Im Archiv unter Hogwarts

Kurzbeschreibung:

Am 13.5.2019 um 10:03 von LaylaMalfoy auf StoryHub veröffentlicht

Im Archiv unter Hogwarts



Der Slytherin nahm zwei Stufen auf einmal nach unten. Mit langen Schritten und wehendem Umhang rauschte er um eine Ecke der endlosen Kerkerkorridore. Draco schnaubte während seine Schritte von den kahlen Steinwänden widerhallten. Soweit entfernt wie es möglich war, hielt er ein staubiges, ausgestopftes Modell einer abstrus hässlichen Rotkappe. Dieser dumpfbackige Halbriese von Wildhüter hatte ihm doch tatsächlich nach der Nachtwanderung zu Pflege magischer Geschöpfe aufgebrummt, das schwere Ding zurück ins Archiv zu bringen.

Mürrisch riss er die schwere Tür zur Sammlung auf. Ihn empfing der muffige Geruch von tausenden und abertausenden Modellen und anderer teilweise sehr antiken, wenn nicht sogar mumifizierten, Lehrgegenständen. Man konnte nur erahnen, wie riesig der Raum war, in dem ein deckenhohes Regal an dem anderen stand. Diese reckten sich bis hoch ins dunkle Gewölbe. Der kleine Sekretär, der am Eingang stand, hinter dem normalerweise immer eine Aufsicht saß, war leer. 

‚Vermutlich mal Luft schnappen bei dem Mief‘, dachte Draco grimmig. Nur wo war nun die Abteilung für unansehnliche Rotkappen? Er musste wohl auf gut Glück die Regale absuchen.

Er schritt zwischen den nächstbesten Regalen entlang und schaute die Reihen durch. Diese eingelegten, undefinierbaren Gewebestücke wollte der Slytherin lieber nicht näher betrachten. Draco bog mal hier, mal dort ab - es war ein einziges Labyrinth. Gerade als er um das nächste Regal bog, blieb die Rotkappe mit der Nase an der Holzkante hängen. 

Der junge Mann kam ins Stolpern und konnte gerade so vor einem Regal mit besonders vielen der mysteriösen Einmachgläser haltmachen. Fluchend richtete er sich auf. Dummerweise stand nun die Nase der Rotkappe in einem sehr unnatürlichen Winkel ab. Der Schönheit der Rotkappe tat es jedenfalls keinen Abbruch. 

Der Slytherin hob soeben seinen Blick von der Fratze, als ihm ein leerer Platz im Regal ins Auge fiel, nur zwei Regale weiter. Auf dem Holzbrett war ein Abdruck im Staub zu erkennen, als hätte dort über lange Zeit etwas gestanden. 

Triumphierend konnte Draco ein handbeschriebenes, ausgeblichenes Schild in der Ferne entziffern, auf dem der Name seines unappetitlichen Kameraden stand. Sicheren Schritts ging der junge Mann auf das Regal zu, als mit einem Mal auf mittlerer Strecke das Licht erlosch und Draco wie angewurzelt stehen blieb. 

Sein laut pochendes Herz rutschte ihm in die Hose. 

Rabenschwarze Dunkelheit umschloss ihn. Er bemerkte bestürzt, dass er die Rotkappe fest an sich gedrückt hatte. Naserümpfend streckte er sie von sich, während er mit der anderen Hand vorsichtshalber seinen Zauberstab zückte. 

„Lumos“, murmelte der Blonde und schon legte der Schein des Lichtzaubers die alten, sich unter der schweren Last biegenden Regale in ein geisterhaftes Zwielicht. Lautlos bewegte er sich vorwärts. 

Wer auch immer ihm da einen Streich spielen wollte, würde bald das Lachen vergehen. Um die hinteren Teile des Archivs hatte sich lange niemand mehr gekümmert. Immer mehr Modelle waren defekt, sogar einige Regalbretter waren in der Mitte unter der Last durchgebrochen. 

Mit einem Mal vernahm er ein leises Rascheln einige Regale weiter. Dort war ein ganzes Regal vor Jahren, wenn nicht Jahrzehnten, umgestürzt und hatte eine Art Barrikade gebildet.

