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Sätze: | 83 | |
Wörter: | 1.205 | |
Zeichen: | 6.815 |
Sobald sie die Halle betreten hatte, ertönte eine Stimme. "Wähle dein Schicksal!" Ihre grünen Augen wanderten im Raum umher, auf der Suche nach der Quelle der Stimme. Sie fand sie nicht.
Allerdings entdeckte sie einen Tisch, auf dem viele Karten lagen. Sie trat hin und erkannte, dass auf ihnen Wörter geschrieben standen. Sie entdeckte 'Rebell' und 'Weiser' und 'Bücherwurm'. Was sollten die Karten hier? Was sollte sie hier? Sie beschloss einfach zu fragen, die Stimme hatte ja schon einmal mit ihr gesprochen.
"Warum bin ich hier? Und wer bin ich überhaupt?" Gespannt wartete sie, ob sie eine Antwort bekam. Und tatsächlich, die Stimme antwortete: "Du bist hier um dein zukünftiges Schicksal zu wählen. Ich würde sagen, wer du bist, kannst nur du allein beantworten, aber ich denke, es sagt schon viel über dich aus, welche Wahl du triffst."
Sie wandte sich wieder dem Tisch zu und betrachtete die Karten. Sie nahm die Karte mit der Aufschrift 'Rebell' in die Hand, sie wurde geradezu magisch von ihr angezogen, und überlegte ob sie das sein wollte. Eine Rebellin. Sie konnte nicht leugnen das die Vorstellung nicht einen gewissen Reiz auf sie ausübte, es hatte was, es faszinierte sie. Sie würde sich gegen das bestehende System auflehnen, es ablehnen und versuchen ein neues, besseres zu entwickeln. Sie hätte keine Garantie, dass sie das schaffen würde, aber kam es nicht auf den Versuch an? Als sie in sich ging und sich noch einmal fragte ob sie das sein wollte, wusste sie wie die Antwort lautete.
Sie legte die Karte wieder auf den Tisch zurück und nahm sich eine andere Karte. 'Bücherwurm'. Wenn sie dieses Schicksal wählte, dürfte sie viele Bücher lesen, eine Vorstellung, bei der sie lächeln musste. Sie wusste, dass sie Bücher liebte und hätte diese Karte beinahe gewählt, doch dann legte sie auch diese wieder auf den Tisch zurück.
Die nächste Karte die sie in die Hand bekam trug die Aufschrift 'Sklave'. Es fiel ihr leicht die Karte wieder auf den Tisch zurück zulegen. Sie wollte kein Sklave sein, wollte niemandem dienen. Sie dachte, eigentlich wollte bestimmt niemand ein Sklave sein.
'Weiser'. Diese Karte betrachtete sie danach. Wollte sie weise sein? Ja, wollte sie. Wer wollte das nicht? Andererseits schienen Weise immer alles zu wissen und vorher sehen zu können. Wollte sie das? Sie würde nie mehr überrascht werden, alles würde so geschehen wie sie es vorhergesehen hatte. Es kam ihr langweilig vor, es gäbe nie mehr Überraschungen für sie, eigentlich kam es ihr gar nicht mehr so toll vor. Und so legte sie auch diese Karte beiseite.
Nun hatte sie schon viele Karten angeschaut und wusste immer noch nicht welches Schicksal sie wählen sollte. "Welches Schicksal wird am meisten gewählt?", fragte sie in den Raum hinein. "Erstmal muss ich dir sagen, nicht alle Menschen sind für jedes Schicksal geeignet. Du bist für viele geeignet, deshalb fällt dir die Auswahl so schwer. Aber die meisten wählen, 'Rebell', 'Weiser', 'Held' und all so was. Als nächstes auf der Beliebtheitsstufe kommen all die Schicksale die in einem Buch oder Film eine untergeordnete bis gar keine Rolle spielen. Und danach erst die Bösen. Weißt du heutzutage will niemand mehr böse sein, weil die Bösen immer sterben." Dann verstummte die Stimme wieder und ihre Worte verhallten im Nichts.
Sie überlegte weiter, welches Schicksal sie nun wählen sollte. Aber egal wie lange sie überlegte, aufgrund des Fehlens einer Uhr wusste sie eh nicht wie viel Zeit vergangen war, keine Rolle sagte ihr wirklich zu und eine spukte ihr im Hinterkopf herum.
