ein Feuer laut und heiß. Und voller Zorn.
Meist ist es ruhig. Dann brennt es leise, genug um mich zu wärmen, aber nicht mehr.
Mal lodert es warm auf, dann fühle ich mich gut.
Manchmal denke ich, es ist gerade dabei zu verlöschen. Ich beginne zu frieren. Zittere. Das Feuer, es wird kleiner und kleiner.
Und selten, ganz selten, da wird aus der kleinen Flamme voller Wärme ein Sturm. Ein Flammensturm, der aufpeitscht und die Dinge, die mich umgeben vernichten. Ein Flammensturm, der nicht mehr zu stoppen ist. Ein Flammensturm, der nicht ohne den Untergang kann.
Er beginnt nicht sanft.
Er beginnt heiß. Heiß und voller Leidenschaft. Voller Emotionen.
Und dann brennt alles.
Es schmerzt, aber ich kann nicht mehr anders, muss das Feuer dann ertragen, denn es brennt in mir. Und davor kann man nicht flüchten.
Außerdem ist es ein guter Schmerz.
Er befreit.
Er führt dazu, dass zwar um mich herum alles in Flammen steht, aber ich nicht von innen heraus verbrenne.
Und dann, wenn alles um mich herum in Asche liegt, ist es genauso schnell vorbei, wie es begonnen hat.
Das Feuer erlischt nicht, aber es wird wieder klein.
Klein und sanft. Kurz vor dem Erlöschen.
Und mich friert.
Mich friert mit Blick auf die Asche um mich herum. Auf die Zerstörung. Und ich fühle, wie die Luft um mich herum heiß und stickig ist. Wie der Sauerstoff fehlt.
Doch irgendwann, irgendwann sehe ich Leben, das langsam aus der Asche hervorgeht. Ich fühle, wie die Luft wieder frisch wird. Ich fühle, wie alles abkühlt.
Wie ich langsam nicht mehr friere. Das Gefühl trotz der Kälte zu verbrennen endlich geht.
Und das Feuer in mir wächst wieder.
Es beginnt mich zu wärmen.

Nachts, da ist die Zeit für Zweifel und Gedanken.
Nachts, wenn die Welt nicht dunkel ist, sondern viel zu hell.
Nachts, wenn er nicht mehr weiß, was richtig und was falsch ist. Auch wenn es offensichtlich scheint.

Nachts, da weiß er nicht mehr, was er wirklich will.
Nachts, hat er Angst, dass sein Weg im Finstern endet.
Nachts, da glaubt er, dass er viel zu voreilig war und das Falsche tut. Auch wenn es richtig ist. Irgendwie.

Er läuft die Straße entlang, an den Laternen vorbei, durch die Lichtkegel eilt er hindurch, immer Richtung Schatten. Zumindest fühlt es sich so an. Denn er gehört dorthin, in die Schatten. Denn er ist ein Schatten; sein ganzes Leben schon.
Er ist da, man sieht ihn, aber doch ist er nicht wichtig, kein noch so kleines bisschen.
Und er kann nicht sagen, ob diese Gedanken nur von der Nacht hervorgerufen werden, oder ob nicht doch ein kleines bisschen Wahrheit drinsteckt.
Vielleicht sogar ein kleines bisschen mehr.

Ihm wird langsam kalt, aber er will nicht nach Hause gehen. Denn wenn er nicht mehr in Bewegung ist, wachsen die Gedanken. Drohen ihn zu erschlagen. Oder brennen in seinen Adern, als wären sie Feuer.
Verdient. So sehr verdient.
Vielleicht auch nicht, er kann es nicht sagen.
Nicht so lange Nacht ist. Nicht so lang die Schatten noch wachsen.

In einer dunklen Ecke bleibt er schließlich doch stehen, lehnt sich gegen die Wand eines Hauses und beobachtet die Stille.
Eigentlich hat die Nacht auch ihre schönen Seiten. Niemand will etwas von ihm, keiner fordert, keiner verlangt.
Niemand ist da, der ihn beeinflussen kann. Er ist einfach nur er selbst.
Doch irgendwann, irgendwann rückt der Morgen näher, das weiß er, das fürchtet er, denn das nährt die Zweifel. Das Wissen um einen neuen Morgen hat ihm noch nie gut getan, begreift er in diesem Moment.
Und er wünscht sich, dass der Morgen nicht kommt. Nie.
Nacht. Nacht für immer.

So steht er da, gefangen in seinen Gedanken.
Die nur da sind, wenn nachts die Welt nicht dunkel ist, sondern viel zu hell.
Er weiß nicht mehr, was richtig und was falsch ist. Und vielleicht, so denkt er, vielleicht hat er das auch nie gewusst.

Frühling, Frühling, Frühling.
Der Wetterbericht redet von nichts anderem mehr. Der Frühling kommt, der Winter ist bald vorbei, die Kälte vergangenheit.
Aber darüber, dass die Kälte in seinem Herzen bleibt, dort alles erfriert, nichts wachsen kann, darüber redet niemand. Woher sollen die Menschen es auch wissen, wenn er ihnen nicht sagt, dass es in seinem Herz immer Winter ist?
Er stapft den Weg zur Uni entlang. Sieht die Blumen am Wegesrand blühen, mitten in der Stadt und trotzdem ist da dieses kleine Gefühl, als wäre er in seiner alten Heimat, draußen in einem kleinen Dorf. Denn es riecht direkt nach Frühling.
Und damals, damals war sein Herz noch nicht so gefroren. Noch kein ewiger Winter.
Zwei Mädchen lachen, während sie an ihn vorbeigehen. „Wir könnten uns unten an Donau treffen“, hört er sie sagen. „Jetzt ist es ja wieder warm genug, um dort zu sitzen.“
„Ich bring Bier mit“, sagt die eine. „Dann mach’s ich beim nächsten Mal“, die andere.
Und dann sie auch schon zu weit weg, um sie noch zu verstehen.
Frühling, Frühling, Frühling.
Menschen wollen sich wieder draußen treffen und genießen das Leben.
Er seufzt. Wieso konnte er nicht einfach wie die anderen sein? Wieso konnte er nicht einfach die Wärme genießen, das Leben?
„Hey, Leo“, hört er auf einmal einen lauten Ruf. Er dreht sich um.
Zwei Menschen, Freunde?, stürmen auf ihn zu.
„Lust heute Abend die Grillsaison zu eröffnen?“
„Ein Nein als Antwort gilt nicht!“
Er nickt nur und lächelt. Vielleicht ist doch nicht ewig Winter.
Doch das Herz bleibt gefroren.

