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Verliere bist du gewinnst!

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24.12.18 19:56
12 Ab 12 Jahren
Fertiggestellt

Zusammengekauert mit tränenvertrocknetem Gesicht saß sie auf den Treppen der ältesten Bibliothek in Centauri. Ihre leeren Augen starrten in die Ferne. Von weitem hörte sie das Gelächter von Kindern und Erwachsenen. Sie hörte die weihnachtliche Musik und wie Menschen darüber sprachen, was für Geschenke sie ihren Liebsten kaufen sollten. Der Geruch von Lebkuchen und Glühwein stieg ihr in  die Nase. Sie schmeckte den köstlichen Crêpes und den Zimt förmlich auf der Zunge. Von weitem sah sie die hellen, bunten Lichter des Weihnachtsmarktes. Weißer Schnee bedeckte die Häuser und den Boden, vereinzelt fielen immer noch  Flocken auf die Erde. Eine der Flocken fiel genau auf das Schreiben vor ihr auf  dem  Treppenabsatz. Abgelehnt, stand auf dem Papier in einer höflichen Art formuliert. 

Es war die 20. Absage.

Seufzend richtete das Mädchen ihren roten Schal und sah auf das Schreiben vom Verlag. ,,Wie hätte ich es auch anderes erwarten können...", murmelte sie verzweifelt. Beschämt zog sie sich die Kapuze der dicken, blauen Winterjacke ins Gesicht. Ein paar Tränen  rollten, wie Regentropfen auf einer Scheibe, über ihre Wangen. Es waren Tränen der Verzweiflung. Heute Morgen erst erhielt sie den Brief vom Verlag. Voller Hoffnungen öffnete sie den Briefumschlag... nur um wieder bitter enttäuscht zu werden. Sie hoffte so sehr auf eine Annahme... 

Ihre Trauer ließ sie zu ihrem Lieblingsort, der Bibliothek gehen. Hier hingen wie überall in der Stadt Lichterketten und sogar ein  festlich geschmückter Weihnachtsbaum stand vor dem Gebäude. Ein Gebäude, das sie schon seit der Kindheit liebte.

Sie mochte den Duft von alten Büchern, die Wärme des Raumes und die angenehme Ruhe. 

An diesem Ort begann ihre Leidenschaft fürs Schreiben. 

Vor vielen Jahren zeigte ihr Vater ihr diesen Ort der stillen Fantasien. Der Zufall entschied immer für sie , welches Buch er vorlas. Ihr Vater setzte sie behutsam auf seinen Schoss und las die Geschichte mit seiner warmen Stimme vor. Ganze Welten entstanden in  ihrem kleinen Kopf... 

Welten, die sich eines Tages zeigen sollten. In Formen von neuen Geschichten, die nur darauf warteten von ihr verfasst zu werden. Der Weg zu dem fertigen Manuskript war steinig, aber nach vielen Jahren schreiben begann die nächste Aufgabe. Einen Verleger finden... Eine sehr schwierige Aufgabe, wie sich später herausstellte. Diese Aufgabe musste sie meistern... um ihr Versprechen an  ihrem Vater zu halten.

,,Ich glaube, ich werde es nicht halten." murmelte sie leise.

,,Was hast du die gerade gesagt, Fione?" , fragte eine kühle, vertraute Stimme. Erschrocken blickte sie hoch. Fione hatte mit  ihrem großen Bruder nicht gerechnet. Er trug eine schwarze Jacke, einen Jeans, eine  schwarze Umhängetasche und einen schwarzen Schal. Seine Arme waren vor der Brust verschränkt und seine  braunen Augen musterten sie abwertend. ,,Ich..." , flüsterte Fione nur um laut  von ihrem Bruder unterbrochen zu werden. ,,Du wirst also aufgeben?" Diesmal schwang ein Hauch Enttäuschung in seiner Stimme mit. 

