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Paradies
Der neue Nachbar erschien freundlich. Selbst auf die Entfernung wirkten seine Gesichtszüge sanft und ein freundliches Glimmen in den Augen, wie Anna befand, als sie in ihrem Garten die Geranien goss. Seinen Garten pflegte er sorgfältig. Als er in das Haus auf dem großen Grundstück neben Anna und ihre Familie gezogen war, war dieser verwildert und zugewachsen gewesen. Doch der Mann hatte im Handumdrehen ein Paradies erschaffen. Fast schon unheimlich schnell.
Als Anna den Garten zum ersten Mal betrat, bewunderte sie ihn. Für seine Schönheit, seine Reinheit. Normalerweise war sie keine Anhängerin von penibel geschnittenen Hecken und Rasenflächen, die aussahen, als hätte der Rasenmäher ein zusätzliches Lineal eingebaut. Doch dieser Garten strahlte etwas aus, was ihm trotz seiner Akkuratesse einen geheimnisvollen Zauber gab.
Ihr Nachbar Raphael hatte sie schon vor ein paar Tagen gebeten, während seiner Abwesenheit den Garten zu pflegen. Er würde für zehn Tage in den Urlaub fahren und wollte nicht, dass sein geliebtes Zuhause in der Zeit verfiel. Natürlich hatte sie zugesagt. Sie arbeitete gerne in ihrem Garten, wenn sie bis zu den Schultern im Grünzeug steckte, dann blieb die Zeit stehen und alle Sorgen wirkten wie weggewischt. Und es würde ihr Freude bereiten, einmal etwas Neues zu sehen. Vielleicht konnte sie sich auch die ein oder andere Idee für ihren eigenen Garten holen.
Sie schritt über die Rasenfläche, während Raphael ihr genau erklärte, auf was zu achten war. Die Kieswege sollten immer frei von Unkraut sein, der Rasen musste immer kurz geschoren sein, die Blumenbeete stets gejätet und der Teich algenfrei gehalten werden. Außerdem sollte sie darauf achten, dass die vier Skulpturen, sowie die große Vase aus Porzellan, die auf einem Sockel auf dem Rasen neben dem Weg standen, stets sauber waren.
„Das ist aber eine schöne Vase“, meinte sie. Sie betrachtete sie näher, wobei sie sich auf die Zehenspitzen stellen musste, denn schon das Gefäß selbst war einen guten Meter hoch und auf dem Sockel stehend überragte es Anna um einiges. Die beige Grundfarbe wurde durch blaue Schnörkel unterbrochen, die sich um die Vase herum wanden und fast den Anschein ließen, ein Netz läge um das Gefäß. Anna streckte fasziniert die Hand aus, um das glatte Porzellan zu berühren, doch zog sie die Hand gleich wieder zurück, ohne zu wissen, was genau sie davon abhielt.
„Ich habe sie einst gekauft“, erklärte Raphael, ohne dies zu beachten. „Ich habe sie in einem Trödelladen in Griechenland entdeckt und sie hat mich nicht mehr losgelassen. Damals war ich noch ein Jugendlicher und meine Mutter hat mich für verrückt erklärt, mein Taschengeld für den Urlaub für eine alte Vase aus dem Fenster zu werfen. Ich gebe zu, der Transport war nicht ganz einfach. Aber mir war es das wert. Ein schönes Ding bedeutet ewig Freude.“ Für einen Moment schien der Wind nachzulassen und eine tiefe Stille lag über dem Garten. Und Anna erkannte mit einem Mal, was sie störte. Kein Vogel sang. Keine Mäuse flitzten durch die Hecken am Zaun. Die Stille war nicht nur tief, sie war fast schon gespenstisch und es jagte ihr einen Schauer über den Rücken.
„Da gebe ich Ihnen recht“, sprach Anna mit leicht zitternder Stimme und riss sich vom Betrachten ihrer Umgebung los. „Man hat lange etwas davon.“
Für einen Moment sprach niemand und wieder herrschte diese Stille, die Anna dazu verleitete, nervös über die Schulter zu blicken. Doch sie versuchte, das Gefühl zu verdrängen. Immerhin konnte es dafür viele Erklärungen geben. Und die Verzückung über die Schönheit des Gartens lenkte sie ab.
Der Rundgang führte weiter um das Haus herum. Der Garten war groß und umschloss das Haus komplett. Hinter dem Haus führten von der Terrasse zwei leicht geschwungene, von Tulpenbeeten gesäumte Kieswege weiter, einer nach links, wo ein rosenüberwachsener Pavillon stand. In seinem Schatten fand sich eine gemütlich aussehende Sitzecke.
Der andere führte nach rechts, wo ein Teich lag, dessen kristallklares Wasser einen guten Blick auf den von schneeweißen Kieseln bedeckten Grund erlaubte. Am Ufer fand sich ein kleiner, ebenfalls kiesbedeckter Platz, in den der Weg mündete und auf dem zwei weiß gestrichene Holzbänke zum Verweilen einluden. Diese lagen im Schatten von mehreren Weiden, deren lange Äste beinahe die Wasseroberfläche streiften. Im Schutz zwischen den Ästen entdeckte Anna eine weitere Bank, die im kurzgeschorenen Gras stand und wie ein verwunschenes Versteck wirkte.
