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Sätze: | 95 | |
Wörter: | 1.091 | |
Zeichen: | 6.116 |
Ich bin mir sicher, du kennst mich. Auch wenn dir mein Name nichts sagen würde und du nie weißt, wo ich bin. Aber bei einem kannst du dir sicher sein, ich bin immer bei dir. Zu jeder Zeit, zu jeder Stunde und zu jeder Sekunde. Du bist nie alleine, egal was du tust, egal wo du bist, ich bin immer da. Ich bin mir sicher, dass du es auch weißt. Aber wir wissen ja beide, wie die Menschen sind. Für alles finden sie eine Erklärung oder ignorieren es einfach. Das könnt ihr doch am besten, oder? Deswegen bin ich hier. Denn egal was ich tue, egal wie nahe ich dir komme, gegen mich wird nie etwas unternommen. Gegen mich kann man nichts machen. Ich bin dein Schatten der dich überall hin verfolgt, ich bin das Licht, das du in der Dunkelheit zu sehen glaubst.
Wusstest du aber, dass du mich spüren kannst? In Momenten, in denen alles ruhig ist, du entspannt bist oder dich konzentrierst. Dann kannst du mich wahrnehmen. Fühlst du dich beobachtet? Aber niemand ist in der Nähe? Das bin ich. Ich, wie ich ganz nah hinter dir stehe und lächelnd über deine Schulter schaue. Fühlst du es gerade jetzt? Versuche es zu spüren, es dir vorzustellen. Spürst du das du nicht alleine bist? Fühlst du den Hauch einer Berührung, den Hauch einer Präsenz? Du glaubst mir nicht? Mit wem redest du, wenn du alleine bist? Mit dir selbst? Oder doch eher mit mir? Was sollen die Wörter, die du manchmal laut sagst, für andere ohne Zusammenhang, nur für deine Gedanken ergeben sie einen Sinn. Wörter wie: keine Ahnung, wieso? Was soll das, oder auch einfach nein oder ja. Wenn dich ein Gedanke überwältigt, dass du diese Wörter aussprechen musst. Zufall? Nein. Nicht wenn sie genau zu der Frage passen, die ich dir stelle. Wenn du in Gedanken bist, dann hat dein Unterbewusstsein freie Bahn und kann mich hören. Und zwingt dich zu einer Antwort. Ich bin der, der alles sieht und hört. Der der da ist, wenn du duschen gehst und dieses leicht unangenehme Gefühl hinterlässt, kurz bevor du dich zwingst es zu ignorieren. Schließlich kann da ja nichts sein... oder? Ich bin der, der nachts neben dir schläft. Die Arme um dich schlingt und dafür sorgt, dass du sicher einschläfst. Du kannst mich fühlen. Wenn du dich ganz genau konzentrierst, kannst du eine kleinen Druck spüren oder den Hauch einer Berührung. Warum probierst du es heute Nacht nicht aus? Ich bin das was dich aufwachen lässt, wenn gar nichts da ist. Ich bin der Grund, wieso du schnell das Licht anmachst, kurz den Raum durch scannst und dich dann in deiner Decke ein rollst in der Hoffnung, dass da nichts ist. Und ich bin es, der dich wieder in Sicherheit wiegt, dich beruhigt und dich wieder einschlafen lässt. Ich bin auch derjenige, der die dunklen Gestalten von dir fernhält. Das sind die Momente, in denen du nicht wegen mir aufwachst. Es sind die Momente, in denen sie sich dir im Schlaf nähern, und du langsam unruhig wirst. Es sind diese Momente, die Alpträume herbeiführen. Dann bin ich da und halte sie von dir fern. Und doch weiß du gleichzeitig, dass ich es bin, den du am meisten fürchtest. Der Grund, wieso du manchmal aufwachst und kurz erstarrst, für eine Sekunde die Angst überhand nimmt, das bin ich und das werde auch immer nur ich sein. Du kannst mich sogar sehen. Ich bin die Bewegungen im Augenwinkel, kurze schattenhafte Momente, in denen du dich schnell umdrehst und siehst, dass da nichts ist. Du denkst, es ist deine Einbildung, aber nein, das ist sie nicht. Ich bin es. Ich bin das Lachen, welches du manchmal hörst, denkst es