Die Kunst stand einst im Zentrum der menschlichen Existenz. Selbst die zu jeder Zeit hochgeschätzten Wissenschaften, allen voran die Mathematik, waren ihr untergeordnet. Der kreative Erschaffer eines Kunstwerks, sprich der Künstler selbst, wurde als allen übrigen Menschen erhabenes Wesen betrachtet und dementsprechend beinahe als eine Art Gottheit verehrt. Denkmäler berühmter Künstler sind groß, stark idealisiert und befinden sich stets auf einem Podest. Von Beethoven existiert gar eine Skulptur, in welcher er von Engeln getragen wird, was dessen Göttlichkeit zum Ausdruck bringt. Der Begriff der Kunst kann sehr weit ausgelegt werden, folglich ist eine allgemeingültige Definition schwierig ausfindig zu machen. Letztendlich stellt sie für jeden Menschen etwas anderes dar. Es handelt sich dabei um gezielte menschliche Tätigkeit, die auf Wissen, Übung, Intuition und Vorstellung gegründet und dabei nicht eindeutig durch Funktionen festgelegt ist. Aus diesem Grund ist Kunst Selbstzweck, also etwas, das bereits seinen vollen Wert in sich selbst hat und gar keines äußeren Handlungszweckes bedarf. Eine grobe Einteilung der Künste lässt sich folgendermaßen vornehmen:
1. Bildende Kunst mit den klassischen Gattungen der Malerei, Bildhauerei, Grafik und Architektur
2. Musik, also Kompositionen und Instrumentalmusik
3. Literatur, mit den Hauptgattungen Epik, Lyrik und Dramatik
4. Darstellende Kunst, also Film, Theater, Performances und Tanz
In der heutigen digitalisierten und hochtechnisierten Welt scheint die Kunst jedoch einiges an Ansehen eingebüßt zu haben. Dieser Eindruck täuscht allerdings. Nur ihr Gesicht hat sich verändert. Die Kunst ist anpassungsfähiger, vielfältiger und zugänglicher geworden. Da ihre mannigfaltigen Erscheinungsformen Einzug in unser alltägliches Dasein gefunden haben, ist es angebracht, sich genauer mit der eigentlichen Bedeutung der Kunst auseinanderzusetzen. Gedankliche Anregungen diesbezüglich haben große Dichter und Denker im Laufe der Jahrhunderte zuhauf geliefert. Beispielhaft zu nennen ist der bedeutenste Schöpfer deutschsprachiger Lyrik, Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832) dessen berühmtes Zitat ("Man weicht der Welt nicht sicherer aus als durch die Kunst, und man verknüpft sich nicht sicherer mit ihr als durch die Kunst") diesem Essay zugrunde liegt. Im Verlauf dieser schriftlichen Ausarbeitung werden wir diese geistreiche Äußerung auf ihre Richtigkeit prüfen und uns zudem mit den Fragen der Entstehung und Nutzen der Kunst beschäftigen.
Die grundsätzliche Frage, auf die das gesamte Thema aufbaut, lautet: Spiegelt Kunst die Wirklichkeit wider, beziehungsweise ist sie gar ein wesentlicher Bestandteil derselben? Meine subjektive These diesbezüglich bejaht diese Frage. Um meine Position zu erläutern und argumentativ zu stärken, bedarf es eines Blickes auf die Arbeits-und Entstehungsprozesse, welche logischerweise jedem Kunstwerk, in welcher Form es auch immer gestaltet sein mag, zugrunde liegen.
Zwar ist die Fähigkeit, Kunst zu erschaffen, jedem menschlichen Wesen von Natur aus bereits innewohnend, ausgelöst wird jedoch das Bedürfnis, ja mehr noch, das regelrechte Verlangen danach, sich auszudrücken, erst durch unsere Umwelteinflüsse. Folglich entsteht Kunst a posteriori. Was hätte Goethe dazu bewegt, seinen "Werther" zu verfassen, hätte er selber zu jener Zeit nicht an schier unerträglichem Liebeskummer gelitten und den Schmerz, den selbiger mit sich bringt, am eigenen Leib erfahren? Wie hätte van Gogh seine eindrucksvollen Landschaftsmalereien anfertigen können, hätte er selber nicht die Natur und die Menschen genaustens beobachtet und analysiert? Wie hätte die 9. Sinfonie jemals entstehen können, wenn der idealistische Beethoven nicht mit seiner Musik gesellschaftlichen Missständen entgegenzuwirken gedachte?
