Und schon wieder bin ich der Erste, der am Morgen nach einer Hausparty wach ist und somit der Erste, der das verursachte Chaos um sich herum bestaunen kann. Wie im Film Nachts im Museum. Außer der Tatsache, dass es weder Nacht ist noch, dass die leeren Pizzaschachteln plötzlich durch irgendeinen Zauber lebendig werden.
Mit mir hier auf der Couch liegt die Hündin, die seit gestern Abend kaum noch von meiner Seite weicht, als würde sie direkt in meine Seele schauen und feststellen: "Mach doch niemandem was vor, du bist ein gottverdammtes Wrack, Bro." Irgendwie bin ich das männliche Pendant zu Schneewittchen. Nur sind es bei mir Hunde statt Vögel.
Ja, an diesen Tagen bin ich ein Wrack. Ich liege irgendwo am Boden eines tiefen Meeres während man bedächtig versucht, mich zu bergen, in der Vorsicht, mich in diesem Prozess bloß nicht in zwei Teile zu brechen.
An diesen Tagen bin ich eine angebrochene Packung "Nimm 2", auf der jemand die 2 durchgestrichen und sie durch eine 1 ersetzt hat, mit dem Vermerk: "Aber bitte nur, wenn's denn wirklich nötig ist." Doch ich kann nicht anders als weiterhin das Doppelte geben zu wollen, obwohl ich schon fast leer bin.
An diesen Tagen vernachlässige ich das Appell meines Umfelds, auf mich selbst zu schauen und nicht alles um mich herum reparieren zu wollen. Mutter Teresa muss auf die stille Treppe und bekommt eine Woche Stubenarrest.
An diesen Tagen habe ich Angst. Angst, dass aus diesen Tagen "diese Wochen", "diese Monate" und "diese Jahre" werden.
Diese Tage sind schmerzvoll, weil mir an ihnen bewusst wird, dass ich mal wieder viel mehr gebe, als ich je hoffen kann, zurück zu bekommen. Ich bin dieses viel zu große Paket von Amazon, in dem die eine kleine Sache verpackt ist, die man bestellt hat. Wenn man mich schüttelt, hört man das dumpfe Rappeln.
Doch diese Tage zeigen mir auch, dass es Menschen gibt, auf die ich mich wirklich verlassen kann; die mir zeigen, dass dort irgendwo ein Licht am Ende dieses düsteren Tunnels wartet.
An diesen Tagen vertraue ich auf meine Fähigkeit zu überleben und weiser und stärker aus dieser Krise hervor zu gehen als ich es jemals war.
An diesen Tagen bewahre ich mir meinen Charakter und meinen Sinn für Humor.
An diesen Tagen bin ich die wahrscheinlich längste Praline der Welt. Ich schaue mich gerne an, denn ich bin verdammt schön.
An diesen Tagen fühle ich keine Reue für mein Mitgefühl und meine Fähigkeit tief und innig zu lieben.
An diesen Tagen bin ich ich.
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