„Ich würde Sie bitten, die Möbel im Pavillon und auf der Terrasse, sowie die Bänke am See ebenfalls täglich abzuwischen“, sagte Raphael mit einem Lächeln. Seine Augen waren von einem merkwürdig hellen Blau, doch gar nicht so kalt, wie dieser Farbe oft nachgesagt wurde, wunderte sich Anna. Viel mehr strahlten sie Freundlichkeit und Wärme aus.
„Die Vögel verschmutzen sie mit ihrem Kot und dieser ist nicht gut für das Holz. Außerdem sieht das dann auch nicht schön aus“, erklärte Raphael weiter.
„Das verstehe ich gut“, stimmte Anna ihm zu. „Selbstverständlich werde ich darauf achten.“
Raphael lächelte noch breiter. „Ich danke Ihnen.“
Sie spazierten weiter durch den Garten. Links und rechts vom Haus wuchs jeweils eine Linde, ein schönes, großes Ungetüm mit ausladenden Ästen. Die Blätter des Baumes raschelten im Wind, als sie darunter durchgingen.
„Ich bin beeindruckt, was Sie in so kurzer Zeit aus diesem verwilderten Grundstück gemacht haben“, sagte Anna. „Sie haben das so schnell geschafft.“
„Es ist mein Hobby“, sagte Raphael. In seiner Stimme merkte Anna, dass er sich über ihr Lob freute. „Ich war Tag und Nacht unterwegs, um mir hier wieder ein Paradies zu schaffen. Bei dem Haus, wo ich früher gewohnt habe, gab es auch einen Garten, den ich gut gepflegt habe.“
Anna sah sich erneut begeistert um. „Sie haben eindeutig ein Händchen dafür.“
Die beiden gingen weiter, bis sie den Kiesweg vor dem Haus erreichten.
„Um das Haus müssen Sie sich selbstverständlich nicht kümmern“, sagte Raphael lächelnd. „Ich habe bereits die Tochter einer Bekannten gebeten, sich während meiner Abwesenheit darum zu kümmern.“
Anna nickte. Das war ihr recht, denn Gartenarbeit gefiel ihr viel besser, als Arbeiten im Haus verrichten zu müssen.
Zu guter Letzt versprach ihr Raphael auch noch einen Lohn für die Arbeit, die sie sich für ihn machte. Sie wollte ihn zuerst nicht annehmen, tat sie das doch gern und sah dies als kleine Nachbarschaftshilfe, doch das wollte er nicht hören.
„Es ist viel Arbeit“, meinte er. „Das sollen sie nicht umsonst machen. Und ich glaube, Sie werden an dem Lohn Freude haben. Er wird für die Ewigkeit sein.“
Der Wind frischte auf und riss mehrere rote Strähnen aus Annas Zopf.
Raphael war noch in der vergangenen Nacht aufgebrochen, er wollte heute früh bereits am Mittelmeer sein. Beim Frühstück mit ihrer Familie hatte Anna von dem Garten geschwärmt und erklärte, sie wolle sich heute Nachmittag um die Unkräuter kümmern, die durch das warme Wetter und den nächtlichen Sommerregen wie verrückt wucherten.
Martin lachte. Er hatte die Begeisterung seiner Frau für das Grünzeug, wie er es nannte, nie verstanden, aber dennoch unterstützte er sie, fuhr mit ihr in den Gartenmarkt und half ihr, Beete anzulegen. Manchmal mähte er auch den Rasen. Er mochte es, wenn die Begeisterung über eine neu aufgegangene Blüte ihre blauen Augen zum Strahlen brachte.
„Aber vergiss nicht, dass heute das Sommerfest in der Schule stattfindet.“
Renate schob sich übertrieben euphorisch einen Löffel voll Joghurt in den Mund. Ein wenig davon tropfte auf die Tischplatte. Anna wischte ihn mit einer Serviette weg. Seit ihre achtjährige Tochter befunden hatte, sie sei viel zu alt für Cornflakes, aß sie zum Frühstück immer nur Joghurt. Erdbeerjoghurt.
„Genau, Mama. Komm nicht wieder zu spät, so wie letztes Jahr, sonst musst du wieder stehen. Und ich spiele diesmal ja im Theaterstück mit.“
Anna gab ihrer Tochter einen Kuss auf die Stirn. „Das würde ich für nichts in der Welt verpassen wollen. Aber jetzt ab Zähneputzen und in die Schule. Fährst du sie bitte“, wandte sie sich an ihren Mann.
