Grüne Bäume, braune Mülleimer und alte Bäume

Jeden Tag um 5:30 sitzt sie auf der grünen Bank, neben dem braunen Mülleimer und schaut den Baum an, der vis à vis steht. Es ist ein alter Baum. Schön ist er nicht. Die linke Seite ist vollkommen kahl, nackt streckt er dort seine dürren Äste in den Himmel. Auch gross ist der Baum nicht. Sein Stamm ist knorrig und krumm. Nichts ist in die Rinde geschnitzt. Es ist nur ein Baum, vis à vis einer grünen Bank, auf dem jeden Morgen um 5:30 eine Frau sitzt. Sie ist jung, höchstens zwanzig. Sie ist schön. Ihr Gesicht ist zart und symmetrisch. Volles Haar fällt gerade bis auf ihre Schultern. Sie hat lange, schlanke Beine und steht sie auf, sieht man, dass sie grossgewachsen ist. Jeden Tag um 6:00 steht die Frau von der grünen Bank, neben dem braunen Mülleimer, auf. Sie geht vorbei an etlichen grünen Bänken, die neben braunen Mülleimern und vis à vis von Bäumen, an dem grauen Parkweg stehen. Jeden Tag.

Jeden Tag um 5:31 gehe ich an der grünen Bank, neben dem braunen Mülleimer vorbei, die vis à vis eines alten knorrigen Baumes steht und sehe eine schöne, junge Frau darauf sitzen, die den Baum anschaut. Nach einer halben Stunde komme ich den selben Weg zurück. Dann, um 6:01, ist die junge Frau aufgestanden und geht den Parkweg mit grünen Bänken, braunen Mülleimern und alten Bäumen entlang.

Jeden Tag frage ich mich wieso eine schöne, junge Frau um 5:30 auf einer grünen Bank, neben einem braunen Mülleimer, einen alten, knorrigen Baum anschaut. Und dann frage ich mich ob sich die schöne, junge Frau auch jeden Tag fragt, wieso ein Mensch wie ich jeden Tag um 5:31 den Parkweg an grünen Bänken und braunen Mülleimern, vis à vis von alten Bäumen entlang geht.

Heute sitzt die junge Frau nicht da, auf der grünen Bank neben dem braunen Mülleimer. Sie hängt an dem alten, knorrigen Baum vis à vis.