Vom Schwimmen und Hüpfen

Kurzbeschreibung:
Nur ein kleiner Text, von dem ich nicht einmal mehr weiß,
wann ich ihn geschrieben habe. Wirklich nichts großes,
aber es muss schließlich nicht jedes Mal die große
Story sein.

Das Original der Geschichte findet Ihr hier: erzaehlungen.moosecker-hassels.de/text/text_02_pdf.php?v=oeffentliche_adobe&d=vom_schwimmen_und_huepfen.pdf

Autorennotiz:
Nur ein kleiner Text, von dem ich nicht einmal mehr weiß,
wann ich ihn geschrieben habe. Wirklich nichts großes,
aber es muss schließlich nicht jedes Mal die große
Story sein.

Das Original der Geschichte findet Ihr hier: erzaehlungen.moosecker-hassels.de/text/text_02_pdf.php?v=oeffentliche_adobe&d=vom_schwimmen_und_huepfen.pdf

Am 19.7.2019 um 19:47 von BerndMoosecker auf StoryHub veröffentlicht

Dem Gefühl nach ist seither fast ein Menschenalter vergangen, damals nahm ich an einer Ausbildung zum Rettungsschwimmer teil. Wann das genau war, habe ich vergessen, unsere Tochter pubertierte damals. Vielleicht 1984? Auf jeden Fall, konnte unsere Tochter damals bereits sehr gut schwimmen, so gut, dass ich mir ab und zu die eine oder andere Technik bei ihr abgeschaut hatte. Da ich mir das Schwimmen als junger Erwachsener selbst beigebracht hatte, war mein Schwimmstil einigermaßen eigenwillig und ineffizient. Der Stil verbesserte sich erst im Laufe Zeit und vor allem während der Ausbildung zum Rettungsschwimmer. Meine Liebe war damals die einzige Person in der Familie, die nicht schwimmen konnte. Das nagte in ihrem Inneren und eines Tages nahm sie ihr Herz in die Hand und meldete sich zu einem Schwimmkurs an. Der Kurs fand immer zeitgleich zu meiner Ausbildung statt und ich sah mit Freude, dass sie bereits nach wenigen Wochen kurze Strecken schwimmen konnte. Von da an sind wir mindestens einmal in der Woche gemeinsam schwimmen gegangen und es dauerte nur wenige weitere Wochen, da schaffte sie es, mehrere Fünfzigmeterbahnen hintereinander zu schwimmen. Sobald sommerlich warmes Wetter herrschte, wechselten wir dann zum Schwimmen an das Strandbad am Unterbacher See. Meiner Liebe war das Schwimmen im See nicht ganz geheuer, aber je öfter wir dort hingingen, umso sicherer fühlte sie sich und in meiner Begleitung schwamm sie bis weit hinaus in den See. Nach einiger Zeit traute sie sich allein zu im See schwimmen und ich konnte wieder meine gewohnten Bahnen entlang der Balken schwimmen, die das Strandbad vom übrigen See trennen.

Die Monate gingen ins Land, meine Liebe schwamm immer sicherer und irgendwann begannen die Sommerferien. Es zog uns an den Atlantik. Da wir von unserer Unterkunft aus leicht zu Fuß zum Strand gehen konnten, verselbständigte sich unsere Tochter weitgehend und verschwand bereits kurz nach dem Frühstück in Richtung Strand – immer mit einem Rucksack auf dem Rücken, in dem ihr Lesestoff befördert wurde. Wir nutzen die tochterfreie Zeit für weite Fahrradtouren bis in die Weinfelder der Halbinsel Médoc oder zu den Deichen der Gironde. Wenn wir von den Touren zurück waren, machten wir uns auf zum Strand, um unser Kind einzusammeln. Ich nutzte diese Zeit am Strand jeweils zum ausgiebigen Schwimmen in der Brandung, wobei unsere Tochter mich meistens begleitete. Zurück am Strand blieb die Frau, die traurig am Strand stand, sich aber nicht in die tosende Brandung traute.

Einmal nach einer Fahrradtour kamen wir zum Strand und an der Rettungsstation war die grüne Fahne gehisst. Wir sahen es sofort, an diesem Tag hatte sich die tosende Brandung in eine leicht Dünung verwandelt, was an diesem Teil der Küste bedeutet, die Wellen waren wohl nur einen halben Meter hoch. Ich war enttäuscht, denn damals gab es für mich nichts Größeres als Brandungsschwimmen. Unsere Tochter ergriff aber die Gelegenheit und überredete ihre Mutter, bei dem leichten Seegang mit uns ins Wasser zu kommen. Ich höre es noch wie heute, sie sagte, „Mama, das ist ganz einfach. Papa nimmt dich bei der Hand und wenn eine Welle kommt, dann hüpfst du.“

Wir taten also so, wie es die Tochter vorgeschlagen hatte. Zu dritt gingen wir ins Wasser. Ich hatte meine Liebe fest an der Hand und ging mit ihr vorsichtig immer tiefer in den Atlantik. Sie hüpfte einmal, sie hüpfte zweimal, dann geschah es. Ein hoher Brecher brach sich über uns. Meine Liebe verlor, obwohl ich sie fest bei der Hand hielt, den Boden unter den Füßen und verschwand. Das Meer beruhigte sich wieder, unsere Tochter geriet in Panik. „Papa, Papa, wo ist die Mama!“ Rief sie. Während ich meiner Liebe versuchte auf die Beine zu helfen, antwortete ich, „ich weiß es nicht, aber ich habe sie fest an der Hand.“ Pustend kam meine Liebe wieder auf die Beine und sagte, „eigentlich wollte ich im Atlantik schwimmen, dass ich dabei hüpfen muss, verstehe ich nicht.“ So lustig wie wir drei den Vorfall fanden, sie ist nie mehr tiefer, als bis zu den Knöcheln in den Atlantik gegangen. In späteren Jahren haben wir dann unsere Aufenthalte am Atlantik weiter nach Süden in das Departement Landes verlegt. Dort gibt es eine Anzahl größerer und kleinerer Süßwasserseen, die es meiner Liebe ermöglichten auch während des Urlaubs zu schwimmen. Über das Zusammenspiel zwischen schwimmen und hüpfen wird auch jetzt, nach vielen Jahrzehnten, immer noch gerne philosophiert.