Sie drehte den Schlüssel und machte die Haustür auf. Als sie drin war, ließ sie die Tür ins Schloss fallen und warf ihren Schlüssel auf die Kommode im Flur. Die Geräusche vom Zufallen der Tür und das Nachklingen der Schlüssel waren plötzlich so laut. Obwohl es ruhig im Haus war, kam ihr jedes Geräusch zu laut vor. Lag das an der Stille, die heute im Haus herrschte? Wenn sie sonst nach Hause kam, lief in der Küche das Radio - viel zu laut; und im Wohnzimmer schallte es vom Fernsehprogramm heraus. Heute war alles verstummt... und nur die Geräusche, die sonst in der Lautstärke untertauchten, waren nun zu hören. Das Brummen vom Kühlschrank im Gleichklang mit dem Wasserhahn, der im Takt dazu tropfte. Das Blubbern vom Filter im Aquarium ergänzte diese merkwürdige Melodie. Sonst war immer alles hell beleuchtet, wenn sie die Wohnung betrat. Heute ging sie in jedes Zimmer, das in Dunkelheit gehüllt war, und schaltete das Licht ein. Jedes mal ein lautes Klacken vom Schalter. Suchend schaute sie in jeden Raum. Doch sie war allein. Ganz allein. Zurück in der Küche, ließ sie sich auf einem Stuhl sinken. Sie vergrub ihr Gesicht in ihren Händen und brach in Tränen aus. Er fehlte ihr. Alles war so leer und einsam - sogar in ihr. Warum musste das passieren? Warum er? Immer wieder er... Sie hatte Angst um ihn. Hoffentlich würde alles gut gehen. Oh, hoffentlich... Dann dachte sie an damals, als sie ihn kennen lernte, und er ihr heimlich kleine Zettelchen am Auto an den Scheibenwischern hinterließ. Diese süßen kleinen Gedichte und Liebesschwüre von ihm zauberten damals schon ein Lächeln auf ihre Lippen. 'Meine Güte! Das ist schon so lange her' dachte sie. Dann erhob sie sich vom Stuhl und ging ins Schlafzimmer. Sie wusste, wo sie suchen musste. Da waren sie! Alle schön aufbewahrt in einem prall gefüllten Briefumschlag: All seine Zettelchen mit seinen Gedichten und süßen Worten. Sie hatte alle aufbewahrt - die ganzen 23 Jahre... Inzwischen war der Alltag in ihre Beziehung eingezogen. Vieles wurde so selbstverständlich, was ihr damals noch so besonders erschien. Ja, das war ein richtiger Beziehungskiller, dieser sogenannte Alltag. Zusammen haben sie schon so vieles durchgestanden, und nichts und niemand konnte sie auseinander bringen. Nur dieser eine große Feind einer jeden Beziehung namens Alltag war echt gefährlich, weil er sich still und gemächlich anschlich... Ein lautes 'Klick' war zu hören. Ach ja, das Licht vom Aquarium hatte sich abgeschaltet. Sie blickte zur Uhr an der Wand und erschrak fast ein wenig. Schon Mitternacht! Dann legte sie die kleinen Schätze sorgsam wieder in den Briefumschlag und tat ihn zurück in die Schatulle. Als sie kurze Zeit später in ihrem Nachthemdchen auf dem großen Bett saß, blickte sie auf seine Seite, die leer und kalt war. Sonst hatte sie ihn fast jede Nacht angestupst, weil er so laut schnarchte. Aber in dieser Nacht würde es ihr fehlen... Sie legte sich ins Bett, schaltete das Licht aus und legte ihre Hand dorthin, wo er sonst lag. Es duftete nach seinem Rasierwasser. "Schlaf gut mein Schatz. Bald wirst du wieder bei mir sein. Ich liebe Dich" flüsterte sie in die stille Dunkelheit und schloss ihre verweinten Augen..
Autorennotiz
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