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Eine Schnecke ohne Schneckenhaus

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24.08.25 16:43
Fertiggestellt

„Verdammt, können die Menschen mal ein bisschen aufpassen, wo sie hinlaufen?!", entfuhr es dem Schneckenmund. Ihr Schneckenhaus wurde soeben zusammengetreten und nun hatte sie in dieser weiten Gegend keinen Unterschlupf mehr, in dem sie hausen konnte. Sie befand sich auf einer ziemlich ebenen Grasfläche, die keinen Schutz vor Gewitter, Sturm oder anderen, unerwünschten Naturereignissen bot. Eine Schnecke ist zwar viel im Regen unterwegs, schlafen muss sie jedoch auch mal - und dabei will sie natürlich nicht gestört werden. Außerdem war sie wahrscheinlich die einzige Schnecke im Land, die Angst vor Gewitter hatte; für Viele ein Grund, sie auszulachen. Nun hatte sie auch kein Häuschen mehr, was der zweite Auslach-Grund war. Sie brauchte also einen Unterschlupf, wo sie für eine gewisse Zeit rasten konnte. Es dauerte nicht lange, da sah sie auch schon die ersten Gewitterwolken am, sowieso schon dunklen, Himmel. Diese verdeckten den Mond, und somit das letzte bisschen Licht, das die Erde traf. Der Boden erschauderte, als ein lauter Donner über die Ebene hinweg zog.

Die Schnecke wanderte also durch das Gras, bis sie auf einmal eine Ameise erspähte, die um ihr Leben zu rennen schien. Nanu? Waren Ameisen nicht immer in Horden unterwegs? „Hallo?", rief die Schnecke, doch der Donner hinderte den Ruf zu ihr, weshalb sie genervt einen zweiten Versuch startete.

„Hallo?!" Diesmal schien sie die Ameise bemerkt zu haben. „Nanu, was ist denn mit dir passiert? Die einzigen Schnecken, die ich je ohne Haus gesehen habe, waren Nacktschnecken.", sprach die Ameise zögerlich. Die Schnecke meinte einen kleinen Lacher bei der Ameise herausgehört zu haben. Machte sie sich etwa über mich lustig?, dachte sie etwas wütend. „Mein verdammtes Haus wurde zusammengetreten, und ich brauche einen Unterschlupf! Da kann ich dein blödes Gegrinse wenig gebrauchen." Die Ameise blickte kurz erschrocken, bis sie wieder ein wenig lächelte. „Okay, entspann dich. Ich bin auch gerade in einer blöden Situation." Die Ameise blickte sich kurz um, als dürfte niemand anderes mithören, wie sie gleich ein Top-Secret-Geheimnis ausplaudern würde. Vermutlich aber eher, weil es ihr einfach nur peinlich war.

„Ich habe meine Familie und Freunde verloren und bin nun ganz alleine unterwegs."

„Vielleicht haben sie dich auch nur mit Absicht verloren, weil du so nervig bist.", flüsterte die Schnecke. Ob die Ameise diesen Kommentar mitbekam, ließ sie sich nicht anmerken, denn nun strahlte sie und wurde lauter.

„Aber hey, das trifft sich doch ganz gut! Ich kann ein wenig Gesellschaft brauchen. Ich begleite dich einfach und helfe dir einen Unterschlupf zu finden." Mehr Hilfe ist nie schlecht. „Okay!" Nun lächelte auch die Schnecke. „Aber wir müssen uns beeilen. Das Gewitter, das sich hier anbahnt, ist nicht mehr weit entfernt.

Nun zogen sie los und versuchten, so wenig Zeit wie möglich zu verlieren. Nach kurzer Zeit fanden sie in der Wiese, in der sie herumkrochen und krabbelten, einen großen Hügel. Die Ameise schrie auf.

„Hey, vielleicht ist das ja ein Ameisenhügel!" Sie stürmte hinein, doch sogleich wurde sie wieder herausgeschmissen. Ein großer Maulwurf breitete sich vor ihnen aus. „Was machst 'n du in meiner Höhle, du Drecksvieh!?"

„Sagt der, der gerade aus einer dreckigen Höhle herausgekrochen kommt.", murmelte die Schnecke unverständlich. „Wie bitte?" Nun funkelte der Maulwurf die Schnecke wütend an. „Ach, war ich zu leise, oder hast du zu viel Schmutz in den Ohren?" Die Ameise, die vom Maulwurf herausgeworfen wurde, setzte sich neben der Schnecke wieder auf, und hob eines seiner vielen Beine, vor den Mund der Schnecke, bevor der Maulwurf wütend werden konnte, und antwortete: „Ich wiederhole gerne, was die Schnecke gesagt hat.", sie räusperte sich, „Sie hat gefragt, ob sie vielleicht noch einen Platz in der Höhle für sie frei hätten?" Der Maulwurf blickte die Schnecke herabwürdigend an.

