Rückkehr nach Maras

Kurzbeschreibung:

Am 25.5.2017 um 22:20 von EagleWriter auf StoryHub veröffentlicht

Es hatte eine Zeit gegeben da hatten sie geglaubt diesen Ort das letzte Mal gesehen zu haben. Ein dünnes Lächeln huschte über Zyles Züge, während er an die Reling trat und sich ein Stück vorbeugte. Noch war es nur ein Schatten am Horizont, die ersten Berggipfel seiner Heimat…. Heimat. Ein seltsames Wort für ihn. Er hatte als Paladin in Helike gedient und dachte immer die ferne Wüstenstadt wäre der Ort der dem am nächsten kam. Dann hatte ihn das Schicksal nach Canton verschlagen in die Dienste eines Kaisers… und eines Freundes. Gedankenverloren dachte er an Kellvian zurück. Am Ende, dachte er traurig, war er geworden was er werden sollte. Der vielleicht Größte einer langen Dynastie… und der letzte. Ob Janis das Imperium stabilisieren und die Wunden heilen konnte die der Krieg geschlagen hatte würde nur die Zeit zeigen.

,, Vielleicht sehen wir uns eines Tages wieder alter Freund.“ , murmelte er. Wenn es die goldenen Hallen gab an die sein Volk glaubte… Und wenn es für ihn noch so etwas wie einen Tot gab. Und dann werde ich dir erzählen wie wir unsere Heimat wieder aufgebaut haben. Zyles Blick richtete sich wieder auf die größer werdende Insel, die sich vor ihnen aus den blauen Wellen erhob.

,,Vater.“ Narias Lachen riss ihn aus seinen Gedanken. Es hatte eine Zeit gegeben da hatte er geglaubt sie nie wieder Lachen zu hören. Das Gesicht, das vor ihm erschien, als sie sich ebenfalls über die Reling lehnte, wirkte noch immer zu schmal und trug sichtlich die Spuren der Folter des roten Heiligen. Er wusste nur zu gut was dieser Dämon der sich für einen Menschen ausgegeben hatte tun konnte. Wie oft war er unter den Händen dieses Monsters gestorben und doch ins Leben zurück gerufen worden. Aber das war jetzt vorbei, dachte er. Und irgendwann würden sie es vielleicht auch hinter sich lassen können. Die Kirche der Ordnung hatte jetzt einen neuen Gott. Und auch wenn er Träumer nicht verzeihen konnte, nicht seines, sondern Narias wegen… Sie würden leben.

,, Ich sehe es auch.“ , meinte er, als die junge Magierin auf die Insel deutete. Besorgt stellte er fest, wie das Lächeln auf ihrem Gesicht erlosch. Gab sie sich immer noch die Schuld an dem was passiert war? Maras war das zweite Opfer des langen Kriegs gegen den dreizehnten Unsterblichen geworden… zum Teil weil Naria sich vor dem Rat dagegen ausgesprochen hatte die Insel Kampflos aufzugeben. Aber wenn sie es nicht getan hätte, hätte es ihre Mutter getan. Und wenn nicht Relina dann er. Und dann jeder einzelne Einwohner der Inseln. Ohne ein Wort zog er seine Tochter an sich. Es war nicht ihre Schuld. Sie alle hatten an jenem Tag etwas verloren. Ihre Heimat, Freunde, Verwandte… Wys war bei dem Versuch gefallen ihnen etwas mehr Zeit zu verschaffen zu fliehen. Noch immer trug er die verzierte Rüstung die eigentlich seinem Bruder zustehen sollte. Das Kriegsornat eines Archonten… Und noch immer befand sich ein halbes Dutzend Paladine an Bord des Schiffs, das ihn und die überlebenden Magier von Maras nach Hause brachte. Als Leibgarde hieß es wenn er sie fragte aber Zyle wusste, insgeheim hofften sie, er würde sie nach Helike begleiten. Er war ihr letzter Archont auch wenn er das nie hatte werden wollen. Vielleicht eines Tages… Das schuldete er Wys. Doch für den Moment würde er Panzer und Waffen wegschleißen sobald er die Gelegenheit dazu bekam.

Ein weiteres paar Arme legte sich um sie. Relina legte den Kopf auf seine Schulter und zu dritt sahen sie zu, wie die grünen Wälder unterhalb der Berggipfel von Maras in Sicht kamen. Darunter erstreckten sich weite, grüne Wiesen und Felder und dazwischen, die schwarzen verwitterten Ruinen ehemaliger Gebäude. Sie wirkten entstellend inmitten von so viel Grün wie schwärende Wunden. Das Heer des roten Heiligen hatte nichts stehen lassen als es über die Insel gefegt war. Am Hafen, oder dem was davon übrig war, sah es am schlimmsten aus. Er lag in einer kleinen natürlichen Bucht mit einer vorgelagerten, hakenförmigen Landzunge. Die Masten gesunkener Schiffe ragten aus der Tiefe empor, die meisten davon Galeeren Helikes. Hier und vor den hohen Steilklippen auf der Westseite der Insel hatten die Kämpfe am heftigsten getobt. Schwarze Balken und verkohlte Stämme waren alles, was von den Stegen geblieben war und so musste das Schiff außerhalb des Hafenbeckens vor Anker gehen. Mit den Wracks war es zu gefährlich weiter als bis hierhin zu Segeln und so, machte sich die Mannschaft stumm daran, die Ruderboote zu Wasser zu lassen.

