Nach sinnlosem Streit

Kurzbeschreibung:
Nun, heute ich habe noch einmal diese Kurzgeschichte gelesen. Vor eineinhalb Jahren habe ich habe ich sie veröffentlicht - eine Erinnerung an eine lange vergangene Zeit. Ein Rückblick der einerseits schmerzt, anderseits aber auch zeigt, selbst solche Katastrophen kann eine Partnerschaft überstehen. Sie besteht immer noch :-)

Das Original der Geschichte findet Ihr hier: erzaehlungen.moosecker-hassels.de/text/text_02_pdf.php?v=oeffentliche_adobe&d=nach_sinnlosem_streit.pdf

Autorennotiz:
Nun, heute ich habe noch einmal diese Kurzgeschichte gelesen. Vor eineinhalb Jahren habe ich habe ich sie veröffentlicht - eine Erinnerung an eine lange vergangene Zeit. Ein Rückblick der einerseits schmerzt, anderseits aber auch zeigt, selbst solche Katastrophen kann eine Partnerschaft überstehen. Sie besteht immer noch :-)

Das Original der Geschichte findet Ihr hier: erzaehlungen.moosecker-hassels.de/text/text_02_pdf.php?v=oeffentliche_adobe&d=nach_sinnlosem_streit.pdf

Am 13.4.2019 um 20:22 von BerndMoosecker auf StoryHub veröffentlicht

Die Nacht war nasskalt, am späteren Abend hatte es kurz und heftig geschneit, jetzt regnete es leicht auf den nassen Schnee. Den Mann, der durch den etwa fünf Zentimeter tiefen Schnee stapfte, störte das nicht. Er bemerkte nicht einmal die Nässe, die durch die, für den Schnee ungeeigneten Schuhe drang und Schuhe samt Socken durchnässte. Er ging gemächlich, er hatte keine Eile, er hatte kein Ziel und war tief in seine Gedanken versunken. Läppisch, ein Streit um etwas Unwesentliches, der aus dem Ruder gelaufen war, ein Streit um nichts hatte ihn hinaus in die Nacht getrieben, kam ihm irgendwann in den Sinn.

Immer weiter ging er durch stille Straßen, da es schon spät in der Nacht war, fanden sich kaum Fußspuren im Schnee. Schließlich endete die städtische Bebauung und er ging weiter auf einem Fußweg zwischen einem Bachlauf und einer großen Kleingartenanlage. Die Geräusche der Autos auf der nahen Autobahn wurden langsam leiser, umso lauter wurde das Rauschen später Eisenbahnzüge auf der Bahnstrecke, der er sich jetzt näherte. Einen Moment spielte er mit dem Gedanken, jetzt und hier seinem Leben ein Ende zu setzen. Ein kurzer Moment auf den Schienen, allein mit dem heran donnernden Zug und dann war alles vorüber. Nein, das ging nicht! Einen anderen Menschen, für eine Selbsttötung zu missbrauchen, empfand er als zutiefst unmoralisch und eigentlich wollte er auch gar nicht sterben. So stapfte er weiter durch den Schnee und achtete auf all das, was er in der recht hellen Nacht sehen konnte. Die scheinbare Helligkeit führte er auf das Weiß des Schnees zurück, es regnete jetzt nicht mehr. Außer den, sich vom Schnee abhebenden Hecken und Gartenlauben, gab es nur die vereinzelten Spuren wilder Kaninchen, sonst nichts. So blieb er mit seinen Gedanken allein in einem sonderbar leblosen Stadtrandgebiet.

Der Streit war das, was ihm immer wieder durch den Kopf schoss. Wie konnte es nur so weit kommen? Aus einem harmlosen Disput hatte sich ein Streit entwickelt, in dem es ihnen nicht mehr möglich gewesen war, ihre Gefühle zu steuern. Wie fremdgesteuerte Roboter, so hatten sie kampfbereit voreinander gestanden und sich Gemeinheiten entgegengeschleudert. Beide hatten Dinge gesagt, deren einziger Sinn es war, das Gegenüber zu verletzten und zu erniedrigen. Die Frau, für die er so tiefe Zuneigung und Liebe empfand, hatte irgendwann fluchtartig die Wohnung verlassen, ihn hatte das nicht weiter gekümmert. So hatte er sich vor das Fernsehen gesetzt und in aller Ruhe die Zeit abgewartet. Er war zu diesem Zeitpunkt ganz zufrieden, allein zu sein. Im Moment fühlte er sich nicht in der Lage die gleiche Luft wie sie zu atmen und so war es gut, dass sie gegangen war. Aber im Lauf von nur einer Stunde hatte er sich dann Sorgen um sie gemacht. Er hatte damit gerechnet, sie käme nach einiger Zeit zurück, sie kam aber nicht. So hatte er sich Schuhe angezogen, eine Jacke übergeworfen und sich auf die Suche gemacht. Irgendwann war er zufällig auf sie getroffen. Sie hatten kein Wort miteinander gesprochen und waren gemeinsam in Richtung ihres zu Hauses gegangen. Er hatte nach ihrer Hand gegriffen, die sie ihm bald darauf wieder entzogen hatte. Er hatte das Gefühl, er könne sich nicht mit ihr unter einem Dach aufhalten. So war er an der Haustür vorbeigegangen und hatte sie wortlos zurückgelassen.