„Warum soll ich dich bei mir leben lassen? Ich profitiere davon nicht." „Das Haus der Schnecke wurde zertreten und sie ist nun auf der Suche nach einem neuen Zuhause. Sie braucht deswegen unbedingt eine Unterkunft. Sie würden zwar dafür nichts von uns bekommen, aber das würde von Moral zeugen

und Ihnen sicherlich ein paar Karmapunkte für die Zukunft einbringen.", sagte die Ameise verlegen. Sie blickte kurz zum Himmel. Nachdem der Maulwurf immernoch eine lange Zeit überlegte, setzte die Ameise fort. „Wäre schön, wenn Sie ihr für eine Nacht, und durch das Gewitter, ein Zuhause geben könnten." „Nein, danke. Ich lasse nicht noch mehr nervtötende Gestalten zu mir herein." „Ach so. Wer ist denn sonst noch Nervtötendes bei ihnen?" Wieder überlegte der Maulwurf kurz. „Ach vergesst es!" Er grub sich wieder zurück in die Erde. „Pff, Spinner!" raunte die Schnecke. „Beruhige dich. Ich weiß, dass du genervt bist wegen deinem zerstörten Zuhause. Aber wenn du jeden anschimpfst, führt das auch zu nichts.", beschwichtigte die Ameise. „Ach ja? Wer hat sich noch gleich einfach so ohne zu Fragen in die Höhle geschlichen? Ist doch klar, dass dann unsere Chancen schlecht stehen!" Die Ameise ließ ihren Kopf hängen. „Ich dachte da wäre meine Familie und meine Freunde." Im Gesicht der Schnecke zeichnete sich kurz eine Spur von Mitleid ab, bevor sie weiterzogen.

Es dauerte nicht lange, da fanden sie plötzlich riesige Bäume vor sich, die weit gen Himmelstor ragten. „Hey, guck mal da!" Schrie die Ameise auf. Die schlechte Laune schien weggeblasen zu sein.

„Nicht so laut, sonst lockst du noch irgendwelche Feinde an. Was ist?", fragte die Schnecke. „Das hier ist doch Eulengewölle." Als die Schnecke die Ameise fragend ansah, seufzte sie laut. „Das sind Magenreste. Die spucken die Eulen wieder aus." „Danke. So genau wollte ich das gar nicht wissen." „Sollten wir aber!", freute sich die Ameise. „Das bedeutet nämlich, dass hier eine Eule leben müsste. Die könnte dich vielleicht bei sich auf dem Baum leben lassen. „Da ist bestimmt irgendwo ihr Nest."

Die Schnecke riss ihre Augen auf. „Bist du verrückt?! Eulen fressen Schnecken!" „Oh.", antwortete die Ameise. Und schon konnten sie eine Eule sehen, die aus einem Loch gekrochen kam. „Schnell, weg hier!", schrie die Ameise hysterisch. „Schnell ist bei einer Schnecke gut gesagt.", atmete sie. „Hier, da ist eine Höhle!"

Im Augenwinkel konnte die Schnecke sehen, wie sich die Eule zu nähern begann.

Durch die Baumkronen fielen auch schon die ersten Regentropfen.

„Na toll, auch das noch!", schrie sie. Die Schnecke hatte die Ameise verloren. „Toll! Genau, die kann fliehen, obwohl die nicht mal auf der Speisekarte von Eulen steht!" Die Eule kam immer näher und das kleine Herz der Schnecke pumpte immer schneller. Die Eule war nun angekommen und berührte die Schnecke. Die Schnecke schloss ihre Augen, und gab schon auf, als sie von etwas weggezerrt wurde.

Sie erwartete nun, dass sich gleich der riesige Eulenschnabel in sie bohren würde, doch es geschah nichts dergleichen. Als sie ihre Augen öffnete, erkannte sie ein Eichhörnchen und eine Ameise vor sich. Außerdem schien sie sich in der Höhle zu befinden, die die Ameise erwähnte. „Schau mal. Ich habe dich retten lassen!", schrie die Ameise aufgeregt. Sie atmete erleichtert aus. „Danke!" „Nichts zu danken, Schnecke ohne Haus." „Hey!", schrie diese beleidigt, und die Ameise schüttelte hektisch den Kopf zur Schnecke. Um die Stimmung aufzulockern, begann die Ameise, „Genau deswegen ist die Schnecke auch auf der Suche nach einem Unterschlupf. Draußen fängt es nämlich schon zu Gewittern an." Die Ameise zeigte kurz mit einem ihrer kleinen Beinchen nach draußen, wo man hören konnte, wie der Regen auf den Boden trommelte.

„Könnten Sie die Schnecke vielleicht eine Nacht bei sich behalten?", bat die Ameise. Das Eichhörnchen schien kurz zu überlegen. „Nein..." „Was?!", schrien die beiden Kleinen. „Ich würde dich natürlich nicht draußen lassen wollen. Ich bin auch froh, dass ich hier sicher in meiner kleinen, warmen Höhle leben darf." Sie atmeten erleichtert auf. Das Eichhörnchen lachte. Ihr könnt beide so lange bleiben, wie ihr wollt." Ameise, Eichhörnchen und Schnecke wurden gute Freunde und das zerstörte Haus der Schnecke war kein Problem mehr. Aus einer kurzen Weile Aufenthalt, wurde dann für immer - bis an ihr Lebensende.

 

Lektorat von tab_wp

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Diese Story wird neben Survival auch in den Genres Action, Trauriges, Nachdenkliches und Freundschaft gelistet.