******************** Der Frühling Ardas verdorben von Elenyafinwe ******************** ++++++++++++++++++++ Kurzbeschreibung ++++++++++++++++++++ Mairon ist ein begabter Schüler Aules, dessen größtes Bestreben ist, seinem Meister treu ergeben zu dienen. Doch Aules neueste Aufgabe für ihn erscheint ihm unlösbar und er zweifelt an dem, was Aule ihm aufgetragen hat. Seine Probleme werden nur verschärft, als mit einem Mal Melkor ein unangenehmes Interesse an Aules Meisterschüler entwickelt und ihn nicht mehr in Ruhe lässt. (Angbang) -------------------- 1. Kapitel: I -------------------- Eigentlich mag ich es, auch durch die verwendete Namensform darzustellen, welche Sprache gerade gesprochen wird. Elben gab es zur Zeit der Zwei Lampen freilich noch nicht und damit auch keine ihrer Sprachen. Wenn eine Sprache gesprochen wurde, war es Valarin. In dieser Sprache ist Aules Name beispielsweise Aʒûlêz. Das Problem: Wir kennen genau 12 Vokabeln in dieser Sprache und schon Mairons Name ist keiner davon. Deswegen entschied ich mich dann doch für die Quenya Namen.Mairon schlug auf das Metallwerk ein. Sein Gesicht war verbissen, seine Gedanken konzentriert. Er war fest entschlossen, ein Meisterwerk zu schaffen und seinen Meister Aule zufriedenzustellen. Dies war schwer, er wusste es, doch er war der ehrgeizigste und fähigste der Schüler. Keiner aus dem Gefolge Aule‘ war so geschickt und klug im Umgang mit den Werkstoffen wie Mairon. Der Maia arbeitete zurzeit an einer neuen Metalllegierung, die er zu einer Krone zu Ehren der Herren der Welt schmieden wollte. Er liebte alles, was mit dem Schmieden zu tun hatte, das Tüfteln und Planen und Ausprobieren. Doch vor allem schlug sein Herz für die Verarbeitung an sich, dem höchst inspirierenden und von Kraft und Macht durchströmten Schaffungsprozess. Über dem Fauchen des Blasebalgs und der Hitze der Esse merkte er nicht, wie die Zeit verstrich. Sein Werk nahm unter dem Geschick seiner Hände immer mehr Gestalt an. Hier und da noch einige Verfeinerungen, ein letztes Mal nachgeschliffen, einen kleinen Makel verbessern. Stolz hielt er sein neues Meisterwerk hoch. Die Krone war juwelenbesetzt und brach hervorragend das Licht in der Werkstatt. Mairon liebte es, mit Licht und Schatten zu spielen. Die Zwei Lampen waren ein wunderbares Werk, und er strebte danach, etwas Vergleichbares schaffen zu können oder zumindest mit seiner Hände Werk zur Glorie der Schöpfung seiner Herrn beitragen zu können. So vertieft war er in seine Arbeit gewesen, dass er schon seit geraumer Zeit von Meister Aule beobachtet worden war, ohne es zu bemerken. Erst als er in der Betrachtung seines Werks aus seiner Versunkenheit langsam wieder auftauchte, bemerkte er die Präsenz seines Meisters. Hastig verbeugte er sich. »Herr.« Der Meister lächelte milde und trat näher. Dann streckte er die Hand aus. »Zeige mir, was du erschaffen hast«, bat er. Gehorsam überreichte Mairon die Krone, obgleich sie eine Überraschung hätte werden sollen. Kritisch beäugte Aule das Stück von allen Seiten und mithilfe der verschiedenen Lichter der Werkstatt. Er setzte sie sogar probeweise einmal auf. Dann reichte er sie zurück. Dankend nahm Mairon sein Kunstwerk entgegen. »Ein wunderbares Stück«, lobte der Meister. »Du hast fein und genau gearbeitet. Dein Stil ist sehr charakteristisch und kommt hier wunderbar zur Geltung. Auch wie du mit dem Material umgegangen bist, ist lobenswert.« Mairon platze beinahe vor Stolz über das Lob. Er hatte auch nichts Anderes erwartet. Auch er war stolz auf das, was er geschaffen hatte, sein seit langem bestes Stück. »Jedoch«, dämpfte Aule die Euphorie seines Schülers, »sollte unser Hauptaugenmerk momentan auf der Schaffung von Kriegsmaterial liegen. Noch immer ist Melkor eine ernst zu nehmende Bedrohung und die Welt noch nicht eingerichtet für die Kinder des Einen. Zwar sehen unsere Herrinnen und ihre Dienerinnen ebenso stets gern schmückendes Werk, doch ist dies nicht unser größtes Bedürfnis momentan.« Er reichte die Krone zurück und klopfte seinem Schüler auf die Schulter. »Dennoch ist das eine gute Arbeit. Behalte sie und präsentiere sie zu gegebener Zeit, wenn du das wünscht. Widme dich nun jedoch praktischeren Dingen.« Mairon nahm Haltung an. »Wie Ihr wünscht«, beeilte er sich zu sagen und verbarg seine Enttäuschung. Für ihn war nichts anderes als Perfektion akzeptabel, und diese Krone war nicht perfekt. Als Aule gegangen war, behielt Mairon die Krone noch einen Augenblick in der Hand und überlegte, was er damit machen sollte. Dann warf er sie achtlos in eine dunkle Ecke. Nutzloser Tand. Er eilte seinem Meister nach. »Meister Aule!«, rief er. »Erlaubt mir eine Frage.« »Immer doch.« Aule lächelte gütig. »Herr, warum denkt Ihr, dass Melkor eine Gefahr sein könnte?«, wollte Mairon wissen. Er beeilte sich, mit seinem Meister Schritt zu halten, als dieser durch die Werkstatt lief. »Nicht einmal König Manwe hat solch große Bedenken wie Ihr, und er ist Melkors Bruder im Geiste. Stets haltet Ihr uns, Eure Schüler, dazu an, uns auf Melkor vorzubereiten und uns nicht mit Tand aufzuhalten.« Aule hielt abrupt inne und sah Mairon streng an. »Tand? Ich sprach nie von Tand. Mairon, ich wünsche, dass du nicht mehr solche Worte nutzt.« Mairon reckte das Kinn. »Ihr habt meine Frage nicht beantwortet, Meister. Ich will es verstehen, damit ich Euch besser dienen kann.« Aule schwieg eine Weile. »Ich fürchte, dass die anderen Aratar sich auf Tulkas‘ Ankunft ausruhen«, sagte er schließlich. »Doch sprich nicht mehr davon! Du weißt, was ich von dir erwarte.« Er ging davon. Missmutig sah Mairon ihm nach. Sein Meister hatte ihn mit mehr Fragen als Antworten zurückgelassen, und sein Wissensdurst war immer noch nicht gesättigt. Er wandte sich ab und ging in entgegengesetzter Richtung davon. Ziellos streifte er durch die Werkstatt und trat schließlich an die frische Luft. Dieser Tage war er nur selten draußen anzutreffen, oft stand er an seiner Schmiede. Er atmete tief durch und vernahm den Geruch von Kräutern und Blumen. Wie lange schon hatte er die Schmieden nicht mehr verlassen? Er konnte sich nicht erinnern, wann die Herrin Yavanna den Garten um die Werkstatt erweitert hatte. Er erstreckte sich nun so weit das Auge reichte. Meister Aule hatte seinen Sitz in den Schmieden, sein Palast, in welchem auch die meisten seines Hausvolks lebten und arbeiteten, doch die Herrin liebte den freien Himmel und alle Dinge, die darunter ergrünten und sprossen. Sie war selten in den Werkstätten anzutreffen und lief oft mit ihren Rehen über die weiten, saftigen Wiesen. Mairon hatte sich schon immer gewundert, wie diese beiden hatten zueinander finden können. Ein Reh hob den Kopf, als es ihn in das Licht treten sah. Dann lief es zu ihm. Mit seiner feuchten Nase stupste es gegen seine Hand, als wollte es ihn animieren, ihm etwas zu naschen zu geben. Er kraulte dem Tier den Kopf. Mit einem Mal stand die Herrin Yavanna vor ihm und das Reh war verschwunden. Erschrocken stolperte Mairon zurück, dann fiel er auf die Knie. »Herrin!« Doch Yavanna lachte nur. »Steh auf, Mairon. Du musst ja ganz schön in Gedanken verloren gewesen sein, wenn du nicht gesehen hast, dass ich das war. Sprich, was betrübt dich?« Mairon senkte den Blick. »Ich weiß nicht, wie ich Meister Aule dienen soll. Was ich erschaffe, scheint ihm nicht genug, doch was er mir aufträgt, erscheint mir wiederum fragwürdig.« Sanft legte Yavanna ihm einen Finger unter das Kinn, sodass er wieder zu ihr aufsah. Sie strich ihm eine seiner feuerroten Locken aus der Stirn. »Dein Ehrgeiz ist bemerkenswert. Er verleitet dich zu großen Werken, und allein Curumo kann sich mit dir messen. Aber gleichzeitig ist es auch ebendieser Ehrgeiz, der dich hindert. Du musst nicht immer perfekt sein, nicht immer der beste. Manchmal reicht es einfach, wenn du das tust, was Aule dir sagt.« »Aber ich habe das Gefühl, besser sein zu können als das!« Mairon ballte die Hände zu Fäusten. »Wenn er mir doch nur Einblick in seine Pläne geben würde.« »Belaste dich nicht mit solchen Gedanken, Mairon.« Einige kleine Vögel schwirrten herbei und setzten sich zwitschernd auf Yavannas Haare. Einer von ihnen hopste auf ihren Finger, als sie ihnen ihre Hand entgegenstreckte. »Sind sie nicht wunderbar?«, bewunderte sie die kleinen Federbälle. »Melian brachte ihnen bei, so wunderschön zu singen. Mairon, vielleicht solltest du mit der Maia meiner Schwester reden, sie kann dir sicher das eine oder andere über Lieder der Verzauberung beibringen. Vielleicht ist das etwas für dich und du kommst auch einmal weg von deiner Schmiede.« Mairon war nicht wirklich überzeugt von dieser Idee. Dennoch nickte er, um nicht unhöflich zu erscheinen. »Bald schon werden wir ein Fest abhalten«, fuhr Yavanna fort. »Ich schlage vor, du bringst Melian ein kleines Geschenk mit. Sie bewundert deine Kunst sehr, wusstest du das?« Mairon verbeugte sich. »Mit Freuden werde ich dem nachkommen.« Er war zumindest froh, eine Aufgabe bekommen zu haben, die ihm kein Kopfzerbrechen bereitete. Melian war ein flatterhaftes Ding, das leicht zu beeindrucken war. Es wäre nicht schwer, sie mit einer Kleinigkeit zu erfreuen, wie es Yavanna wünschte. In der nächsten Zeit richtete er seine Gedanken darauf. Meister Aule war nicht glücklich darüber, doch als Mairon ihm sagte, dass dies der Wunsch Yavannas war, gab er sich zufrieden. Mairon selbst war froh, seine Gedanken auf etwas anderes zu lenken, als was in Erus Namen auch immer Aule von ihm verlangte. Dennoch konnte er sich nicht helfen und seine Gedanken kreisten doch immer wieder um diese Frage. Etwas für den Krieg Nützliches hatte der Meister gesagt. Was aber war nützlich gegen solch einen mächtigen Geist wie Melkor? Er stand allein gegen die Herren der Welt und konnte sich doch behaupten. Mairon kam nicht umhin, ihn dafür zu bewundern. Er fragte sich, wie jener, der in Macht ersteht, zu solchen Taten fähig war. Dieser Tage war das Land stets in Aufruhr. Schichteten die Herren der Welt Berge auf, stieß Melkor sie wieder um, füllten sie Meere, goss er sie wieder aus. Es waren unruhige Zeiten gleich zu Beginn des Gesichts, welches sie in den Hallen des Einen erblickt hatten. Sehende Steine. Ein Begriff, der Mairon plötzlich in den Sinn kam. Gab es eine Möglichkeit, wie sie die Taten des Schwarzen vorhersehen konnten? Der Gedanke gefiel ihm, er sollte ihn weiter verfolgen. »Mairon.« Die Stimme riss ihn aus seinen Grübeleien. Er blickte auf und sah Curumo in der Tür zu seiner Werkstatt stehen. Hastig bedeckte er die Notizen, die er sich gemacht hatte. »Was habt Ihr hier zu suchen?« Er gab sich nicht die Mühe, freundlich zu klingen. Jeder wusste, dass er nicht gern bei der Arbeit gestört wurde, selbst Aule respektierte dies die meiste Zeit. »Meister Aule schickt mich«, eröffnete Curumo. »Er wünscht, dass seine Meisterschüler zusammenarbeiten.« »Aber ich wünsche das nicht«, konterte Mairon. »Er weiß, dass ich derzeit an einem Auftrag der Herrin Yavanna arbeite.« Curumo ließ nicht locker und betrat den Raum. »Aule ist unser Meister und ihm folgen wir an erster Stelle.« Dann sah er die kleine metallene Figur, die auf Mairons Tisch stand. »Was ist das?«, wollte er wissen. »Das, worum mich Yavanna bat«, sagte Mairon schnippisch. Curumo griff nach der Figur und besah sie sich. Es war eine kleine Nachtigall, die ihrem lebenden Vorbild täuschend echt nachempfunden worden war. In ihrem Rücken steckte ein kleiner Schlüssel, mit dem man den Mechanismus in ihrem Inneren aufziehen konnte. Curumo betätigte ihn. Der kleine Metallvogel begann mit den Flügeln zu schlagen und metallisch zu krächzen. Mairon riss ihm die Figur aus den Händen. »Er ist noch nicht fertig!« »Dafür sieht er jedoch schon erstaunlich gut aus«, sagte Curumo bewundernd. »Ich weiß, welche Aufgabe Euch der Meister gegeben hat. Er sagt, dass es Euch helfen wird, wenn Ihr die Gedanken eines anderen Maia dazu hören könnt.