 
 
Da war nichts Sanftes in der Art und Weise, wie Niko die Violine spielte.
Die Töne waren schief, ein bisschen zu hoch, ein bisschen zu tief; der Bogen wurde unsauber über die Saiten gezogen, streifte immer wieder benachbarte Saiten. Der Ton zitterte.
Aber das war ihm egal.
Mit geschlossenen Augen stand er in seiner kleinen Studentenbude, folterte sein Instrument und ein bisschen wohl auch seine Nachbarn. Er konzentrierte sich auf die Musik, auf seine Atmung.
Amazing Grace sollte es werden, im Moment hörte es sich an wie das unvollkommene Cover der Vocals eines Deathmetal Songs. Zumindest war das das, was sein Ex sagen würde. Es wäre nicht das erste Mal. Aber jetzt war er nicht hier. Würde es wohl auch nie wieder sein. Schließlich hatte dieser Idiot schlussgemacht.
Der Strich, der etwas regelmäßiger, sauberer, klarer geworden war, begann wieder zu zittern.

Niko wechselte das Lied. Lilium. Lilium hatte er schon lange nicht mehr gespielt. Er war sich nicht sicher, ob er es überhaupt noch auswendig konnte.
Nur zögerlich spielte er den Anfang, bis er sich sicher war, dass er immerhin wusste, welcher Ton nach welchem kam, auch wenn er sie gerade nicht traf. Er beobachtete wie die Finger seiner linken Hand sich hoben und senkten.
Ließ seinen Blick dann kurz durch das Zimmer schweifen. Alles wie immer. Alles so normal. Auch wenn nichts normal war.

Er schloss die Augen, weil er den leeren Raum nicht mehr ertragen konnte. Und wenn er nichts sah, spürte er die Leere nicht.
„Ellbogen runter. Stell dir vor, dein rechtes Handgelenk würde an einem Faden hängen“, murmelte er sich selbst zu. Erinnerte sich wieder an die Anweisungen seines Geigenlehrers.
Der Strich wurde sauberer.
Und langsam, langsam wurden auch die Töne klarer.

Niko begann Tonleitern zu spielen. Beginnend mit C-Dur.
Einen Finger nach den anderen legte er auf die Saiten, korrigierte nach und nach die Fingerstellungen, damit die Tonhöhen. Der Mittelfinger lag in bisschen zu hoch und der kleine Finger wie immer zu niedrig, weil er die G-Saite nur schwer erreichen konnte. Kleine Hände waren ein Fluch.
Als sich das was er von sich gab endlich wieder nach Melodie anhörte, wechselte er wieder. Lilium, Versuch Nummer zwei.

Fis. Cis. Gis. Halten. A. Etwas länger A.
Und von vorne, das letzte A durch ein H, gefolgt von einem A ersetzen.

Er lächelte.

Irgendwann, irgendwann konnte er seine Geige endlich zur Seite legen, ohne dabei das Bedürfnis zu haben, irgendetwas kaputt zu machen. Ohne seine Verzweiflung in die Welt schreien zu müssen. Ohne seine Einsamkeit in Aktionen umwandeln zu wollen, die er später bereuen würde.
Und zum ersten Mal seit Stunden warf er einen Blick auf sein Handy. Das Benachrichtungslicht blinkte immer noch.
Mit einem Seufzen und einem Druckgefühl im Bauch entsperrte er es. Er hoffte so, dass nicht Raphael … doch, er hatte geschrieben. Für einen Moment musste Niko die Augen schließen, die Unruhe war wieder da. Er hätte wieder die Kraft alles zu zerstören, wollte alles zerstören. Dennoch las er die Nachricht.
„Können wir uns treffen?“
Er schnaubte, dann schmiss er das Handy gegen die Wand und der Bildschirm brach.

Er packte die Geige aus und spielte wieder.
Der Strich war unsauber, die Töne schief. Aber er musste sich auf sein Spiel konzentrieren und nicht auf das Drumherum und das war alles, was er im Moment wollte.

Eine schreckliche Version von Amazing Grace tönte durch das Mietshaus.

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LineaXens Profilbild
LineaXen Am 14.08.2018 um 11:41 Uhr Mit 2. Kapitel verknüpft
Ich finde das ein Super Symbol! Vor allem das die Rose weiss ist und nicht rot, das wäre nämlich ein langweiliges Klischee.

Autor

Silberfeders Profilbild Silberfeder

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Kapitel: 7
Sätze: 164
Wörter: 3.023
Zeichen: 16.782

Kurzbeschreibung

Schnipsel aus den Leben vieler verschiedener Menschen.

Kategorisierung

Diese Story wird neben Trauriges auch in den Genres Liebe, Vermischtes, Nachdenkliches und Schmerz & Trost gelistet.

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