Draco orientierte sich schnell und löschte dann sein Licht. Zentimeter für Zentimeter schob er sich vorwärts, auf das Äußerste darauf bedacht kein Geräusch zu verursachen. 

Immer wieder meinte er das Knistern von hinter dem zerstörten Regal zu hören. Den Rabauken würde er einen gehörigen Schrecken einjagen. Ein grimmiges Lächeln zog über sein Gesicht und da spürte er am Fuß bereits die Holztrümmer. 

Mit einem Satz beugte er sich darüber, wirkte rasch einen grünen Lichtzauber und strahlte die Rotkappe damit von unten an. Es bot sich ein schrecklicher Anblick. 

Auf eine Reaktion brauchte Draco nicht lange zu warten, denn ein durchdringendes Quietschen ertönte und ein großer, undefinierbarer Fellbüschel kroch tiefer unter die Trümmer des Regals. 

Draco bekam solch einen Schrecken, dass er die Rotkappe fallen ließ und reflexartig einige Schritte zurückwich. Welch ein riesiges, haariges Wesen mochte diesen Ort wohl bewachen? 

Der Slytherin schluckte schwer. Hätte er in Pflege magischer Geschöpfe nur besser aufgepasst.

„Verflucht, Malfoy!“, kam es gedämpft hinter der Barrikade hervor. Stutzig geworden hielt Draco den Schein seines Stabs höher, blieb jedoch sicherheitshalber auf Abstand. Unter Klimpern und Geraschel erhob sich eine Gestalt mit zerzausten Haaren.

„Granger?!“ Die Angesprochene strich sich mürrisch die Haare aus dem Gesicht. „Was tust du hier?“

„Das Gleiche könnte ich dich fragen“, zischte sie zurück. „Und generell – was sollte das eben?“

„Ich dachte, ein paar Erstklässler hätten sich einen Spaß erlaubt und die Lichter ausgezaubert. Doch ich scheine den Übeltäter wohl trotzdem erwischt zu haben“, stellte Draco mit einem süffisanten Grinsen fest.

„Falls du damit mich meinst“, begann Hermine mit erhobener Nase, „erstens: muss ich dich leider enttäuschen, denn ich habe das Licht nicht gelöscht und zweitens: hast du dich wohl mindestens so sehr erschreckt wie ich.“ Sie musterte ihn einmal von oben bis unten und fügte hinzu: „Du bist normal schon so blass wie eine Schneeeule, aber vorhin hast du den Leichen in deinem Keller Konkurrenz gemacht.“ Der Slytherin schnaubte verächtlich, konnte aber nicht verhindern, dass seine Ohren rot anliefen. 

„Wohl ganz gewitzt, was, Granger?“, schnarrte er. Die junge Frau erwiderte seinen Blick angriffslustig. Draco wandte sich ab.

„Licht hin oder her – ich verschwinde“, murmelte der Slytherin und stellte das leicht lädierte Rotkappenmodell an seinen rechtmäßigen Platz. 

„Und dir empfehle ich das Gleiche, Wuschelkopf. Es sei denn, du hast hier ein neues Zuhause gefunden.“ Er sah gerade noch wie die Brünette ihre Hände hob, in dem erfolglosen Versuch ihre Mähne in den Griff zu bekommen, bevor er sich mit erhobenem Zauberstab den Weg in Richtung Ausgang ausleuchtete. 

Wenig später trat Draco aus dem letzten Gang hervor, als er hinter sich durch den schweren, mottenzerfressenen Teppich gedämpfte Schritte vernahm. Die Gryffindor folgte ihm energisch in einiger Entfernung.

Für die nächste Konfrontation, die nach Grangers Gesichtsausdruck nach zu urteilen unweigerlich folgen würde, hatte er definitiv keinen Nerv mehr. Also beschleunigte er und drei lange Schritte später griff er bereits nach der Türklinke. Er spürte schon die angenehme Kühle des Messings in der Hand und wollte sich mit seinem gesamten Gewicht gegen die Tür lehnen, als er in vollem Tempo, erbarmungslos gegen das massive Holz rannte. 