Kunst entsteht immer nur dann, wenn Erlebtes verarbeitet wird, wenn das menschliche Bedürfnis nach schöpferischer Tätigkeit durch äußere Einflüsse, seien sie für einen selbst gut oder schlecht, entfacht wird. Sie ist also eine Reaktion auf die Realität und dient dazu, selbige zu verarbeiten. Für den Künstler ist seine Arbeit stets eine Form der Selbstoffenbarung und eine Auseinandersetzung mit der menschlichen Natur und der eigenen Gefühlswelt, wie sie intensiver nicht sein könnte. Sie spiegelt die subjektive Wirklichkeit des Künstlers wider, seine Wünsche, Erfahrungen und Talente, jedoch auch die des Betrachters. Dieser setzt sich mit diesen Werken auseinander, um sich selbst dabei zu finden. In der Kunst sieht jeder das, was er sehen will, oder wozu er zu sehen gezwungen wird, bedingt durch die determinierenden Einflüsse, die selbstverständlich auch auf ihn wirken. Jemand, dem selbst eine unerfüllte Liebe zu schaffen macht, wird bei der Lektüre des Werthers andere Erfahrungen machen als jemand, der sich das Werk beispielsweise nur zu Gemüte führt, da es im Lehrprogramm seiner Schule vorgesehen ist.
Ein weiteres Beispiel zur Erklärung des Verhältnisses von Kunst und Wirklichkeit ist die Kunstform der Schauspielerei. Eine weit verbreitete Technik die Schauspielerei zu erlernen ist die auf die Lehren Konstantin Stanislawskis zurückzuführende Methode des sogenannten "Method Acting". Hierbei ruft sich der Schauspieler eigene Erlebnisse und Erfahrungen in Erinnerung, um seine Rolle intensiver verkörpern und sich besser in die zu porträtierende Rolle hineinzuversetzen. Somit stellt er einen unmittelbaren Bezug zu sich selber und seinem wirklichen Leben her. Starke Emotionen werden schließlich automatisch glaubhafter gespielt, wenn sie nicht im klassischen Sinne "gespielt", sondern durch persönliche Hintergründe hervorgerufen werden. Aus diesem Grund lässt sich Hollywoods absolute Elite mit berühmten Vertretern wie Robert de Niro, Sir Michael Caine oder Christian Bale dieser Methode der Schauspielkunst zuordnen. Somit stellt dies ebenfalls unter Beweis, dass dem künstlerischen Schaffungsprozess reale Gegebenheiten zugrunde liegen (offenbar zumeist auch mit großem Erfolg). Von der Wirklichkeit geht folglich alles aus und zu ihr führt letztendlich auch alles wieder zurück. Ein reales Ereignis bewegt den Künstler dazu, seinem kreativen Schaffen nachzugehen und liefert darüber hinaus auch alle essentiellen Voraussetzungen, die es dafür bedarf (die Kunst zu komponieren muss beispielsweise zunächst erlernt werden, ganz gleich wie ausgeprägt die natürlichen Veranlagungen dazu bereits vorhanden sind). Die Ergebnisse der künstlerischen Arbeit werden im Anschluss der Welt sichtbar und somit findet eine Rückkehr in die Wirklichkeit statt. Das Buch wird veröffentlicht, der Künstler erlangt unter Umständen Reichtum und Ruhm, das Buch führt zu einem gesellschaftlichen Umdenken (ähnlich wie die Werke Immanuel Kants, die das Zeitalter der Aufklärung einläuteten) und der Künstler hat etwas geschaffen, das seine eigene Existenz überdauert, Teil von etwas Größerem und somit losgelöst vom Leben des Urhebers ist. Folglich liegt wahrlich ein symbiontischer Kreislauf zwischen Kunst und Wirklichkeit vor.
