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Sätze: | 16 | |
Wörter: | 429 | |
Zeichen: | 3.202 |
„Ich hätte gerne drei Bällchen: Vanille, Erdbeere und Schokolade!“ schimmert die Erinnerung durch meinen klimawandelgeplagten Leib, wenn ich an jene Tage denke, in denen nicht unzählige Videos von kühlplattenschabendenden Hygienehandschuhträgern die Timelines jeglicher Sozialplattformen überschwemmten. Und mit diesem Triptychon deutschen Eisgenusses hatte man auch schon 50% der verfügbaren Eissorten auf der Waffel, die, Geschmack und Haptik nach, aus gefärbter feinporiger Trittschalldämmung bestand. Was sollte man auch sonst wählen? Selbst wenn man in der Lage war eine Buchstabenverschwörung wie „Stracciatella“ so auszusprechen, dass der Eisverkäufer auch nur erahnen konnte, was man meinte, bekam man hierauf ein vanillefreies Vanilleeis, das mit rasiermesserscharfen Schrapnellen versetzt war, die einem Zahnfleisch und Gaumen aufrissen und erst nach stundenlanger, vorsichtiger Einspeichelung als „Schokoladenstückchen“ zu erkennen waren. Was sie aber, dank Palmfett und Farbstoff nicht waren.
Ach ja, Farbstoff: Zitroneneis!
Hofften wir doch, dass die unnatürlich gelbe Färbung des Eises dem Einsatz von Farbstoff zuzuschreiben sei. Geschmacklich lag es, je nach Händler, irgendwo zwischen Spülwasser und hochkonzentrierter Zitronensäure. Bekleckerte Shirts waren in Windeseile ausgeblichen und man konnte schlimmste Verätzungen davontragen, traf man nicht den schützenden Stoff, sondern die bloße Epidermis.
Blieb nur, als sechste und allerletzte Alternative in der Auslegeware des fahrenden Italieners:
Das SCHLUMPFEIS!
Hierbei handelte es sich offensichtlich um den (fehlgeschlagenen) Versuch eines skrupellosen Lebensmittelkonzerns, den Geschmack und die Konsistenz von Speiseeis unter Austausch jeglicher natürlicher Zutaten durch Stabilisatoren, Farbstoffe und künstliche Aromen zu simulieren. Der seltsame, nicht definierbare Eigengeschmack des Imitats, wurde durch den Chemikaliencocktail hervorgerufen, der die Geschmacksrezeptoren eines jeden Kindes temporär überlastete. Der findige Gelatelier jedoch sorgte mit einer kleinen List für Geschmack und eine zusätzliche Überraschung. Er reinigte einfach den Eisportionierer nicht, bevor er an der Schlumpfenmasse schabte und verlieh ihm somit immer einen überraschend anderen Geschmack. Darüber hinaus, so munkelte man, konnte das Schlumpfeis nicht schmelzen und die blaue Farbe entstand erst durch Korrosion, also die Reaktion des chemischen Eisersatzes mit der Umgebungsluft. Pierre Culliford, der Zeichner der berühmten Comicvorlage, prozessierte lange Jahre gegen den Chemiekonzern, der fortan den geschützten Namen nicht mehr für seinen Eisersatz nutzen durfte. Seitdem tauchte es vereinzelt unter der Bezeichnung „Blauer Engel“ in der schlecht gekühlten Auslegeware halbseidener Eisdealer auf und verschwand jedoch bald ganz von der Bildfläche. Laut einer nicht bestätigten Information, hat die Firma „Bols“ die Rezeptur aufgekauft und das Schlumpfeis im trinkbaren Aggregatszustand, mit einer geringen Menge Alkohol versetzt, als „Blue Curacao“ wieder auf den Markt gebracht.
Na dann PROST!
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