Martin nickte. „Natürlich.“
Als ihre Familie aus dem Haus war, räumte Anna den Frühstückstisch ab, verfrachtete das schmutzige Geschirr in die Spülmaschine und zog sich dann in ihren Arbeitsraum zurück. Sie hatte das Glück, oft von Zuhause aus arbeiten zu können, sie lektorierte Bücher für einen kleinen Verlag und konnte dies auch gut von daheim erledigen. Nach einem kleinen Mittagessen zupfte sie ein wenig Unkraut aus den Hochbeeten, in denen Pflücksalat wuchs, und versorgte die Blumen mit ein wenig Wasser, bevor sie sich auf den Weg auf das Nachbargrundstück machte.
Als sie den Garten zum zweiten Mal betrat, betrat sie ihn alleine. Auf den ersten Blick schien sich von gestern auf heute nichts verändert zu haben, doch auf den zweiten sah man, dass der nächtliche Regen einige Nadeln von den kleinen Tannen, die nahe dem Zaun zu ihrem eigenen Grundstück wuchsen, heruntergerissen hatte. In dem kleinen Gerätehäuschen, welches sich elegant direkt an das Haus schmiegte, fand sie einen Rechen, mit welchem sie den Nadeln auf dem Rasen zu Leibe rückte. Hin und wieder streifte sie mit ihrem Arm einen Zweig. Die Nadeln kitzelten auf ihrer nackten Haut und verursachten Gänsehaut auf ihrem Arm, gefolgt von einem leichten Prickeln, der Anna einen Schauer über den Rücken jagte.
In dem Hain war es kühl. Die Bäume bedeckten nur eine kleine Fläche und auch hier wuchs am Boden kurzgeschorenes Gras. Anna war schon gestern aufgefallen, dass die Wiese im Garten den gesamten Boden bedeckte, außer dem Weg zum Haus, den Wegen hinter dem Haus und der kleinen Kiesfläche am Teich. Es zu mähen würde Stunden in Anspruch nehmen.
Der schmiedeeiserne Zaun war auf dieser Seite nur brusthoch, doch Anna hatte gestern gesehen, dass er an der Rückseite des Geländes gute zwei Meter maß. Vielleicht auch eher zweieinhalb.
Sie setzte ihre Runde fort, entfernte Blätter aus dem Teich und entfernte ein paar Unkräuter aus den Tulpenbeeten.
Die Vase wirkte auf ihrem Sockel wie ein Wächter über die lebensgroßen Skulpturen, die um sie herum verteilt waren. Anna betrachtete die Figuren genauer. Es waren drei Männer und eine Frau, allesamt in verschiedenen Posen der Aktivität festgehalten. Doch was genau sie taten, konnte sie nicht erkennen. Auf jedenfalls waren es die realistischsten Figuren, die sie je gesehen hatte. Der Künstler hatte ganze Arbeit geleistet. Die Figuren waren aus Marmor doch ihre Gesichter wirkten so lebendig, als wären sie vor kurzem noch Menschen aus Fleisch und Blut gewesen. Anna hatte zeitweise das Gefühl, dass sie sie mit ihren Blicken verfolgten und diese Blicke in ihrem Nacken lagen, als sie zum Gartentor ging. Sie warf noch einen Blick zurück, doch jetzt war sie sich ihres Gefühls nicht mehr sicher. Der Garten lag da, mit seinem gräsernen Teppich und der Vase, die, flankiert von den Statuen über ihn wachte. Und hinter den Fenstern des Hauses lauerte die Dunkelheit. Anna verließ den Garten ohne einen weiteren Blick zurück und ging nach Hause. Immerhin wollte sie rechtzeitig bei der Aufführung ihrer Tochter sein.
Als sie den Garten zum dritten Mal betrat, fühlte sie sich beobachtet. Das Gefühl von gestern war wieder da, als sie über die Wiese ging. Erst, als sich das Haus zwischen sie und die Statuen geschoben hatte, konnte sie etwas freier atmen.
Gestern hatte sie jeden Winkel des Gartens in Augenschein genommen und war immer wieder in Staunen ausgebrochen ob des Paradieses, das Raphael erschaffen hatte. Und doch hatte dieses Paradies etwas Unheimliches.
Nur der Wind war zu hören, als Anna den Garten hinter dem Haus erreichte. Nur der Wind, der durch die Zweige der Linde pfiff und um die Ecken des Hauses heulte. Anna warf einen kurzen Blick über die Schulter. Die Fenster des Hauses waren nach wie vor dunkel, die helle Sonne vermochte es nicht, ihr Licht im Inneren auszubreiten.
Die Tulpenbeete, die die Wege hinter dem Haus säumten, sowie die niedrigen Hecken, die am Rand der Wege dem Verlauf folgen, sahen aus wie mit dem Lineal geschnitten. Sie verbrachte Stunden damit, jedes noch so kleine Unkraut zu beseitigen und die Erde zu harken, bis sie glatt und perfekt wie ein Teppich dalag. Sie säuberte die Kieswege und entfernte Vogelkot von den Gartenstühlen, die auf der Terrasse standen. Auf den Stühlen lagen keine Polster, wahrscheinlich hatte Raphael diese vor Urlaubsantritt im Haus verstaut. Und die ganze Zeit über vermochte sie es nicht, nicht an die Dunkelheit zu denken, die sich hinter ihr im Haus ausgebreitet hatte und aus der sie wer weiß was beobachten mochte.