Es gab ein sehr unschönes Geräusch.

„Bei Salazar!“, keuchte Draco auf. Er hielt sich das Handgelenk. Ihm schmerzte zwar sowohl seine Schulter, als auch sein halber Kopf, den es bei dem Aufprall schwer erwischt hatte, doch sein Handgelenk war am Türknauf auf grausamste Weise verdreht worden. Ein scharfer Schmerz fuhr hindurch. 

Mit einem Mal ertönte ein unterdrücktes Glucksen hinter ihm. Ungläubig – und leicht verkrümmt – drehte er sich zur Verursacherin um.

Die Gryffindor wand sich vor Lachen und musste sich an einem Regal festhalten. Empört entdecke der junge Mann Tränen in ihren Augen. Seine Lippen pressten sich zu einem Strich aufeinander, die Ohren dunkelrot.

„Da gibt es ein passendes Muggelsprichwort: ‚Die Strafe folgte auf dem Fuße‘“, prustete Hermine. 

„Ich wusste ja, dass du dumm bist, aber anscheinend bist du noch dazu blind, denn meinen Fuß hat es als einziges nichterwischt“, brauste er auf. Daraufhin musste die junge Frau noch stärker lachen. 

„Die Tür ist verschlossen!“, knurrte er sie unwirsch an und tastete sein Handgelenk ab.

„Allerdings“, brachte Hermine gerade so hervor. Dann trocknete sie ihre Tränen mit dem Saum ihres Oberteils. Sie trug einen dieser unförmigen, viel zu großen Gryffindorpullover und eine enge Jeans, anstelle der Schuluniform mit Rock. 

'Wohl in Zivil unterwegs, Frau Schulsprecherin‘, stellte Draco belustigt fest. Über ihren mangelnden Sinn für Mode war er keineswegs überrascht.
Die junge Frau strich sich ein letztes Mal die Locken aus dem Gesicht und nahm wieder Haltung an. Dann schob sie sich wichtigtuerisch an ihm vorbei und zückte ihren Zauberstab.

„Alohomora!“, murmelte sie – doch es tat sich nichts. Auch die anderen Sprüche, die sie daraufhin ausprobierte, ließen die Tür unberührt. 

„Verflucht“, stellte Hermine frustriert fest. Es kam selten vor, dass sie mit ihren Sprüchen scheiterte.

„Die Schulsprecherin flucht, das gibt doch bestimmt Punktabzug“, näselte Draco, doch die Gryffindor winkte genervt ab.

„Halt den Schnabel, Malfoy.“ Sie wirbelte ungehalten zu ihm herum. 

„Die Tür ist verflucht, sprich verhext, mit einem Zauber belegt, sodass niemand raus- und niemand reinkommt, außer der, der den Zauber gewirkt hast, kapierst du es jetzt?“ Ihre braunen Augen funkelten ihn an. 

Er war sprachlos. 

Derweil durchsuchte Hermine den kleinen Sekretär und holte kurz darauf ein Stück Pergament und einen Federkiel daraus hervor. 

„Was hast du vor?“, fragte Draco nicht mehr ganz so selbstsicher wie zuvor. Sie beachtete ihn gar nicht und kritzelte ein paar Zeilen auf das Papier. Anschließend wirkte sie einen Zauber darüber. Das Pergamentstück begann zu zittern und faltete sich plötzlich von alleine. Nach nur wenigen Sekunden war das Schauspiel vorbei und vor ihnen lag ein flacher Origamikranich, den Hermine unter dem Türschlitz hindurchschieben konnte. 

Darauf war Draco nicht gekommen. Sie lauschten angestrengt und vernahmen schließlich erleichtert, wie sich der kleine Kranich unter leisem Knistern entfaltete und davonschwebte. 

„Dir ist klar, dass die einzige Person, die des nachts durch das Schloss streift, für gewöhnlich Filch ist?“ Hermine antwortete nicht.

