******************** Love von suedehead ******************** ++++++++++++++++++++ Kurzbeschreibung ++++++++++++++++++++ Celias Freund hat die gemeinsame Katze getötet, aber in der Beziehung liegt noch mehr im Argen. Protokoll einer Erstaufnahme Name: Celia XXX Geburtsdatum: 19.05.19XX Wohnort: Gutleutstraße 47 in XXX Bitte schildern Sie uns, warum Sie hier sind:   Ich glaube, Fred hat unsere Katze umgebracht. Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll, also fange ich am besten mit dem an, was ich am schlimmsten finde. Ja, ich glaube, Fred – mein Freund – hat unsere Katze umgebracht. Er hat sie vergiftet. Ich glaube mit Reinigungsmitteln. Unsere Katze war wie unser Ersatzkind. Ich hätte es nie für möglich gehalten, dass Fred so etwas tun könnte. Er hat sich immer so sehr ein Kind gewünscht und jetzt frage ich mich, wie ich ihm nur jemals derart vertrauen konnte. Man stelle sich nur vor, statt der Katze wäre ein Kind im Haus gewesen… Das schlimme ist, ich weiß noch nicht einmal, warum er es getan hat, ich weiß nur dass er es war und dass er einen bösen Zug hat. Ich habe immer versucht, das zu ignorieren und ihm alles soweit recht zu machen, damit er keinen Grund hatte, mir böse zu sein. Aber dass da etwas in ihm lauerte, das wusste ich. Deshalb mache ich mir große Vorwürfe. Hätte ich ihn verlassen, wenn ich es hätte tun können, dann wäre unsere Katze noch am Leben. Ich habe versucht, den bösen Zug zu unterdrücken. Ich habe versucht, niemandem die Schuld zu geben, keine Schuld entstehen zu lassen. Ich habe versucht, alles perfekt zu machen. Irgendwo muss ich jedoch einen Fehler gemacht haben. Ich weiß nur noch wann und wie. Er redet ja nicht richtig mit mir. Er bestreitet, dass er die Katze getötet hat, er lügt. Ich weiß nicht, wann er sonst noch gelogen hat, aber ich glaube, ich weiß, wann es anfing. Als ich nicht schwanger wurde, bevor wir uns die Katze zulegten, sagte er, ich müsse mich untersuchen lassen, weil etwas mit mir nicht stimme. Ich fand das sehr fürsorglich, immerhin fühlte ich mich auch seit einer Weile nicht mehr so belastbar. Er sagte: „Wir müssen klären, woran es liegt und dann überlegen, was wir dagegen tun.“ Er wollte unbedingt ein Kind… wenn ich jetzt daran denke, dreht sich mir fast der Magen um. Und ich hielt ihn für einen guten Vater, einen guten Mann, einen besorgten und sorgenden Gefährten. Er hatte immer die Lösung im Blick, wenn es ein Problem gab und er sah die Probleme sehr viel klarer als ich. „Ich möchte ein Kind mit dir“, hat er gesagt und das schmeichelte mir natürlich und ein bisschen glaubte ich, dass ich es ihm schuldig war, immerhin blieb er bei mir und schenkte mir Aufmerksamkeit und Liebe, die ich wahrscheinlich nicht verdiente. Um es kurz zu machen: Ich ging schließlich zu einem Frauenarzt, um mich untersuchen zu lassen. Ich fragte ihn, wieso ich nicht schwanger würde und er sagte mir, noch bevor er mich bat, mich auszuziehen, es wäre ja kein Wunder, so wie ich aussähe. Nun, ich habe es nicht erwähnt, weil ich einerseits glaube, dass es offensichtlich ist, andererseits weil ich immer noch hoffe, dass, wenn ich es nicht ausspreche, es kein Problem darstellt. Aber das ist natürlich Blödsinn. Probleme gehen nicht weg, nur weil man nicht über sie spricht und Schweigen ist nie ein guter Weg um Probleme lösen zu wollen. Jedenfalls stellte sich heraus, dass das, was ich bereits ahnte, tatsächlich stimmte: Meine Fruchtbarkeit ist auf Grund meines Körpers stark beeinträchtigt gewesen. Ich war schlicht und einfach zu fett, um schwanger zu werden. Man hört das natürlich immer