« Mairon starrte ihn an. Er brauchte keinen lästigen Gehilfen. Er brauchte Antworten! »Nur zu, erleuchtet mich«, spottete er. Curumo wirkte verstimmt. »Warum seid Ihr so, Mairon?« Mairon hob eine Augenbraue. »Wie bin ich denn?« »Abweisend. Einzelgängerisch. Der Meister will, dass wir zusammenarbeiten, weil er zum einen denkt, dass es Euch guttun wird, mehr mit den anderen Schülern zusammen zu sein, aber auch, weil wir viel von Euch lernen können. Unter all seinen Schülern seid Ihr der Herausragendste, Mairon der Bewundernswerte. Der Meister sagt, dass er es für besser hält, wenn wir voneinander lernen und nicht immer nur unter seiner Anleitung.« Und wo wurde ich in dieser Angelegenheit gefragt? Doch das sprach Mairon nicht laut aus. »Meinethalben«, räumte er widerwillig ein. »Setzt Euch da in die Ecke und stört nicht.« Curumo fasste ihn fest in den Blick. »Wir sollen voneinander lernen«, wiederholte er. »Dann lernt, indem Ihr beobachtet.« Seufzend fügte sich Curumo. Ich hatte schon länger den Headcanon, dass ursprünglich Mairon auf die Idee zu den Palantíri kam, die aber nie zu Ende brachte. Seine Unterlagen dazu fielen dann irgendwann Feanor in die Hände. -------------------- 2. Kapitel: II -------------------- Rastlos schlich Mairon durch die Gänge der Werkstätten. Seine Gedanken ließen ihm keine Ruhe. Sie hatten Krieg gegen Melkor geführt, und mit Tulkas‘ Ankunft war er geflohen. Jetzt herrschte Frieden, doch Meister Aule traute dem nicht wirklich. Er verlangte von Mairon, dass dieser Kriegsmaschinen entsann, die sie gegen Melkor führen konnten. Mairon war nur ein Maia und Melkor der mächtigste der Aratar, als er noch zu ihnen gezählt worden war. Was konnte Mairon ausrichten, zu dem Aule nicht fähig war? Er war niemand, der vor einer Herausforderung zurückschreckte, doch in dieser Angelegenheit sah er wenig Sinnvolles. Er solle sich darüber keine Gedanken machen und einfach tun, was Aule von ihm verlangt hatte, hatte Yavanna gesagt. Ihre Worte nagten an ihm. Warum hielten der Meister und seine Herrin ihn so zurück? Was sprachen sie nicht aus? Mairon hatte deutlich gemacht, dass er Aule nur dann zu dessen Zufriedenheit dienen konnte, wenn dieser ihn in seine Gedanken einweihte. Wenn er nicht wusste, was er in Zukunft von Melkor erwarten konnte, wie konnte er da Aules Aufgabe erfüllen? In dem Moment hörte er leise Stimmen aus einem der Zimmer, die entlang des Ganges lagen. Die Tür stand einen Spalt weit offen, und vermutlich waren die Worte nie für Mairon bestimmt gewesen. Doch als er die Stimmen Aules und Yavannas hörte, schlich er doch näher. »Ich fürchte um ihn«, hörte er Meister Aule in diesem Augenblick sagen. »Mairon ist mein Meisterschüler, selten habe ich einen Maia mit mehr Vermögen gesehen als ihn. Aber er strebt nach immer noch mehr. Was ist, wenn ich Melkor nicht mehr von ihm fernhalten kann?« Mairon erstarrte. Melkor war hier? »Mairon sucht nach Antworten«, sagte Yavanna. »Antworten, die du ihm wirst geben müssen, ob du es willst oder nicht. Er wird sie finden, und dann ist es besser, wenn du es bist, der ihm seine Fragen beantwortet.« »Er zweifelt, ich sehe es in ihm. Aber wie soll ich ihm sagen, was ich befürchte, ohne diese Zweifel zu verstärken?« »Lass Melian diese Zweifel zerstreuen. Sie ist eine sanfte Seele, und Mairon scheint es Freude zu bereiten, an meiner Aufgabe für ihn zu arbeiten. Hat er mit dir darüber gesprochen, was er sich für Melian ersonnen hat?« »Nein. Er spricht mit niemandem über seine Werke, solange er nicht denkt, dass sie perfekt sind. Aber Curumo hat es mir gesagt. Er baut ihr eine metallene Nachtigall, die singen und fliegen kann.« Yavanna kicherte. »Wie liebreizend! Ich bin sicher, dass Melian das gefallen wird.« Mairon ballte die Hände zu Fäusten. Hatte Curumo ihn ausspioniert?! »Du hegst also die Hoffnung, dass die beiden sich näher kommen?«, fuhr Aule fort. »Mit Curumo scheint er sich nicht sonderlich gut zu verstehen. Ich hatte gehofft, dass, wenn ich die beiden zusammen an etwas arbeiten lasse, für das ihre Leidenschaft brennt, Mairon etwas aus sich herauskommen würde. Er ruft Spannungen unter meinen Schülern hervor, und seine Launen sind ... ungemütlich, wenn du verstehst.« Mit einem zornigen Schnauben stürmte Mairon davon. Er hatte genug gehört. Genügte es denn nicht einmal, Aules Meisterschüler zu sein? War es nicht genug, besser als alle anderen zu sein? Wütend schlug er die Tür zu seinem Zimmer hinter sich zu und lehnte sich heftig atmend dagegen. Ihm war nach schreien zumute. »Dann schrei.« Mairon sprang erschrocken auf. Sein Blick huschte nervös im Zimmer umher. Wer hatte da gesprochen? Dann sah er die große dunkle Gestalt, die im Schatten lässig auf einem Stuhl saß. Melkor. Mit einem verschlagenen Lächeln auf den Lippen erhob sich Melkor und trat in das Licht. Mairon hatte ihn zuletzt gesehen, als er mit den anderen Ainur nach Arda gekommen war, doch noch immer trug Melkor dieselbe Gestalt, schön und schrecklich zugleich. Mairon konnte die Macht, die von ihm ausging, regelrecht in der Luft prickeln fühlen. Er drückte sich gegen die Tür und wusste nicht, was er tun sollte. Sollte er wegrennen und Aule rufen? Oder sollte er bleiben? Melkor kam auf ihn zu und ließ dabei etwas durch seine Finger gleiten, das Mairon verdächtig bekannt vorkam. Es war die Krone, die er vor einiger Zeit geschmiedet und dann achtlos weggeworfen hatte. »Ein wunderbares Stück«, sagte Melkor anerkennend. »Warum hast du es weggeworfen?« »Weil es nicht perfekt ist«, sagte Mairon leise. Warum war Melkor hier? Was wollte er? Melkor schwieg zunächst und betrachtete Mairon. Dann setzte er ihm die Krone auf die Stirn. »Perfekt«, murmelte er. »Ich sehe jetzt, warum sie dich den Bewundernswerten nennen.« Mairon erschauderte. Melkor stand so nah vor ihm! So nah, dass sie sich beinahe berührten. Es war eine unangenehme Nähe. Melkors Macht umschlang ihn wie Schatten. »Du willst Antworten, Mairon, ich sehe es«, fuhr Melkor fort. »Du willst wissen, warum sie gegen mich Krieg führten und warum dein Meister mich noch immer fürchtet. Weil sie schwach sind, deswegen! Und Manwe ist ein Narr und niemand will es zugeben. Er mag mein Bruder im Geiste sein, aber er versteh von allen am wenigsten, wer ich bin. Sie fürchten mich, weil ich weiter gehe als sie. Weil ich meinen eigenen Weg gehe und ich kein Sklave Erus bin.« Mairon stand der Mund offen. Melkor lächelte. »Sie halten dich zurück, nicht wahr? Du sollst einfach machen, was sie von dir wollen, aber dir ist das nicht genug. Und weißt du, warum sie das tun? Weil sie fürchten, dass auch du weiter gehen kannst, als sie wollen.« Er strich Mairon über die scharfe Linie seines Kiefers. »Du fielst mir schon während der Musik auf, kleiner Mairon. Eine Schande, dass Aule solch ein Kunstwerk in seinen Schmieden verrotten lässt.« »Ihr geht jetzt besser«, krächzte Mairon, als er endlich seine Stimme wiedergefunden hatte. Melkor lachte in sich hinein. »Für‘s erste.« Und dann, als sei nichts gewesen, stieg er durch das Fenster und war verschwunden. Schwer atmend sah Mairon ihm nach. Mit einem Wutschrei riss er sich die Krone vom Kopf und schleuderte sie davon. Mit einem hellen Klingen sprang sie über den Boden und schlitterte dann unter sein Bett. Er ließ sie dort liegen. -------------------- 3. Kapitel: III -------------------- Das Fest wurde im Zentrum von Almaren abgehalten, dort, wo das Licht Ormals und Illuins sich vermischte und am strahlendsten schien. Hier wuchsen Yavannas Bäume am höchsten, blühten ihre Blumen am strahlendsten und waren ihre Wiesen am saftigsten. Zahlreiche Geister hatten hier zusammengefunden, um ausgelassen die Schönheit Ardas zu feiern. Die Schrecken, die der Krieg mit Melkor über sie gebracht hatte, schien vergessen. Etwas verloren stand Mairon da und hielt die Tasche mit dem Metallvogel in Händen, den er für Melian angefertigt hatte. Sein Werk war noch lange nicht perfekt, aber Yavanna hatte darauf bestanden, dass er es dennoch Melian präsentierte. Alles in ihm sträubte sich dagegen. Melian entdeckte ihn als erstes. Lachend tanzte sie zwischen den anderen Geistern, Vögel schwirrten um sie herum. Ihr Gewand war leicht wie eine Brise, die in die zarten Schwingen ihrer Vögel fuhr und sie in den Himmel trug. Mit federleichten Sprüngen kam sie zu Mairon und tanzte lachend um ihn herum. Ihre Vögel umschwirrten die beiden. »Die Herrin Yavanna verriet mir, dass du etwas für mich hast«, zwitscherte sie. Mairon trug noch immer die Kleidung, die er auch sonst immer an seinem Arbeitsplatz trug. Er hatte sich nicht darum geschert, etwas anderes anzuziehen. Mit einem Mal wurde ihm bewusst, wie fehl am Platz er damit wirken musste, und er wünschte sich, er hätte auch nur einen Gedanken mehr an seine Kleidung verschwendet. »Es sollte eine Überraschung werden, aber anscheinend weiß ganz Almaren bereits Bescheid«, sagte er zähneknirschend. Wenn er Curumo nur in die Finger bekam! »Und ich bin auch noch nicht fertig. Ich präsentiere es dir, sobald …« »Hast du es dabei?«, unterbrach Melian ihn. »Ja, aber …« »Zeig es mir.« »Melian, ich sagte …« »Ich weiß, was du gesagt hast, ich will es dennoch sehen. Was du als wertlos erachtest, ist immer noch mehr, als viele von uns bewerkstelligen können. Zeig mir, was du geschaffen hast.« Mairon sah sie missbilligend an, fügte sich jedoch. Er holte den Metallvogel aus der Tasche hervor und hielt ihn auf seiner Hand. Melian hielt in ihrem Tanz inne und sah voller Bewunderung auf das filigrane Werkstück. »Oh, das ist bezaubernd!«, rief sie verzückt aus. »Mairon, wie soll das keine Perfektion sein?« Er zog die Schraube auf. Mittlerweile hatte er es hinbekommen, dass der Vogel flog. Doch noch immer war sein Krächzen weit vom Gesang der Nachtigall entfernt. »Deswegen«, sagte er nur. Melian nahm den Vogel sanft in ihre Hände, als sei er ein lebendes Ding. Dann begann sie zu singen. Fasziniert lauschte Mairon ihrem Zaubergesang. Yavanna hatte davon gesprochen, dass Melian den Vögeln das Singen beigebracht hatte und dass sie ihn etwas darüber lehren könnte. Er war ob dieser Idee skeptisch gewesen, doch jetzt änderte er seine Meinung. »Versuche es jetzt noch einmal«, bat Melian und reichte ihm den Vogel zurück. Als Mairon ihn nun aufzog, war sein Gesang kaum noch von dem einer lebenden Nachtigall zu unterscheiden. Erstaunt sah er zu Melian. Vielleicht konnte sie ihm ja doch etwas beibringen. Sie lächelte. »Er brauchte nur einen kleinen Schubs in die richtige Richtung.« »Kannst du mir lehren, solche Magie in meine Lieder zu weben?« »Aber freilich!« Er besah sich den Metallvogel in seinen Händen. Dann reichte er ihn wieder zurück an Melian. »Jetzt ist er perfekt.« »Hab dank.« Noch immer lächelnd nahm sie den Vogel entgegen und ließ ihn zusammen mit seinen lebenden Geschwistern fliegen. In dem Moment fiel ein Schatten über die Feiernden. Die Gesänge verstummten und die Tänzer hielten inne. Mairon blickte auf und suchte nach der Ursache für die plötzliche Änderung. Sein Herz setzte für einen Moment aus, als er sah, wer gekommen war: Melkor. Er hatte es gewagt, in aller Öffentlichkeit unter die Ainur Almarens zu treten. Melian wich zurück und trat hinter Mairon. »Warum ist er hier?«, flüsterte sie. Melkor schritt durch die Reihen der feiernden Ainur und schien sich nicht weiter um all die besorgten und ängstlichen Blicke zu scheren. Manwe erhob sich von seinem Thron, von wo aus er bisher die Feier beobachtet hatte, und trat ihm entgegen, Varda an seiner Seite. »Bruder«, sagte er eisig, als er vor Melkor stehen blieb. Mit einem Mal musste sich Mairon der Worte erinnern, die Melkor zu ihm gesprochen hatte. Aufmerksam verfolgte er das Treffen zwischen den beiden Mächtigsten der Ainur. »Ich freue mich, dich wieder zu sehen, Manwe«, sagte Melkor mit einer spöttischen Verbeugung. »Eine schöne Feier. Bitte fahrt doch fort.