Als sie den Garten zum vierten Mal betrat, fühlte sie es zum ersten Mal. Sie hatte daheimbleiben wollen, bei ihrem Kind und ihrem Mann, wollte den unheimlichen Garten nicht mehr betreten, doch sie hatte nicht können. Sie hatte eine Anziehung gespürt, etwas, das sie rief. Und nun hatte sie das Gefühl, dass der Garten zu ihr sprach, ihr genau zeigte, was er brauchte, um schön zu bleiben. Und gleichzeitig immer dafür sorgte, dass sie etwas zu tun hatte. Die Blätter der Weiden flüsterten ihr Geheimnisse zu, doch die Statuen wirkten wie Wächter, die sie bestrafen würden, sollte sie ihre Arbeiten nicht gewissenhaft erledigen. Sie hetzte durch den Garten und die Aufgaben gingen ihr leicht von der Hand. Vielleicht schon zu leicht. Und immer fühlte sie etwas, dass ihr auf den Fersen war, wie ein unsichtbarer Schatten.
Sie ging in den Schuppen, um eine Gartenschere zu holen mit der sie die verwelkten Rosenblüten abknipsen konnte. Im sorgfältig aufgeräumten Häuschen fand sie schnell, was sie suchte und machte sich auf den Weg.
Als sie unter der Linde durchging und sich in Richtung Pavillon wandte, spürte sie plötzlich, dass sich etwas verändert hatte. Der Rasen war noch genauso grün und die Blätter der Linde raschelten nach wie vor gleichförmig in der milden Brise, doch etwas war anders. Die gesamte Atmosphäre des Gartens stimmte nicht mehr.
Im Haus selbst war es dunkel, doch plötzlich war es Anna, als beobachte jemand. Als stünde jemand im Haus, außerhalb ihres Sichtfeldes und ließe sich keine Bewegung von ihr entgehen.
Anna drehte sich langsam um und die Vase zog ihren Blick auf sich. Etwas an ihr wirkte falsch, ihr blaues Muster schien sich zu winden wie wütende Schlangen. Sie näherte sich langsam, jedoch ohne es zu wollen. Sie stemmte sich gegen den Sog, der sie zu der Vase zog. Doch es hatte keinen Zweck. Und gerade bevor ihre Finger das Porzellan berühren wollten, lenkte eine Bewegung ihren Blick auf sich.
Ein Mädchen schloss das Gartentor hinter sich und hatte Anna zwischen den Skulpturen gleich bemerkt. Sie verließ den Weg und kam auf sie zu.
Sie war groß, einen guten halben Kopf größer als Anna, und die schulterlangen glatten Haare bewegten sich im leichten Wind, doch Anna beachtete dies nicht. Sie war fixiert auf die braunen Augen des Mädchens, ein helles Braun, wie die Schale einer Haselnuss. Als ihr Gegenüber lächelte, bildeten sich leichte Lachfältchen in ihren Augenwinkeln.
„Sie müssen Anna sein. Raphael hat mir gesagt, dass ich Sie vielleicht hier treffe. Sie pflegen den Garten, nicht wahr?“
Anna antwortete nicht. Ein Teil von ihr war erleichtert, dass ein anderes Lebewesen die unheimliche Stille brach, doch es war, als würde etwas diesen Teil zurückdrängen. Die Blicke der Statuen um sie herum schienen sie erwartungsvoll zu mustern, als würden sie etwas von ihr verlangen. Und der erleichterte Teil wurde von etwas anderem zurückgedrängt, etwas viel Wilderem, als ihr eigenes Ich. Annas Blick fixierte weiterhin den des Mädchens und ihre Körperhaltung änderte sich. Ihre Hände hoben sich, ihr Kinn senkte sich leicht und ihr Oberkörper beugte sich leicht nach vorne. Das Mädchen trat nun einen halben Schritt zurück. Ihr Lächeln verblasste. Sie schien die Feindseligkeit zu spüren, die mit einem Mal von Anna ausging, wie diese sich ausbreitete wie ein Windstoß, die Grashalme um sie her zum Zittern brachte. Sie strich sich eine braune Haarsträhne zurück, die ihr immer wieder ins Gesicht fiel. Anna sah die Angst in ihren Augen und obwohl der Teil von ihr tief drinnen das Mädchen warnen wollte, konnte sie es nicht. Etwas verhinderte ihre Worte. Sie näherte sich jetzt nur, mit schleichenden Schritten.
„Ich wollte Sie nicht stören“, begann das Mädchen, welches nun langsam zurückwich. Sie schien sich umdrehen zu wollen, schien beschlossen zu haben, nicht ins Haus zu gehen, doch jetzt stieß Annas Hand vor und umklammerte ihren Oberarm wie ein Raubvogel.