Die Aufgabe der Kunst ist es, ein Abbild der Realität darzustellen, was bei ausnahmslos jedem Werk auch der Fall ist, egal ob vom Künstler beabsichtigt oder nicht. Schließlich läuft das sich Widersetzen der äußeren Einflüsse, die auf jeden von uns naturgemäß und gleichermaßen wirken und unseren Charakter maßgeblich prägen, der menschlichen Natur zuwider. Da bekanntermaßen weder das Leben noch der Mensch fehlerlos ist, stellt jede Form von Kunst Gesellschaftskritik dar. Dabei spielt es keine Rolle, ob dies offensichtlich zu erkennen ist wie beispielsweise bei Heines bissigen Versen oder sich eher indirekt durch die Musik Mozarts äußert. Die Kunst ist also der Spiegel der Wirklichkeit und daher ebenso real wie natürlich. Von uns würde sich schließlich niemand vor einen Spiegel stellen und vehement abstreiten, dass es sich bei der Person, die einem dort entgegenblickt, um einen selbst handelt. Bereits Platon, der große Philosoph der griechischen Antike, betrachtete die Aufgabe der Kunst darin, die Wahrheit widerzuspiegeln. Um seine Überlegungen in der Hinsicht nachvollziehen zu können, bedarf es einer Auseinandersetzung mit des Denkers Theorie der Ideenlehre. Diese stellt den Glauben Platons an eine vorimmanente Existenz eines jeden Dinges in einem ideellen, all diese Dinge umfassenden Zustandes dar. Alles in unserer materiellen Welt existierende, ist daher vom ideellen Sein abgeleitet. Somit liegt beispielsweise einem irdischen Baum die vollkommene Idee eines Baumes, die bereits in der Ideenwelt vorhanden ist, zugrunde. Die allen Menschen innewohnende Seele entstammt, gemäß Platon, diesem Reich der Ideen, wurde daher bereits allen auf der Erde existierenden Dingen zuvor in der Welt der Vollkommenheit ansichtig. Erkenntnis ist also nur das Erinnern der Seele an bereits gesehene Ideen. Die Fähigkeit zur Erkenntnis zu gelangen, ist folglich jedem Menschen gleichermaßen innewohnend und nicht empirisch bedingt, weshalb Erkenntnis bei Platon a priori vonstatten geht. Nichts kann dem Menschen verschlossen bleiben, sobald er die Fähigkeit erlangt hat, sich zu erinnern. Auf die Kunst bezogen, ergibt die Ideenlehre folgende Schlüsse. Die Kunst ist die Beschreibung einer Erscheinung des Seienden, das aus der Wahrheit (also der Idee) entspringt. Für Platon ist Kunst also Nachahmung (Mimesis) der Wirklichkeit, was meiner Bezeichnung "Abbild" in dem Sinne gleichzusetzen ist. Bewertet wird die Kunst bei Platon danach, wie sehr es ihr gelingt, das Wahre wiederzugeben. Wie ich bereits dargelegt habe, bedarf es dafür einer intensiven Auseinandersetzung mit unserer Wirklichkeit, damit das entstehende Kunstwerk auch unserer empirischen Wahrnehmung des Wahren, wie wir es sinnlich zu erkennen in der Lage sind, entspricht.