« Aule trat vor. »Ihr seid hier nicht erwünscht«, knurrte er. »Schlimm genug, dass Ihr mich immer wieder an meiner Tür belästigt habt. Also bringt vor, was Ihr zu sagen habt, und verschwindet dann wieder.« Manwe hielt ihn mit einer Geste zurück. »Mein Bruder ist hier ebenso willkommen wie jeder andere auch. Wir haben Frieden geschlossen, und dieser Frieden soll gewahrt bleiben und nicht durch kleine Meinungsverschiedenheiten gestört werden.« Er winkte einem nahestehenden Maia, welcher ein Tablett mit einem Krug und mehreren Kelchen trug. In zwei der kristallenen Kelche goss er miruvórë ein, einen davon reichte er Melkor, den anderen nahm er selbst. »Lass uns auf den Frieden anstoßen«, sagte er. Melkor ließ sein Kristallglas gegen das Manwes klingen. »Auf den Frieden.« Das Lächeln, das er dabei auf den Lippen trug, ließ Mairon erschaudern. Die anwesenden Ainur zerstreuten sich, doch die Stimmung auf der Feier war mit einem Mal wesentlich eisiger geworden. Mairon wurde das Gefühl nicht los, dass weitaus mehr hinter der Anwesenheit Melkors steckte, als dieser zeigen wollte. Was hatte Aule gemeint, als er sagte, Melkor habe ihn an seiner Tür belästigt? Warum war Melkor überhaupt in sein Zimmer eingebrochen? Mit einem Mal war Mairon ganz und gar nicht mehr nach Feiern zumute. Es hatte sich von Beginn an wie eine Pflichtveranstaltung angefühlt. Aule hatte erwartet, dass er hier erschien, und Yavanna hatte gewünscht, dass er Melian den Vogel präsentierte. Beides hatte er getan, und mit Melkors Anwesenheit war es ohnehin keine Feier mehr. Er ließ Melian stehen, wo sie war, und ging davon. Sie raffte ihre Röcke und eilte ihm hinterher. »Du kannst mich doch jetzt nicht allein lassen!«, begehrte sie auf. Er musste an sich halten, um sie nicht anzufahren. Mühsam rang er darum, sein Temperament zu beherrschen. Anders als Curumo hatte sie es nicht verdient, wenn er sie so harsch behandelte. »Ich wünsche, jetzt allein zu sein«, brachte er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. »Aber ich wünsche das nicht«, hielt sie mit Nachdruck dagegen. »Du hast ebenso wie ich gesehen, wer da gerade erschienen ist. Ich möchte jetzt nicht allein gelassen werden.« »Warum gehst du dann nicht zu Este oder Vána? Sie sind deine Valiër.« »Weil sie noch immer auf der Feier sind und du eben nicht.« Er kniff die Augen zusammen. »Spionierst du mir hinterher?« Empört schnappte sie nach Luft. »Mairon! Nennen sie dich wirklich den Bewundernswerten? Gerade bezweifle ich es. Warum sollte ich dich ausspionieren?« »Der Vogel hatte eine Überraschung werden sollen. Curumo aber hatte ihn gesehen und ihn Meister Aule gegenüber erwähnt.« Sie stemmte die Hände in die Hüften und sah ihn tadelnd an. »Du bist ein Geheimniskrämer. Wahrscheinlich wollte dein Meister einfach nur aus reiner Neugierde wissen, was du für seine Herrin anfertigst, und Curumo hat es ihm eben gesagt, ohne einen Hintergedanken dabei zu hegen.« »Und warum hat er mich dann nicht einfach gefragt?« »Hättest du es ihm gesagt?« Mairon wollte das schon aus einem Impuls heraus bejahen, doch dann hielt er inne. Wahrscheinlich hätte er es nur mit Widerwillen getan, bis er etwas gehabt hätte, das das Präsentieren lohnt. »Komm, lass uns zusammen laufen«, schlug Melian vor. »Ich will vergessen, was ich auf dem Fest gesehen habe, und zufällig bist du ja gerade anwesend, um mir dabei Gesellschaft zu leisten.« Mairon seufzte. »Wolltest du nicht wissen, wie ich die Zauber in meine Lieder webe?«, lockte ihn Melian. »Und du kannst mir erzählen, wie du deine Kunst erschaffst. Klingt das nach etwas, das dir mehr zusagt, als einer Dame Gesellschaft zu leisten?« Das tat es. Schon deutlich weniger widerstrebend stimmte Mairon also zu und Seite an Seite entfernten sie sich von der Feier. Bald schon verstummte die Musik hinter ihnen, um dem Gesang der Vögel zu weichen, die Melian in Scharen begleiteten. Sie liebte die kleinen Federbälle über alles und lachte, als die Vögel sich in ihren Haaren niederließen und neckend daran zupften. Mairon empfand das Geschnatter der Vögel bestenfalls erträglich. Viel faszinierender war für ihn, wie Melian ihre Magie in ihre Lieder gewoben hatte und wie sie dies mit seiner Technik verbunden hatte. Ungeahnte Möglichkeiten ergaben sich daraus. Was würde er alles erschaffen können, wenn auch er Lieder der Verzauberung in seine Werke wob? Er war begierig, es herauszufinden. -------------------- 4. Kapitel: IV -------------------- CN SexEr solle sich eine Auszeit nehmen, hatte Meister Aule gesagt. Er sorgte sich, dass Mairon sich überarbeitete. Wenn schon nicht seine eala, so benötigte doch seine fana hin und wieder Ruhe, hatte Aule betont. Mairon machte diese Zwangspause jedoch unruhig, und er streifte rastlos umher. Nicht einmal an seinen Plänen durfte er arbeiten, obgleich dies keine körperliche Arbeit war. Mairon war missmutig, und selbst Curumo mied ihn, um nicht seinen Launen zum Opfer zu fallen. Als er sein Zimmer betrat, erwartete ihn eine böse Überraschung. Melkor hatte sich erneut hineingeschlichen und stand soeben an dem Tisch, auf dem Mairon einige Skizzen ausgebreitet hatte, an denen er entgegen Aules Willen dennoch gearbeitet hatte. Interessiert besah sich der Vala die Zeichnungen. Mairon stand wie erstarrt in der Tür. Dann raffte er sich zusammen. »Raus!«, donnerte er. Melkor wandte sich ihm mit einem breiten Grinsen zu. »Und wenn nicht?«, fragte er herausfordernd. Mairon ballte die Hände zu Fäusten. Macht prickelte in seinen Fingerspitzen. »Ihr habt hier nichts zu suchen, Melkor!«, knurrte er. »Weder wünscht Meister Aule Eure Anwesenheit in seinen Hallen noch ich Eure Anwesenheit an genau diesem Ort hier! Ist Euch überhaupt bewusst, dass das hier meine Privatgemächer sind?« »Natürlich«, sagte Melkor gelassen, als sei nichts dabei. Dann deutete er auf die Aufzeichnungen. »Interessante Gedanken, die du da hast. Warum verfolgst du sie nicht weiter?« Mairon ging nicht darauf ein. »Ich werde jetzt Meister Aule rufen!« »Das glaube ich nicht.« Mit nur einer Geste ließ Melkor die Tür hinter Mairon zuschlagen. Mairon starrte ihn mit großen Augen an, das Herz schlug ihm bis zum Hals. Wenn Melkor nur wollte, konnte er ihn hier und jetzt vernichten, wurde ihm bewusst. Aber … Würde Melkor wirklich solch eine Tat wagen? Er hatte Arda schlimme Dinge angetan. Aber würde er es wirklich wagen und einem anderen Ainu ein Leid zuzufügen? »Ich bin nicht hier, um dir zu schaden«, sagte Melkor, als habe er Mairons Gedanken gelesen. »Ich bin hier, weil ich Aules Meisterschmied auf der Feier vermisst habe. Wo warst du? Ich war extra für dich gekommen und habe mich sogar freiwillig Tulkas gestellt. Unangenehme Sache, das kann ich dir versichern.« »Was wollt Ihr von mir?«, verlangte Mairon zu wissen. Flammen tanzten um seine Hände. Melkor lächelte, als er das sah. »Die Idee mit deinen sehenden Steinen gefällt mir, du solltest das weiter verfolgen. Wie wirst du es schaffen, dass man durch sie an weit entfernte Orte blicken kann? Braucht es einen Gegenpool an dem Ort, wohin man blicken will? Oder reicht der Wille des Betrachters, um zu sehen, was er sehen will?« »Was wollt Ihr?!«, verlangte Mairon mit Zorn in der Stimme zu wissen. Sämtliche Angst war vergessen. »Du bist ein großer Geist, Mairon«, sagte Melkor anerkennend. »Und ich bewundere das sehr. Gleichzeitig bedauere ich es, wie Aule dich behandelt, wie er dich klein hält und dir nicht erlaubt, dein volles Potenzial auszuschöpfen.« »Meister Aule war immer gut zu mir! Er machte mich zu dem, der ich heute bin«, protestierte Mairon und hoffte, dass Melkor ihm nicht ansah, wie sehr er ihm zustimmte. »Ein kleiner Maia, der tut, was man ihm befiehlt«, sagte Melkor unerbittlich. »Dem nicht erlaubt ist, mehr als das zu tun, was man ihm befiehlt. Der aber zu so viel mehr in der Lage wäre. Mairon, komm zu mir in den Norden. Wolltest du nicht wissen, wieso dein Meister verlangt, dass du Kriegsmaschinen gegen mich ersinnst? Ich kann es dir zeigen.« Die Macht, die Mairon in Händen gehalten hatte, verpuffte. Er wusste nicht, was er dazu sagen sollte. Nicht nur hatte Melkor gesehen, was sich Mairon ersonnen hatte. Er lud ihn sogar ein, ihn in seine eigenen Geheimnisse einzuweihen! Warum tat Melkor das? Warum gestattete er es Mairon, Einblicke in seine Pläne zu erhalten, wenn es ihm doch nur schaden konnte? Er musste das doch wissen! Welchen Plan verfolgte er? »Mein Angebot steht, überlege es dir«, sagte Melkor ein letztes Mal. Dann sprang er aus dem Fenster und war verschwunden. Sprachlos starrte Mairon ihm hinterher. Die wiederholten Begegnungen mit Melkor ließen Mairon keine Ruhe, und die von Meister Aule verordnete Zwangspause trug ebenfalls nicht dazu bei, seinen Gemütszustand zu beruhigen. Man sollte Melkor irgendwo festketten, wo er Mairon nicht mehr belästigen konnte! Ironischerweise brachte ihn dieser Gedanke auf die zündende Idee, um die Aufgabe, die Aule ihm gegeben hatte, zu lösen. Mairon konnte sich nicht helfen und musste einfach mit der Planung beginnen. Sobald er erste vorzeigbare Notizen hatte, eilte er mit ihnen zu seinem Meister, um ihm seine Idee zu unterbreiten. Er wusste, dass dies kein Projekt war, das er allein stemmen konnte. Es würde vieler Mächte bedürfen, um eine Kette zu schmieden, die Melkor gefangen halten konnte. »Wir können Melkor nicht vernichten«, betonte Mairon. »Aber wir können ihn festhalten an einem Ort, an dem er keinen Schaden mehr anrichten kann.« »Und es wäre auch nicht der Wille des Einen, wenn wir ihn vernichten«, stimmte Aule zu, während er seinen Bart glattstrich. »Deine Idee ist ambitioniert, Mairon, aber nicht unmöglich.« »Und wenn wir zusammenarbeiten, auch zu bewerkstelligen.« Aule lächelte zufrieden. »Ungewöhnlich, dass ausgerechnet du so etwas vorschlägst. Aber du hast Recht. Ich überlasse dir die Planung und stehe dir helfend zur Seite.« Mairon verbeugte sich und machte sich sogleich an die Arbeit. Aule wachte über ihn, auch wenn Mairon vermutete, dass es hauptsächlich daran lag, um darauf achten zu können, dass er sich nicht übernahm. Mairon machte sich nichts daraus und stürzte sich mit Feuereifer in seine Arbeit. Ein wenig verwunderte es ihn selbst, dass er freiwillig mit anderen zusammenarbeitete. Aber dann sagte er sich, dass es nur ein kleines Opfer war, um endlich Ruhe vor Melkor zu bekommen. Doch so schnell wurde ihm diese Gnade nicht gewährt. Die Tür zu Meister Aules großer Schmiede wurde schwungvoll aufgerissen. Die anwesenden Maiar fuhren erschrocken zusammen. Aule fuhr herum, den Hammer wie zum Schlag erhoben. »Melkor!«, donnerte er, dass die Wände seiner Hallen erzitterten. Mairon biss die Zähne zusammen. Seine Finger krallten sich in die Kante der Werkbank, an der er stand, und hinterließen kleine Dellen im Holz. Curumo neben ihm fuhr herum und keuchte auf. »Er ist es wirklich!«, stieß er hervor. »Eine schöne Schmiede, die Ihr hier habt, Aule«, sagte Melkor. »Fast könnte ich ein wenig neidisch sein, dass ich so eine Schmiede nicht mein eigen nennen darf.« »Verschwindet!«, presste Aule zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. »Ich habe Euch oft genug gesagt, dass Ihr hier nicht erwünscht seid. Reicht es denn nicht, wenn ich Euch wieder und wieder von meiner Türschwelle weise?« »Aule, ich muss sagen: Ich bin empört, dass Ihr solch einen Schatz unter Verschluss haltet«, sagte Melkor tadelnd. »Ihr seid gerühmt für Eure Schmieden und für das, was hier geschaffen wird. Und doch ist es beinahe sträflich, welches Potenzial Ihr hier verschwendet.« »Im Gegensatz zu Euch kenne ich meine Grenzen.« Melkor machte ein tadelndes Geräusch. »Da hörte ich aber anderes.