wieder, aber wahrhaben will man es dann doch nicht. Es ist nicht so leicht ein Kind zu bekommen, wenn man so stark von der Norm abweicht wie ich. So ein Satz – von einem Arzt ausgesprochen – holt einen wieder zurück in die Realität und natürlich ist das schmerzhaft. Ich saß in dieser Praxis und habe mir die Augen ausgeheult. Wie sollte ich Fred das erklären? Er konnte mit mir kein Kind haben und ich war daran schuld. Natürlich würde er mich verlassen, dachte ich. Er war ein feiner Kerl und ich dachte, ich hätte ihn nicht verdient und vor allem hatte er nicht das Drama verdient, das ich ihm bereitete. Was ist schon eine Frau, die nicht einmal in der Lage ist, ein Kind zu bekommen? Zu was ist so ein Wesen noch nütze? Ich schwor mir, dass ich etwas ändern musste, dass ich um meine Fruchtbarkeit kämpfen würde und erlegte mir einen anspruchsvollen Diät- und Sportplan auf. Fred sollte merken, dass ich bereit war, mich für unsere gemeinsamen Träume aufzuopfern und dass ich stark genug war, um meine eigenen Schwächen zu überwinden. Ab diesem Tag war es vorbei mit der Zügellosigkeit. Ich wollte nicht enden wie diese lustlosen, verhärmten Weiber, die sich im Nachmittagsprogramm auf speckigen Couches wälzten und ihr Leben damit verbrachten, in ihren heruntergekommenen Sozialwohnungen zu versauern. Ich dachte, wenn ich erst einmal schwanger war, würde sich alles zum Besseren wenden. Wir würden in eine größere, hellere Wohnung umziehen. Vielleicht aus diesem Stadtviertel weg. Vielleicht raus aus der Stadt und aufs Land. Vielleicht würde Fred mich sogar bitten ihn zu heiraten, wenn er bemerken würde, wie ich langsam aber sicher wieder attraktiver würde. Wer konnte es ihm verdenken, wenn er mich so, wie ich war, nicht ansehen mochte. Es war die reine Freundlichkeit, dass er überhaupt bei mir blieb. Zunächst aber entschieden wir uns dafür, uns eine Katze zuzulegen, um das mit dem Familienleben schon einmal zu üben. Wir brauchten etwas, das unsere positiven Zukunftsvisionen verkörperte. Und dann sagte Fred das, was er sich vermutlich zuvor nicht getraut hat. Ich glaube, er war froh, dass ich es selbst gemerkt habe und er nun ehrlich zu mir sein konnte. Wahrscheinlich wollte er mich anspornen. Er sagte: „Celia, ich finde dich aktuell nicht attraktiv. Ich fände es gut, wenn du etwas abnehmen würdest.“ Und das spornte mich tatsächlich an. Ich war froh, dass wir einander so sehr vertrauten, dass wir uns auch solch unangenehme Wahrheiten beichteten, bevor es zu spät war. Ich war außerdem froh zu wissen, woran ich war und dass ich recht damit hatte, unser Leben umkrempeln zu wollen. Alles würde besser werden, wenn ich mich nur am Riemen reißen würde. Ich meldete mich also in einem Fitnessstudio an und stellte mir selbst einen Plan auf, der jeden Tag eine Stunde Training enthielt. Wer an sich arbeiten will, der muss zunächst an seiner Disziplin arbeiten, sagte ich mir und steckte meine Ziele hoch. Die Trainer im Studio meinten, es sei für mich nicht gut, gleich voll einzusteigen. Sie wollten eher sanft anfangen, wohl damit ich nicht so schnell wieder die Lust verlor, man weiß ja, wie disziplinlos die meisten Übergewichtigen sind, wenn es um Sport geht. Aber ich ließ mich nicht beirren. Ich wollte ihnen, Fred und mir selbst beweisen, dass ich es schaffen konnte. Und wirklich hielt ich meinen Plan in den ersten paar Tagen so gut durch, dass ich danach meine Trainingseinheiten auf anderthalb Stunden pro Tag erhöhte. Auch das hielt ich zunächst gut durch, bis es zu einem Unfall kam, den ich mir bis heute nicht recht erklären kann. Ich muss gestürzt sein, aber ich weiß nichts mehr davon. Später sagte die Frau an der Saftbar zu mir, ich sei zusammengebrochen, weil ich mich überanstrengt hätte, dabei hatte ich zu keinem Zeitpunkt jemals das Gefühl mich zu überanstrengen. „In Ihrer körperlichen Verfassung“, sagte sie, „ist es nicht gut, so viel zu trainieren.