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Sätze: | 33 | |
Wörter: | 795 | |
Zeichen: | 4.730 |
Der Applaus war ohrenbetäubend, einige Besucher erhoben sich aus Ihren Reihenplätzen. Ihre Blicke voller Bewunderung für die Menschen, die sich vorne im Rampenlicht präsentierten. Deren Verdienstes es war, Sie für den Bruchteil einer Sekunde aus Ihrem Leben in ein anderes, besseres, einfacheres und vor allem fantastischeres Leben zu entführen.
Doch mit Beendigung des Theaterstückes prasselte die Realität wieder in Ihre Köpfe ein und forderte alle Besitzansprüche Ihrer selbst. Viel blieb von der fantastischen Welt nicht übrig und als wolle man sich nicht dagegen wehren strömten die Massen auf dem schnellsten Wege wieder in die Außenwelt, in die Echte, Reale, in Ihre. In der Sie mit Ihrer erfundenen Geschichte lebten, die Sie nie geschrieben hatten. Eine Geschichte die zumeist weder Sie, noch Ihre Träume widerspiegelten, eine solcher Geschichten, die Sie selbst zumeist nicht mochten.
Der Saal war leer, nur die grünlich schimmerten Lichter, erinnerten an den eben noch erlebten surrealen Moment und ließen Ihn wie einen leichten Duft in den Nebelschwaden sichtbar werden. Der Weg hinaus führte die letzte Besucherin, ein Mädchen, wieder durch die Praxis des Arztes, dieser war immer noch in seine nicht Enden wollende Arbeit vertieft. Wenigstens ein Bild das sich nicht geändert hatte, weder zum Einlass in das Gebäude noch zum Austritt aus diesem.
Die Wiederholung der Szenerie machte Ihr den Rückweg leichter. Diesen fortsetzen wollend, sprang irgendeine der vielen, sie umgebenden Türen, innerhalb der Praxis auf.
Wieder in die Rolle der Theaterzuschauerin gedrängt starrte das Mädchen auf die Frau, die so plötzlich vor ihr stand und sofort das ganze Szenenbild änderte, da Ihr die Hauptrolle zugeteilt wurde.
Die Frau war hysterisch und Ihr Erscheinungsbild unbeschreiblich. Sie war nicht heruntergekommen, wirkte aber auch nicht sonderlich gepflegt. Sie war keine Frau, die sich nach Aufmerksamkeit sehnte eher das Gegenteil war zutreffend. Sie war eine der Personen, die Aufmerksamkeit bekamen und sich dann in Ihrer Rolle unwohl fühlten, dies wurde jedoch leider von außenstehenden Beobachtern als anmutende, kindliche, entzückende Art interpretiert und man teilte Ihr somit nur noch mehr Aufmerksamkeit zu. Ein Zustand der für die Frau kaum zu ertragen war.
Für Sie war dies ein nicht enden wollendes Spiel in dem Sie wie eine Figur weitergereicht wurde je nachdem wie die Würfel fielen. Unsicher bewegte Sie sich in einem Käfig, den Sie nur zu gerne durchbrechen würde, dafür fehlte es Ihr aber an Entschlossenheit und der daraus resultierenden Kraft. Dieses Unvermögen war es, das sich in Ihrem Äußeren widerspiegelte. Der langsame Prozess des persönlichen Zerfalls.
"Helfen Sie meinem Sohn", schrie die Frau den Arzt aus weiter Ferne an, obwohl Sie Ihm körperlich doch so nah war.
"Helfen Sie meinem Sohn", die geänderte Stimmlage zwischen diesen gleichen Sätzen war verblüffend. Für einen kurzen Moment zeigte ihre Stimme zu welcher Kraft und Entschlossenheit sie fähig war, wenn es nicht um sie selbst ging.
Der Arzt wurde aufmerksam, wenn auch genervt. Wie oft musste er eine solche Situation schon erlebt haben, dass Menschen einfach in sein Leben hineinplatzen und kompromisslos seine Hilfe einforderten. Aber im wesentlichen war genau dies doch seine Berufsbezeichnung:
"Arzt"; hat Menschen in Notsituationen zu helfen.
Er wandte Ihr sein Gesicht zu. Sie ergriff augenblicklich den Moment und drückte Ihm mit beiden Händen ein Glas in die Hand, dass Sie die ganze Zeit bei sich getragen hatte.
"Helfen Sie meinem Sohn. Ich bin seiner nicht würdig." Ebenso plötzlich wie Sie aufgetaucht war entfernte sich Ihre Gestalt; auflösend, nicht gehend, ergebend, nicht kämpfend, die Welt ohne bleibende Erinnerung, dass Sie jemals existiert haben könnte, aus dem Grund, dass Ihre Existenz für niemanden wichtig war.
Der Arzt, immer noch genervt, nun aber mit diesem Glas in der Hand, dass seine Arbeit und Verantwortungsbereich nur noch weiter ausdehnen und noch unendlicher erscheinen lassen würde.
"Ein Sohn, was ist das ein Sohn." Mit diesen Worten erhob er sich und froh die Verantwortung weiterzureichen wanderte das Glas von den Händen des Arztes in die Hände des Mädchens.
Wie wenn der Vorhang der Vorstellung fällt war auch der Arzt und mit Ihm die ganze Requisite des Behandlungszimmers mit den vielen Türen verschwunden. Das einzige was übrig blieb war Schwarz, keine Räumlichkeiten.
Eine Hand des Mädchens umfasste das Glas die andere ruhte auf dem Deckel und ohne über den nächsten Schritt nachzudenken oder gar die Entscheidung bewusst zu fällen, drehte das Mädchen den Deckel auf und entließ Ihn in den nicht existierenden Raum.
Das Bild das sich Ihr nun zeigte ließ Ihr den Atem stocken- es war das Meer.
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forestsapphicc • Am 08.11.2020 um 21:11 Uhr | |||
Hey, das ist die erste Geschichte, die ich hier gelesen habe und ich finde sie den absoluten Hammer! Du schreibst wunderschön und ziehst den Leser mit deinen Worten in eine andere Welt. | ||||
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BerndMoosecker • Am 17.10.2020 um 15:47 Uhr | |||
Hallo, ein Mädchen und ein Glas voller Träume! Für mich ist das, was Du schreibst Poesie. Mir gefällt die Geschichte gut und ich habe sie gerne gelesen. Gruß Bernd |
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