« Aules gesamte Erscheinung erglühte in seinem Zorn. »Verschwindet jetzt, bevor ich mich und Manwes Wunsch, mit Euch Frieden zu halten, vergesse.« Mairon erstarrte, als er mit einem Mal spürte, wie Melkor hinter ihn trat. Er wagte es nicht, auch nur einen Finger zu krümmen. Mit einer erstaunlich sanften Geste setzte Melkor ihm die Krone auf das Haupt. »Wirf sie doch nicht immer weg«, wisperte er ihm ins Ohr. »Sie sieht so hübsch an dir aus.« Mairon erschauderte. »Lasst Eure dreckigen Finger von meinen Maiar!«, donnerte Aule. Erst das riss Mairon aus seiner Erstarrung. Mit einem wütenden Schrei wandte er sich um und ballte die Hand zur Faust. Flammen züngelten um seine Faust, als er sie gegen Melkors breite Schultern krachen ließ. Dann stürmte er an ihm vorbei und aus der Schmiede. Er wollte einfach nur weg von hier an einem Ort, an dem er sich sicher fühlte. Natürlich strebte er da beinahe automatisch seine eigene Werkstatt an, der Ort, an dem er in Ruhe seine ganze Wut an einem Stück Metall auslassen konnte. Der Drang, auf etwas einzuschlagen, war überwältigend. Wutschnaubend griff er nach einem Hammer und fachte das Feuer in der Esse an. Ungeduldig betätigte er den Blasebalg, die Kohlen konnten gar nicht schnell genug glühen. Hitze schlug ihm entgegen, Funken stoben auf. Er riss das Metall aus der Esse, obwohl es noch kaum glühte, legte es auf den Amboss und holte mit dem Hammer aus. Kräftige Finger legten sich in eisenhartem Griff um sein Handgelenk. Verwundert sah er über die Schulter. Seine Verwunderung wich sofort heißen Zorn. »Melkor!«, fuhr er den Vala an. Er ließ die Zange achtlos fallen, die klingend zu Boden fiel. Dann holte er mit der Faust aus. Wenn er schon nicht auf Metall schlagen konnte, dann wenigstens auf das, worauf sich sein Zorn richtete. Melkor fing seine Faust ohne mit der Wimper zu zucken auf. Mairon versuchte, sich aus dem Griff des Vala zu befreien, doch dieser hielt ihn eisern gefangen. Er war größer als Mairon und so war es ihm ein leichtes, Mairons Arme über dessen Kopf zu halten, sodass ihm einiges an Bewegungsfreiheit genommen wurde. »Warum verfolgt Ihr mich?«, keifte Mairon. »Warum quält Ihr mich so und lasst mich nicht einfach in Ruhe?« Melkor schwieg und stand einfach nur da, um Mairon zu betrachten. Ein unerwartet sanfter Ausdruck trat in seine Augen. »Mairon …«, hauchte er mit einer Zärtlichkeit, die Mairon niemals von ihm erwartet hätte. Dann ließ er Mairons Hand, die noch immer den Hammer hielt, los. Er legte dem Maia eine Hand in den Nacken, zog ihn zu sich heran und beugte sich zu ihm herab. Dann küsste er ihn. Mairon riss die Augen auf, als er mit einem Mal die weichen Lippen des Mächtigsten der Valar auf seinen eigenen spürte, wie sie ihn sanft liebkosten. Sein Arm sackte herab, der Hammer entglitt seinen Fingern und sämtliche Kraft schien seine Glieder zu verlassen, als er in Melkors Umarmung sank. Seine Gedanken waren wie leergefegt, als er den Kuss erwiderte. »Mairon«, raunte Melkor nur einen Hauch von Mairons Lippen entfernt. Die Art und Weise, wie er Mairons Namen aussprach, regte etwas Ungeahntes in ihm an. Eine Leidenschaft entfachte sein Herz, die er bis jetzt nur für das Schmieden gekannt hatte. Er umfasste Melkors Gesicht mit seinen Händen und drückte gierig seine Lippen auf die Melkors. Es mochte ein unbeholfener Kuss sein, aber es war ihm egal. Er wollte in diesem Moment nichts anderes, als Melkor zu küssen. Melkor knurrte begierig, als er seine Hand an Mairons Seite hinabwandern ließ. Seine Finger krallten sich in das Hinterteil des Maia, als er ihn näher zu sich heranzog. Die andere Hand strich ihm lasziv über den Oberschenkel. Erst legte er sich Mairons Bein auf die Hüfte, dann hob er den Maia hoch, als würde er kaum mehr wiegen als eine Feder, und setzte ihn auf den Tisch. Willig ließ es Mairon geschehen. Mit weit aufgerissenen Augen sah er zu Melkor auf, der über ihm aufragte. Dieser hielt seinen Blick gefangen, als er sich daran machte, die Schließen von Mairons Gewand zu öffnen. Mairons Herz schlug ihm bis zum Hals, sein Atem ging stoßweise und Hitze brannte in seinen Wangen. »Welch Perfektion«, raunte Melkor mit rauer Stimme. »Was …« Mehr brachte Mairon nicht hervor. Melkor streifte ihm das Gewand von den Schultern. Er beugte sich herab, um Mairons Kehle mit zarten Küssen zu bedecken. Fast schon unwillkürlich breitete Mairon die Beine aus, um sie um Melkors Hüften zu schlingen. Er stöhnte, als Melkor erst seine Finger über die Haut seiner entblößten Brust wandern ließ und dann seine Lippen folgten. »Bei dem Einen …«, brachte Mairon atemlos hervor. Melkors Zunge umspielte seinen Nabel, während seine Finger an Mairons Hosenbund zupften. Mairon biss sich auf die Unterlippe, um ein allzu lautes Stöhnen zu unterdrücken, und ließ den Kopf in den Nacken sinken. Er sog scharf die Luft ein, als Melkor ihm eine Hand zwischen die Beine legte. Ein Klopfen an der Tür riss sie unsanft wieder zurück in die Realität. »Mairon, bist du da? Kann ich rein kommen?« Melian! Melkor fuhr auf. Mit schreckgeweiteten Augen sah sich Mairon um. »Einen Moment noch!«, rief Mairon in Richtung der Tür. An Melkor gewandt zischte er: »Versteckt Euch! Schnell!« »Komm mit mir!«, verlangte Melkor und streckte ihm die Hand entgegen. Mairon schlug sie aus und stieß Melkor von sich weg. »Los jetzt!«, drängte er, während er sich gleichsam sein Gewand wieder überwarf. Melkor hechtete hinter den Schmiedeofen. Mairon versuchte vergeblich, wieder etwas Ordnung in seine wirren Locken zu bringen, während sein Herz noch immer raste. Er hoffte verzweifelt, dass Melian nichts merken würde. Dann öffnete er die Tür. Melian lächelte ihn an, als sei nichts gewesen. »Du bist nicht zu unserem Treffen erschienen, Mairon. Herrin Vána hatte daher vorgeschlagen, dass ich dich hier suche.« Ihm fiel es siedend heiß wieder ein. Er war doch mit Melian verabredet gewesen, damit sie ihm ihre Zaubergesänge lehren konnte! »Oh!«, machte er wenig geistreich. »Ich muss über meiner Arbeit glatt die Zeit vergessen haben. Das tut mir leid!« Noch immer spürte er Melkors heiße Küsse auf seiner Haut, und das half ihm nicht gerade, sich zu konzentrieren. Melian winkte ab. »Das ist doch nicht schlimm.« Sie musterte ihn. »Ist etwas vorgefallen, Mairon? Du wirkst ein wenig zerstreut.« »Nichts, nichts!«, wiegelte er sie hastig ab. »Geh du doch schon einmal vor, ich komme gleich nach.« »In Ordnung.« Mit einem Winken wandte sie sich ab und ging davon. Als er sicher war, dass sie außer Hörweite war, wandte er sich um und trat hinter den Ofen. »Melkor!«, grollte er. »Wir müssen reden!« Doch Melkor war bereits verschwunden. eala – Geist, Wesen; bezeichnet jene Wesen, deren natürlicher Zustand es ist, ohne Körper zu existieren; Qufana – Hülle, Gewand; bezeichnet die Hülle einer eala; Qu. -------------------- 5. Kapitel: V -------------------- In diesem Kapitel steckt The World Is Yours von Arch Enemy drin. Aus Gründen.Das konnte so nicht weiter gehen! Mairon schämte sich, dass er sich so hatte gehen lassen. Wie hatte er es nur so weit kommen lassen können? Wie hatte er es gestatten können, dass Melkor ihm so nahe kam? Melkors Küsse hatten nach Feuer und Asche geschmeckt … Nein! Auf gar keinen Fall! Niemals wieder! Melkor war spurlos verschwunden und tauchte auch nicht wieder auf. Doch so wirklich wollte Mairon dem Frieden nicht trauen. Melkor würde sich nie und nimmer von Melian in die Flucht schlagen lassen. Mairon konnte es einfach nicht glauben, nicht nachdem er gesehen hatte, wie hartnäckig Melkor ihm nachgesetzt hatte. Und da gab es auch noch diese unausgesprochene Sache zwischen ihnen. Er musste es beenden, bevor es wirklich begonnen hatte. Melkor hatte sich von ihm fernzuhalten, um jeden Preis! Er musste endlich verstehen, dass Mairon nichts von ihm wissen wollte. In den Norden sollte er kommen, hatte Melkor gesagt. Also dann. Auf in den Norden. Er sagte Meister Aule, dass er eine Pause vom Arbeiten brauchte, um seine Gedanken zu klären. Aule begrüßte dies und erlaubte es Mairon, auf eine Reise zu gehen. Er ahnte nicht, wohin es Mairon wirklich verschlagen würde. Der Maia nahm die Gestalt eines großen schwarzen Vogels an und flog in den Norden. Noch nie hatte er sich so weit von Almaren entfernt, stets war er in der Nähe der Heimstätte seines Meisters geblieben. Hier im Norden herrschten eisige Kälte und dämmeriges Zwielicht, das alles mit gespenstischen Schatten überzog. Er musste gegen die Winde ankämpfen, die an seinem Gefieder rissen und ihn herumzuwirbeln drohten. Hinzu kam, dass der Norden Ardas weit war und er nicht wusste, wo er suchen sollte. Erstaunlicherweise sollte er jedoch nicht lange suchen. Mitten im Auge des Sturms wurde er fündig. Riesige schwarze Wolken türmten sich vor ihm auf, Blitze zuckten in ihnen. Der Wind heulte und peitschte scharfe Eissplitter durch die Luft. Mairon flog so hoch, wie er nur konnte, in der Hoffnung, über den Sturm hinwegfliegen zu können. Er sah jedoch, dass dies ein vergebliches Unterfangen werden würde. Ihm blieb nichts anderes als der Weg mitten hindurch. Das Licht Illuins war hier nur noch schwach und hatte keine Kraft mehr, um durch die dichten Wolken zu dringen. Das einzige Licht in diesem kataklystischen Storm kam von den Blitzen, die überall die Wolken zerrissen. Mairon wusste nicht, was ihn geritten hatte, als er mitten hinein flog. Aber etwas sagte ihm, dass er hier fündig wurde. Etwas rief ihn. Wie ein Spielball wurde er herumgeschleudert und entkam mehrmals nur haarscharf messerscharfen Felszinnen, die vor ihm in der Dunkelheit auftauchten. Melkor hatte Berge aufgeschichtet, die so nie im Plan Aules vorgesehen waren. Mairon schlug mit den Flügeln und versuchte verzweifelt, irgendeine Art von Kontrolle über seinen Flug zu behalten. Doch er kämpfte gegen Kräfte, denen er nicht gewachsen war. Mit einem Mal riss der Wind ab. Mairon strauchelte mitten in der Luft und benötigte einige Flügelschläge, um sich an die neue Situation zu gewöhnen. Er war mitten im Auge des Sturms. Schwarze Wolken kreisten zu allen Seiten, doch über ihm sah er einen Himmel klar wie Eis. Unter ihm erstreckte sich ein schneebedecktes Tal, das zu allen Seiten hin von Bergen begrenzt wurde, die sich viele Meilen in den Himmel erstreckten. Mairon hatte den einzigen Weg gefunden, der hierher führte. In der Mitte des Tals stand eine riesige schwarze Festung. Türme, lang und scharf wie Fangzähne, erstreckten sich in den Himmel, der Wind pfiff um die Zinnen. Niemand war zu sehen. Langsam ließ sich Mairon niedersinken und zog weite Kreise um die Festung. Was war das hier für ein Ort? Als er vor den riesigen Eisentoren landete, hatte sich noch immer nichts geregt. Er nahm wieder seine übliche Form an, dann trat er auf die Tore zu. Zu seinem Erstaunen fand er sie offen vor. Als er seine Hand auf eines der Flügelportale legte, schwang es spielend leicht auf. Er schlüpfte hindurch. Im Inneren der Festung war es düster, nur einige wenige Fackeln erhellten die Dunkelheit. Mairon passte seine Augen an, damit er besser sehen konnte, doch selbst dann blieben die Schatten dick und undurchdringlich. Er konnte gerade genug erkennen, um zu sehen, dass er sich in einer großen Halle befinden musste. Ein Beben riss ihn beinahe von den Füßen. Steine rieselten herab. Jemand klatschte einmal in die Hände und die Fackeln leuchteten auf. Jetzt konnte Mairon mehr erkennen und sah, dass Melkor am oberen Ende einer Treppe stand, die weiter in das Innere des Schlosses führte. Mairon streckte den Rücken und reckte das Kinn. Er würde einfach sagen, was er zu sagen hatte, und dann wieder gehen. Mehr nicht. Er würde auf gar keinen Fall auf die beeindruckende Architektur dieses Ortes achtgeben. Heimlich schielte er aus dem Augenwinkel auf die Säulen, die die Halle trugen. Melkor lächelte verschlagen, als er die Treppe hinabstieg. »Ich wusste, dass du kommen würdet. Willkommen in meinem Heim.