Bei einer verregneten Stadtführung, durch das vielleicht „geheimnisvolle Bonn“. (Es wäre wohl geheimnisvoll und sogar interessant gewesen, wenn unsere Führung nicht den Elan und die Spritzigkeit eines Steingartens gehabt hätte.) Egal. Bei dieser Stadtführung jedenfalls zogen wir auch an einer Gaststätte vorbei, die am grau gemauerten Schaukasten nicht nur ihre Gaumenschmeichler – von Gutbürgerlich bis zur westkuschitischen Küche Äthiopiens – anpreiste, sondern auch einen oft gelesenen, aber selten bedachten Schriftzug aufwies: BUNDESKEGELBAHN Ich war der Existenz von Kegelbahnen selbstverständlich gewahr. War es doch zu meiner Kindheit gute Art, hier die Geburtstage zu feiern. Bei Limo und Pommes in verrauchten Kellergewölben, windschiefer Fachwerksdorfkneipen durften wir schon bei der Evolutionsvorstufe des uns damals noch gänzlich unbekannten Breitensports der USA – „Bowling“ – die hier ungelochte, tonnenschwere Kugel in die extremitätenlose Marionettenversammlung dreschen. Ahnungslos wie wir damals waren, trieben wir unseren kindlichen Schabernack auf einer staatlichen Sportstätte! Hätte ich gewusst, dass diese „kurzzeitige Bewegungstrinkpause“ einen solchen staatstragenden Hintergrund hat, hätte ich die Bundessportler, die nicht nur betrunken, sondern voll bis an die Schädelkalotte die Kellertreppe hinaufstolperten um ihr stolzes Werk an der Theke zu besiegeln, mit anderem, wohl wertschätzenderem Auge betrachtet. Und dann fällt mir brandheiß ein, dass ich mich sogar hätte strafbar machen können! Dass ich von Glück reden kann, dass meine Eltern nichtdamals schon für mich haften mussten! Gar nicht auszudenken, was alles hätte geschehen können, wenn mich die „Bundesaufsicht für Kegelsport“ beim Berühren der Klingelleine oder regelwidrigem Spiel dingfest gemacht hätte. Wäre ein bundesweiter Kegelbann die Folge? Hätte ich auch auf Landesebene die Kugel nichtmehr in die Hand nehmen dürfen? Und welches Gericht hätte hierüber tagen müssen? Das Landgericht? Oder obliegt es gar nur dem Bundesgerichtshof hier ein Urteil fällen zu dürfen? Außerdem: Gibt es einen Bundeskegelbahnen Kanzler?- Oder einen Bundeskegelbahnen Präsident? Wer ruft den Verteidigungsfall aus? Und, schließlich und endlich: Warum gibt es keine Uniform und keine Orden? Ein umfassendes Regelwerk scheint es dennoch zu geben: Die Vorschriften des Deutschen Keglerbundes Darin könnte, meiner Vorstellung nach, zu lesen sein: „Der Kegelsportraum hat neben der, der Kegelbahnvorschrift Abschnitt 1-30 konformen Kugelauflagefläche, flexiblem Klingelseil, dem Kugelbeschleunigungsabschnitt und dem Kegel – Aufstell – und Umstoßbereich, auch im Mobiliar den allgemeingeltenden Vorschriften zu entsprechen. Wie z.B: Ein trapezförmiger Tisch, beige mit Hartholzbestuhlung ohne(!) Filzuntersetzer und Sitzkissen, sowie zwei Aschenbecher mit Vereinslogo, ersatzweise Werbeaufdrucke von, mindestens seit Kriegsende nicht mehr erhältlichen Brausegetränken oder Rauchwaren. Durchmesser min: 30cm, Material: Porzellan oder Gusseisen. Die Wandvertäfelung hat aus Holzimitat oder Laminat,ersatzweise Raufaser in der Farbe beige oder nikotingelb zu sein.“ Ähnlich stelle ich mir die Richtlinie zur Benennung des Kegelclubs vor: „Der Name des Kegelclubs muss der Begriffe: Alle, Neune, Fall, Um, Kalle, Gut oder Holz, ersatzweise und auch in Kombination mit Anzüglichkeiten und Zweideutigkeiten in Verbindung mit dem voranzustellenden Begriff „Kegelclub“ oder seiner amtlichen Abkürzung: „KC“ inhärent sein.“ Oder so… Ich glaube ich werde hier meinen Gedankengang erst einmal unterbrechen und diesem Mysterium im Selbstversuch auf den Grund gehen. Wie einst und legendär „der Jenke“ im Auftrage des öffentlichen Interesses haschte und kokste, werde ich im selben Auftrage, diesem Bundessport und seinen „Brüdern“ auf den Zahn fühlen. Es soll auch um die Zukunftsfrage dieses Volkssports gehen. Gibt es noch eine, nach dem Rauchverbot? Ist die Kegelsteuerung zukunftsfähig (LTE, 4G, 5G usw.)? Wie geht der traditionelle Kegler mit den reformistischen Einflüssen des amerikanischen Pendants um? Ist der demografische Wandel beim Kegelsport gefährlich für Mallorcas Tourismusbranche? Also werde ich nun meine (EIGENEN!) Sportschuhe mit heller Sohle anziehen, mir die Hände mit Magnesiumkarbonat einreiben, dann die Aramithsphäre ergreifen und mit ihr den NEUN Kegeln, die einer Illuminaten Versammlung gleich, verschwörerisch beisammen sind, den Garaus machen! Oder ich werfe doch nur einen „Kackstuhl“? Oder einen „Kranz“? Auf jeden Fall aber ohne Diskomusik! Und Lichteffekte. Im Kreise meiner neuen Brüder! Gut Holz!
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