„Und, dass dieser Fetzen Papier Ewigkeiten brauchen wird ganz Hogwarts nach ihm oder einer anderen Menschenseele abzusuchen?“

„Es dauert, solange es eben dauert!“, fuhr ihn die Brünette an. „Oder hast du eine bessere Idee?“ Nein, das hatte er nicht. Ein aufmüpfiger Blick traf den Slytherin. 

Schweigen.

Eines musste man dieser Granger lassen – sie hatte in Extremsituationen stets die besten Ideen. Sie drehte ihm den Rücken zu und schritt durch die Regale davon. Widerwillig folgte Draco ihr.

„Was hast du jetzt vor?“ Seine Stimme klang mehr neugierig als genervt, was ihn merkwürdig störte. Ohne sich umzudrehen antwortete sie ihm zynisch: „Wie du bereits geistesgegenwärtig und unüberhörbar kundgetan hast, wird es wohl dauern bis wir hier rauskommen. Im schlimmsten Fall bis morgen.“ 

Draco schluckte und verzog das Gesicht. Das wäre wirklich schlimm.

„Hinten im Archiv gibt es eine Ecke, in der man sich die Wartezeit etwas angenehmer gestalten könnte.“ Musste diese verfluchte Gryffindor alles so spannend machen? 

Sie machte ihn wahnsinnig.

 

~*~

                         
„Angenehmer gestalten“, grummelte Draco. Die Brünette schnaubte. 

„Du kannst auch gerne auf dem Boden sitzen, hier ist sowieso zu wenig Platz für uns beide!“ Sie streckte ihm ihre Füße tiefer in die Seite. Die beiden Hogwartsschüler hatten sich auf einer durchgesessenen, schmalen Couch niedergelassen, die achtlos in einem der hintersten Teile des Archivs zwischen zwei Regalen abgestellt war. Man musste über eine der Seitenlehnen klettern, um die Sitzfläche zu erreichen, denn die Couch füllte den Gang zwischen den Regalen wie dafür geschaffen aus.

Draco saß auf der einen Seite der Couch im Schneidersitz, Hermine hatte den restlichen Platz für sich in Beschlag genommen – und noch mehr. Doch beide waren zu stur, um zu weichen. Der Slytherin spürte unangenehm die kalten Füße seiner Sitznachbarin an seinen Rippen.

„Hätte nicht gedacht, dass deine Füße so klischeehaft kalt sind“, stichelte er. Hermine stupste ihn frech in die Seite.

„Sei froh, dass sie nicht stinken!“, grinste sie zurück. „Außerdem: ich weiß nicht, ob es dir noch nicht aufgefallen ist, aber ich bin eine Frau.“ Sie deutete auf ihre eisigen Füße.

„Was sollstest du auch sonst sein? Eine Veela?“, spöttelte der Slytherin. 

Granger eine Frau. 

Aus dem Augenwinkel musterte Draco die junge Frau unauffällig. Unter ihrem weiten Pullover zeichneten sich sanfte Kurven ab und ihre anliegende Jeans betonte ihre schlanken Beine. Sie schien zu frieren, denn ihre Arme hielt sie eng verschränkt am Körper und just in dem Moment wackelte sie mit den Zehen, wohl um ihre Blutzirkulation anzuregen. 

Draco musste beinahe kichern – er schob es darauf kitzelig zu sein, doch in Wirklichkeit fand er es auf eine befremdliche Art und Weise … niedlich.

„Warum wirkst du keinen Wärmezauber?“, schlug er schelmisch grinsend vor. Sofort stieg Hermine die Schamesröte ins Gesicht. Der Muggelstämmigen entfiel hin und wieder, dass man als Hexe einen Zauberstab auch für die einfachsten Bedürfnisse zur Verfügung hat. Doch das würde sie niemals zugeben. Schon gar nicht vor Malfoy.

„So kalt ist mir nicht“, konterte sie beleidigt. „Ich bewege mich einfach ein wenig!“ Schon erhob sie sich und marschierte in Socken die Regalreihen bibbernd auf und ab. Nachdem der Slytherin sie eine Zeit lang schmunzelnd beobachtete hatte, zog sie sich schmollend aus seinem Blickfeld zurück. 

Diese Granger war schon eine merkwürdige Person. Draco ertappte sich dabei, ihr neugierig nachzuschauen und wandte sich sofort ab. 