« »Was ist das hier für ein Ort?« Nein, das war nicht, was Mairon hatte sagen wollen! »Utumno«, sagte Melkor nur. »Komm, ich zeige es dir.« Mairon war zu beeindruckt, um solch ein Angebot auszuschlagen. »Wer hat all das gebaut? Wo sind alle?«, wollte er wissen. »Größtenteils ich«, gestand Melkor. »Bei meinem momentanen Projekt helfen mir einige Valaraucar. Aber es kann ja nicht jeder gesegnet mit solch talentierten Dienern sein wie dein Meister. Nicht wahr, Mairon?« Er strich dem Maia über die Wange. Mairon schlug die Hand zur Seite und wünschte sich gleichzeitig, dass sie dort verweilen würde. »Lasst das!«, fuhr er Melkor an. »Ich hatte gedacht, man müsse Euch fürchten, nach allem, was Meister Aule und die anderen Valar über Euch gesagt haben. Aber ich sehe nun, dass Ihr nichts weiter seid als ein arroganter Wichtigtuer. Nie und nimmer habt Ihr das hier allein errichtet!« »Pff, glaub, was du willst. Dennoch ist das hier mein Werk. Nachdem ich so voll des Lobs für dein Werk war, könntest du den Gefallen doch wenigstens zu einem kleinen Teil erwidern.« »Nichts als schöne Worte. Die Krone ist nur Tand, weit entfernt von Perfektion. Ihr habt keinen Sinn für Perfektion. Ich verstehe nicht, wie alle sagen können, dass Ihr Meister Aule so ähnlich seid.« »Oh, aber das bin ich. Deswegen kann Aule mich auch nicht ausstehen: weil er weiß, dass ich besser bin als er. Aber sag mir eins, Mairon: Warum trägst du die Krone, wenn für dich doch nichts als Perfektion gut genug ist?« Mairon blieb abrupt stehen und fasste sich an die Stirn, wo er noch immer die Krone trug. Melkor lachte in sich hinein. »Sie war nicht das, was der Meister wollte«, sagte Mairon leise. »Wie kann sie da perfekt sein? Es reicht eben nicht, der beste Schmied zu sein.« »So?« Melkor trat vor ihn und griff ihn bei den Schultern. »Es reicht einfach nicht.« Mairons Stimme zitterte. »Selbst an meinem neuesten Werk wird er etwas auszusetzen haben, ich weiß es. Und das, obwohl ich sogar von mir aus vorschlug, mit diesen anderen inkompetenten Idioten zusammenzuarbeiten.« Warum sagte er das? Er sollte besser einfach den Mund halten. Melkor sah ihn nachdenklich an. »Komm, ich zeige dir etwas.« Er führte Mairon tiefer in die Festung hinein. Der Boden bebte hier immer spürbarer. Was war es, was die Erde so zum Erzittern brachte? Die Antwort präsentierte sich ihm als feuriger Sturm, der in einem Abgrund tobte, der sich plötzlich zu ihren Füßen auftat. Wind riss an Mairons Kleidern und wehte ihm die Haare in das Gesicht. Vorsichtig trat er an den Rand des Abgrund und blickte hinab. Eine bodenlose Schwärze tat sich vor ihm auf, in der boshaftes Feuer glomm. »Was ist das?«, fragte er entsetzt. »Mein neuestes Projekt«, sagte Melkor nicht ohne Stolz in der Stimme. »Wie ich sagte, habe ich hier etwas Hilfe von einigen Valaraucar, die für mich die seismischen Aktivitäten der tiefen Erde überwachen. Aber die Grabung geht größtenteils auf mich zurück.« »Niemand ist zu so etwas in der Lage!«, behauptete Mairon aufgebracht. »Ihr grabt zu tief! Wer weiß, was Ihr dabei alles vernichtet. Oder schlimmer noch: Überhaupt erst ans Licht bringt!« Melkor zuckte mit den Schultern. »Wer Berge aufschichten kann, kann sie auch wieder umstoßen. Die anderen Valar wissen, zu was ich in der Lage bin, weil sie es selbst vermögen. Stattdessen legen sie sich selbst in Ketten und unterwerfen sich sklavisch dem Willen des Einen. Nichts fürchten sie mehr, als nicht in seinem Einvernehmen zu handeln. Er ist der einzig wahre Schöpfer, dem alles auf dieser Welt entspringt, und meine Brüder und Schwestern streben nach nichts anderem, als diese Welt mit dem zu schmücken, was er ihnen gegeben hat. Aber ich will mehr. Ich strebe danach, meine eigenen Schöpfungen zu sehen. Dein Meister Aule müsste das doch eigentlich sehr gut verstehen.« Mairon starrte ihn mit weit aufgerissenen Augen an. Noch nie hatte es jemand gewagt, solche Worte zu sprechen. »Auch du willst schaffen, Mairon. Als wir vor dem Einen sangen, mochtest du mich und meinen Willen gefürchtet haben, deswegen gingst du stattdessen zu Aule. Aber sieh nur, was ein freier Wille alles vermag. Befreie dich von den Fesseln deines Meisters. Befreie dich von seinen leeren Worten, die es wagen, dir vorzuschreiben, wie du dein Leben zu führen hast.« Melkor seufzte und kniete sich hin. Er nahm eine Handvoll Staub auf und ließ ihn langsam in den Abgrund rieseln. »Ich verstehe nicht, wie du nur so vehement die Augen vor deinem eigenen Potenzial verschließen kannst, während du gleichzeitig nach mehr strebst«, fuhr Melkor fort. »Wenn du nur willst, könnte die Welt dir gehören. Du brauchst nur die Hand danach auszustrecken. Dein Geist ist brillant, nie sah ich vergleichbares in einem anderen Maia. Ergreife die Macht, die in dir steckt, fühle sie und dann gehört dir die Welt.« »Das ist Blasphemie.« Doch Mairon hörte selbst, wie schwach sich sein Protest anhörte. Melkor erhob sich wieder und faste Mairon fest in den Blick. »Du bist nur ein Sklave Aules, der sein Reich für ihn errichtet. Aber du kannst es niederreißen. Wende das Blatt, entfessle deinen Zorn. Brenne ihre goldenen Paläste nieder und wende dich von ihnen ab. Ich kann dir so viel mehr geben, als sie jemals vermögen.« »Was?«, hauchte Mairon, unfähig auch nur ein Wort mehr zu sagen. Der Blick von Melkors brennend schwarzen Augen hielt ihn gefangen und brannte sich in seine eigenen flammend goldenen. »Macht, Mairon. Absolute, ungezügelte Macht. Willst du etwas vergleichbares schaffen wie das, was du hier siehst? Dann komm zu mir.« Mairon schwieg, denn er fand keine Worte, die beschreiben konnte, welcher Sturm in ihm tobte. Er war hierher gekommen, um Melkor zu befehlen, sich von ihm fernzuhalten. Was er stattdessen gefunden hatte, überstieg seine kühnsten Erwartungen. Melkor ließ von ihm ab. »Überlege es dir, aber überlege es dir gut. Du musst heute nichts entscheiden.« Er griff in sein Gewand und holte etwas daraus hervor. Als er Mairon seine Hand entgegen streckte, lag darauf ein kleiner Stein von einer Beschaffenheit, die Mairon noch nie gesehen hatte. »Für dich. Als kleine Kostprobe«, sagte Melkor. »Das habe ich bei den Grabungsarbeiten gefunden und denke, dass es für dich von Interesse sein könnte.« Schweigend griff Mairon nach dem Stein und betrachtete ihn eine Weile. Dann steckte er ihn in seine Tasche. Melkor lächelte. »Gute Heimreise«, wünschte er Mairon.​​​​​​ -------------------- 6. Kapitel: VI -------------------- CN Sex (explizit)»Wie war deine Reise? Konntest du Ruhe und Inspiration finden?«, wollte Aule nach Mairons Rückkehr wissen. Es war reine Höflichkeit. »Ja«, sagte Mairon kurz angebunden. »Bitte entschuldigt mich. Ich habe Arbeit vor mir.« »Willst du nicht wissen, wie es mit Angainor vorangeht?«, wunderte sich Aule. Mairon wandte sich wortlos ab und schloss sich in seiner Werkstatt ein. Dieses Erz, das Melkor ihm gegeben hatte, er hatte noch nie etwas Vergleichbares gesehen. Er brannte darauf herauszufinden, um was es sich dabei handelte und was er damit alles würde erschaffen können. Er führte zahllose Experimente am dem Erz durch und brauchte lange, um auch nur an der Oberfläche der Geheimnisse dieses Materials zu kratzen. Seine Arbeit nahm ihn vollkommen ein, er verließ kaum noch seine Schmiede und ließ die Arbeit an der Kette vollkommen fallen. Meister Aule zeigte sich besorgt, doch Mairon scherte sich nicht darum. Wieder und wieder gingen ihm Melkors Worte durch den Kopf. Lag die Antwort auf seine Fragen wirklich darin begründet, dass die Valar ihn und das, wozu er fähig war, fürchteten? Wollten sie nicht, dass er sein volles Potenzial ausschöpfte? Aber wäre nicht genau das der Wille Erus? Hatte Eru ihn denn nicht so geschaffen, wie er war? Und hieße das dann nicht im Umkehrschluss, dass die Valar gegen den Willen Erus handelten, wenn sie Mairons volles Potenzial nicht erlaubten? Er wusste, dass ihn solche Gedanken erschrecken sollten. Aber sie taten es nicht. Er arbeitete weiter. Jemand klopfte an der Tür zu seiner Werkstatt. »Mairon!« Es war Curumo. Mairon ignorierte ihn. »Mairon! Ich weiß, dass Ihr da seid. Macht die Tür auf.« Er rüttelte an der Tür. »Was soll das? Warum schließt Ihr Euch in Eurer Werkstatt ein und ignoriert alles und jeden? Kommt raus. Meister Aule will, dass ihr wieder an Angainor arbeitet.« »Verschwindet!«, knurrte Mairon. »Ich bin beschäftigt.« »Na schön. Ihr habt es nicht anders gewollt.« Mit diesen Worten brach Curumo das Schloss auf und riss die Tür auf. Mairon sprang von seinem Stuhl auf und fuhr herum. »Was soll das?!«, rief er erzürnt. »Der Meister ist nicht zufrieden mit Eurer Isolation. Erinnert Ihr Euch, was er gesagt hat? Dass wir zusammenarbeiten sollen. Und nicht etwa, dass Ihr hier ganz allein vor Euch hin brütet und selbst den Befehl unseres Meisters ignoriert! Ihr werdet dreist, Mairon. Dass der Meister Euch so lange bevorzugt hat, ist Euch offensichtlich zu Kopf gestiegen, wenn Ihr es wagt, Euch so etwas zu leisten.« Mit drei langen Schritten stand Mairon vor dem anderen Maia. Er packte ihn am Kragen, hob ihn spielend leicht hoch und presste ihn gegen die Wand. Macht züngelte um seine Finger. »Welches Spiel spielt Ihr, Curumo?«, zischte er. »Ihr spioniert mich aus und habt trotzdem noch den Mumm, Euer Gesicht hier zu zeigen. Neidisch, dass ich besser bin als Ihr, ist es das? Ihr werdet mich nie übertreffen können, Curumo, und am Ende werdet Ihr kriechen und betteln, dass Ihr mir überhaupt die Stiefel lecken dürft.« Curumo bemühte sich, Mairons Griff zu lösen, doch es gelang ihm nicht. »Was soll das? Lasst mich runter!«, verlangte er. »Was hat das zu bedeuten?«, donnerte auf einmal die mächtige Stimme Aules. »Mairon! Lass ihn sofort los!« Mairon ließ von Curumo ab, welcher recht unelegant zu Boden fiel. Er warf einen verächtlichen Blick auf den anderen Maia. Aule trat zu ihnen. Curumo neigte den Kopf, doch Mairon blieb aufrecht stehen. »Warum schickt Ihr Curumo, um mich auszuspionieren?«, verlangte er zu wissen. Aule sah streng auf ihn herab. »Niemand spioniert hier irgendwen aus!«, betonte er mit Nachdruck. »Wer hat dir diesen Floh ins Ohr gesetzt? War es Melkor, die falsche Schlange? Sprich!« »Der Metallvogel hätte eine Überraschung werden sollen, aber Curumo hat es ausgeplappert, obwohl er kein Recht dazu hatte!«, knurrte Mairon. Aule schwieg für einen Moment. »Was ist nur los mit dir, Mairon? So kenne ich dich gar nicht, so arrogant und selbstgerecht. Ist dir auch nur für einen Moment in den Sinn gekommen, dass Curumo vielleicht keine bösen Hintergedanken dabei hegte? Ja, vielleicht hätte ich dich selbst fragen sollen und nicht Curumo, vielleicht war das mein Fehler. Aber was gibt dir das Recht, Curumo auf diese Weise zu behandeln?« Er schüttelte tadelnd den Kopf. »Ich will, dass du damit aufhörst und wieder zu deinem früheren Selbst zurückkehrst«, fuhr Aule fort. »Deswegen habe ich Curumo geschickt: weil ich will, dass ihr zusammenarbeitet. Und nicht etwa, um dich auszuspionieren! Wie kannst du nur so etwas denken?« Mairon ballte die Hände zu Fäusten. »Genügt es denn nicht, Euer bester Schmied zu sein? Was verlangt Ihr noch alles von mir?« »Genug!« Aules Stimme ließ die Wände erzittern. »Kein Wort mehr davon.« Mairon presste die Lippen aufeinander. Aule sah an ihm vorbei in seine Werkstatt und erblickte das Erz, mit dem Mairon experimentiert hatte. Er drängte sich an den beiden Maiar vorbei und trat an den Tisch, um einen Gesteinsbrocken hochzuheben. Mairon zitterte vor mühsam beherrschter Wut. »Was ist das?«, verlangte Aule zu wissen und hielt das Erz hoch. »Wo hast du das her?« »Ich habe es im Süden nach einem Vulkanausbruch gefunden.