Storys > Kurzgeschichten > Nachdenkliches > Schnitzel Schnitzel

Schnitzel Schnitzel

81
18.02.24 16:06
12 Ab 12 Jahren
Fertiggestellt

Herbst. Nachmittag. Wir gehen durch den Wald. Es wird erst in ein paar Stunden dunkel, also lassen wir uns noch Zeit. Der Boden ist mit Blättern bedeckt, weshalb es angenehm raschelt, während wir hindurchpflügen. Hand in Hand. 

Worte. Anekdoten. Ideen. Diese kleine Lichtung dort wäre doch schön für ein Picknick, findest du nicht? Bedauerlicherweise hat keiner von uns eine Decke dabei. Nur die Flasche mit deinem Cranberry-Zitronen-Getränk, das du so magst und ein paar Snacks, damit wir uns zwischendurch stärken können. Du bist immer so gut vorbereitet. So gut, dass ich mich mittlerweile darauf verlasse und meinen eigenen Rucksack Zuhause lasse.

Ich drücke deine Hand ein wenig. Du schaust mir in die Augen. Deine Mimik, deine Gestik sind wie ein Naturphänomen. Ich sauge alles in mir auf, damit ich auch ja nichts verpasse.

Bronzene, gelbe und rote Blätter fallen auf uns herab, als du plötzlich stehen bleibst. Ein Farbenspiel. Du siehst mich durchdringend an und ich habe das Gefühl, dass mein Herz so brach liegt, wie die stetig nackter werdenden Baumkronen über uns. 

Wir setzen uns auf einen Baumstumpf, dein Blick noch immer auf mich fokussiert. Du wirst plötzlich nervös. Ich realisiere, dass wir noch immer unsere Hände halten. Wir wissen beide, was gleich geschehen wird. Ein Moment folgt auf den anderen. Ich beuge mich vor und sehe noch, wie sich deine Augen schließen, bevor meine es auch tun.

 

Winter. Nachmittag. Ich sitze allein in meiner Wohnung. Mein Bett so merkwürdig leer. Meine Decke und das einzelne Kissen lassen es viel zu groß wirken. Noch immer schlafe ich ganz am Rand.  

Wenn ich am Morgen aufstehe, sehe ich einen Schatten in jenem Spiegel, den du am Abend vor dem Schlafen immer umgedreht haben wolltest. Du bist noch überall. So sehr ich es auch versuche, all die Erinnerungen an dich aus dem Weg zu schaffen, sehe ich dich. Selbst wenn ich meine Augen schließe, wie damals auf dem Baumstumpf, als noch alles bunt war. Im Küchenschrank, den du aufgeräumt hast. Im Regal, in dem die CD-Hüllen stehen, die wir beide noch zusammen auf dem Boden sitzend sortiert haben. In den roten Herbstblättern, die auf meiner Fensterbank liegen. Du fandest sie so schön. Die Haselnuss. Stille Überbleibsel.

Es schneit. Ich schaue aus dem Fenster und beobachte stumm, wie alles dort draußen weiß wird. Wie Asche, die vom Himmel fällt. Asche auf mein Haupt. Die Farben sind verschwunden. Mein Herz liegt endgültig brach, wie der Baum dort draußen. Es ist kalt und grau. Dort draußen, wie auch in mir.

Feedback

Logge Dich ein oder registriere Dich um Storys kommentieren zu können!

Autor

Schimaeres Profilbild Schimaere

Bewertung

Eine Bewertung

Statistik

Sätze: 48
Wörter: 446
Zeichen: 2.513

Kategorisierung

Diese Story wird neben Nachdenkliches auch in den Genres Liebe, Trauriges, Schmerz & Trost gelistet.