Wann hatte sie entschieden, das Mädchen anzufassen? Anna wusste es selbst nicht. Sie wusste nur eines. Sie musste sie warnen. Sie war hier in Gefahr, doch für den größten Teil in ihr war sie eine Bedrohung. Eine Bedrohung für das Paradies.
„Du gehörst nicht hierher“, fauchte sie mit kreischender Stimme, einer Stimme wie nicht von dieser Welt. „Verschwinde aus meinem Garten!“
„Lassen Sie mich gefälligst los“, fauchte das Mädchen nun, doch ihre Stimme zitterte, verriet ihre Angst. Ihre Hand krallte sich in Annas, bohrte sich unter ihre Finger, sodass Anna den Griff schließlich löste.
Das Mädchen wich zurück. Ihr Gesicht war bleich und in ihren Augen schimmerte eine Mischung aus Furcht und Wut. Der Wind war stärker geworden und braune Haarsträhnen fielen ihr ins Gesicht, was Anna wieder an ein Schlangennest denken ließ.
Und für einen Moment konnte Anna sich befreien. Befreien von der Anziehung, die der Garten auf die wirkte, befreien von dem falschen Ich. „Lauf“, hauchte sie, und lies die Gartenschere, die sie noch in der Hand hielt, fallen. „Lauf, solange du kannst. Du bist in Gefahr!“
Das genügte. Das Mädchen riss entsetzt die Augen auf, als könnte sie etwas in Annas Augen sehen, was ihr Todesangst einjagte. Dann drehte sich um und rannte zum Tor, riss es auf und verschwand mit einem letzten entsetzten Blick auf Anna die Straße hinunter
Und Anna war, als könne sie nun wieder freier Atmen. Sie warf einen Blick auf die Vase, doch das Muster war zur Ruhe gekommen. Der Wind pfiff leise durch die Äste der Linden. Alles war wieder normal. Nur ein leichtes Kratzen im Hals erinnerte sie an die Veränderung ihrer eigenen Stimme. Und ihr war, als habe der Garten sie nun endgültig eingenommen, als wilde Wächterin des Paradieses.
Anna hob die Schere auf und beeilte sich, in den Schatten des Pavillons zu treten. Dort dufteten die Blumen wie nie zuvor und ihr war, als würde dieser Duft alles enthalten, was sie je hatte riechen wollen. Und eingenommen vom Duft der Blumen vergaß sie das Mädchen, das für etwas in ihr eine Störung in diesem Reich gewesen war. Sie wollte es vergessen. Das Schlangenhaar, das Lächeln, diese Haselnussaugen. Nur an eines klammerte sie sich: Den Ausdruck von Furcht in ebendiesen Augen. Sie würde nie wieder herkommen. Und der Teil, der sich eben noch von dem Sog losgerissen hatte, war erleichtert, dass das Mädchen nicht in Gefahr geraten würde.
Und dann schnitt und rupfte und goss sie ohne Unterbrechung, merkte nicht, wie ihr der Schweiß über ihren Rücken floss und sie Blasen an den Händen bekam. Als sie nach Hause zurückkehrte, war es bereits dunkel.
Als sie den Garten zum fünften Mal betrat, war sie zornig.
„Du bist nicht mehr bei uns, Anna. Ständig nur in dem fremden Garten. Du wolltest dort nach dem Rechten schauen und nicht jede freie Minute dort verbringen.“
„Du verstehst das nicht, Martin. Ich kann nicht anders. Es ist … als würde mich der Garten nicht gehen lassen. Er hält mich fest. Ich kann mich dem nicht entziehen.“
Martin hatte doch keine Ahnung. Sie ließ sie doch nicht freiwillig im Stich. Sie konnte nichts gegen den Sog tun, der sich seit dem Vorfall mit dem Mädchen noch verstärkt hatte. Nun kam sie kaum noch dagegen an. Es war ihr, als würde irgendetwas ihr immerzu ein schlechtes Gewissen einreden, wenn sie sich nicht in dem Garten aufhielt und für ihn sorgte.
Sie zog mit dem Rasenmäher ihre Runden über die Wiese, kümmerte sich um jede Ecke, bis der Rasen wie ein grüner Teppich unter ihren Füßen lag. Anna war es, als würde er im Wind Wellen schlagen, sie von den Beinen werfen. Die Ranken der Rosen würden sie umwinden und sie auf ewig festhalten. Ein Windstoß fegte über den Garten, ließ die Blätter der Weiden rascheln und pfiff leise durch die Holzstreben des Pavillons. Anna zitterte, als sie auf die Knie fiel, das Gras war noch feucht vom Morgentau und durchnässte ihre Hose. Es war nicht sie, die sprach, ihre Stimme hatte wieder diesen unheimlichen Nachhall, wenn auch ohne das Kreischen. Es war nicht ihre Stimme, die die ewige Stille dieses Gartens durchbrach.
„Ich lebe für diesen Garten, ich passe auf ihn auf. Denn etwas Schönes bedeutet ewig Freude.“ In ihrem Inneren wehrte sie sich gegen diese Worte, doch sie kamen trotzdem über ihre Lippen.