Er betrachtete die folgenden Minuten eindringlich ein Einweckglas, dessen Inhalt man nicht einzuordnen wusste. Plötzlich steckte die Gryffindor ihren Kopf verschmitzt grinsend von der anderen Seite durch das Regal und bescherte ihm beinahe einen Herzinfarkt.

„Du glaubst nicht, was ich gefunden habe. Das wird jetzt interessant“, kündigte sie an. Hermine zog sich wieder zurück und er hörte es rascheln. Nur wenige Sekunden später tauchte sie hinter ihm auf und zog ihm etwas über den Kopf. 

Vor Schreck aufschreiend, riss er die Augen auf. 

Er sah die Welt wie durch einen schwarzen Schleier, das Blinzeln fiel ihm schwer. Mit den Händen tastete er sein Gesicht ab und spürte unter seinen Fingerkuppen ein weiches, glattes und unangenehm enganliegendes Material, das an den rauen Stellen seiner Handflächen mit einem unangenehmen Gefühl leicht hängenblieb und seine Nase abquetschte.

„Granger, was ist das?“, schnarrte er alarmiert, mit einer merkwürdig nasalen Stimme - doch die Angesprochene war nicht fähig zu antworten. Die Gryffindor hing über der Couchlehne vor Lachen. Als sie sich wieder halbwegs unter Kontrolle hatte, konterte sie mit einer Gegenfrage: 

"Hast du dir noch nie eine Strumpfhose über den Kopf gezogen?"

Der junge Mann stutzte. Anstatt seine Antwort abzuwarten, holte Hermine noch eine schwarze Strumpfhose hervor und zog sie sich über den Kopf. Der Slytherin verschluckte sich beinahe und prustete los. Die Nase der Gryffindor war durch den engen Stoff zur Seite abgeknickt und der Mund wurde in die Breite gezogen. Ihre Haare klebten rechts und links an ihrem Kopf und gaben ihr eine merkwürdige Kopfform.

„Warum stülpen sich Muggel Strumpfhosen über die Köpfe, anstatt sie über die Beine zu ziehen?“, wollte Draco lachend wissen.

„Bankräuber!“, japste Hermine. „Muggel, die eine Bank ausräumen wollen, ziehen sich häufig Strumpfhosen über, damit man ihr Gesicht nicht erkennen kann.“

„Funktioniert prächtig“, grinste der Blonde. „Du siehst aus wie ein Knallrümpfiger Kröter.“

„Vielen Dank!“ Hermine knickste lachend. Dann versuchte sie ihre Stumpfhose wieder zu entfernen und machte alles nur schlimmer. Beim Hochziehen klappten sich langsam Nase, Augenbrauen, Lieder und Oberlippe mit dem engen Stoff nach oben. 

Der Anblick war köstlich. Draco konnte sich nicht erinnern, wann er das letzte Mal so ausgiebig gelacht hatte. Nachdem er sich ebenfalls der Strumpfhose entledigt hatte – zu Hermines Amüsement – holten die beiden erst einmal Luft.

„Du musst dir unbedingt die Ecke anschauen aus der ich die Strumpfhosen habe. Da sind regalweise Theaterrequisiten!“ Angesteckt von ihrer Aufregung – er war sicher, es sich nicht anmerken zu lassen - ließ sich Draco dazu überreden mitzukommen. Also folgte er ihr tiefer ins Archiv. Kurz darauf kamen sie bei Regalen voll mit Federschals, Hüten und anderen Requisiten an. 

„Ist das nicht interessant?“ Hermine klatschte in die Hände. Sie sahen sich etwas um. Unteranderem stießen sie auf einen Cowboyhut mit Augen, die sie vorwurfsvoll anstarrten, eine Haarbürste, die sich unkontrolliert in einen Handspiegel verwandelte und eine altmodische, getönte Brille, mit deren Hilfe man die inneren Organe seiner Mitmenschen sehen konnte. 

Schließlich entdeckte die junge Frau auf einem der obersten Regalbretter einen besonders komischen Haarschmuck. Sie reckte sich danach, als sie mit einem Mal das Gleichgewicht verlor. Haltsuchend griff sie wie blind um sich.