Es fielen jetzt wieder einige Schneeflocken, in der Dunkelheit versuchte er die Uhrzeit auf der Armbanduhr zu entziffern, aber es war zu dunkel. Inzwischen spürte er seine ausgekühlten Füße in den durchnässten Schuhen. Seine Grübeleien hatten ihm keine neuen Erkenntnisse gebracht. Er wäre gern in den nahen Schlosspark gegangen, um dort auf einer der Bänke sitzend, Ordnung in seine Gedanken zu bringen. Aber zusätzlich zu seinen nassen Füßen noch ein nasses Hinterteil, das war dann doch zu viel. Er schlug noch einen Haken durch die Kleingartenanlage, dabei erinnerte er sich an die Zeit, als er in seiner Kinderzeit mit seinen Freunden in dieser Landschaft gespielt hatte. Im Winkel zwischen Eisenbahnlinie und Autobahn hatte damals ein halbverfallener, aber noch bewohnter Bauernhof gestanden. Auf dem Gelände der heutigen Kleingartenanlage hatte sich ein mehrere Hektar großer Rübenacker ausgebreitet, dessen schlammiges Brachland sie nach der Ernte als Abenteuerspielplatz genutzt hatten. Kinder, die auf einem schlammigen Acker spielten, in der heutigen Zeit war das nur noch schwer vorstellbar. Damals war vieles anders, im Bachlauf hatten sie Stichlinge gefangen. Durchnässte Schuhe und Hosen waren dabei etwas Alltägliches. Mit heutigen Kindheiten hatte das nicht viel gemeinsam, aber der Versuch, die Zeit zurückzudrehen, war ein sinnloses Unterfangen. Auch er hatte nicht die Möglichkeit, die Zeit auf den frühen Abend zurückzudrehen, aber ihm war klar, weiter durch die Nacht zu geistern ergab keinen Sinn. So lenkte er seine Schritte in Richtung seiner Wohnung.

Er schloss vorsichtig auf und horchte durch die Wohnungseingangstür in die dunkle Wohnung. Keinerlei Geräusch war zu vernehmen, so ging er in die Diele und prüfte im dämmrigen Licht, das aus dem Treppenhaus durch die noch offene Eingangstür drang, ob die Tür zum Wohnzimmer geschlossen war. Erst, als er feststelle, dass die Tür geschlossen war, machte er Licht in der Diele und schloss die Eingangstür. Er zog Schuhe und Jacke aus, öffnete die Tür zum Wohnzimmer und setzte sich auf die Couch. Nach ein paar Minuten erhob er sich und horchte in das Schlafzimmer, fast fiel ihm ein Stein vom Herzen, seine Liebe atmete mit leichtem Röcheln. Im Dämmer sah er sie regungslos unter ihrer Bettdecke liegen. So ging er zurück ins Wohnzimmer und entkleidete sich. In der Küche trank er einen Schluck Wasser direkt aus dem Wasserhahn, anschließend erleichterte er sich auf der Gästetoilette, löschte das Licht in der Diele und tastete sich durch die dunkle Wohnung ins Schlafzimmer, wo er unter seine Bettdecke kroch.

Er fand nicht sofort in den Schlaf. Still lag er auf seiner Matratze und hörte auf den Atem der Frau im Bett neben ihm. Seine Wut auf sie hatte sich gelegt, er fand es angenehm, neben ihr zu liegen und die gleiche Luft wie sie zu atmen. Schließlich schlief er ein, in der Nacht quälten ihn wilde Träume. Einige Male erwachte er über einen dieser Träume. Dann lag er still auf seinem Kissen und hörte auf die ruhigen Atemstöße der Schlafenden. Er erwachte spät am Morgen, beunruhigt wollte er aus dem Bett springen, dann fiel ihm ein, es war Sonntag. Deshalb ließ sich wieder auf sein Kissen zurückfallen und schlief noch einmal kurz ein. Er erwachte endgültig und vernahm die gewohnte Frage, ob er wach sei. Einen Moment war er versucht, sich schlafend zu stellen. Dann suchte er mit der Hand nach dem Arm seiner Liebe und kraulte diesen leicht. Schließlich stand er auf und setzte die Kaffeemaschine in Gang. Solange die Maschine blubberte, kroch er wieder unter die Bettdecke und drückte seinen Kopf in die Armbeuge seiner Liebe.