“ Ich fand, dass sie sich recht nett dafür ausdrückte, dass ich ein widerlicher Fettkloß war und sie schlank und durchtrainiert. Weil ich mir eine ziemliche Platzwunde zugezogen hatte, landete ich jedoch zunächst im Krankenhaus, wo mir die Ärzte ebenfalls erklärten, dass ich es mit dem Sport übertrieben hätte und ich lieber meine Ernährung umstellen sollte. Fred kümmerte sich liebevoll um mich in dieser Zeit. Er sagte, ich solle mich ausruhen und die Sache nicht übertreiben. Da ich allerdings fürchtete, wieder zuzunehmen, während ich mich schonte, nahm ich mir den Rat der Ärzte besonders zu Herzen. Ich achtete sehr auf meine Mahlzeiten und Fred lobte mich für meinen eisernen Willen. Er besuchte mich nicht nur im Krankenhaus, er blieb auch später zu Hause immer an meiner Seite. Er sagte, er liebte es, wenn er mir helfen konnte und ich liebte es, wenn er mir solche Dinge sagte. Ich glaube, ich war noch nie so verliebt in ihn wie in dieser Zeit… und das, wenn man bedenkt, dass wir uns schon ewig kannten. Wir haben uns in der Schule kennen gelernt und da hatten wir absolut nichts füreinander übrig. Schon seltsam, welche Wege das Leben manchmal geht. Er war der Loser und ich eigentlich recht beliebt. Trotzdem sind wir zusammengekommen und jetzt ist er der starke Part und ich diejenige, die ihn bewundert. Manchmal fühle ich mich heute immer noch ein wenig schlecht, weil ich ihn früher häufig ausgelacht habe. Man sieht die Güte eines Menschen eben nicht auf den ersten Blick, dachte ich, bevor das mit der Katze passiert ist. Jetzt bin ich mir nicht mehr sicher, was ich denken soll. Vielleicht sieht man auch die Bosheit nicht auf den ersten Blick. Vielleicht sieht man überhaupt nichts jemals… Warum wir überhaupt zusammen gekommen sind? Ich glaube, von meiner Seite aus war es zunächst Mitleid oder ein schlechtes Gewissen. Vielleicht hat sich das nie ganz geändert, obwohl ich inzwischen weiß, auf was für einem hohen Ross ich damals gesessen habe. Zeiten und Menschen können sich jedoch ändern und ich glaube, dass ich mich mehr verändert habe als Fred. Ich habe geglaubt, dass er mir gut tut, weil er mich so akzeptierte, wie ich war. Er sagte zu mir, ich solle mich schonen. Er hat sich wirklich Sorgen um mich gemacht. Die ganze Zeit hat er sich Sorgen um mich gemacht. Er wollte, dass ich ihn dazu bringe, gut zu mir zu sein, damit es mir gut geht. Das klingt im Nachhinein seltsam, aber ich war davon überzeugt, dass er alles für mich tat, weil es immer so gewesen ist. Er war es, der mir zuerst seine Liebe gestanden hat. Er war es, der mich motiviert hat, er war es, der mir jetzt ein gemütliches Nest einrichtete. Ich sollte mich erholen und mich nicht mehr so übernehmen. Er meinte, es sei in Ordnung, wenn ich etwas langsamer machen würde. Ich war dankbar für diese Zeit, die ich damit verbringen konnte, gesund zu werden, denn wie ich mir eingestehen musste, ging es mir tatsächlich nicht sehr gut. Die ersten Tage nach dem Unfall musste ich im Bett bleiben. Ich konnte nichts essen und mich nicht um die Katze kümmern. Natürlich blieb da einiges an Arbeit liegen und dann kam irgendwann der Punkt, an dem Freds Stimmung zu kippen begann. Ich will nicht behaupten er sei jähzornig gewesen, aber er begann, sich darüber zu