Sie erwischte Draco am Hemd, mit der anderen Hand bekam sie die Kante des Regals zu fassen, rutschte jedoch daran ab und verlor vollends den Halt. 

Wie in Zeitlupe sah der Slytherin sie fallen, der Griff an seinem Hemdkragen verstärkte sich und er wurde mitgerissen. Ihr überraschter Gesichtsausdruck, wandelte sich in Schrecken. 

Ihre Haare flogen durch die Luft und waberten wie unter Wasser um ihr zartes Gesicht. 

Das Regal schwankte gefährlich, als sie dagegen stießen. Dann schlug Hermine auf dem Boden auf und Draco landete auf ihr, darauf bedacht, sie nicht zu zerquetschen. Der Teppich dämpfte den Stoß minimal. 

Um sie herum zersplitterten Einmachgläser und schlugen dicke Wälzer auf, die aus dem Regal fielen. Draco stützte sich rechts und links von ihr ab und fing einige Folianten ab. Die Gryffindor hielt die Augen geschlossen. 


Er wollte gerade fragen, ob alles okay wäre, als sie zaghaft die Augen öffnete. 

In dem Moment begann es zu schneien. 

Dicke, funkelnde Flocken seegelten auf sie herab, nur dürftig beleuchtet durch den Lichtzauber, des weit entfernt liegenden Zauberstabs. Auf dem obersten Regalbrett war eine magische Schneekugel zu Bruch gegangen und das jahrzehntelang eingesperrte Schneegestöber konnte sich endlich in den hohen Gewölben austoben.

Draco beobachtete wie eine einzelne Flocke dicht an ihm vorbeischwebte und in Hermines Haar stecken blieb. Weitere Schneeflocken fanden sich ein. Die Atmosphäre kühlte merklich ab. 

Hermines Atem hauchte ihm in Form einer kleinen, vergänglichen Wolke entgegen. Sein Blick fiel auf ihre Sommersprossen, die sich über ihre Stupsnase zogen bis auf die rosigen Wangen. 

Ihre warmen, braunen Augen blickten ihn groß und erstaunt an. Goldene Sprenkel brachten sie zum Leuchten. 

Eine Flocke landete neben ihrem Mund und schmolz auf der warmen Haut in Sekundenschnelle dahin. Er senkte seinen Blick weiter und blieb an ihren vollen Lippen hängen, die vor Staunen leicht geöffnet waren.

Plötzlich hob sie eine Hand und pflückte zaghaft eine Schneeflocke aus seinen blonden Strähnen. 

Die Realität wich einem surrealen Traum. 

Ein kleines Lächeln umspielte ihren Mund, als sie begann: 

"Das glitzert aber schön -" 

Dann trafen seine Lippen auf ihre.

Überrascht keuchte sie ihm entgegen. Ein wohliger Schauer ging Draco durch den Körper, als sie zaghaft seinen Kuss erwiderte. 

Er fuhr seine Hände an ihrer Seite entlang und die junge Frau sog scharf die Luft ein. Dann drückte sie ihren Mund fordernd auf seinen. 

Der unbändige Drang, ihr so nah wie nur möglich zu sein, überkam ihn. Mit einer Hand umfasste er ihren Rücken und drückte sie fest an sich. Wie weich sie war. Mit der anderen griff er ihr ins feine Haar im Nacken. 

Ihre Küsse wurden intensiver und Hermine umschloss seinen Unterleib mit ihren Beinen. Sein Geist war bereits benebelt von ihrem süßlich-herben Duft und ihren verwunderlich weichen Locken. 

Ein intensives Kribbeln breitete sich in seinen Lenden aus und ließ ihn beinahe wahnsinnig werden. Er unterbrach ihren leidenschaftlichen Kuss und senkte seine Lippen an ihren zarten Hals. 

Ihren heißen, schnellen Atem spürte Draco an seinem Ohrläppchen, als er begann ihre Haut zu liebkosten. 

Sie presste sich an ihn und ihm war, als könnte er jede Rundung und jede Form ihres Körpers spüren. 

