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Sätze: | 153 | |
Wörter: | 1.680 | |
Zeichen: | 9.918 |
Maria
Maria war 40 Jahre alt und sie war keine echte Schönheit, aber adrett und eigentlich ein fröhlicher Mensch. Ihr Mann Louis, ein unscheinbarer, schlanker Blondschopf gab sich ab und an ein wenig herrisch. Seine Pedanterie nervte und wenn man es genau nimmt, so konnte man ihn einfach als langweilig bezeichnen.
Damals schon hatten Marias Eltern ihr davon abgeraten Louis zu heiraten. Maria aber wollte Geborgenheit. Louis war zuverlässig, fleißig. So hatte sie sich ausgerechnet, dass er immer für sie sorgen würde.
Seine Laufbahn in einer Bank schien vorgezeichnet. Da kam ihm auch zu Gute, dass er so kleinlich akkurat war. Es hatte sich bewahrheitet, wie es Maria vermutet hatte, er brachte es bis zum Abteilungsleiter. Dann aber war Schluss. Höhere Sphären zu erklimmen, das verwehrte man ihm. Dazu war er einfach zu langweilig, zu spießig, also ein echter Partykiller, eine Spaßbremse sondergleichen. Sein Humor befand sich allenfalls im Souterrain und mit ihm nett zu plauschen versuchten die Meisten nur ein einziges Mal, so dass er gemieden wurde. Auch mit seinem Aussehen konnte er nicht punkten, denn er wirkte einfach unscheinbar. Ein Langweiler eben. So geschah es, dass Maria sehr gerne einmal im Quartal ihre lebenslustige Tante besuchte. Und da die lebenslustige Tante den faden Louis auch nicht ausstehen konnte, fuhr sie immer alleine. Louis war das nur recht, denn die Abneigung der Tante beruhte auf Gegenseitigkeit. Soviel Frohsinn konnte er nicht vertragen. Deshalb konnte er sich an diesen Wochenenden alleine und ohne Stress seiner geliebten Briefmarkensammlung widmen. Eines Tages, es war inzwischen schon zehn Jahre her, da hatte die Tante einen umwerfenden Mann zu Besuch. Er stellte sich mit Charme und dem Namen Louisienne vor. Gott, was war das für ein Bild von einem Mann! Die Tante hatte nicht ohne Grund die Sache eingefädelt. Der Nachmittag war nett, lustig. Es wurde gelacht! Maria blühte auf. Sie wirkte plötzlich ganz reizend. Und das empfand Louisienne ebenso. Kurz und gut, seit ungefähr 10 Jahren fuhr Maria regelmäßig viermal im Jahr zur Tante, um sich ihrem Louisienne in die Arme zu werfen. Er war großzügig, bezahlte alles, war weltmännisch und ihre große, heiße Liebe. Und weil sie sich so selten trafen, war das glückliche Wiedersehen umso inniger. Beim Sex explodierte Maria förmlich und tat Dinge, von denen sie nicht einmal zu träumen gewagt hatte. Es war einfach himmlisch. Und wenn sie dann nach dem Wochenende erfrischt, voller Elan und pausbäckig zurückkehrte, merkte der fade Louis natürlich nichts.
Wieder verabschiedete sich Maria voller Erwartung und meldete, dass sie nun, wie üblich, zur Tante auf bräche. Louis ließ nur ein Brummeln vernehmen, das vielleicht so etwas Ähnliches, wie gute Reise bedeuten sollte. Oh, wie sie sich freute. Louisiennes warme Lippen, seine starken Arme und natürlich sein Little Louisienne. Eigentlich war sie ganz froh, dass ihr Langweiler Louis nur selten etwas von ihr wollte. Es brachte ihr nichts, denn schon zu Anfang ihrer Ehe war die Sache nur ein fades herum Gestocher.
Erneut saß sie also im Zug in Richtung Glückseligkeit. Die Tante empfing sie, wie immer, als sie hüpfend erschien. Ein kurzer Schwatz beim Tee, dann begab sie sich aufgeregt in das Nobelhotel, um ein weiteres, unvergessliches Wochenende zu verleben. Ach Louisienne!