« Etwas sagte Mairon, dass es besser war zu lügen. »Das ist ein Erz, das nur im tiefsten Inneren Ardas vorkommt«, erklärte Aule. »Du solltest so etwas nicht besitzen. Und was hast du damit angestellt?« »Herausfinden, was es ist, wie Ihr es uns beigebracht habt«, sagte Mairon schnippisch. »Nein. Ich habe dir nicht beigebracht, Dinge zu zerstören«, widersprach Aule streng. »Wer etwas aufbricht, um herauszufinden, was im Inneren liegt, hat den Pfad der Weisheit verlassen. Mairon, das muss aufhören! Jetzt und sofort!« Mairon versuchte vergeblich, dem unerbittlichen Blick des Vala standzuhalten, doch dann senkte er doch den Kopf. »Ja, Meister«, sagte er schwach. Diese Erniedrigung schmerzte. »Gut. Das hier nehme ich.« Mit diesen Worten nahm Aule das Erz an sich und verließ die Werkstatt. Curumo folgte ihm. Schwer atmend starrte Mairon ihnen nach. Dann warf er mit einem Wutschrei die Tür zu und schlug die Faust gegen die Wand. Nicht genug! Einfach nicht genug! Was er auch tat, es war immer falsch. Dass er dem folgte, was sein Herz ihm vorgab, war nicht erwünscht, doch das, was Aule von ihm verlangte, war ihm nicht genug. Sie waren Schmiede! Musste er auch noch in allen anderen Dingen außer dem Schmieden brillieren, um die Anerkennung zu bekommen, die er verdient hatte? Mairon fasste sich an den Kopf und fühlte die Krone, die er noch immer trug. Melkor hatte seine Leistungen anerkannt. Ein Gedanke. Nur ein Gedanke. Doch bevor Mairon es sich anders überlegen konnte oder seine Vernunft die Kontrolle übernahm, verwandelte er sich in den Vogel und flog davon. Seine Flügel trugen ihn rasch in den Norden. Dieses Mal fühlte sich die Kälte beinahe heimelig an und der Sturm riss nicht an seinen Flügeln, sondern trug ihn beinahe sanft zu seinem Ziel. Ohne weitere Probleme landete Mairon vor den Toren Utumnos und nahm wieder Form an. »Ich kann nicht fassten, dass ich das hier tue«, murmelte er zu sich selbst, um das letzte bisschen Gewissen zu beruhigen, das er noch hatte. Dann trat er durch die Tore. Melkor war nicht untätig geblieben, Mairon sah es auf den ersten Blick. Noch immer waren die großen Hallen leer und dunkel und die Gänge lang und verwaist. Und doch hatte sich viel getan. Noch immer rumorte es tief in der Erde und Mairon wusste sofort, dass Melkor indes noch tiefer gegraben war. Seine Schritte hallten von den steinernen Wänden wieder, als er durch die Gänge lief. Instinktiv wusste er, wohin er sich wenden musste. Schließlich erreichte er eine große Halle tief im Inneren der Erde, die von gewaltigen Säulen getragen wurden. Wuchtige Feuerschalen standen entlang der Wände, die Feuer, die darin prasselten, konnten kaum die Kälte vertreiben. Doch Mairon spürte sie kaum. So gewaltig die Halle auch war, so war sie doch beinahe leer. Und trotzdem wurde sie von einem einzigen Thron aus schwarzem Eisen dominiert, der am anderen Ende der Halle stand. Auf diesem Thron saß Melkor. Er wirkte zufrieden, als er Mairon eintreten sah. Mairons Schritte hallten gespenstisch von den Wänden nieder, als er stolz erhobenen Hauptes vor den Thron trat. »Knie nieder«, befahl Melkor. Mairon zögerte nicht einen Moment und fiel vorn Melkor auf die Knie. Dieser lächelte zufrieden und beugte sich vor, um Mairon ins Gesicht zu sehen. »Ich wusste, dass du wiederkommen wirst, kleine Flamme«, sagte er. »Wobei die Flamme gar nicht mehr so klein ist. Hat Aule dir wieder Unrecht getan? Was für ein Narr er doch ist. Nun, gut für mich, sonst wärest du nicht hier.« »Ihr habt versprochen, mich Eure Macht zu lehren«, sagte Mairon. Dieses Mal ließ er es zu, dass Melkor ihm über die Wange strich. »Dein Ehrgeiz ist bewundernswert. Aber nicht so voreilig, kleine Flamme. Erst einmal will ich sehen, was du aus dem gemacht hast, was ich dir mitgegeben habe. Komm!« Melkor erhob sich und ging davon. Mairon eilte ihm nach und ließ sich von ihm tiefer in die Festung führen. Unerwartete Hitze herrschte hier unten. »Je tiefer man gräbt, desto wärmer wird es«, erklärte Melkor. »Wir sind da.« Sie standen vor einer Schmiede ähnlich der Aules. Mairon sah mit einem Blick, dass hier noch niemand gearbeitet hatte, dass alles neu war und nur darauf wartete, benutzt zu werden. »Das ist jetzt deine Schmiede«, sagte Melkor. »Ich habe sie für dich gebaut. Besser als dein kleines Spielzeug bei Aule, nicht wahr?« Mairons Augen strahlten vor Begeisterung. »Ich will, dass du mir etwas schmiedest«, sagte Melkor. »Eine Waffe, vor der meine Feinde erzittern. Grond, den Hammer der Unterwelt. Ich schlage vor, du nutzt das Erz, das ich dir gegeben habe. Du solltest alles, was du benötigst, hier vorfinden, aber zögere nicht, nach mehr zu fragen.« Mairon schob all seine Bedenken zur Seite und begann sogleich mit der Arbeit. Wenn es das war, was er tun musste, damit Melkor ihn lehrte, dann würde er mit Freuden Melkors Wunsch erfüllen. Unermüdlich arbeitete er an der Vision einer mächtigen Waffe, die Melkors würdig war. Ein Streitkolben sollte es werden, der mächtig genug war, die Erde selbst aufzureißen. Das Erz, das Melkor ihm gegeben hatte, erwies sich dabei als ausgesprochen nützlich. Melkor ließ ihn arbeiten und gab ihm die Zeit, die er benötigte. Die meiste Zeit war Mairon allein und verließ seine Schmiede nicht. Wie Melkor gesagt hatte, fand er alles, was er benötigte, bereits vor, was es ihm ermöglichte, sich voll und ganz auf seine Arbeit zu konzentrieren. Endlich niemand mehr, der ihn störte! Nur einmal, als Mairon sein Werk schon beinahe vollendet hatte, kam Melkor vorbei. Mairon hielt in seiner Arbeit inne und wandte sich Melkor zu. Grond war noch nicht fertig, aber würde Melkor gefallen, was er sah? »Beachte mich einfach nicht«, beruhigte Melkor ihn. »Ich möchte einfach nur sehen, wie du arbeitest.« Mairon warf ihm einen skeptischen Blick zu, wie Melkor da mit verschränkten Armen im Schatten stand und ihn einfach nur beobachtete. Dann widmete sich Mairon wieder seiner Arbeit. Wenn Melkor sehen wollte, wie er arbeitete, dann wollte er ihm auch das präsentieren. Wahrscheinlich versicherte sich Melkor damit, dass Mairon seine Arbeit auch wirklich gut tat und etwas von dem verstand, was er hier machte. Plötzlich spürte er, wie kräftige Arme ihn von hinten umfingen. Überrumpelt ließ er es zu, dass Melkor ihn an sich zog und seine Nase an Mairons Ohr rieb. »I-ich kann so nicht arbeiten«, stammelte er. »Das ist egal«, raunte Melkor. »Dann arbeitest du jetzt eben nicht. Weiß du eigentlich, wie sehr ich dich begehre?« Mairon schwirrte der Kopf. »Darf ich?«, fragte Melkor. Mairon warf ihm einen Blick über die Schulter zu. Dann nickte er. Melkors Blick brannte. Mit einer Hand umfasste er sanft Mairons Nacken, mit der anderen liebkoste er seine Brust. Sanft fuhr er mit seinen Lippen über den Bogen von Mairons Kiefer. Mairon schloss genussvoll die Augen und seufzte, sein ganzer Körper prickelte vor Erregung. Wie hatte er nur jemals ohne diese Berührungen leben können? »Sie begehen ein Verbrechen an der Schöpfung, wenn sie nicht wertschätzen können, was für ein Kunstwerk du bist, Mairon, meine kleine Flamme«, flüsterte Melkor ihm ins Ohr. Sein Atem strich an Mairons Wange entlang, Mairons eigener Atem ging rascher. Melkor nagte vorsichtig mit seinen Zähnen an Mairons Ohr. Mairon erschauderte. »Fanar haben ihre Vorzüge, was körperliche Vergnügen betrifft«, sagte Melkor. »Lass es mich dir zeigen.« Mairon warf ihm einen wilden, begierigen Blick zu. Achtlos ließ er den Hammer zu Boden fallen, wandte sich Melkor zu und küsste ihn. Ungeübt, wie er war, stieß er sich dabei die Nase an Melkors Wangenknochen, was diesen jedoch nur zum Lachen brachte. »Sachte, meine kleine Flamme, sachte.« Melkor nahm sein Gesicht zwischen die Hände und zeigte ihm, wie man küsste. Mairon ahmte etwas unbeholfen nach, was Melkor tat, und fand großen Gefallen daran. Als Melkor ihm bittend mit der Zunge über die Lippen fuhr, öffnete er bereitwillig den Mund und gewährte Melkor Einlass. Er drängte mit seinem ganzen Körper gegen Melkor, während dieser mit seiner Zunge Mairons Mund erkundete. Melkor knurrte und packte Mairons Hintern mit beiden Händen. Gierig gruben sich seine Finger in das weiche Fleisch. Mairon stellte sich auf die Zehenspitzen, um ihm entgegen zu kommen. »Mein. Du bist mein.« Melkors Stimme war rau vor erwachender Lust. Er drängte Mairon nach hinten, bis dieser gegen den Tisch stieß. Melkor beugte sich über ihn, sodass Mairon sich nach hinten lehnen musste. Er tastete hinter sich und fegte achtlos die Gerätschaften, die hier lagen, vom Tisch, dann setzte er sich auf den Tisch. Melkor grinste lasziv. »Du willst also da weiter machen, wo wir aufhörten.« Mairon konnte nur mit großen Augen nicken. Oh ja, wie sehr es ihn danach verlangte! Das Grinsen wurde breiter und begieriger. Mairon streckte die Hand nach Melkor aus und dieser bedeckte seine Finger mit Küssen. Fasziniert fuhr Mairon mit den Fingerspitzen über Melkors weiche Lippen. Mit der anderen Hand begann er, die Schließen von Melkors Gewand zu öffnen. Tat er das wirklich, fragte eine leise Stimme in ihm. Er brachte sie rasch zum Schweigen. Melkor ließ alle Zweifel verstummen, als er zarte Küsse auf Mairons Kehle platzierte. Sein Gewand hing ihm nur noch lose auf den Schultern und seine Haare fielen in rabenschwarzen Wellen herab wie schwere Samtvorhänge. Es war ein atemberaubender Anblick. Mairon würde sich niemals an ihm sattsehen können. Fast schon schmerzhaft langsam öffnete Melkor nun Mairons Gewand. Ungeduldig riss Mairon Melkor seine Kleider von den Schultern, sodass sie ihm nun auf der Hüfte hingen und einen muskulösen Oberkörper enthüllten. Mairon verschlang ihn mit seinen Augen. Melkor ließ eine Hand unter Mairons Gewand gleiten und strich ihm zärtlich über die Haut. Mairon ruckte mit den Schultern, um diesen lästigen Stoff abzustreifen. Das entlockte Melkor ein Lachen. »Ungeduldige kleine Flamme«, tadelte er. Fordernd öffnete Mairon die Beine, während er dabei Melkor direkt in die Augen blickte. Melkor beugte sich erneut vor, um Mairons Hals zu küssen. Als Mairon die Beine um Melkors Hüften schlang, wurden die Küsse intensiver. Sacht nagte Melkor an der zarten Haut und strich mit der Zunge darüber. Mairon erschauderte und ließ den Kopf zur Seite sinken, um Melkor mehr von seinem Hals zu präsentieren. Bereitwillig kam Melkor dem nach. Während seine Lippen noch Mairons Hals liebkosten, streifte er mit einer einzigen Bewegung Mairons Gewand vollends von seinen Schultern, sodass er nun mit entblößtem Oberkörper vor Melkor saß und nur noch seine Hose trug. Mairon krallte seine Hände in Melkors Schultern. Melkors Lippen wanderten tiefer, bis er bei Mairons Brust angekommen war. Neckend umspielte er mit Zunge und Mund die Nippel. Zischend sog Mairon Luft ein, sein Atem ging stoßweise. »Ich will dich schreien hören«, knurrte Melkor. Seine Hände wanderten tiefer zu Mairons Hosenbund. Und dieses Mal gab es niemanden, der sie stören konnte. Schnell hatte Melkor die Hose geöffnet und ließ es zu, dass Mairon vom Tisch aufstand. Dann sank er langsam vor dem Maia auf die Knie und zog ihm in derselben Bewegung die Hose von der Hüfte, ohne dabei den Blickkontakt zu unterbrechen. Mairon trat die Hose zur Seite. Ihm schlug das Herz bis zum Hals, als er so völlig entblößt vor Melkor stand. Melkor beschenkte ihn mit einem wilden Grinsen und ließ den Blick über Mairons Körper wandern. »Perfekt bis ins letzte Detail«, sagte er bewundernd. Er zwang Mairons Beine auseinander. Mairon legte ihm ein Bein über die Schulter, und Melkor begann, die Innenseite seines Schenkels mit Küssen einzudecken, gefolgt von der zarten, flatterhaften Berührung seiner Fingerspitzen. Mairons Leibesmitte brannte vor erwartungsvoller Lust. Melkors Hand wanderte höher und berührte Mairon dort, wo ihn noch nie jemand berührt hatte. Sanft wanderten Melkors Finger an seinem Geschlecht hinauf. »Oh Gott …«, stöhnte Mairon atemlos. »Lauter!