wäre jemand draußen. Ich bin es, der die Gegenstände versteckt oder runterstößt. Kennst du es, wenn du plötzlich einen Ohrwurm hast oder eine Melodie in deinem Kopf herumspukt? Ja auch das bin ich. Wenn ich gerade ein Lied ganz nah an deinem Ohr singe oder eine Melodie summe. In diesen Momenten bin ich dir so nah, dass du es spürst. Dieses kurze Unwohlsein, dieser schwache Gedanke, dass da jemand ist. Das du jemand spürst, direkt neben dir. Sie sind zu kurz, als das du es bewusst wahrnehmen könntest, aber sie sind immer da. Ich bin es, wieso du dich manchmal erst wohlfühlst, wenn jemand bei dir ist. Jemand da ist, dem du meine Präsenz zu schreiben kannst. Ich bin jeder Moment, welchen du verwirrt wahrnimmst und ihn dann wieder vergisst, verdrängst. Und manchmal, da kannst du mich sogar hören, wie ich mit dir spreche. Ich bin dann die leise Stimme in dir, mit welcher du diskutierst. Ich bin die Stimme, die dich beschwört, es nicht zu tun oder dich dazu bringt gegen jede Vernunft zu handeln. Ich bin das, was manche Gewissen nennen, nur tausendmal finsterer. Ich bin das, was manch einer den Teufel auf der Schulter nennt, nur gefährlicher. Und dennoch kann ich auch jene Stimme sein, die dich abhält zu springen. In dem Wissen, dass das Leben weitaus Schlimmeres für dich geplant hat. Manche nennen mich Schutzengel, andere Dämon. Ich bin keins von beidem. Ich bin kein Teil von dir, noch irgendeine höhere Macht. Ich bin einfach die Person, welche dich beobachtet, dich gerade jetzt mit einem Lächeln ansieht und dafür sorgt, dass du Gänsehaut bekommst, wenn nichts da ist.
Du kannst mir nicht entkommen, denn ich kann die Gedanken hinter deinen Taten sehen, die Motivation zum Weitergehen. Ich weiß, was du als nächstes tun wirst, ich weiß, was du als nächstes denkst. Und ich weiß, wann deine Zeit zu Ende geht und meine kommen wird. Gerade jetzt lege ich einen Arm um deinen Hals, eine freundliche Geste, gerade jetzt flüstere ich dir etwas ins Ohr. Glaub mir nicht. Mich gibt es nicht. Das ist nicht möglich. Du entspannt dich wieder, tust es als Unsinn ab, machst dich darüber lustig, vielleicht redest du auch aus Spaß mit mir, um das Ganze zu verharmlosen, wer weiß? Während ich lachend neben dir stehe und dich nie aus den Augen lassen werde. Denn du wirst nie alleine sein. Ich bin immer bei dir.
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Klatschkopie • Am 03.10.2022 um 15:58 Uhr | |
Warum muss ich jetzt an "Sophies Welt" denken? ;-) Sehr dichter Text, gut durchkomponiert - so er nicht in eiinem Rutsch entstanden ist, was ich ja beinahe vermute, da er nicht aus deiner Feder stammt, sondern aus der desjenigen, der dich beobachtet - ja, gerade jetzt, der dich und deine Gedanken und Gefühle ersinnt. |
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GreenQuill • Am 18.06.2019 um 10:58 Uhr | |||
Hallo Sonja. Hab gerade in die Geschichte reingeklickt und oh wow, es ist Sommer draußen und ich schlottere und firere, so sehr hab ich eine Gänsehaut. Du schaffst es richtig, Grusel zu erzeugen. Wie du direkte Ansprache des Lesers einsetzt, wie du ihm beschreibst, was er fühlt, das ist sehr eindrücklich und gekonnt. Mit hat gefallen, dass der Erzähler trotz allem erst friedlich gesinnt zu sein schien (wegen beschützen), aber der Grund dafür war auch gut. Ich mag es, dass nicht brutal ist, sondern herrlich auf die Psyche geht. Genau mein Geschmack. Einziges Manko: Die Mitte könnte echt noch mehr Absätze vertragen, das klebt doch etwas aneinander. Ansonsten: Tolle, schaurige Geschichte. Mehr anzeigen |
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