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Ganz und gar man selbst sein

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04.08.23 10:16
In Arbeit

„Ganz und gar man selbst zu sein, kann schon einigen Mut erfordern“, meinte Sophia Loren.

Ich glaube, das ist untertrieben. Stark untertrieben. Zumindest in meiner Generation und auch in der darauf folgenden. Vielleicht ist es auch heute noch für viele, die einen „alten“ Einfluss haben, eine Herausforderung, aber es gibt heutzutage viel mehr Menschen, die – teils lautstark – ihre Meinung vertreten.

Dabei habe ich immer mehr den Eindruck, dass „lauter – schriller – schöner – ungewöhnlicher“ heute zu einem allgemein anerkannten Wettbewerb geworden ist. Wer sehr gut aussieht, aber nicht ganz so gut deutsch spricht, bekommt heute den heißbegehrten und gut dotierten Moderatorenjob im Fernsehen. Wer laut schreit, dass er / sie der beste Coach ist, hat die meisten Teilnehmer.

Ich glaube, es ist anders.

Wahre Kunst und wahres Können ist oft im Stillen, im Verborgenen zu finden. Es ist der Mut einfach sein Ding zumachen, egal, was monetär dabei herauskommt. Wer wirklich etwas kann, der wird (wieder) bescheiden, der hat ganz viel ausgekostet und freut sich einfach darüber, dass gefunden zu haben, was ihn erfüllt. Laut sein, schrill sein, den äußeren Erfolg über alles zu stellen, wird dann nicht mehr benötigt.

Man erfreut sich einfach daran, anderen weiterhelfen zu können und ist zufrieden mit dem, was da ist. Was leider von den „schrillen Typen“ oft belächelt und abgetan wird. Für mich ist das, ins eigene „Sein“ gefunden zu haben, bei dem extrem egoistisches oder exzentrisches Gehabe keinen Platz mehr braucht.

Zu sich selbst zu finden, findet allein und im Stillen statt.

Wenn man sich mit sich selbst auseinandersetzt, die eigenen Gedanken mal aufschreibt und reflektiert, um dann aus dieser Reflektion heraus neue Entscheidungen treffen zu können, Konflikte zu lösen und den Selbstwert und das Selbstwertgefühl (wieder) entdecken.

Wie seht ihr das?

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suedeheads Profilbild
suedehead Am 04.08.2023 um 14:55 Uhr Mit 1. Kapitel verknüpft
Bescheidenheit ist eine Zier, besser lebt man ohne ihr.

Die Bescheidenheit, Zurückhaltung und Stille eines Künstlers oder einer Künstlerin sagen erstmal überhaupt nichts über die Qualität der Kunst aus. Das eigene, ausgereifte, altruistische und dennoch in sich ruhende und in Text ausgedrückte Sein einer Schriftstellerin kann zum Beispiel trotzdem voller Tippfehler sein...
Es mag sein, dass dir persönlich ein bescheidener, zurückhaltender, stiller Mensch sympathischer ist, aber auch das geht bei weitem nicht allen so. Es gibt Menschen, die sind glamourös, laut, lustig, beliebt und tolle Künstler und es gibt Menschen, die sind miesepetrig, ruhig, grau, angepasst und einfach nur sterbenslangweilig.

Authentizität ist ein zweischneidiges Schwert. Oft sind die Leute, die am meisten betonen müssen, wie authentisch sie sind, eher daran interessiert, ihr Sein und Schaffen mit einem vermeintlich persönlichen Touch zu vermarkten.
Authentizität im existentialistischen Sinne wäre, aufzuhören, sich selbst zu betrügen. Selbstbetrug fängt allerdings insbesondere dort an, wo man Allgemeinplätze nachplappert. Einer dieser modernen Allgemeinplätze wäre ironischerweise die Betonung der eigenen Authentizität in vermeintlicher Abgrenzung zum so bezeichneten unauthentischen Mainstream. Wobei natürlich nichts davon definiert wird. Es geht nur darum, sich selbst besser und die anderen schlechter aussehen zu lassen. Von Bescheidenheit kann spätestens ab diesem Punkt nicht mehr die Rede sein. Eher von Virtue Signaling.

So etwas zu belächeln, macht eine nicht zu einer "schrillen Type", sondern zu einer Kritikerin.