,,N-Nein..." , antwortete Fione unsicher. Ihr Bruder  wirkte auf sie immer so bedrohlich und aggressiv und das obwohl er sie nie angegriffen hat. Ihr Verhältnis zu  ihrem Bruder war nicht gerade so wie sie es sich manchmal wünschte. Sie wollte mehr Zeit mit ihren ihrem Bruder verbringen, aber seine Ausbildung und ihre Schule standen ihnen in Weg.  Seit dem Tod seiner Freundin vor ein paar Jahren distanzierte er sich weiter von ihr und meinte keine Zeit für sie zu haben, ,,Er hatte nie aufgeben...", sagte ihr Bruder plötzlich und starrte sie nun enttäuscht und traurig an. Mit dieser Aussage hatte er nicht gerechnet. ,,Wie meist du das, Fynn?", fragte sie verwirrt. Fynn schaute nun auf den Boden und antwortete: ,,Ich meine unseren Vater, er hatte nie aufgeben..." Wieder sah er sie an und fügte schwermütig hinzu:,, Ich und Dad hatten vielleicht nicht das beste Verhalten, so wie du und er es hatten, aber ich bewunderte ihn immer für sein Willen. Selbst nach  dem Tod unserer Mutter, der ihn  zerstörte, gab er nicht auf und schaffte es irgendwie sich um uns zu kümmern und seine Arbeit zu schaffen" Sie schaute ihr erstaunt an. Überrascht von  seinem Respekt gegenüber Vater. ,,Du... hast Vater bewundert, aber...", Fynn unterbrach sie lächelnd. ,,Es kam nie wirklich zu rüber, ich weiß, aber ich hatte wirklich Respekt vor seiner harten Arbeit die er jeden Tag leistete... und ich wünschte, dass du eben so wenig aufgibst."

-,,Meintest du nicht mein Buch sei schlecht?", fragte sie traurig und erinnerte sich noch dran wie Fynn ihr Buch auf den Boden schmiss und angewidert behauptete es sei Scheiße auf Papier. 

,,Das war gelogen.", antwortete er knapp. ,,Was?", fragte sie geschockt, nicht erwartend, dass ihr Bruder sie anlügt. Ihr Bruder, der die Wahrheit immer an wichtigste Stelle stellte. ,,Ich dachte, du hasst Lügen..." Fynn nickte. ,,Ich hasse Lügen.", er stoppte und atmete den Rauch seiner Zigarette aus. ,,Aber ich wollte sichergehen, dass du nicht dein Vertrauen in dein Buch verlierst,  selbst wenn eine nahestehende Person es nicht  hinter deinen Buch steht."

Verwirrt blickte sie ihn an. ,,Ich versteh nicht.. warum tust du das?", fragte sie. ,,Ich wollte, dass du niemals aufgibst... egal was die anderen sagten."

Sie blickte auf den  schneebedeckten Boden und flüsterte ,,Wahrscheinlich haben die  Verlage recht... und mein Buch ist wirklich-" Sie stoppte, als sie sah wie ihr Bruder etwas aus seiner Tasche holte. Es war ein roter Ordner indem sich die schöne handgeschriebene Version ihres Manuskripts befand, ,,Was?", flüsterte sie entsetzt, als er sein Feuerzeug anzündete. ,,Wenn du  aufgeben willst... und deine eigene Schöpfung schlecht findest, solltest du auch kein Problem damit haben, wenn ich es abfackeln." Er grinste provokant. Sofort sprang sie auf und riss ihm den Ordner aus der Hand. ,,Nein! Das ist meine Geschichten. Ich hab so lang an  ihr gearbeitet und du nimmst mir mein Werk weg!", erwiderte sie ernst. Ihr Bruder lächelte und flüsterte. ,,Weißt du, wie lange Dad brauchte bis er sein erstes Buch zu einen Verlag bekam?", er schwieg kurz.

,,Ungefähr 50 Versuche.", beendete er seinen Satz. Damit hatte sie nicht gerechnet. Ihr Bruder fuhr nach  einem kurzen Moment der Stille fort:  ,,Ich erinnere mich noch daran, es ist eine meiner ältesten Kindheitserinnerungen, wie glücklich und erleichtert Vater war als er endlich seinen eigenes Buch in der Hand hielt.'' 

Er warf seine Zigarette auf den Boden und zertrat sie. ,,Unseren Vater gab niemals auf...." Mit diesen Worten entfernte er sich  einen Schritt von ihr. Er drehte sich wieder zu ihr um und fragte: ,,Wirst du aufgeben?"

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Sätze: 126
Wörter: 1.111
Zeichen: 6.643

Kategorisierung

Diese Story wird neben Drama auch im Genre Freundschaft gelistet.

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