Sie nahm die betreffende Karte in die Hand und musterte sie noch einmal eingehend. Makelloses weißes Papier, nur durchbrochen von schwarzer Schrift. 'die böse Königin'. Eine der Karten die laut der Stimme nur sehr selten jemand wählte. Sie wollten alle lieber Helden oder Rebellen sein, doch auf sie übte die Karte einen unwiderstehlichen Reiz aus. Diese Karte war die ursächliche Karte, das ursächliche Schicksal. Ohne böse Königin auch keine Helden und keine Rebellen.
Ihre Hand schloß sich fest um die Karte und sie sagte mit klarer Stimme: "Ich wähle diese Karte, dieses Schicksal." Die Stimme lachte gackernd bevor sie ihr antwortete: "Nun denn, du hast gewählt, dies soll dein Schicksal sein." Ein großer Wirbel erfasste sie und sie wurde in eine andere Welt gezogen, um ihre Bestimmung zu erfüllen.
°°°
Lange Jahre herrschte sie mit grausamer Hand über ihr Königreich, unterdrückte ihre Bürger und ließ all jene die sich wehrten hinrichten. Ein jeder fürchtete sie, sogar die, die eigentlich zu ihr gehörte, die sie unterstützten.
Doch eines Tages wuchs ein junger Held heran, eine Gruppe von Rebellen bildete sich. Sie erließ den Befehl sie alle hinzurichten und setzte ihre komplette Armee gegen die Widerständler ein. Sie glaubte sich im Vorteil und übersah die Gefahr. Vielleicht aber übersah sie die Gefahr nicht einfach, sondern ignorierte sie aus purer Arroganz und dem Glauben heraus diese paar Kinder könnten ihr eh nichts anhaben.
Und der Held und seine Gefährten wuchsen an all den Gefahren, die sie ihnen in den Weg stellte, und ihr Herz wurde immer stärker. Wenn zuerst noch keine Bedrohung von ihnen ausgegangen war, dann tat sie das jetzt.
Dann kam der Tag an dem sie in ihr Schloss eindrangen, sie überwältigten und sie vor eine Wahl stellten. Sie sollte ihre Fehler bekennen oder sterben.
Doch sie fragte sich, welche Fehler sie gemacht hatte. Sie wusste es nicht, also wählte sie den Tod. Noch im sterben verhöhnte sie den Held und seine Gefährten. Bis ihre Erinnerungen wieder kehrten. Jetzt freute sie sich, dass der Held so stark geworden war. Sie starb lächelnd, weil sie wusste, dass das Land einen guten Herrscher haben würde und sie war stolz auf sich, denn sie hatte den Helden zu dem gemacht was er war.
Sie hatte ihre Rolle perfekt gespielt, die Rolle des Bösen. Nie hatte sie gezweifelt, oder gar aufzugeben versucht, denn sie hatte wohl tief im Inneren immer gewusst, dass alles gut werden würde. Sie hatte dafür gesorgt, dass es den Helden gab, dass es seine Gefährten gab, dass es Rebellen gab. Sie hatte dafür gesorgt, dass diese Geschichte erzählt wurde. Es war ihr Verdienst, denn das was sie schon ganz am Anfang herausgefunden hatte stimmte.
Eine Geschichte funktioniert nur mit einem Bösewicht, er ist die Ursache aller durch gelesenen Nächte, denn ohne ihn wäre eine Geschichte nicht mal halb so spannend.
Und wieder erschien der Strudel und saugte sie ein und sie ließ sich einsaugen, denn sie hatte nichts mehr zu erledigen, sie konnte alles zurücklassen, denn sie wusste, das es in guten Händen war.
°°°
Sie landete wieder in der Halle, doch diesmal war der Tisch leer, offenbar wurden heute keine Schicksale verteilt.
"Und?", fragte die Stimme, "Hat es dir gefallen? Das Schicksal das du gewählt hast?" Und sie antwortete ihr: "Ja"
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Elenyafinwe M • Am 23.02.2017 um 19:44 Uhr
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Hallo, mir gefällt die Grundidee des Textes sehr gut, dass alles zwei Seiten hat, die sich gegenseitig bedingen. Leider ist es nur schade, dass es dann an der Umsetzung harpert. Du hast schon diesen schönen Ansatz "Ohne Licht kein Schatten", aber du arbeitest den nicht weiter aus. Eher kratzt du nur an der Oberfläche, führst ein wenig allgemein aus ohne sonderlich in die Tiefe zu gehen. Auch der Stil deines Textes ist jetzt nicht unbedingt schlecht, aber doch noch ausbaufähig. Also: gute Grundidee, Umsetzung hat auf jeden Fall Luft nach oben! lg Auctrix Mehr anzeigen |
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