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Statistik
Kapitel: | 3 | |
Sätze: | 56 | |
Wörter: | 732 | |
Zeichen: | 4.176 |
In meinem Kopf tauchen sie langsam und verschwommen auf - wie aus einem Nebel des Schweigens. Worte, die dort schweben und sich nicht ordnen wollen.
Ich möchte nach ihnen greifen und sie zu Papier bringen, aber sie sind noch zu weit weg und werfen Schatten, die mich verwirren... Da - eben hatte ich ihn noch. Und schon ist er wieder verschwunden. Ein Gedanke, der sich nicht einfangen lassen will, taucht wieder in den Nebel und ist fort. Ich hatte nach der Feder gegriffen, um ihn festzuhalten. Doch er verschwand gerade in diesem Augenblick.
Das Blatt bleibt leer. Also lege ich die Feder zurück und lasse meine Hände ruhen, obwohl immer neue Worte aus dem Nichts auftauchen.
Fast ist es so, als wenn sie ein Spiel mit mir treiben wollen, dessen Spielregeln ich nicht kenne. Soll ich mich nun darüber ärgern? Nein. Ich bin nicht enttäuscht oder wütend, denn ich weiß, dass ich sie nicht einfangen muss. Irgendwann werden sie wiederkommen und sich von selbst in meinem Kopf niederlassen. Ja, und dann werden meine Gedanken sich auf dem Blatt wiederfinden, das ich vor mir liegen habe...
Es ist spät. Endlich komme ich zur Ruhe. Ich sitze wieder am Schreibtisch vor dem weißen Blatt Papier, das immer noch leer ist. Fast scheint es so, als würde darauf ein schemenhaftes durchsichtiges Lächeln auftauchen... und ich lächel zurück. Dann merke ich, wie meine Finger sanft über dieses Papier streichen, als würden sie dort die Worte suchen, die ich in meinen Gedanken nicht finden - nicht einfangen kann. Immer wieder; bis ich erkenne, dass ich aus einem anderen Grund dieses Blatt berühre: Verliebt. Ja, ich bin verliebt in Worte, Buchstaben und was aus ihnen entstehen kann. Endlich fällt es mir wieder ein, warum ich schreiben möchte...
Plötzlich meine ich aus den Augenwinkeln zu sehen, wie sich die Feder, die ich gestern noch weggelegt hatte, zu bewegen scheint. Mein Blick wandert zu ihr. Nein. Sie liegt still da. Vielleicht ein Gedankenstreich der Worte in mir, die ich immer noch nicht zusammen zu setzen vermag. Ich kann sie fühlen, fast sogar sehen; sogar Bilder tauchen dazu auf. Doch dann verschlingt der Nebel sie wieder - wie gestern.
Ich lehne mich zurück in meinen Bürostuhl und schließe meine Augen. Endlich! Da ist er! Der eine Gedanke, der sich endlich zusammen setzt und den ich wie einen Magneten zu mir ziehen kann. Ich öffne meine Augen und nehme die Feder in meine Hand, die ich bedächtig anschaue - in der Hoffnung, dass sie meine Gedanken formulieren kann... Schwungvoll lässt sie sich in meiner Hand führen und gibt dem Blatt endlich die Worte, die ich solange gesucht hatte:
"Das Herz findet, was die Gedanken suchen..."
Gestern konnte ich endlich einen Gedanken einfangen, um ihn auf Papier zu bringen. Und nun denke ich darüber nach, ob es sogar möglich ist, einem Gedanken eine Geschichte zu geben... oder ein kleines Gedicht.
Doch irgendwas in mir gibt mir ein Gefühl von Unsicherheit. Ist es Angst, nur einen leblosen Text zu schreiben, der niemand erreicht? Oder vielleicht hab ich auch Zweifel an dem, was ich da schreibe? Hab ich es für immer verloren, was mich zum Schreiben bewegt?
Vielleicht probier ich einfach mal... Ein paar Zeilen zu dem, was ich heute morgen erlebt habe, als ich die Jalousie im Wohnzimmer hochzog und dort einen unerwarteten Überraschungsgast vorfand.
Am Fenster erblickte ich ihn,
in leuchtenden Farben und bunt.
Ein Lächeln zauberte er hin,
ins Herz und auf meinen Mund.
Dankbar für das kleine Glück,
kam ich mit einem Glas zurück;
ihn sachte damit einzufangen.
Denn ich wusste sein Verlangen
nach der Sonne und der Freiheit.
Vorsichtig mit seinem Staubkleid
und behutsam musste ich nun sein,
und fing ihn sachte ins Glas hinein.
"Um ihn draußen abzusetzen,
will ich ihn ja nicht verletzen..
...diesen schönen Schmetterling."
dachte ich, als ich ihn einfing.
Aufgeregt und freudig flog er nun fort;
trug das Lächeln zu einem anderen Ort.
Die Erkenntnis, die ich gewonnen habe, ist ganz simpel:
Wer nicht schreiben kann, weil er oder sie etwas verarbeiten muss (oder einfach ein wenig Pause braucht), kann immer noch schreiben und muss keine Angst haben, dass es verloren ging, was im Nebel verschwand... es kommt zurück. Irgendwann...
ENDE.
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forestsapphicc • Am 13.11.2020 um 11:23 Uhr | |||
Da weiss ich gar nicht was schreiben...Solche Momente, Tage, Wochen kennt glaub ich jeder der schreibt zu genüge, aber sie werden trotzdem nie einfacher zum Überstehen. Und dieser letzte Satz gibt zumindest mir, die gerade Hals über Kopf in einer Schreibblockade steckt, Hoffnung. Eine wunderschöne Geschichte, die wunderschön geschrieben ist. |
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BerndMoosecker • Am 18.10.2020 um 20:34 Uhr | |||
Hallo Silly, eine schön geschriebene Geschichte über die Nöte des Schreibens. Ja, manchmal blockieren Gedanken und Erinnerungen das Schreiben. Ja, manchmal regen Gedanken und Erinnerungen das Schreiben an. Das ist nicht vorhersehbar, aber nun hast Du zu diesem Thema eine schöne geschriebene überzeugenden Geschichte verfasst. Das darin eingebettete Gedicht hat mein Herz berührt. Liebe Grüße Bernd |
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Kapitel: | 3 | |
Sätze: | 56 | |
Wörter: | 732 | |
Zeichen: | 4.176 |