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[Film] Man From Earth

Am 03.03.2017 um 13:04 Uhr

Jerome Biyby’s Man From Earth ist ein Science-Fiction-Film von Richard Schenkmann nach einem Drehbuch von Jerome Bixby aus dem Jahre 2007.

Wer Blockbuster Action, fulminante Aufnahmen und viele und vor allem große Explosionen erwartet, ist hier fehl am Platz. Der Film ist nach dem Konzept der Einigkeit von Raum und Zeit geschrieben worden, das heißt, dass die gesamte Handlung fast ausschließlich an einem Ort und an einem Tag spielt. John Oldman, Professor für Geschichte, zieht aus. Das geschieht recht plötzlich, doch seine Nachbarn und Freunde, selbst überwiegend Wissenschaftler, können ihn noch abfangen und verbringen eine kleine spontane Feier in seinem fast leeren Haus. Sie kommen dabei ins Gespräch und Oldman eröffnet, dass er ein 14.000 Jahre alter Cro-Magnon-Mensch ist. Zunächst glauben die Anwesenden ihm nicht, doch Dan erwirkt, dass sie das Szenario theoretisch und aus wissenschaftlicher Sicht doch einmal durchspielen könnten. Der folgende Film dreht sich ausschließlich um das daraus resultierende Gespräch, was für ein Mensch dieser 14.000 Jahre alte Mensch sei und was er alles erlebt haben könnte. Mit einem Biologen, einer Kunstwissenschaftlerin und bibelfester Katholikin, einem Anthropologen, einer Historikerin, einem Archäologen und einem Psychiater sind beste Bedingungen geschaffen, um einem interdisziplinären Diskurs fußend auf dieser Frage zu führen.

 

 

 

Der Film besteht nahezu ausschließlich aus diesem Dialog. Natürlich besteht da leicht die Gefahr, dass es langatmig wird, das passiert aber nicht, da das Gespräch wirklich hochinteressant ist und ausgesprochen spannende und kluge Fragen aufwirft. Zum einen kann man eine ganze Menge daraus lernen, andererseits aber selbst über die Fragen nachdenken. Was macht es mit einem Menschen, wenn er plötzlich aufhört zu altern und nicht stirbt? Mit Sicherheit sind die Antworten des Films nicht in Stein gemeißelt, aber sie wirken gut argumentiert und könnten zumindest eine vorstellbare Möglichkeit sein.

Lobend hervorzuheben ist auch, dass der Film nie die Schiene der Wissenschaft verlassen hat. John wird zwar danach gefragt, ob er die Ursprache noch beherrsche, aber nachdem er sagt, dass er ein paar Wörter noch könne, spricht er sie nie an. Ich meine, selbst das Germanische ist fast ausschließlich rekonstruiert und kaum belegt. Wie will man da auf eine Sprachstufe wie beispielsweise das Ur-Indogermanische zurückgehen, ohne vollkommen spekulativ und sehr wahrscheinlich auch unwissenschaftlich zu werden? Von daher finde ich es sehr gut, dass sie die von John erwähnten Wörter nur erwähnten, nicht jedoch zeigten, da das einfach nicht zum restlichen Film gepasst hätte.

Die einzige Frage, die ich persönlich dann doch im Film vermisst habe, ist die nach der Möglichkeit des Ganzen. Es wird zwar die Frage an den Biologen gerichtet, wie es möglich sein kann, dass man nicht stirbt. Er meint daraufhin, dass der menschliche Körper bei optimalen Bedingungen und ohne jegliche Intoxikation für 190 Jahre ausgelegt sei (ob das stimmt, sei einmal dahingestellt; ich weiß es nicht), aber der Gedanke wird nicht weitergeführt: Wie kann es sein, dass man mit Mitte dreißig einfach aufhört zu altern? Das wurde leider nicht angesprochen. Außerdem wurde das optische Alter Oldmans ebenfalls nie in Frage gestellt. Er gibt sich als Mitte dreißig, vor Vierzehntausend Jahren jedoch galt man durch den hohen Stressfaktor damit schon als alt. Warum hat das keine entsprechenden Spuren hinterlassen? Er erwähnt zwar, dass er keine Narben bekommt, aber Alterungsprozess ist ja viel mehr als nur das.

Trotzdem: Es ist unheimlich spannend, dem Dialog zu folgen und seine eigenen Überlegungen dazu zu machen. Außerdem kommen aus der Gesprächssituation selbst die Charaktere immer noch sehr gut heraus. Ich persönlich mochte Dan, den Anthropologen, am meisten, da er Johns Ausgangsfrage, was das mit einem Menschen mache, nicht von Anfang an als Blödsinn abgetan hat, sondern die Runde dazu anregte, das ganze doch einmal wissenschaftlich-theoretisch durchzuspielen, da das eine spannende Frage sei. Ich mag seine rationale Art.

Gleichzeitig kann ich zum Beispiel auch Edith, die Katholikin, verstehen, als John auf das Thema der Religion zu sprechen kam. Im Laufe seines Lebens erlebte er viele Nationen und Kulturen auf- und wieder untergehen. Logischerweise erlebte er damit auch die Zeit von Jesus Christus – und hat an dieser Stelle ebenfalls eine kleine Überraschung parat.

 
Spoiler

Er selbst war Jesus. Da er im Vorfeld Zeit in Indien verbracht hatte und da auf Siddhartha traf, wollte er dessen Lehren auch in Europa verbreiten. Er beklagt, was die Kirche daraus gemacht hat, was natürlich von Edith als Ketzerei angesehen wird, ebenso, dass er behauptet Jesus zu sein.

Edith stellt seine Aussagen zur Religion in Frage, muss sich aber selbst einer Glaubenskrise gegenüber sehen. Entsprechend reagiert sie entsetzt und mit Ablehnung darauf. Auch der Psychologe Will, der erst am Vortag seine Frau verloren hat, reagiert ablehnend auf Johns Geschichte und behauptet, solch ein Mensch müsse eine Art Vampir sein, der anderen das Leben aussaugt. Er bedroht John sogar mehrere Male, erst mit einem Revolver, dann mit einer Zwangseinweisung in die Psychiatrie, so sehr wühlt ihn die Geschichte in Verbindung mit dem Tod seiner Frau auf. Auch die anderen reagieren zunächst eher abweisend, machen sich auch teils Sorge um Johns Seelenheil, und lassen sich erst durch Dans Einwände allmählich auf die Geschichte ein.

Die Reaktionen auf Johns Aussagen sind also wirklich klasse dargestellt und zeigen verschiedenste Versionen, wie ein Mensch auf so etwas wohl reagieren würde. Rein von der technischen Seite her kann der Film nicht überzeugen. Die Bildqualität ist eher mau und die schauspielerische Leistung lässt ebenfalls zu wünschen übrig. Dafür ist die dezent gesetzte Musik sehr passend. Vor allem aber trumpft der Film mit seinem Inhalt auf. Es macht wirklich unheimlich viel Spaß, all das Gesagte selbst zu hinterfragen, sich seine eigenen Gedanken zu machen und dann den Argumentationen der Protagonisten zu folgen. Es lohnt sich auf jeden Fall, sich auch einmal auf diesen Film abseits des Mainstreams einzulassen!

Zuletzt bearbeitet: Am 22.11.2017 um 16:16 Uhr von Elenyafinwe

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