«, verlangte Melkor. »Oh Gott. Mein Gott! Mein Go… ahhh!« Mairon schrie vor Lust auf, als er mit einem Mal Melkors Lippen um sein Geschlecht spürte. Melkor fuhr mit der Zunge daran auf und ab, während gleichzeitig seine Finger zwischen Mairons Beinen entlangstrichen. Mairon meinte, jeden Augenblick explodieren zu müssen. Noch nie hatte er solche Gefühle erlebt, dieses brennenden Verlangen nach mehr und immer mehr. Er krallte seine Hände in Melkors Haare und merkte, wie er mit der Hüfte fast schon intuitiv vorstieß. Melkor intensivierte sein Zungenspiel, Mairon stöhnte tief. Brennende Lust fegte jeden anderen Gedanken davon. Mit einem Male ließ Melkor von ihm ab. Mairon stieß einen missmutigen Laut aus und wollte Melkors Kopf wieder zu sich heranziehen, doch dieser verhinderte es. Er erhob sich und zwang Mairon, sich wieder nach hinten über den Tisch zu beugen. »Jetzt bin ich dran«, knurrte Melkor. Er zog aus seiner Gewandtasche ein kleines Fläschchen mit Öl und stellte es neben Mairon auf den Tisch. Mairon fragte gar nicht erst, wozu das Öl gut sein sollte, oder warum Melkor es überhaupt bei sich getragen hatte. Achtlos riss sich Melkor die Kleider vom Leib, und genussvoll ließ Mairon den Blick über seinen entblößten Körper gleiten. Melkor drückte sanft, aber unnachgiebig gegen seine Schulter, sodass Mairon nun mit dem Rücken auf dem Tisch lag und Melkor voll und ganz ausgeliefert war. Melkor strich mit den Fingerspitzen über seinen Bauch, während er über ihm aufragte und den Anblick vor ihm genoss. Er beugte sich über Mairon und legte sich eines seiner Beine über die Schulter. Dann griff er nach dem Ölfläschchen und tauchte seine Finger hinein. Mairon beobachtete aufmerksam, was er tat. »Pass auf, das mag zunächst ungewohnt sein«, warnte Melkor. Mairon wollte schon fragen, was er damit meinte, doch da spürte er bereits, wie Melkor mit seinen eingeölten Fingern um seinen After strich. Und dann drang er in ihn ein. Mairon stieß einen spitzen Schrei aus, mehr aus Überraschung als alles andere. Nie im Leben hätte er mit so etwas gerechnet! »Entspann dich«, raunte Melkor. »Wenn es dir zu unangenehm ist, musst du es mir sagen.« Mairon schüttelte den Kopf. »Nein. Macht weiter.« Er reckte ihm seine Hüfte entgegen, was dazu führte, dass der Finger noch weiter in ihn glitt. Er stöhnte. Melkor grinste. Dem ersten Finger folgte ein weiterer und schließlich noch ein dritter. Er begann, Mairon sanft von innen zu massieren und traf dabei einen ganz bestimmten Punkt. Mairon schrie auf, als ungezügelte Lust seinen Körper durchflutete. »Ja!«, stieß er aus. »Ja!« Melkor schien es eine diebische Freude zu bereiten, den hilflos vor ihm ausgebreiteten Maia zu triezen. Mit einer Hand drückte er ihn auf die Tischplatte, mit der anderen trieb er ihn förmlich in den Wahnsinn. Mairon zappelte verzweifelt und streckte ihm seine Hüfte entgegen. Oh süße Folter! Es sollte aufhören und zugleich immer und immer weiter gehen. Viel zu schnell beendete Melkor es. Mairons Atem ging stoßweise. Er gab einen unwilligen Laut von sich, als Melkor seine Finger aus ihm zog, dieser antwortete mit einem tadelnden Geräusch. »Ich will doch auch noch etwas von dir haben, kleine Flamme«, stellte Melkor klar. Er griff erneut nach der Ölflasche und tauchte seine Finger hinein, dann langte er an sich herab. Weil er Mairon immer noch auf die Tischplatte drückte, sah Mairon nicht, was er da tat, aber er stellte sich vor, wie sich Melkor selbst anfasste. Der Gedanke fachte seine Erregung nur noch mehr an. Melkor beugte sich über ihn und sah ihm fest in die Augen. Dann drang er langsam und vorsichtig in Mairon ein. Mairon stöhnte langgezogen, auch Melkor erschauderte lustvoll. Als er so weit eingedrungen war, wie es nur ging, verweilte er für einen Moment dort, und das war auch gut so, denn Mairon glaubte, die Intensität seiner Lust nicht mehr lange aushalten zu können. Er zitterte, seine Bauchmuskeln waren angespannt, während er gleichzeitig versuchte, die Muskeln seines Unterleibs zu entspannen. Es gelang ihm nur so halb. Melkor griff nach unten und legte seine Hand um Mairons Geschlecht. Dann begann er, in ihn hineinzustoßen, langsam und vorsichtig zunächst. Im Rhythmus seiner Stöße ließ er auch seine Hand auf und ab wandern. Mairon vergaß alles um ihn herum. Er schrie auf. Mit wiegenden Bewegungen seiner Hüfte stieß Melkor immer kräftiger in ihn. Er fletschte die Zähne und packte Mairon bei der Kehle, als auch ihn schließlich die Lust übermannte. Wiederholt traf er diesen einen Punkt in Mairon und das trieb den Maia förmlich in den Wahnsinn. Mit einem langgezogenen Schrei kam Mairon zum Höhepunkt. Nie gekannte Gefühle rannen bis in den hintersten Winkel seines Seins. Melkor grunzte. Seine Stöße wurden heftiger und rascher. Genussvoll bewunderte Mairon den Anblick, der sich ihm bot. Der lustvolle Blick seiner goldenen Augen war es schließlich, der Melkor den letzten Rest gab. Er stöhnte tief und sein Körper spannte sich an, als er kam. Schwer atmend ließen sie voneinander ab. Mairon blieb noch einen Augenblick liegen und konnte einfach nicht fassen, was soeben geschehen war. Sein Verstand versuchte es zu begreifen, doch es war zu großartig und wunderbar und einfach unfassbar. Melkor betrachtete bewundernd Mairons Körper. Leise in sich hineinlachend strich er mit den Fingern über Mairons Hals. »Jetzt bist du mein, ich habe meine Spuren an dir hinterlassen«, sagte er scherzend. Mairon fasste sich an den Hals und spürte schon jetzt, wie empfindlich die Haut wurde. Er konnte sich gut die Blutergüsse vorstellen, die dort zu sehen sein mussten. Er lächelte verschlagen. »Soll es alle Welt sehen.« Melkor reichte ihm die Hand und half ihm wieder auf die Beine. Er zog den Maia in seine Arme und küsste ihn zärtlich. »Möge dieser Moment niemals enden«, murmelte er, während er Mairon durch die Haare strich. Der ganze Consens Teil mag vielleicht OoC sein, aber es war mir dann doch zu wichtig, als dass ich es aus dem Grund hätte auslassen wollen. -------------------- 7. Kapitel: VII -------------------- CN Tierquälerei, Tod von Tieren, leichte sexuelle Inhalte am EndeMairon blieb noch eine Weile bei Melkor, um die Arbeit an Grond abzuschließen. Als er schon beinahe den Hammer vollendet hatte, begann er, Lieder der Macht in seine Arbeit zu weben. Melian hatte ihm einiges über ihre Lieder beigebracht und die Macht, die er damit heraufbeschwören konnte. Warum also das alles nur an kleine lästige Vögel verschwenden? Melkor zeigte sich ausgesprochen zufrieden mit seiner Leistung und willigte ein, den Maia in seine eigenen Geheimnisse einzuweihen. Mairon lernte in dieser kurzen Zeit mehr, als er jemals für möglich gehalten hätte. Er verstand immer weniger, warum Aule nicht wollte, dass er dieses Wissen erlangte. Mairon war es erlaubt, überallhin zu gehen, wie es ihm beliebte, und das schloss auch Melkors Bettkammer ein. So manches Mal wärmte er dem Vala das Bett und lernte dabei auch viel über fleischliche Genüsse. »Wir haben keinen Bedarf an fanar«, sagte Melkor mit der Hand zwischen Mairons Beinen, »und trotzdem tragen wir sie. Oft entscheiden wir uns sogar für ein Gewand nach Art der Kinder des Einen. Und weißt du warum? Weil unsere ealar allein niemals zu solchen Genüssen fähig wären.« Mairon stöhnte nur und nickte. Seine Wanderungen durch Utumno führten ihn schließlich auch in die dunkelsten Verliese tief im Fleisch Ardas. Melkor grub wahrlich tief und riss tiefe Wunden. Das Land blutete und begehrte dagegen auf, doch Melkors Macht verhinderte, dass es auseinanderbrach, und er unterwarf es sich stattdessen seinem Willen. Auch wenn Mairon viel lernte, bezweifelte er, dass er jemals zu solcher Macht würde gelangen können. Melkor sah das anders. Auf einer dieser Wanderungen stieß er auf etwas ganz und gar Erstaunliches. In den tiefsten und dunkelsten Verliesen Utumnos fand er schließlich Melkors geheime Labore. Melkor hatte nie davon gesprochen, aber er hinderte Mairon auch nicht daran, sie zu erkunden. Im Gegenteil ermunterte er ihn sogar dazu, sich hier gründlich umzusehen. Und hier war es auch, wo er das erste Mal Melkors vielleicht ambitioniertestes Experiment erblickte. Mairon verstand zunächst nicht, was er hier sah. Es sah aus wie eine sich windende, pulsierende Fleischmasse, die mit kümmerlichen, tentakelartigen Extremitäten träge über den Boden tastete. Der Gestank nach Verwesung schlug ihm entgegen. Ekel und Faszination hielten sich die Waage. »Ich habe noch nie etwas Vergleichbares gesehen!«, staunte er. »Was ist das?« »Ich nenne es Subkreation«, erklärte Melkor. »Nicht wirklich beeindruckend, oder? Der Eine ist der Anfang von allem, den Ainur, Ea und Arda. Er schuf uns und alles um uns herum. Doch er schuf uns auch, damit wir selbst Schöpfer sind. Die anderen Valar streben danach, mit dem, was er ihnen gab, Schönes zu erschaffen. Er gab dem Gesicht, das wir alle erblickten, Substanz und sie gaben ihm Gestalt. Sie nahmen das Licht, das zu Beginn in Arda war, und trugen es hoch hinauf in die Lampen, damit es heller und weiter strahlte als jemals zuvor. Doch schlussendlich schaffen sie nichts neues. Alles, was sie ersinnen, war schlussendlich in der Musik enthalten. Wahre Schöpfung erschafft jedoch aus dem Nichts. Das dort«, er deutete auf die Fleischmasse, »ist keine Schöpfung, nur ein verunglücktes Etwas. Aber der Eine hat es geschafft. Hat er nicht schlussendlich uns ersonnen? Und bin nicht ich der Mächtigste aller Ainur? Es ist meine Bestimmung zu schaffen und zu herrschen.« »Lasst mich Euch helfen, etwas Eigenes zu erschaffen«, drängte Mairon. »Ihr ersteht in Macht. Wenn es einem gelingen kann, dann Euch.« Melkor lächelte. »Und nie sah ich einen brillanteren Geist als deinen. Dann lass uns sehen, was wir gemeinsam erschaffen können.« Doch Mairons Zeit hier konnte nur von begrenzter Dauer sein. Er sorgte sich darum, dass sein Meister Aule sich allmählich fragen würde, wo er war. Gleichzeitig erstaunte es ihn, wie willig Melkor schien, ihn gehen zu lassen. »Ich weiß es besser, als mit dem Feuer zu spielen und mir daran die Finger zu verbrennen«, sagte er nur, als Mairon ihn darauf ansprach. »Dafür wart Ihr zu Beginn sehr darauf versessen, mir nachzusetzen«, hielt Mairon dagegen. Melkor lachte nur und küsste ihn. Mairon schmolz in seinen Armen dahin. »Ich will nicht gehen«, wisperte er. »Aber ich fürchte die Konsequenzen, wenn ich noch länger fortbleibe.« Melkor strich ihm sanft durch die Haare. »Ich werde bei dir sein, nicht körperlich, aber so doch wenigstens geistig. Du wirst sehen.« Ainur benötigten nicht der Sprache und waren in der Lage, auf geistiger Ebene zu kommunizieren. Mairon hatte in letzter Zeit gelernt, wie intensiv dies in gewissen Situationen sein konnte, er hatte jedoch nicht gewusst, dass es auch über weite Entfernungen möglich war. Wieder einmal überraschte Melkor ihn. Schweren Herzens verabschiedete sich Mairon von ihm und kehrte in den Süden nach Almaren zurück. In seiner Abwesenheit schien sich nichts geändert zu haben, und doch hatte sich für Mairon eine ganze Welt verändert. Aule schien nicht zu wissen, ob er glücklich über Mairons Rückkehr oder erzürnt über sein plötzliches Verschwinden sein sollte. Zeige Reue, wisperte Melkor in Mairons Gedanken. Dein Feuer wird heiß brennen, doch nicht jetzt. Jetzt wartest du und gibst ihm, was er will. Deine Zeit wird kommen. Und so senkte Mairon reumütig den Kopf und erbat Aules Vergebung. »Es gibt keine Entschuldigung für das, was ich tat«, sagte er. »Ich war arrogant und stolz und habe Euren Worten keine Folge geleistet, Meister Aule.« Aule lächelte gütig. »Es sei dir verziehen. Du hast aus deinen Fehlern gelernt und ich bin sicher, dass es nicht noch einmal vorkommen wird. Liege ich da richtig, Mairon?