Des Weiteren dient die Kunst der Verbesserung der Welt und soll das Leben der Menschen bereichern oder zumindest erträglicher gestalten. So sagte bereits Nietzsche (1844-1900), dass Kunst die einzige Möglichkeit darstelle, die Grausamkeit des Lebens zu ertragen und zu überwinden, weshalb Kunst wertvoller als die Wahrheit sei. Nietzsche verbindet mit einem radikalen Anspruch die Kunst dem menschlichen Dasein: Was Kunst bedeutet, worin sie gerechtfertigt ist, wodurch sie sich qualifiziert, das beantwortet das Leben - genauer: das Leben in seiner ursprünglichen und also naturnahen Vitalität. Dabei bedient sich der Philosoph zweier nach griechischen Göttern (Apollon und Dionysos) benannten Begriffen, "apollinisch" und "dionysisch". Hierbei handelt es sich um ein bipolares Begriffspaar, welches die zwei gegensätzlichen Eigenschaften des Menschen und der Natur beschreibt und sich dabei auf die Charakterzüge der erwähnten Götter beruft. Ersteres steht für Form und Ordnung, beziehungsweise auf den Menschen übertragen für Vernunft, Letzteres bedeutet Chaos, Rauschhaftigkeit und Leiden und steht somit für die menschlichen Triebe. Diesen Aspekt der Gegensätzlichkeit untersuchte Nietzsche in der Natur, was ihn zu folgender Erkenntnis bewegte. In der Natur liegt ein Konflikt vor, die Erfahrung eines bereits entzweiten Daseins. Die Schöpfung war einst rein und stellte absolute Vollkommenheit dar, das menschliche Leben hat sich jedoch im Laufe der Zeit von selbiger entfremdet. Aus dieser Abspaltung resultiert die, wie Nietzsche sie nennt, "Urqual", also das Leiden an sich. Folglich geht er, ganz anders als beispielsweise Rousseau, von einem negativen Naturzustand aus, der einzig Not und Elend mit sich bringt. Um dieser Misere zu entgehen und die Sehnsucht nach dem "Urgrund" zu befriedigen, wird der Mensch, laut Nietzsche, zum Künstler. Mithilfe der Kunst erschafft er eine zweite Wirklichkeit, die Wirklichkeit des Ästhetischen, in welcher die Gegensätze (apollinisch und dionysisch) sowohl nochmals ausdrücklich werden, doch gleichzeitig aufgehoben sind. Jede Kunstform unterliegt daher einem zutiefst philosophischen Zweck, obwohl sie auch über einen Selbstzweck und damit einhergehenden inneren Wert verfügt. In gewisserweise sind Chuck Norris Filme also ebenso philosophisch wie Schopenhauers Hauptwerk "Die Welt als Wille und Vorstellung" oder die Lyrik Edgar Allan Poes. Die Künst hält den Menschen einen Spiegel vor das Gesicht und regt somit zu einer moralischen Reflexion über sich selbst oder allgemeine gesellschaftliche Missstände sowie der Hinterfragung von Normen und ähnlichen ethischen Werten an. Tugendideale und eine idealistische Weltanschauung werden dabei vermittelt wie beispielsweise in Schillers "Kabale und Liebe" oder "Die Räuber". Die Kunstform, in der dieses Bestreben am deutlichsten heraussticht, ist das Theater, an welchem sich darüber hinaus die eigentliche Bedeutung des vorliegenden Goethe Zitats erklären lässt. Der große Dramatiker Lessing (1729-1781) schrieb in seinen literaturtheoretischen Abhandlungen über die Bedeutung und Funktion des Theaters, dass derartige Werke Furcht beim Zuschauer auslösen müssen, indem sie ihn vor bestimmten Handlungen abschrecken, bei denen das fatale Ergebnis auf der Bühne präsentiert wird. Der Zuschauer soll sehen, was passiert, wenn er selbst sich so verhält wie einige der Figuren in dem Theaterstück. Das Theater regt dementsprechend zum Nachdenken an und verleitet zu moralisch hochwertigerem Verhalten. Der Zuschauer verlässt das Theater, zumindest im Idealfall als besserer Mensch. Diese lehrhafte Funktion der Kunst spiegelt sich sehr gut in Lessings "Emilia Galotti" wider, in welchem der Konflikt zwischen Adel und Bürgertum zum Tod eines begehrten und unschuldigen Mädchens führt und sowohl unglückliche Familienmitglieder als auch einen unglücklichen Liebenden zurücklässt.