Erst jetzt wurde Zyle klar, das wirklich nichts geblieben war. Während die Boote zwischen dem Wald aus Masten dahin glitten staunte er stumm darüber, was der blinde Zorn eines Mannes bewirken konnte. Zwanzig Jahre Arbeit, zwanzig Jahre die sie versucht hatten hier etwas aufzubauen… und es war nichts geblieben als Asche. Kopfschüttelnd schwang er sich ans Ufer, sobald sie nahe genug waren und watete den Strand hinauf. Abgebrochene Pfeile spickten den Sand, zerbrochene Klingen und verrostete Panzer und die Knochen der Toten… Asche und Staub.

Eine Hand legte sich auf seine Schulter und er drehte sich um. Relina. Sie waren beide älter geworden, dachte er. Ihr Haar war ergraut nicht mehr braun wie einst und die Entbehrungen und die Zeit hatten deutliche Zeichen hinterlassen. Doch noch immer stand sie irgendwie ungebeugt und war da nicht sogar die Spur eines Lächelns auf ihrem Gesicht?

„ Es sind nur Gebäude, Zyle. Nur Holz und Stein und Mörtel.“ , erklärte sie, während hinter ihenen mehr Boote den Strand erreichten. Paladine, Magier, einfache Menschen. Einer nach dem anderen stolperten sie den Strand hinauf, sahen sich zwischen den Ruinen des Hafens um. „Nicht was man nicht ersetzen könnte. Wir haben es schon einmal getan. Und wir sind noch hier.“ Die Hand auf seiner Schulter drückte kurz zu. „Komm, ich will mir trotzdem ansehen ob noch etwas zu retten ist.“

Während Naria am Strand zurück blieb um die Landung zu beaufsichtigen, machten sie sich auf den Weg die Straße hinauf, die vom Hafen und an den verkohlten Überresten einiger Farmgebäude vorbei zu dem Ort führte, an dem einst die großen Hallen der Magier standen. Vor einem Jahr noch hatte das Lachen von Kindern durch die Gassen und über die Felder gehallt, hätten Lehrlinge und Wächter und einfache Bürger ihren Weg gekreuzt. Jetzt war es beinahe unheimlich still und Relinas Hand stahl sich in seine, während sie den Gipfel des Hügels erreichten.

Es war nichts übrig. Die Bibliotheken waren Asche, die große steinernen Haupthallen nur noch ein Geröllhaufen. Scherben von Buntglas glitzerten im Gras und auf den rußbeschmierten Steinen, welche die Ruine umgaben. Hier oben frischte der Wind auf, und brachte den Geruch der Bäume mit sich, die weiter im Inselinneren wuchsen. Keiner seiner Schüler, die er einst dort trainiert hatte, war hier um diesen Moment noch zu teilen. Ihre Knochen waren im Sand von Maras zurück geblieben… mit denen von zu vielen anderen. Zyle sah zurück zum Fuß des Hügels, wo die Überlebenden Einwohner sich langsam verteilten und begannen die zerstörten Häuser zu durchsuchen. Von hier oben waren sie nur als dunkle Punkte auszumachen. Noch mehr hatten dank ihnen überlebt. Die Sonne brachte das Meer um die Insel zum Leuchten, machte die dunklen Wunden der Ruinen erträglicher und das Grün der Wiesen fast schmerzhaft hell. Nicht alles war verloren. Sie standen wieder am Anfang ja… Er lächelte. Aber sie würden es schaffen. Irgendwie. Und wenn es noch einmal zwanzig Jahre dauerte. Für die Toten. Und die, die Überlebt hatten. Ein kratzendes Geräusch riss ihn erneut aus seinen Gedanken und als Zyle sich umdrehte, entdeckte er Relina, die vorsichtig über die Schuttberge der Halle kletterte.

„ Was tust du da?“, fragte er irritiert, während die Magierin sich wortlos auf ein Knie sinken ließ und begann Schutt und Asche bei Seite zu schaufeln. Neugierig trat Zyle näher, als er ein vertrautes, leises Klirren hörte. Hell wie eine Glocke aber ungleich feiner, der Laut eines Windspiels, wie es die Gejarn der Herzlande in ihre Geisterbäume hängen mochten. Eine durchdringende Melodie aber nicht unangenehm. Relina erhob sich immer noch schweigend wieder und hielt hoch, was sie unter den Trümmern der zerstörten Halle gefunden hatte. Es war ein Kristall, kaum so groß wie seine Faust. Das Licht brach sich daran wie in einem Prisma und warf bunte Schatten in alle Richtungen. Einst hatte die Decke der großen Halle voll damit gehangen, ein jeder dieser Steine angefertigt von einem Magier, der von seinen Mentoren entlassen worden war. Ein letztes Manifest an seine Heimat sollte er entscheiden, die Inseln zu verlassen und gefertigt von der gleichen Macht, die ihn sein Leben lang begleiten würde. Die meisten waren zerbrochen als ihre Besitzer in den Kämpfen um die Insel fielen oder als die Halle zusammen stürzte. Nicht dieser hier. Dieser hier war unbeschädigt. Uns sein Bsitzer irgendwo dort unten, in dem Strom aus Leuten, die immer noch nach und nach am Strand ankamen. Weitere Boote und Schiffe, die erst noch am Horizont auftauchten, brachten Vorräte und Ausrüstung und noch mehr Menschen.

Maras würde Leben… Genau wie sie.