Anna wusste nicht, wie lange sie dort lag. Als ihr Bewusstsein wiedereinsetzte, war es Nacht.
Die Dunkelheit ließ die Bäume schwarz wirken und den Rasen wie einen grauen Teppich. Es war totenstill, als Anna sich auf den Weg zum Tor machte.
Ein Windstoß ließ sie frösteln und in dem Tannenhain zu ihrer Linken raschelte es.
Und dann zog ein sanftes Leuchten ihre Aufmerksamkeit auf sich. Als sie den Kopf wandte, sah sie, dass die Verzierungen auf der Vase in einem sanften Blau glühten. Dieses Leuchten wurde mal stärker, mal schwächer und Anna fühlte, wie eine Sehnsucht sich in ihr breit machte. Sie musste die Vase berühren.
Sie ging wie in Trance auf die Vase zu, bis der Kies des Weges unter ihren Schuhen knirschte. Als würde sie aus einem Traum erwachen schreckte sie auf.
Das fluoreszierende Licht verlieh den Statuen, die um die Vase herumgruppiert waren, einen gespenstischen Schimmer. Die Schatten ließen die Gesichter lebendig wirken und Anna war, als würden diese sie direkt ansehen. Und mit allem Willen, den sie aufbieten konnte, riss sie sich los und floh.
Als sie den Garten zum sechsten Mal betrat, zitterten ihre Hände bereits, als sie am Zauntor stand. Doch sie konnte nicht anders, als den Garten zu betreten. Er war wieder da, dieser Sog, führte ihre Hände, flüsterte ihr Worte zu, die sie nicht verstand, aber einen drohenden Klang hatten. Kaum hatte sie das Zauntor passiert, wurde es still. Als würde sie einen Wasserfall durchschreiten.
Der Garten lag vor ihr, paradiesisch schön und unheimlich perfekt. Die Statuen, deren leere Augen letzte Nacht den Anschein gegeben hatten, in ihr Innerstes zu blicken, schimmerten wie Perlmutt. Doch sie gewahr Schmutzflecken auf dem weißen Marmor und obwohl alles in ihr danach schrie kehrtzumachen und nach Hause zurückzukehren, holte sie Wasser und einen Lappen und, begann damit die Statuen abzuwaschen. Und die Arbeit ließ sie das verzweifelte Gesicht ihres Mannes vergessen, der sie gestern Abend im Arm gehalten hatte, als sie zitternd nach Hause gekommen war, ließ sie die erschrockenen Blicke ihrer Tochter vergessen, als Martin sie heute früh nicht hatte gehen lassen wollen, woraufhin sie selbst laut geworden war und einen Teller zu Boden geworfen hatte. Ihr kamen immer noch die Tränen, wenn sie daran dachte. Martin hatte sie beschützen wollen, doch auch er hatte keine Chance gehabt. Die Scherben der Teller hatten auf dem Fliesenboden wie Perlmutt geschimmert. Es war das Hochzeitsporzellan ihrer Großmutter gewesen, das mit den blauen Blumenranken. So blau wie das Muster der Vase.
Anna hob den Kopf. Die Vase stand noch da, auf ihrem Platz. Und von ihr ging etwas aus, was sie niederdrückte, was Anna den Blick senken ließ. Geradeso hielt sie sich davon ab, auf die Knie zu fallen. Sie hob wieder den Kopf und fixierte die Vase, bevor sie langsam zurückwich. Sie stieß sich die Hüfte an einer der Statuen und der Schmerz weckte sie auf. Sie beeilte sich, das Haus zwischen sich und der Vase zu bringen, denn sie hatte das Gefühl, sich auf diese Art zumindest etwas der Kontrolle zu entziehen, die auf sie ausgewirkt wurde.
Als Anna später am Tag aus dem Schuppen trat, hielt sie eine Harke in der Hand. Sie hatte bei ihren Arbeiten eine große Distel unter den Weiden am Teich gefunden. Zwar konnte sie sich nicht erklären, wie dieses Unkraut in kürzester Zeit so groß geworden war, doch Anna war entschlossen, der Pflanze den Garaus zu machen. Und die Harke war das perfekte Werkzeug.
Eine kleine Bewegung ließ sie aufmerken. Zuerst dachte Anna, sie hätte sich die Bewegung am Baum eingebildet, doch dann sah sie das große Eichhörnchen, welches auf einem der unteren Äste der Linde saß. Für einen Moment hatte Anna das Gefühl, dass endlich Normalität in diesen Garten eingekehrt war. Ein Eichhörnchen, welches sich eine Höhle im Baum baute und endlich etwas Leben in dieses stille Paradies bringen würde. Es war ein schönes Gefühl.
Doch etwas in ihr zerrte daran, wollte dieses Gefühl entfernen. Tief in ihrem Inneren wusste sie, dass das Tier ein Störenfried war, welches die kostbare Perfektion des Gartens störte. Sofort richtete sich ihre Aufmerksamkeit auf die am Boden liegenden Blätter, die verrieten, dass das sich das Eichhörnchen schon länger im Baum aufhalten musste.