Das Theater und dessen einmalige Stellung dient als optimales Beispiel zur Bestätigung Goethes These (gut möglich, dass er dabei auch an selbiges dachte). Der Zuschauer betritt das Theater. Er ist nicht beschäftigt mit Arbeit, er denkt nicht an den Streit mit seiner Freundin, er denkt nicht an seine finanzielle Notlage, er denkt nicht an das, was der nächste Tag bringen könnte. Kurz gesagt vergisst der Zuschauer sein alltägliches Leben sowie all seine Sorgen, Ängste, Probleme und dergleichen für die kommenden Stunden und lässt sich vollständig auf das bevorstehende Erlebnis, den Theaterbesuch, ein. In diesem Sinne weicht er der Welt um sich herum aus und begibt sich in eine Fantasiewelt, die das Abbild des Wirklichen darstellt. Die Kunst bietet daher auch Ablenkung vom meist mit Problemen und inneren sowie äußeren Konflikten überladenen täglichen Leben, sowie Unterhaltung, wobei dieser Aspekt stark von Werk zu Werk variiert (ein Bruce Willis Film dient in erster Linie selbiger, wohingegen sich dies von Goethes "Faust" mitnichten behaupten lässt). Aus diesem Grund wird ihr (unberechtigterweise) oft vorgeworfen, für Realitätsflucht beziehungsweise Realitätsverlust verantwortlich zu sein. Angeblich handle es sich bei dem Nachgehen künstlerischer Aktivitäten sowie des Genusses derselben um Eskapismus, also einer Realitätsflucht zugunsten einer vermeintlich besseren Scheinwirklichkeit. Dass dieser abwertende Begriff in keinster Weise auf die Kunst zutrifft, ging aus der vorherigen Argumentation deutlich hervor. Meines Erachtens nach trifft diese Bezeichnung erst zu, wenn das negative Nomen "Flucht" durch "Erweiterung" ersetzt wird, denn genau dies stellt die Kunst in ihrem Kern dar. Ihre Welt ist eine parallel existierende die, genau wie Goethes Aussage impliziert, mit unserem wirklichen Leben auf untrennbare Weise verknüpft ist und unsere Realität somit ergänzt und unseren Horizont erweitert. Wenn Shakespeares Dramen mich zu einem besseren Menschen machen, sind diese Auswirkungen in der Wirklichkeit zu beobachten, beispielsweise durch meine Änderung im Verhalten meinen Mitmenschen gegenüber und meiner allgemeinen sozialen Interaktion.
Zudem ist die Kunst dazu in der Lage, Trost zu spenden, einem neue Hoffnung einzuatmen oder auf eine andere Weise motivierend zu wirken. Durch die Kraft, die einem dadurch neu einverleibt wird, ist man gewillt, Probleme, die einen im "echten" Leben belasten, anzugehen, anders zu bewerten und ihnen die Stirn zu bieten, zumal einige Kunstwerke diesbezüglich gar eine konkrete Anleitung im Sinne von bewährten Handlungsvorschriften liefern. Gut zu beobachten ist dies beispielsweise in Rowlings weltberühmter "Harry Potter" Reihe, in der die überaus wichtige Botschaft vermittelt wird, dass mit Liebe, Freundschaft, Zusammenhalt und Solidarität allen bösen Mächten getrotzt und sämtliche Probleme gelöst werden können. Die Kunst geleitet uns also in eine andere Welt, aus der sie uns jedoch im Anschluss belehrt, in moralischer Hinsicht gereift und in jedweden Bereichen gestärkt in unsere Wirklichkeit zurückbringt. Wie dies beim Subjekt vonstatten geht, ist individuell. Für manch einen verfügen seine Alltagsprobleme in der Welt der Kunst über keinerlei Relevanz, ein anderer wird eben in jener mit jenen konfrontiert und erkennt sich selbst und seine eigenen Probleme beispielsweise im Verhalten der Charaktere eines Kinofilms wieder. Das Ergebnis ist jedoch dasselbe. Die Kunst lehrt uns, wie mit schwierigen Situationen umzugehen ist, sie bietet uns darüber hinaus Zuflucht und ein geborgenes Zuhause, in dem wir jederzeit willkommen sind und wirkt absolut lebensbereichernd. Sie ist ein Teil unseres Lebens und folglich auch unserer Wirklichkeit, der Zugang, der es uns ermöglicht, bis in die tiefsten Abgründe des menschlichen Daseins zu blicken und die schönsten Entfaltungen des Seins zu erkunden, die uns ansonsten verwehrt blieben.