« »Natürlich, Meister!«, beeilte sich Mairon zu sagen. Auch wenn es ihm schwer fiel, zügelte Mairon sein Temperament und fügte sich wieder in sein altes Leben in Aules Schmieden ein. Er bemühte sich sogar darum, mit den anderen Maiar zusammenzuarbeiten und war gleichsam erstaunt, welch Wunder ein paar wohl platzierte freundliche Worte bewirken konnten. Anscheinend dachten wirklich alle, er sei geläutert. Gleichzeitig sann er im Verborgenen über Melkors Subkreation nach. Mairon hatte noch nie mit lebenden Dingen gearbeitet, aber er war willig, seinen Horizont zu erweitern. Er begann damit, indem er Melians Vögel auseinandernahm, um zu verstehen, was in ihnen steckte. Sie waren einfache Kreaturen, er hoffte, sie deswegen leicht verstehen zu können. Sein Metallvogel war nur ein geistloses Spielzeug gewesen, eine Nachahmung der äußeren Gestalt mit einem einfachen Mechanismus im Inneren, der nichts mit dem lebenden Wesen zu tun hatte. Die wahre Kunst wäre es, hätte er ihm echtes Leben geben können. Lange arbeitete er im Verborgenen daran, während er nach außen den Schein trug, wieder ganz und gar Aules ergebener Diener zu sein. Unter seinen Händen fanden zahlreiche Vögel den Tod, doch es war nur ein kleiner Preis auf dem Weg zu größerem Wissen. Ob Melian sich freuen würde, wenn sie sah, was er aus ihren Vögeln schaffen würde? Melkor zeigte sich interessiert ob Mairons Ansatz, zunächst die Natur der Dinge begreifen zu wollen, bevor er dazu überging, etwas Eigenes und Besseres zu schaffen. Er steuerte einige eigene Gedanken dazu bei, überließ dann aber doch größtenteils Mairon das Feld. Umso stolzer war dieser, als er sein erstes Werk vollendet hatte. Eine kleine, nackte Kreatur hockte da auf seiner Hand. Die Haut des Wesens war mit schwarzen Schuppen bedeckt, ein gekrümmter Schnabel ragte aus seinem Gesicht. Es hockte wie ein Vogel da und schlug mit den kleinen, mit ledriger Haut überzogenen Flügeln. »Du bist wunderschön«, hauchte Mairon. Noch lange nicht vollendet, aber er sah bereits, wohin ihn der Weg dieses kleinen Wesens führte. »Einst warst du einer der Vögel Melians«, fuhr er fort. »Jetzt bist du mein. Ich nahm dich, formte dich und machte dich zu dem, was du jetzt bist. Ist das nicht pure Schöpfung?« Nein, war es nicht. Er ließ sich von seiner Begeisterung davontragen. Noch war er weit von tatsächlicher Schöpfung entfernt. Er hatte etwas genommen, das bereits da war, und hatte es zu etwas neuem geformt. Doch die wahre Kunst war es, etwas noch nie da Gewesenes aus dem Nichts heraus zu schaffen. Eine Kunst, die mit dem Wissen, das er aus der Kreation dieses Wesens gewonnen hatte, ein wenig näher gerückt war. Ein Schrei riss ihn aus der Bewunderung seines Werks. Als er aufblickte, sah er Melian am Rande der verborgenen Lichtung stehen, wo er an der Kreatur gearbeitet hatte. Sie starrte entsetzt auf das, was er da in Händen hielt. Dann sah sie all die toten Vögel um ihn herum. »Was hast du getan?«, hauchte sie. Und dann noch einmal, lauter dieses Mal: »Was hast du getan, Mairon?!« »Ich bin nicht gut mit Überraschungen, nicht wahr?«, stellte er bedauernd fest. Sein fertiges Werk hätte Melian sicher gefallen. »Aber sieh, du kannst schon erkennen, was es werden soll.« Er hielt ihr seine Kreatur entgegen. »Das ist abscheulich!«, schleuderte sie ihm entgegen. »Mairon, einst hast du Werke voller Schönheit erschaffen. Was ist davon noch übrig geblieben? Wie kannst du es wagen, meinen Vögeln so etwas anzutun und sie zu so einer widerwärtigen, verdrehten Kreatur verkommen zu lassen?!« Er verstand nicht, was Melian so in Rage versetzte. »Das ist ein Vogel, nicht mehr und nicht weniger. Liebst du Vögel denn nicht? Ich dachte, ich würde dir eine Freude damit bereiten, wenn ich dir einen neuen Vogel gebe.« »Wage es nicht!«, drohte sie ihm. »Wage es ja nicht, meine geliebten Vögel mit dieser Abscheulichkeit zu vergleichen! Ich verbiete es dir, jemals wieder auch nur einen meiner Vögel zu berühren! Scher dich hinfort!« Wie ein geschlagener Hund schlich Mairon davon. Wenige Tage später wurde er vor die Aratar gerufen. Da wusste Mairon, dass er in ernsthaften Schwierigkeiten steckte. Alle acht waren sie gekommen, selbst Ulmo, welcher sonst selten seine Wasser verließ und körperliche Gestalt annahm. Anscheinend wurde die Sache als ernst genug betrachtet, dass sich der Herr der Wasser und nach Manwe der Höchste der Valar selbst damit befasste. Mit gesenktem Haupt kniete Mairon vor den Thronen der Aratar, welche in einem Halbkreis um ihn herum aufragten. Seine Kreatur saß vor ihm und krächzte. Er beneidete sie um ihren Stumpfsinn; sie verstand nicht, was hier geschah. Melian war ebenfalls zugegen. Weinend stand sie neben Yavanna, welche ihr den Arm tätschelte. »Erkläre dich«, verlangte Manwe schlicht. »Ich bin ein Schmied, ich erschaffe Dinge. Das ist es, was ich tue«, sagte Mairon und hielt noch immer den Kopf gesenkt. »Also habe ich erschaffen und mich dabei der Materialien bedient, die mir gegeben worden waren.« »Aber siehst du denn nicht, wie du sie verdreht und besudelt hast, um etwas ganz und gar Unnatürliches in die Welt zu setzen? Dies ist nicht der Wille des Einen, seine Schöpfung auf diese Weise zu verhöhnen«, sprach Manwe. Mairon wollte ihm bereits widersprechen, als Melkor an seinen Gedanken zupfte. Gemach, meine kleine Flamme, wisperte er. Alles wird gut, du wirst sehen. Ich lasse nicht zu, dass sie dir Leid zufügen. Das besänftigte Mairons aufbrodelnden Zorn wieder. »Ich bin in allem, was ich tue, ein treuer Diener Aules«, sagte Mairon unterwürfig. »Wer etwas zerbricht, um zu sehen, wie es im Inneren aussieht, hat den Pfad der Weisheit verlassen«, ergriff nun Aule das Wort. »Erinnerst du dich? Das habe ich vor gar nicht allzu langer Zeit zu dir gesagt.« »Ja, das habt Ihr …«, räumte Mairon ein. »Du musst bestraft werden für das, was du getan hast«, beschloss Manwe. »Ich schicke dich für ein Zeitalter in die Verbannung. Es ist dir in dieser Zeit nicht gestattet, Almaren zu betreten noch mit anderen Ainur zu verkehren. Nutze die Einsamkeit, um über deine Fehler zu reflektieren.« »Wenn es mir gestattet ist, schlage ich das Gegenteil vor«, warf Aule ein. »Mairon scheint es nicht gut aufzunehmen, wenn er für längere Zeit fort bleibt; in der Vergangenheit kehrte er mit eigenwilligen Gedanken von seinen Reisen zurück. Erlaubt es ihm stattdessen nicht, Almaren zu verlassen oder sich gar weit von meinem Heim zu entfernen. Dann kann ich ihn besser im Auge behalten und eventuellem Fehlverhalten sogleich entgegenwirken.« Manwe nickte. »Gut. Dann soll es so geschehen.« »Außerdem gibt ihm dies die Gelegenheit zur Wiedergutmachung des Schmerzes, den er Melian zugefügt hat«, ergriff nun Varda das erste Mal das Wort. »Mairon, als Zeichen deines guten Willens bitte ich dich, dieses abscheuliche Ding dort zu vernichten.« Mit weit aufgerissenen Augen starrte Mairon zur Herrin auf. Sie konnte doch nicht wirklich von ihm verlangen, dass er seine eigene Kreation vernichtete! Wie konnte sie ihm das antun? Lächle, während du ihnen einen Dolch ins Herz stößt, wisperte Melkor in seinen Gedanken. Denk daran, welche Macht schöne Worte haben. Gib ihnen, was sie wollen, und dein Lohn wird umso größer sein. Du wirst sehen. Nur Geduld, kleine Flamme. I-ich kann nicht! Tu es. Mairon, vertrau mir. Alles wird gut. Mit zitternden Händen griff Mairon nach seiner Kreatur und nahm ihr das Leben. Melian schluchzte. »Ein Leben, einmal genommen, kann nicht wieder gegeben werden«, sagte sie. Dann wandte sie sich ab. Mairon war es nicht gestattet, die Schmieden Aules zu verlassen, und er durfte nur in einem gewissen Umkreis um sie in den Gärten spazieren, wenn entweder Aule oder Yavanna selbst ihn dabei begleiteten. Fast ununterbrochen stand er unter der Aufsicht Aules und nur dann, wenn er schlief, hatte er kurze Augenblicke für sich selbst. Früher hätte ihn das wenig gestört. Doch nun hieß es, dass er sich nicht zu Melkor flüchten konnte. Melkor, nach dem es ihm mehr denn je verzehrte. Es war ein Fehler gewesen, nach Almaren zurückzukehren. Er sollte eine Überraschung erleben, als eine sanfte Berührung ihn aus seinem Schlaf riss. Irritiert starrte er in die Dunkelheit und sah einen Schatten über sich aufragen. Einen Schatten, den er nur allzu gut kannte. Melkor lächelte verschlagen, als er sah, dass Mairon munter war. Dann kniete er sich über Mairon auf das Bett und beugte sich zu ihm herab, um ihn feurig zu küssen. Mairon war unter ihm gefangen, doch anscheinend war dies Melkor nicht genug. Er ergriff Mairons Handgelenke und fixierte sie über seinem Kopf. »So gefällst du mir«, raunte er Mairon ins Ohr, wohl wissend, welch lustvolle Schauer dem Maia dabei durch den Körper rannen. »Wie seid Ihr hier herein gekommen?«, fragte Mairon. »Aule hält mich unter scharfer Beobachtung.« Melkor küsste sanft seine Kehle. »Ich habe ein wenig Übung darin, das Gemach meines liebsten Maia zu betreten. Das weißt du doch.« Mairon seufzte erregt auf. »Ich hätte Euch nie verlassen sollen. Ich sehe nun, dass dies mein wahrer Fehler war.« »Oh, aber nicht doch«, wiegelte Melkor ab. »Ich fand deine Idee mit den Vögeln sehr aufschlussreich und hatte sie gern verfolgt. Du musst nur lernen, dein Gegenüber besser zu lesen, wenn du ein wirklicher Meister der Täuschung werden willst. Aber diese Erfahrung hattest du machen müssen. Lerne aus ihr.« »Nehmt mich mit!«, flehte Mairon. »Ich sehe nun die Wahrheit in Euren Worten, welch Narren die anderen Valar sind und wie sie uns klein halten und aus Ignoranz die Augen vor wahrem Können verschließen. Bringt mich von hier fort und ich werde auf immer Euer treu ergebener Diener sein, Meister.« Melkor sah ihn lange an. »Meister, soso«, murmelte er schließlich. »Ich schwöre Aule ab. Er konnte mir nie geben, wonach es mich verlangte. Aber Ihr schon. Euch will ich folgen und dienen.« Als Antwort küsste Melkor ihn gierig. »Deinen Gott nanntest du mich. Bei Gelegenheit möchte ich das noch einmal hören.« Er platzierte einen zarten Kuss auf Mairons Mundwinkel. »Aber wenn du mir so bereitwillig dienen willst, dann musst du vorerst hier bleiben, kleine Flamme. Hier nützt du mir mehr. Aule beobachtet dich also. Dann beobachte ihn für mich. Täusche ihn, zeige dich gefügig, wirf ihm vielleicht den einen oder anderen Happen hin, den ich preiszugeben bereit bin. Dann vertrauen sie dir wieder, du wirst sehen.« Mairon nickte zitternd. Zu mehr war er nicht in der Lage, als Melkor mit seinen Lippen über seine Haut strich. »Aule hat die Lampen errichtet«, fuhr Melkor fort, während er sanft Mairons Brust küsste. »Ich will, dass du mir alles berichtest, was du über sein Werk herausfinden kannst. Und dann zeigen wir ihnen die Schönheit absoluter Finsternis, meine kleine Flamme.« In diesem Moment verschrieb sich Mairon mit seinem ganzen Sein Melkor und gab sich ihm mit Leib und Seele hin. fea – Geist, Seele; die Seelen von Wesen, die nicht von Natur aus ohne einen Körper existieren können; Qu.Eruhíni – Kinder Erus (Elben und Menschen); Qu.Hier endet dieser kleine Text, der bedeutend länger wurde, als ich ursprünglich dachte (as always). Allerdings blubbern bereits einige wage Ideen für eine Fortsetzung in meinem Kopf herum. Es könnte also mehr geben! Stay tuned. ++++++++++++++++++++ Autorennotiz ++++++++++++++++++++ Eigentlich ist das ein OneShot. Und dann wurde er länger und länger und ich habe beschlossen, dass es der Lesbarkeit doch etwas zuträglicher wäre, wenn ich ihn aufteile. Dieser Text hat seine Wurzeln in der alten Songfic "Willst du?", aus der ich auch noch einige Passagen übernommen habe.storyhub.de/fanfictions/b%C3%BCcher/das-silmarillion/willst-du%3F ******************** Am 31.7.2020 um 14:51 von Elenyafinwe auf StoryHub veröffentlicht (http://sthu.de/s=%C3%A4BS%5E%3A) ********************