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Malis trauriges Ende

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26.10.23 16:20
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Vor drei Jahren war Mali ein süßer kleiner Welpe. Sie gehörte zu einem Wurf von 7 weiteren Welpen, die zusammen unter einem rostigen Stück Wellblech, kaum geschützt vor Regen oder Sonne, irgendwo in den Straßen Puerto Platas auf die Welt kamen. Schon ihre Mutter war eine Straßenhündin der dritten Generation, die durch die Straßen der Stadt schlich, immer auf der Suche nach Essbarem. Meist waren und sind es Essensreste aus den Abfällen, die am Straßenrand liegen. Reis, Kochbananen, Bohnen, verfaultes Obst und mit viel Glück mal ein Hühnerknochen, aber sehr selten. Auch weggeworfene Babywindeln werden nicht verschmäht. Kinderkacke ist voller Proteine. Wenn etwas dabei war, das im Maul transportiert werden konnte, schleppte es die Hundemutter zu den Welpen in ihr Versteck.

Von den 8 Welpen überlebten 3 die erste Woche nicht.

Die Welpen sterben überwiegend durch Befall mit inneren wie äußeren Parasiten. Vor allem die Hundezecke saugt die jungen Tiere wortwörtlich aus. Oft sind es hunderte der kleinen Spinnentiere, die sich in die Haut der Welpen verbeißen. Überall sind sie zu finden, an den Augenrändern, unter den Achseln, zwischen den Zehen. Für eine mit Blut vollgesogene Zecke, die vom Welpen abfällt, wandern bereits weitere über das Tier, bis sie eine ihnen genehme Stelle gefunden haben. Ebenso setzen den Jungtieren Flöhe zu.

Darmparasiten sind die inneren Feinde der Welpen. Die Würmer vergreifen sich an der aufgenommenen Nahrung und scheiden ein Sekret aus, wodurch die Welpen dauerhaft Durchfall bekommen und langsam dehydrieren, austrocknen. In der Regel überleben die schwächsten jeden Wurfs diese Tortur nicht. Mali schaffte es irgendwie, die erste 6 Monate zu überstehen, obwohl das Muttertier einen Monat nach der Geburt von der Essenssuche nicht mehr zurückkehrte.

Die Gefahren in den Straßen der Stadt sind für Hunde vielfältig

Kein Mensch zählt die Tiere, die auf den Straßen Hispaniolas täglich ums Leben kommen. Die Verkehrsverhältnisse in der Dominikanischen Republik als chaotisch zu bezeichnen, ist stark untertrieben. Es gibt zwar offiziell Führerscheine, für deren Aushändigung ebenso offiziell eine recht einfache Fahrprüfung erfolgen soll, doch meist genügt es, dem Prüfer ein „Geschenk“ zu machen, um den Führerschein zu erhalten. Verkehrsregeln werden weitgehend ignoriert, auch von der Polizei selbst.

Doch Autos, Roller und Motorräder sind nicht die einzigen Gefahren. Manche Einwohner hassen Hunde regelrecht und geben diesen Hass an ihre Kinder weiter. Die Tiere werden mit Fußtritten, Stöcken und Macheten attackiert. Oft sieht man Hunde mit schrecklich klaffenden Wunden herumlaufen. Auf der anderen Seite sind Welpen Spielzeuge für Kinder, bis sie zu groß dafür sind und die Kosten für Nahrung und Tierarzt zu viel werden. Dann wird das Spielzeug einfach auf die Straße gesetzt. Nicht selten machen sich die „Besitzer“ nicht einmal die Mühe, die Tiere weiter entfernt auszusetzen. Sie sperren sie einfach aus. Dabei sind Dominikaner geradezu Meister der Ignoranz. Ein Tier kann stundenlang vor der Haustüre, hinter der einmal das Zuhause des Hundes war, bellen oder heulen. Es wird schlicht und einfach überhört.

Malis tristes Leben

Als das Muttertier nach einem Monat nicht mehr auftauchte, begannen die noch übriggebliebenen 5 Welpen, sich selbst auf die Suche nach Futter zu machen. Sie kamen noch einige Zeit an den Ort ihrer Geburt zurück, doch mehr und mehr verloren sie sich in den Straßen der Stadt. Jedes Tier suchte sich ein Revier, von dem es sich vor allem Futter versprach. So auch Mali, die einige Straßen mit ein paar Restaurants auserkor, nun ihre „Heimat“ zu sein. Sie war jedoch nicht der einzige Hund in dieser Gegend. Es gab mehrere Rüden und Hündinnen und Mali stand weit hinten in der Hierarchie. Sie musste lernen, dass sie nur dort betteln und im Abfall suchen durfte, wo sie die anderen ließen. Dafür war sie eine Hündin und damit gehörte sie automatisch zum „Harem“ des Alpharüden, zusammen mit ihrer Jugend brachte dies ihr ein paar kleine Vorteile.

Doch nach ungefähr einem Jahr wurde Mali trächtig. Ihr erster Wurf waren 6 Junge, eines davon eine Totgeburt. Mali leckte alle 6 Welpen trocken. Das tote Jungtier fraß sie zusammen mit den Nachgeburten auf. Ihr „Nest“ war eine schmutzige Ecke eines Betonbodens in der Ruine einer zerfallenen Holzhütte. Nun war es an Mali, täglich auf Nahrungssuche zu gehen. Sie hatte inzwischen gelernt, sich durchzubeißen und stand als Muttertier jetzt höher in der Rangliste des lockeren Hunderudels dieses Stadtviertels. Trotzdem blieb die Nahrungsgrundlage meist Abfall.

Malis letzte Tage

Die Hündin schaffte es, ihre Jungen großzuziehen, um nur etwa 6 Monate nach deren Geburt wieder trächtig zu werden. Auch diesen Wurf, diesmal 5 Junge, brachte sie über die ersten 6 Monate, um sie dann wegzubeißen. Dann kam nach erneuter Trächtigkeit die Geburt des dritten Wurfs, zwei Monate später. Mali war jetzt rund 3 Jahre alt. Die 6 Jungen waren gesund, doch bei Mali selbst hatte sich die Gebärmutter entzündet.

Die ersten Wochen konnte sie ihre Jungen noch säugen, doch begann sie, aus dem After zu bluten. Das eh schon magere Tier, das sich praktisch nur von Abfall ernähren konnte und dazu die Milch für ihre Kinder produzieren musste, fiel immer mehr zusammen. Jede einzelne Rippe Malis trat deutlich hervor. Ihr Fell wurde struppig und begann auszufallen. Der entzündete Uterus schmerzte von Tag zu Tag mehr und gleichzeitig suchten die Welpen an ihren Eutern vergeblich nach Milch.

Nach 6 Wochen war Mali am Ende ihrer Kräfte. Sie lag in ihrem Versteck auf dem nackten Betonboden und blutete immer stärker. Ihre Jungen strichen hilflos um sie herum. Sie atmete immer schneller, während draußen ein heftiger Tropenregen niederging. Immerhin blieb es ihr erspart, im Regen zu sterben. Eines der Jungen leckte sie am Maul, um sie dazu zu bringen, aufzustehen, doch Mali litt ungeheure Schmerzen und winselte nur noch, bis die durch den entzündeten Uterus ausgelöste Blutvergiftung ihr kleines Herz erreichte und mit einem letzten, tiefen Atemzug schloss sie für immer ihre Augen.

Autorennotiz

Eigene Erfahrung durch über 11 Jahre leben in der Domrep und selbst Halter von 3 ehemaligen Straßenhunden.

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