Ihre Hand, die die Harke hielt, zitterte. Sie wusste, was von ihr verlangt wurde, die Blicke der Statuen, zig Meter hinter ihr schienen sich in ihren Rücken zu bohren. Sie ließen sie beben. Doch sie versuchte zu kämpfen. Gegen das, was sie antrieb.
Das Tier schien den Inneren Kampf zu spüren, der im Körper der Frau tobte. Es schien die Gefahr zu wittern, hetzte vom Baum hinunter und in Richtung des hinteren Gartens, Anna dicht auf den Fersen. Diese wusste nicht, wann sie losgelaufen war. Und auch nicht, wann die Harke ihre Hand verlassen hatte.
Als hätte ihr Körper ein Eigenleben, vollführte dieser eine geschmeidige Bewegung, die das Gartengerät auf den Weg schickte. Wie in Zeitlupe sah sie, wie es sich in der Luft um sich selbst drehte, bevor es sich ins Gras bohrte. Das Eichhörnchen entkam durch die Eisenstangen des Zaunes und verschwand im Dickicht dahinter.
Anna stand wie festgewachsen im Gras und hatte ihren Blick auf die Stelle gerichtet, an der das Tier verschwunden war. Etwas in ihr trieb sie an, wollte nach dem Tier suchen und beenden, was sie angefangen hatte, doch mit größter Willensanstrengung hob sie die Harke auf, wobei sie ihr fast aus den bebenden Fingern rutschte und ging gemessenen Schrittes zum Teich. Dort, im Schatten der Weiden kniete sie nieder, hob die Harke und hieb die Klinge in die Erde, um die Wurzeln der Distel zu lockern. Als sie das Unkraut schließlich aus dem Boden riss, war es wie eine Befreiung. Ihre Hände zitterten nicht mehr.
Sie hatte an diesem Tag wieder das Gefühl, als würde der Garten dafür sorgen, dass sie Arbeit hatte. Hatte sie die Blätter unter den Linden zusammengerächt, entdeckte sie schon auf die Entfernung Unkraut in den Büschen am Zaun. Hatte sie dieses ausgezupft, war ihr, als hätte das Gras etwas von seiner smaragdgrünen Farbe eingebüßt, woraufhin sie es wässerte. Dann fiel ihr auf, dass die niedrigen Hecken an den Wegen außer Form geraten waren. In der Gartenhütte fand sie ein Metermaß und sie korrigierte die Unregelmäßigkeiten. Und so ging es den ganzen Tag. Es war, als wolle der Garten sie nicht gehen lassen, wollte sie bei sich behalten und sie dazu bringen, ihre ganze Kraft ihm zu widmen. Anna konnte nichts dagegen tun. Wollte sie doch einmal die Arbeit Arbeit sein lassen und zurückkehren in ihren eigenen Garten, in dem ihr Gemüsebeet mittlerweile verdorrte, kam es ihr so vor, als würden die Statuen sie mit ihren Blicken durchbohren und die Vase wieder diese Anziehung auf sie ausüben, welche verhinderte, dass sie den Garten verließ, solange er nicht perfekt war. Es war genau diese Kraft gewesen, die dazu geführt hatte, dass sie die Harke auf das Eichhörnchen geworfen hatte, obwohl sie dies nicht hatte tun wollen.
Aber als sie einen Fleck auf der Vase entdeckte, gewann dieses unheimliche Pflichtbewusstsein die Oberhand.
Als Anna mit einen Fetzen über das glatte Porzellan wischte, aus irgendeinem Grund sorgfältig darauf bedacht, sie nicht zu berühren begann sie wieder zu sprechen, mit dieser seltsam hallenden Stimme, die nicht ihre eigene war.
„Ich gehöre hierher“, sagte sie. „Ich muss mich um dieses Juwel kümmern, auf das die Schönheit nie vergehen möge. Ein schönes Ding bedeutet ewig Freude.“
Und später, als der Mond schon hoch am Himmel stand und sich das Licht in der glänzenden Oberfläche der Vase fing, konnte Anna den Garten schließlich verlassen. Doch sie fühlte sie, diese Zerrissenheit, die immer stärker an ihr zog, sodass sie sich auf dem Weg zu ihrem Tor immer wieder umdrehte.
Das Mondlicht fing sich in der glänzenden Oberfläche der Vase und lies sie schimmern wie tausend Sterne. Für einen Augenblick wirkte es, als würde das blaue Muster leuchten. Dann war alles wieder wie zuvor.
Und Anna begann, im jetzt auffrischenden kalten Wind zu zittern.
Als Anna den Garten zum siebten Mal betrat, fühlte sie sich in der Falle.
