Ein DHL-Wintermärchen

Kurzbeschreibung:

Am 1.1.2019 um 17:39 von JohG auf StoryHub veröffentlicht

Frohlockend habe ich die Woche vor Weihnachten ein gutes Angebot für ein ideales Weihnachtsgeschenk gefunden: Laut präziser Lieferterminbestimmung wäre es am 21.12. da; einen Tag, den ich gemütlich zu Hause in einer frisch eingerichteten Wohnung bei Tee und Buch im Sessel verbringen konnte. An alles war gedacht: für den Paketzusteller, der sich das Weihnachtsgeschenk KEP-Geschäft antat, lagen Erfrischung und abgepackte selbstgebackene Kekse parat, sobald er mir mein Paket im 5.OG+1 ohne Fahrstuhl zugestellt hätte. Vielleicht hatte ich die Klingel nicht gehört? Der 22. geht ins Land und mir kam der Gedanke, vor die Tür zu gehen, um nach meinem Paket zu schauen. Nichts zu sehen, im Briefkasten keine Spur eines Zustellscheines, dafür von Onlinehändler die fröhliche Mitteilung, dass meine Lieferung zugestellt sei. Dieser scheinbare Widerspruch ließ sich dank Sendungsverfolgunsnummer schnell auflösen: es gäbe einen fehlgeschlagenen Zustellversuch und das Paket stehe nun in Ihrer nächstgelegenen DHL-Station zur Abholung bereit; es scheint da wohl eine andere Definition von erfolgter Zustellung zu geben (später lerne ich auch, dass DHL-Station ≠ DHL-Filiale aber beide Einrichtungen als allgemeine*Abhol-Stationen* dienen können). Nungut, ich konnte immerhin zu Weihnachten noch abgepackte selbstgebackene Kekse verschenken, weil aus guter alter Erfahrung würde ich mir gewiss vor Weihnachten nicht die Feiertagslaune und das Treiben in einer Post-Filiale antun. Die Leute, die in gutem Gewissen noch knapp vor Weihnachten ihre Weihnachtsgeschenke verschicken, die dann erst nach Weihnachten realistischerweise ankommen, haben sicherlich meine Entscheidung auf das Vollste unterstützt — einer Weniger.

Nach dem Feiertagstrubel habe ich mir dann die Woche darauf die Zeit eingeplant und mich darauf eingestellt, das Paket abzuholen. Ausnahmsweise hatte ich an alles gedacht: mich vergewissert, das nicht doch irgendwo ein Zustellschein herumflatterte - er tat es nicht -, Ausweis, Bestell- und Versandbestätigung von Amazon und die Nummer der Sendungsverfolgung. Naja, letzteres war irgendwo auf meinem Smartphone unter all den Weihnachts-Newslettern und -wünschen, die sich in der Weihnachtszeit wie Geschenke unter einem Weihnachtsbaum angehäuft haben, vergraben. Im Internet habe ich mich noch schnell versichert, dass zum einen die Post offen ist und zum anderen üblicherweise an einem frühen Nachmittag nur spärlich besucht ist. So trat ich voller Tatendrang in die große Filiale, die fußläufig erreichbar war: Sie war wie üblicherweise zu diesem Zeitpunkt spärlich besucht, aber vollbesetzt — Weihnachtszeit sei Dank! Schnell kam ich an die Reihe, präsentierte meine vorbereitete Rede: “Guten Tag …. kein Zustellschein … hier Ausweis “ und wurde prompt unterbrochen: “Wir geben seit geraumer Zeit keine Pakete mehr. Ich kann aber Mal nachschauen, wo es gelandet ist. Wie lautet die Sendungsnummer?” Als ich sie, angesichts des freundlich murrenden Postbeamten verlegen lächelnd , sie endlich herausgesucht habe, war das System eingeschlafen und musste neu gestartet werden — peinlich. Immerhin weiß ich nun, wo ich hin muss: Zur “kleinen” Postausgabestelle die Straße rauf — einer langen Straße. In einem gemütlichen Kiosk am Ende der Strasse angekommen, wusste ich, dass ich richtig war; war er doch aufgrund unzähliger noch nicht-abgeholter Weihnachtpakete am Überquellen.

Schnell kam ich wieder an die Reihe, habe mein Anliegen geschildert, erwähnt, dass ich von der Post-Filiale hier zur Post-Station verwiesen wurde und den Ausweis vorgezeigt und der Verkäufer suchte nach den Namen in den mit akribischer Handschrift angefertigten Liste der hier angesammelten Pakete. Zwischendurch wurden noch ein paar Kunden bedient, dann die Liste weiter durchgegangen. Mein Paket war nicht eingetragen. Also musste er manuell bzw. visuell danach suchen, aber erst noch schnell ein paar Kunden bedienen. Paket nicht gefunden! Der Verkäufer würde gerne die Sendungsnummer eingeben wollen, denn in der Vergangenheit hätte die Post schon fälschlicherweise zu ihm geschickt anstatt zur Paketstation die Straße runter — ja, die Straße hat 3. Die Sendungsnummer hatte ich glücklicherweise nun per Screenshot parat. Aber erst noch einmal für eine Kundin ein paar Dokumente ein paar Mal kopieren. “Ja, das Paket ist hier”, also weiter suchen. Währenddessen dämmert es mir, als ich noch einmal meine Daten mit der Lieferadresse abgeglichen habe: ich habe die ganze Zeit auf die die Rechnungsadresse gesehen, die die meine war. Die Lieferadresse des Pakets ist zwar die selbe Adresse aber der Name meiner Freundin — wir teilen uns beim Händler das Onlinekonto. Von da an ließ sich alles schnell auflösen: Unter dem Namen fand sich das Paket recht schnell und ich hätte es sofort nach Hause mitnehmen können, hätte ich eine Vollmacht gehabt. Also versuchte ich meine Freundin zu erreichen, damit sie mir eine Ausweiskopie sende, während der Verkäufer die Schlange im Kiosk klein hielt. Ich konnte sie nicht erreichen, also musste ein Foto des Reisepasses herhalten, dass ich glücklicherweise von unserem gemeinsamen Urlaub noch auf dem Smartphone besaß. Man wünschte sich ein Wiedersehen und einen guten Rutsch (sinnbildlich)! An der Tür, begegnete mir der Nächste, der sein Paket abholen wollte. ps: die Geschichte könnte an der einen oder anderen Stelle unjournalistischerweise ausgeschmückt sein, um ein stimmiges Gesamtbild zu vermitteln .