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass dem Dichterfürsten uneingeschränkt zuzustimmen ist. In vielerlei Hinsicht ist die Kunst von unschätzbarem Wert und ihre Bedeutung für den Menschen nicht hoch genug einzuschätzen. Die Verbindung zweier Welten zu beidseitigem Nutzen geht nirgends harmonischer vonstatten als bei der Kunst und unserem Leben. Beides ist ein Teil voneinander, ja, gar ein Teil des Seins an sich, von etwas derart bedeutendem, dass Worte es nicht auszudrücken vermögen. Die Kunst und die Wirklichkeit bedürfen einander. Während erstgenannte nur durch Letztere entstehen kann, da sie nur empirisch zustande kommt, profitiert Letztere in unbeschreiblicher Weise von dem Resultat. Kunst ist folglich mehr als bloße Unterhaltung, Genuss oder angebliche Realitätsflucht. Goethe hat erkannt, dass sie ein Abbild unseres Lebens und unserer Selbst darstellt und sowohl Ablenkung von der Realität als auch eine umso stärkere Wiederverbindung mit derselben bietet. Der Künstler steht somit fest im Leben, die Kunst verbessert unsere Welt. Sie ist eine unvergleichbare und damit einmalige Ausdrucksform des Menschen. Jeder Mensch existiert in einer subjektiven Wirklichkeit, die sich zum einen durch äußere Einflüsse wie das Umfeld, die politischen Verhältnisse und die Mitmenschen und zum anderen durch unsere ganz individuellen Träume, Wünsche, Hoffnungen, Ideale, Ängste, Ansichten, Sorgen und dergleichen zusammensetzt. Die Summe all dieser Faktoren ergibt die Welt, in der das Individuum sich befindet, seine ganz individuelle und daher subjektive Erfahrung, das Leben wahrzunehmen. Diese Welt spiegelt sich in der Kunst wider, die er produziert oder genießt. Die Kunst ist somit die höchste Philosophie, da sie in jeder Form und zu jeder Zeit absolut authentisch ist. Hegel (1770-1831) vertritt die gleiche Meinung, indem er behauptet, der Mensch müsse, um ein Kunstwerk zu schaffen, ein denkendes Wesen sein. Er müsse darüber hinaus in der Lage sein, über sich und alles andere zu reflektieren und dann diese Reflexionen im Kunstwerk festhalten. Darin liege auch das Bedürfnis, das der Mensch durch die Schaffung eines Kunstwerkes befriedigt. All diese Eigenschaften des kritischen und reflektierenden Denkens sind dem besten aller Philosophen zu eigen, woraus sich schließen lässt, dass die Kunst die höchste Disziplin der Philosophie darstellt und der Künstler zugleich der größte aller Philosophen ist. Die Kunst liefert stets tiefe Einblicke in das Seelenleben eines Individuums und ist direkter und ungefilteter Ausdruck dieser Empfindungen. Da menschliche Empfindungen zwangsläufig in ihrem innersten Kern echt sind, ist unauthentische Kunst unmöglich. In Wahrheit ist Kunst die höchste Form des irdischen Glückes und der Pfad zur Weisheit, eben die perfekte Verschmelzung zweier Welten, in der sich der Mensch nach Belieben bewegen und verknüpfen kann. Der Mensch ist von Natur aus ein Künstler und die Kunst ist seine größte Errungenschaft, da sie im Gegensatz zu den sich widersprechenden und schnell überholten Wissenschaften von allgemeiner und ewiger Gültigkeit ist!
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