Sie hatte nichts gegen ihn tun können, gegen den Ruf, der sie wieder hierhergeführt hatte. Er hatte sie von daheim fortgezogen, sie hatte nicht dagegen ankommen können. Auch nicht, als der vorwurfsvolle Blick ihres Mannes sie traf, der sie beobachtet hatte, als sie noch vor ihm das Haus verließ, genauso wenig wie der traurige Blick ihrer Tochter, die nach der Schule den Nachmittag wieder allein zu Hause verbringen würde. Der Ruf war zu stark gewesen.
Aber als sie auf dem Kiesweg hinter dem Tor stand und das Haus anstarrte, hinter deren Fenstern immer noch diese undurchdringliche Dunkelheit herrschte, hatte sie das Gefühl, dass jetzt ihre letzte Chance gekommen war. Es war nichts zu hören außer dem leichten Wind in den Tannenzweigen zu ihrer Rechten und dem Geräusch des Kieses unter ihren Schuhen. Sie schritt langsam rückwärts, doch es war ihr, als sei die Luft fest geworden. Es kostete sie unheimliche Kraft, die Beine zu bewegen. Ihre Arme waren schwer geworden, als sie sie heben wollte, um das Tor zu öffnen, konnte sie es nicht. Wie unsichtbare Fesseln wurde sie von etwas zurückgehalten, was stärker war, als ihr eigener Wille. Und obwohl sie es nicht wollte, obwohl sie mit aller Kraft dagegen kämpfte, wurde sie zurückgezogen. Ihr Körper schien einer fremden Macht zu gehorchen und so setzte sie ihren Weg in den Garten fort, nicht jedoch, ohne noch einmal zum Tor zurückzublicken.
Sie arbeitete den ganzen Tag, hetzte von Aufgabe zu Aufgabe, die der Garten ihr gab, versorgte den Rasen mit Wasser, befestigte einige Rosenranken, die sich gelöst hatten, wieder an den Streben des Pavillons, auf das sie in den Himmel wachsen mögen. Die Dornen stachen ihr in die Finger, doch sie spürte keinen Schmerz. Es trat nicht einmal Blut aus. Die Rosenranken schienen sie zu umschlingen und der Wind, der in Böen durch den Garten wehte, ließ die Blätter der Linden rascheln und sie selbst frösteln.
Und als sie spät in der Nacht den Garten verlassen wollte, hielt sie mit einem Mal inne. Die Härchen an ihrem Arm stellten sich auf, als eine Gänsehaut sie überzog und in ihrem Nacken prickelte es. Als sie sich langsam auf der Stelle umdrehte, sah sie es wieder. Das schwache blaue Leuchten hatte ihre Aufmerksamkeit erregt. Stärker als in der letzten Nacht, wo sie sich hinterher nicht sicher gewesen war, ob sie sich es nicht eingebildet hatte. Genauso stark wie vor wenigen Tagen. Das netzartige Muster der Vase glühte in einem pulsierenden Licht.
Und Anna fühlte sie erneut, diese starke Anziehung. Die Anziehung, die sie immer wieder in den Garten getrieben hatte, trotz ihrer Angst. Sie hatte das Gefühl, die Vase würde sie rufen, sie einladen, zu ihnen zu kommen zwischen die marmornen Statuen. Sie zog sie wie magisch an mit ihrem Leuchten. Und Anna näherte sich. Ihre Füße bewegten sich auf die Vase zu, mit einem manischen Blick in den Augen hob sie die Hände und legte sie auf das glatte Porzellan. Es fühlte sich merkwürdig heiß an, als würde im Inneren der Vase ein Höllenfeuer lodern.
Und Anna erstarrte. Erstarrte von den Fingerspitzen ausgehend zu Stein. Er breitete sich aus über ihre Arme, ihren Brustkorb, ihren Unterkörper und ihre Beine. Wanderte ihren Hals hinauf. Anna starrte mit einem merkwürdig abwesenden Blick in die Ferne, als der Stein ihr Gesicht umschloss und sie zu einem weiteren marmornen Wächter des Paradieses wurde, welches sie schließlich in seinem Netz gefangen hatte.
Die Morgensonne ging über der Siedlung auf und tauchte den weißen Marmor in feuriges Licht.
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MarcoTheiss • Am 08.11.2019 um 16:37 Uhr | |||
Liebe Arduinna, nachdem ich mir eigentlich vorgenommen hatte, mich aus der Kommentar-Sektion komplett heraus zu halten und hier nur ab und zu selbst etwas zu veröffentlichen, muss ich hier gegen meine Regel verstoßen. Ich ziehe meinen virtuellen Hut. "Paradies" ist mit Abstand das Beste, was ich bisher auf dieser Seite gelesen habe! Die Geschichte ist toll aufgebaut, durchdacht und erzählt und entfaltet eine ähnliche Sog-Wirkung wie der Garten darin. Ich würde sie drucken, wenn ich ein Verlag wäre, ich wäre neidisch darauf, dass ich sie nicht geschrieben habe, wenn ich ein Autor wäre ... und da hab ich's gesagt. Ich wünschte sie wäre von mir! Ich denke das ist das größte Kompliment, das man einem Kollegen in der Kunst machen kann. Liebe Grüße, Marco Mehr anzeigen |
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