Doch an der Rezeption lief es nicht wie gewohnt. Man würde bedauern, aber ihre Begleitung hätte abgesagt, obwohl die Hochzeitssuite, wie üblich reserviert worden war. Es tue ihnen unendlich leid, bedauerte der höfliche Rezeptionist am Empfangt. Der Herr hätte aber etwas für sie abgegeben, einen Brief und ein kleines Päckchen. Zerschmettert schlurfte sie wieder hinaus. Maria erschien wieder bei ihrer Tante und weinte sich an ihrer Schulter aus. Schließlich fand sie doch Kraft genug den Brief zu öffnen.
Geliebtes Marielein,
ich befürchte, dass meine Frau mehr als einen Verdacht geschöpft hat. Ich kann nicht zulassen, dass Du in irgendeiner Weise belästigt wirst. Wir müssen daher leider unsere Beziehung beenden, sosehr ich es auch bedauere. Was soll ich sonst noch sagen? Du bist ein herrlicher Mensch und ich hoffe inständig, dass Du mich in guter Erinnerung behältst. Dein dich innig umarmender Louisienne
Fassungslos ließ Maria den Brief fallen. "Mach Dir nichts draus", versuchte die Tante sie zu trösten. "Es hat doch auch irgendwie sein Gutes. Es hätte doch nicht ewig so weitergehen können." Nach ein paar Streicheleinheiten, war die Neugier der Tante nicht mehr im Zaum zu halten. „Schau doch mal nach, was in dem Päckchen ist." Maria schnäuzte sich die Nase und öffnete das Geschenk. Und als auch noch das schwarz-samtene Schächtelchen aufgeklappt war, da funkelte ihr ein unglaublicher Diamantring entgegen. Auch eine Expertise war dabei.
Dem Diamant, ein Einkaräter aus Idar Oberstein, wurde höchste Reinheit (IF) und reines Weiß (D) bescheinigt. Er war einfach unglaublich und Maria bekam Schnappatmung. "Der ist ja 15 bis 20 tausend Euro wert", rief die Tante euphorisch. Schließlich blieb Maria das Wochenende noch bei der Tante. Es wäre doch zu auffällig gewesen, wäre sie verfrüht zurückgekehrt. Dann machte sie sich auf die Heimreise, das Geschenk von Luis immer in Reichweite.
Irgendwie hatte sie sich damit abgefunden, dass es mit Louisienne aus war. Und während der Zugfahrt spielte sie immer mit dem Ring herum. Was sollte sie nur machen?
Sie wollte den Ring unbedingt tragen. Sie wollte sich immer an Louisienne erinnern. Sie wollte sich an dem einzigartigen Diamanten erfreuen und das ihr Leben lang. Aber wie nur? Dass die Tante ihr den Ring vermacht hätte, das würde selbst der tumbe Louis ihr niemals abkaufen. Außerdem hatte der Ring innen noch eine Gravur: "In Love Louisienne".
Nach der langen Zugfahrt hatte sie die Lösung gefunden. Louis selbst würde ihr den Ring schenken!
Sie ging zu einem Juwelier und erzählte eine etwas umständliche Geschichte. Jedenfalls wünschte sie, dass die Gravur verändert werden sollte. Aus Louisienne sollte einfach Louis werden. Also: In Love Louis Der Fachmann meinte, dass sich das schon machen ließe. Dabei sei es möglich, dass ein klein wenig Gold verloren ginge, wenn man das Namensende wegplätten würde. "Das macht nichts", meinte Maria.
Eine Woche später holte sie den Ring ab und begab sich zu der Bankfiliale ihres Mannes. Die dralle Sekretärin Etta ließ sie, wie üblich, erst warten, ob Ihr Vorgesetzter Zeit erübrigen könne. Das ärgerte Maria immer, schließlich war Louis doch ihr Ehemann. Der Herr und Meister empfing sie. "Was machst Du denn hier? Freut mich natürlich, dass Du mich am Arbeitsplatz besuchst, aber.."