Er wollte mehr. 

Seine Hand wanderte von ihrem Rücken über ihre Seite auf ihren Bauch. Mit einer fließenden Bewegung ließ er seine Finger unter ihren Strickpullover gleiten.

Als seine Fingerkuppen auf ihre Haut trafen, fuhr ein Schauer darüber. Er erkundete Zentimeter um Zentimeter samtweicher Haut aufwärts, bis er auf eine nachgiebige Wölbung stieß. Der Schock ließ ihn eine Sekunde innehalten. 

Granger hatte keinen BH an.

Ihm wurde heiß und kalt, als er ihre Brust umfasste und ihre Lippen mit seiner Zunge teilte. Hermine stöhnte leise auf und ihm wurde schwindelig. Seine Lenden pulsierten beinahe schmerzhaft. 

Der eine Gedanke, der seinen gesamten Kopf ausfüllte, war in sie zu stoßen. 

Draco ließ ihr Haar los und fummelte stattdessen an ihrem Hosenknopf herum, ohne den Kuss zu unterbrechen. Er zog den Reisverschluss mit zitternder Hand auf und schob sie unter ihr Höschen. 

Dann streichelte er mit den Fingern über den Flaum und massierte ihre Knospe. Hermines Fingernägel gruben sich in seine Schulterblätter und sie keuchte unkontrolliert. Fasziniert betastete der Slytherin ihre Feuchte. 

Er fand ihren Eingang und wollte gerade zwei Finger in sie gleiten lassen, als –

„Mrs Granger?“

Sie erstarrten. Die beiden hatten nicht einmal gehört, wie die Tür zum Archiv geöffnet wurde.

„Mrs Granger, sind Sie noch hier?“ Es war Mrs Gilbson, die nette, kleine Frau, die das Archiv leitete und für gewöhnlich mit ihrer dicken Brille in einen alten Folianten vertieft am Sekretär saß.

Es kam Bewegung in Hermine. Sie schob sich unter Draco hervor und stand ungeschickt auf. 

„J-ja, Mrs Gilbson! Ich – Wir sind hier!“, rief sie heiser. Derweil hatte sie den Verschluss ihrer Hose geschlossen und eilte bereits durch das Regallabyrinth auf die Archivarin zu. Die Schneeflocken in ihren Locken hatte sie bereits vergessen.

Um Draco drehte sich noch alles, doch er stolperte hinter der Gryffindor her und richtete dabei unbeholfen seine zerzausten Haare.

„Du meine Güte, ich dachte, es wäre niemand mehr da, als ich die Tür verriegelte. Das tut mir wirklich leid“, stammelte Mrs Gilbson bestürzt. Sie stand im Morgenrock und mit einer Laterne in der Hand auf der Türschwelle. Ihre Haare waren auf Lockenwickler aufgedreht und sie sah überaus bedripst drein.

„Uns ist ja nichts passiert“, beschwichtigte sie Hermine und warf Draco einen Seitenblick zu, den er nicht einordnen konnte. Er klopfte sich den Schnee von den Schultern. „Es ist nur eine Schneekugel zu Bruch gegangen.“ Mrs Gilbson winkte lächelnd ab. Die Kleidung des Slytherin war mittlerweile teilweise nass durch die schmelzenden Schneeflocken. Die Kälte wurde ihm unangenehm bewusst. Vor nur wenigen Minuten war ihm alles andere als kalt.

„Gut, dass Ihnen der Trick mit dem Origamivogel eingefallen ist“, lobte die mittelalte Frau Hermine. „Ein Schüler, der vom Nachsitzen auf dem Weg zum Schlafsaal war, hat mich so benachrichtigen können.“

Sie trat zur Seite, sodass die Gryffindor hinaustreten konnte. Bevor sie aus seinem Sichtfeld verschwand wand sie ihren Kopf zu ihm herum und schenkte ihm mit geröteten Wangen ein zaghaftes Lächeln. Dann war sie verschwunden.

„Mr Malfoy, kommen Sie nun oder wollen Sie doch lieber die Nacht hier verbringen?“