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Sätze: | 21 | |
Wörter: | 421 | |
Zeichen: | 2.454 |
In einem großen und wunderschönen Wald lebte ein Nashorn. Wie bei allen seiner Artgenossen war seine Haut so dick, dass kein Raubtier ihm etwas anhaben konnte. So führte das Nashorn ein ruhiges und beschauliches Leben. Doch eines störte ihn: Jedes Mal, wenn er sah, wie kleine Tiere sich versammelten, fröhlich plauderten, lachten oder gemeinsam trauerten, fühlte er sich seltsam ausgeschlossen. Wegen seiner dicken Haut konnte das Nashorn nichts von alldem empfinden. Und deshalb hatte er auch keine Freunde.
Eines Tages ging er zu einer alten Hexe, die am Rande des Waldes lebte, und bat sie:
„Mach meine Haut ein wenig dünner. Ich möchte verstehen, wie es ist, Freunde zu haben, Freude zu teilen oder gemeinsam Traurigkeit zu erleben.“
Die Hexe tat, worum er sie bat. Und kaum hatte das Nashorn ihr Haus verlassen, spürte er plötzlich, wie laut die Vögel sangen, wie die Sonne ihn wärmte und der Wind ihn sanft umschmeichelte. Bald fand er neue Freunde, und viele Abende verbrachten sie gemeinsam, diskutierten ausgelassen die Ereignisse des Tages und hatten eine wunderbare Zeit.
Doch allmählich bemerkten seine Freunde, dass jeden Tag neue Kratzer und Narben auf der Haut des Nashorns auftauchten. Er war zwar nicht mehr so verletzlich gegenüber Raubtieren wie zuvor, aber er war zu groß, um sich wie seine kleinen Freunde in Sicherheit zu verstecken, und nicht schnell genug, um zu fliehen. Die Freunde hatten das Nashorn sehr ins Herz geschlossen und wollten nicht zulassen, dass er sich jeden Tag so gefährdete.
Also gingen sie heimlich zur Hexe und baten sie, die Haut des Nashorns wieder dick und unverwundbar zu machen. Die Hexe erfüllte ihren Wunsch. Natürlich kam das Nashorn daraufhin immer seltener zu seinen Freunden, bis er schließlich ganz vergaß, den Weg zu ihnen zu finden.
Doch diese kleinen Waldbewohner mit den großen Herzen behielten ihren unverwundbaren Freund stets in Erinnerung. Von Zeit zu Zeit besuchten sie ihn. Sie kletterten auf die Äste und sprangen von dort auf das Nashorn, als wäre er eine Rutsche. Ein Faultier streckte ihm seine Hand entgegen, während es an Lianen baumelte. Das Nashorn schnaubte nur unzufrieden und drehte sich weg.
Doch tief im Inneren, unter seiner dicken Haut, spürte er ein seltsames, warmes Gefühl. Dieses Gefühl machte ihn ruhig und zufrieden. Und diese seltsamen Tiere, die ihn immer wieder besuchten, schienen es zu spüren.
Sie riefen ihm nach:
„Bis bald, Nashorn! Wir werden dich wieder besuchen!“
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