"Ach weißt Du, Louis, ich wollte nur sagen, dass ich eingekauft habe. Heute soll es einen schönen Braten geben. Ahnst du, warum?" Lois schlug sich an die Stirn. "Ach ja, heute ist doch unser Hochzeitstag. 17 Jähriges, oder?" "Zwanzig", verbesserte sie. "Also bis heute Abend. Jubiläum!" "Natürlich, Maria. Ich weiß allerdings noch nicht, ob ich pünktlich heraus komme. Zurzeit gibt es schrecklich viel zu tun, wie Du weißt." Sie nickte verständnisvoll. „Ich weiß, dass Du Dich beeilst, Liebster. Also, bis heute Abend Louis." Maria verabschiedete sich, kreuzte noch die feindlichen Blicke mit Etta und ging nach Hause.
Am Abend saß Maria am reich gedeckten Tisch. Hatte es geklappt? Der Hinweis auf den Hochzeitstag, den hatte sie nicht umsonst fallen lassen. Denn nicht nur diesen Hinweis hatte sie fallen lassen, sondern auch den Ring. So, wie sie Louis, den Super-Pedant kannte, würde er ihn hundert prozentig entdecken. Sie hatte schon dafür gesorgt, dass er nicht übersehen wurde. Die richtige Gravur war auch gegeben. Er würde ihr den Ring dann schenken. Er musste sich nicht mal dafür anstrengen. Und auch keine Investition tätigen, geizig, wie er war. Den Ring würde sie immer tragen können und an Louisienne denken.
Der Abend zog sich hin und der Herr Louis ließ auf sich warten. An Maria nagten Zweifel. Wenn er den Ring nun doch nicht entdecken würde und irgendeine Putzfrau sich ihn schnappte? "Nein, nein, unmöglich", sagte sie sich. Ihr Mann igelte sich in seinem Reich ein, labte sich an seiner Wichtigkeit und stippte sogar jedes Fusselchen von seinem Schreibtisch. Seinem Laserblick entging nichts, das seine vermaledeite Ordnungsliebe trüben könnte. Endlich klingelte es und Louis kam.
"Nimm Dich zusammen", sprach sich Maria Mut zu. "Du musst schauspielern! Du weißt ja nicht, was er mitbringt! Es ist eine Überraschung! „Denke daran!" Sie öffnete.
"Ich habe eine Überraschung für Dich", erklärte er stolz und lächelte, wie schon seit Jahren nicht mehr. "Ein ganz besonderes Geschenk zu unserem Hochzeitstag. Zum Jubiläum!" Maria durchfuhr ein Fieberstoß. Es hatte geklappt! „Ach wie lieb, wie aufmerksam!“ Sie schaffte es zu erröten. Louis sagte ganz theatralisch: "Mache mal deine Augen zu."
"Ach Louis, ich bin ja so aufgeregt. Was ist es denn?"
"Jetzt darfst Du die Augen wieder aufmachen." Louis hielt ein Schächtelchen in der Hand. Es war samten und schwarz. "Da staunst Du, was?" "Wahnsinn! Ist es etwa Schmuck", rief sie völlig überdreht.. Es war wirklich eine tolle schauspielerische Leistung. "Ich fasse es nicht", sprühte sie vor Glück. Er übergab ihr das Schächtelchen. "Hab mich auch ganz schön angestrengt", hüstelte er. Sie machte auf und da traf sie der Schlag.
Alle Kraft musste sie aufwenden, um sich nicht zu verraten. Ein dünner, vergoldeter Ring blickte sie blass an. "Er hat sogar einen Diamanten", erklärte Lois stolz. Der Diamantsplitter war kaum zu erkennen. "Freust Du dich?" "Ja, sehr."
Die dralle Sekretärin Etta hätte nie im Leben daran gedacht, dass ihr langjähriger Liebhaber plötzlich so unglaublich großzügig sein konnte. Das hatte sie diesem Langweiler und Erbsenzähler ehrlich nicht zugetraut. Der riesige Diamantring war einfach sagenhaft. Und der Erbsenzähler hatte sogar Emotionen gezeigt. Hatte er doch tatsächlich
In Love Louis eingravieren lassen.
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