Zuletzt stellt sich die Frage: Warum soll man zu sich selbst finden wollen, wenn es so viel interessantere Dinge und Personen zu entdecken gilt, als das eigene, betont unschrille und bescheidene Ich? Ganz ehrlich, ich persönlich - durchaus introvertiert - finde, man kann ohne Kontakt zur und Interesse für die Außenwelt selber überhaupt nicht wachsen, werden, sein, schaffen oder etwas beitragen, das von Wert für andere ist. Allein und eigenbrötlerisch für sich zu sein und mit den Gedanken nur um den eigenen Nabel zu kreisen, ist das exzentrischste und egoistischste, was ich mir überhaupt vorstellen kann.
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Klugscheissers Profilbild
Klugscheisser Am 28.09.2024 um 22:37 Uhr
Mir gefallen deine scharfsinnigen Analysen und mir gefällt, daß Du urteilst, wofür man heutzutage meist schnell an denPrager gestellt wird. Du hast eine Meinung und tust sie klar und deutlich kund und begründest diese vor allem ausführlich, eine Seltenheit heutzutage.
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Geskos Profilbild
Gesko Am 17.03.2024 um 12:24 Uhr
Was den sogenannten "um sich greifenden Dilettantismus in der Kulturbranche" meines Vorredners @Klatschkopie betrifft: Als Autorin bin ich absolute Dilettantin - und trotzdem macht mir das Schreiben riesigen Spass. Ich male auch mit Inbrunst Bilder - ohne Kunst studiert zu haben. Manchmal singe ich - ohne Gesang studiert zu haben und ich werkele, hämmere, rennoviere, ohne das Handwerk gelernt zu haben. Dazu hatte ich keine Zeit, während ich zwei Berufe im therapeutisch-medizinischen Bereichen gelernt und ausgeübt und nebenbei studiert und eine Zusatzausbildung absolviert habe ... und in all dieser Zeit habe ich geschrieben, geschrieben, geschrieben. Und bin als Dilettantin durch Schreibforen mäandert, habe Schreibkurse besucht ... und einen Verlag gefunden, ein Buch veröffentlicht ... und das alles einfach nur, weil ich es kann. Vielleicht nicht im Sinne eines "in der Kulturbranche Tätigen", der "irgendwas mit Kunst&Medien" studiert hat. Aber in MEINEM Sinn von Kreativitä&Kunst. Sich schöpferisch und kreativ auszudrücken gehört für mich zum "ganz ich selbst sein" dazu - egal ob andere dies als "Kunst" oder "Dillettantismus" bezeichnen. Mehr anzeigen
Gurudruns Profilbild
Gurudrun (Autor)Am 17.03.2024 um 18:35 Uhr
Genau so - wunderbar!!! :)
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Klatschkopies Profilbild
Klatschkopie Am 04.03.2024 um 18:21 Uhr Mit 1. Kapitel verknüpft
Hi :-)

Der Text ist von Allgemeinplätzen durchsetzt und wirkt dadurch leider sehr engstirnig, um nicht zu sagen borniert. Was ist denn wahrhaftige Kunst? Wie suedehead bereits schrieb, sind die Menschen verschieden. Der eine ist laut, der andere leise und beide können sie fähig sein, ihren Mitmenschen etwas mitzuteilen, sie zum Nachdenken zu bringen. Ich bin nicht authentischer, wenn ich mich in ich selbst zurückziehe, ich bin nicht unechter, wenn ich pompös daherkomme.

Trotz allem meine ich zu verstehen, was du meinst. Das Unechte, der um sich greifende Dilettantismus in der Kulturbranche. Auch ich habe festgestellt, dass vielfach schlecht sprechende Moderatoren eingesetzt werden, ja, dass man manche Filme nicht mehr ansehen kann, weil die Schauspieler eine grottenschlechte Aussprache haben. Das beklagen nicht nur wir, sondern die, die ihr Handwerk einst lernten, wie etwa Carmen-Maja Antoni. Natürlich wissen sich heutige Schüler auch besser zu präsentieren als wir Alten, ohne unbedingt mehr im Kopf zu haben. Es sind nicht nur Einzelfälle, die zwar das Abitur schaffen, jedoch von Tuten und Blasen keine Ahnung haben. Wer am lautesten brüllen kann ... Heute gilt wohl (auch): wer den anderen an die Wand quatschen kann. Daraus aber abzuleiten, dass sich nur der Ruhige der Weisheit sicher sein kann, ist ein Fehlschluss, der wirklich nur dazu dient, sich besser zu fühlen. Vielleicht auch der Versuch, diese Zeit, diese Verhältnisse zu bewältigen, oder, um sich das eigene Scheitern nicht eingestehen zu müssen.

Es ist richtig, in sich selbst hineinzuhorchen und aus sich heraus zu schreiben, wenn man das Bedürfnis danach hat. Es gibt aber auch Zeiten, in denen man wieder nach draußen schaut. Und es gibt Zeiten, in denen man beides miteinander zu verklammern versucht. Vielleicht ist das der wahre Akt der schöpferischen Kunst? In jedem Fall sind es alles Phasen, die bei dem einen stärker, beim anderen schwächer ausgeprägt sind. Keine von ihnen sollte verabsolutiert werden.

LG
KK
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Ist es einfach, ganz man selbst zu sein?