beschweren, wie es in der Wohnung aussah. Natürlich hatte ich nicht aufgeräumt, ich hatte wieder begonnen, alles schleifen zu lassen. Er fand die Wohnung schmutzig und insbesondere störten ihn die Katzenhaare. Ich sagte: „Aber wir wollten die Katze doch“, aber das wollte er nicht hören. Es ging nicht um die Katze, es ging um mich. Er wollte, dass ich mich endlich wieder aufraffte. Also habe ich die Wohnung geputzt. Ich habe jeden Tag… nein, ich habe den ganzen Tag über jedes einzelne Katzenhaar aufgesammelt. Einfach weil ich so große Angst hatte, Fred könnte mich verlassen. Ich habe nur noch geschrubbt und gewienert und konnte dennoch nicht zufrieden mit dem Ergebnis sein. Ich putzte die Küche auch, wenn ich nicht gekocht hatte. Jeden Tag spülte ich alles Geschirr, obwohl ich es nicht verwendete. Alles musste sich in einem Kreislauf befinden. Ich war immer noch ständig erschöpft von der Anstrengung und ich hatte das Gefühl es ging mir nicht besser, sondern eher schlechter. Fred meinte, ich hätte die Kontrolle verloren und er hielte es nicht mehr aus, mit mir, einer Verrückten, die es nicht schaffte, ihr Leben auf die Reihe zu bekommen. Zeiten und Menschen ändern sich, habe ich geglaubt und begann mich zu fragen, ob ich überhaupt noch mit Fred zusammen sein wollte und dann fragte ich mich, ob ich überhaupt eine Wahl hatte. Wo konnte ich schon hingehen? Was war ich schon ohne ihn? Wie sollte ich zurecht kommen? Früher, vor unserer Beziehung, ist er ein zurückhaltender, bedachter junger Mann gewesen und ich ungestüm und manchmal auch verletzend. Er hat mich zu dem gemacht, was ich heute bin: Mitfühlend. Er hat irgendeinen Schalter in mir umgelegt. Irgendetwas hat er ausgelöst, dass ich mich in ihn verlieben musste. Jetzt aber trieb er mich in den Wahnsinn. Ich hatte Angst, er könnte mich physisch angreifen und verletzen, wie er es mit der Katze getan hatte. Aber dann behauptete er, ich selbst sei es gewesen. Ich hätte die Putzmittelflaschen offen stehen lassen. Im ersten Moment wusste ich nicht mehr, was ich glauben sollte. Wieso hörte ich überhaupt immer noch auf ihn? Wieso war er überhaupt noch da? Wieso kreisten ständig meine Gedanken um ihn? Ausgerechnet um ihn? Weil ich einmal zu ihm gesagt hatte, dass er sein Leben auf die Reihe kriegen sollte? Einmal habe ich das im Scherz gesagt, bevor wir zusammen kamen. Und was tut der Vollidiot da? Er steigt in sein Auto und fährt volltrunken mit 150 Sachen in eine Leitplanke. Das passiert, wenn man sein Leben auf die Reihe kriegen will, dachte ich. Das passiert, wenn man das tut, was andere einem sagen, das man tun soll. Das passiert, wenn man anderen Leuten sagt, was sie tun sollen. Das passiert, wenn man sich selbst sagt, was man tun soll. Die Frage ist nur: Was soll man tun? Wer trägt die Schuld, an dem was getan, gesagt und geschehen ist? Wenn ich mich ansehe, sehe ich ein Resultat, keine Handlung. Ausgemergelt und ausgelaugt bin ich. Was ich anfasse, dem droht der Tod. Ich habe mir die Haut an den Fingern wegdesinfiziert und darunter ist kein Fleisch mehr. Ich habe einen Geist mein Leben beherrschen lassen, weil ich mir keine Wünsche zugestehen konnte. Fred ist nicht fort und ich habe ihn nicht verlassen. Er hat mir gesagt, ich soll hier her kommen, denn er ist fürsorglich. Er will mich erhalten, um mir zu zeigen, wie ich es hätte machen sollen. ++++++++++++++++++++ Autorennotiz ++++++++++++++++++++ Absolut rohe Rohfassung einer Geschichte. ******************** Am 5.10.2017 um 18:51 von suedehead auf StoryHub veröffentlicht (http://sthu.de/s=C%C3%96zu%2A) ********************