Ein Traum

Kurzbeschreibung:

Am 17.2.2021 um 15:46 von Elenyafinwe auf StoryHub veröffentlicht

 CN Trauma, Verlust von Angehörigen, Rachegedanken, Mordgelüste, leichte Andeutung sexueller Inhalte

Ein Traum. Nichts weiter als ein Traum. Konohagakure war einzig und allein der Traum zweier naiver Jungen.

Madara war schon lange nicht mehr dieser Junge. Dieser Junge war vom Blut seiner erschlagenen Feinde fortgewaschen worden. Und doch stand er jetzt hier auf dem Ast eines hohen Baumes, der das Dorf überblickte, und beobachtete Hashirama auf seinem üblichen Weg durch das Dorf.

Wie immer begann Hashirama seine Runde bei seinem Haus, das er sich errichtet hatte. Alsbald erreichte er einen Blumenladen, wo er wie jeden Tag einen kleinen Halt einlegte und mit der Ladeninhaberin, einer alten Dame, einen Plausch abhielt. Sie schenkte ihm stets eine Blume und erklärte ihm die Bedeutung der Blüte. »Für Eure Dame, Senju-sama«, kommentierte sie. Später an diesem Tag würde ebenjene Blume in Madaras Haaren enden, dies war so sicher wie der Sonnenaufgang am Morgen.

Hashiramas nächster Halt war üblicherweise ein ganz bestimmter Dango-Laden einige Straßen weiter. Da er so pünktlich wie ein Uhrwerk war, hatte der Ladeninhaber stets seine liebsten Dango schon bereitgelegt. Es folgte ein einstudiertes Geplänkel, in dem Hashirama auf die Bezahlung bestand und der Ladeninhaber sie ablehnte. Das ging stets dreimal hin und her, bis am Ende Hashirama doch seinen Willen bekam.

Mit den Dango in der Hand begab sich Hashirama nun zur Akademie. Er betrat selten die Klassenräume, um den Unterricht nicht zu stören, sondern begnügte sich damit, sich auf eine Bank am Rande des Schulgeländes zu setzen, seine Dango zu essen und das Treiben aus der Ferne zu beobachten. Selbst aus dieser großen Entfernung konnte Madara erkennen, wie Hashirama vor Stolz förmlich strahlte. Die Akademie war das Herzstück seines Traumes, den er sich hatte verwirklichen können.

Der Weg, den er danach einschlug, war nicht mehr so streng festgelegt. Er schlenderte meist gemütlich durch das sich noch immer im Aufbau befindende Dorf und besah sich den Fortschritt der Bauarbeiten. Bei besonders schwierigen Angelegenheiten half er meist mit seinem Mokuton nach und wahrscheinlich hätte er auch das ganze Dorf im Alleingang errichtet, wenn Tobirama ihn nicht immer und immer wieder an seine anderen Pflichten erinnern würde.

Die Leute liebten ihn, verehrten ihn gar. Izunas Augen sahen es klar und deutlich und noch viel mehr sahen sie. Noch immer war es ein sonderbarer Anblick für Madara, Shinobi in Freundschaft verbunden zu sehen, und doch verbeugten sich Angehörige verschiedenster Clans vor Hashirama. Dabei war Hashirama doch eigentlich gar keine so beeindruckende Erscheinung in seinem unförmigen hakama und dem haori mit seinem Familienwappen und seiner langweiligen Frisur.

Nun, immerhin besser als früher, dachte Madara bei sich mit einem leichten Grinsen.

Und doch war da etwas an Hashirama, das ihn die Herzen der Menschen gewinnen ließ. Er hatte einen Traum Wirklichkeit werden lassen, der noch vor wenigen Jahren als unmöglich erschien. Trotzdem waren sie jetzt an diesem Punkt angekommen, und selbst die Uchiha vertrauten den Senju und gingen sich nicht mehr gegenseitig an die Kehlen. Andere Clans schlossen sich ihnen immer zahlreicher an und Shinobi anderer Länder begannen bereits, ihr Konzept nachzuahmen.

Doch Izunas Augen sahen auch, was hinter diesem schönen Schein lag. Sie sahen die Blicke, die Madara folgten, wie Köpfe tuschelnd zusammengesteckt wurden und die Uchiha trotz der gegenseitigen Worte des Vertrauens für sich blieben und ihren eigenen Bezirk im Dorf hatten, den kaum jemand Außenstehendes jemals betrat. Es war wie ein Dorf im Dorf. Hashirama mochte nach vorn blicken, doch Madara blickte auch nach hinten und sah die Schatten.

Scheinbar wie aus dem Nichts erschien Tobirama neben ihm, und ebenso plötzlich wurde es kalt in Madara. »Das ist mein Baum«, bemerkte Tobirama trocken.

»Tse, ich wusste ja nicht, dass du solche Besitzansprüche auf ein Stück Holz legst, Senju-san«, erwiderte Madara spöttelnd. Natürlich hatte er bemerkt, dass Tobirama diesen Baum wie auch viele andere geeignete Aussichtspunkte im Dorf für sein Hiraishin markiert hatte. Von hier aus hatte man weite Teile des Dorfes gut im Blick und gerade Tobirama konnte so blitzschnell von einem Punkt zum anderen gelangen, sollte es erforderlich sein.

Wie üblich ließ sich Tobirama nicht so einfach aus der Ruhe bringen. »Lass die Finger von meinem Bruder. Ich habe euer Treiben schon viel zu lange kommentarlos hingenommen.«

Madara warf ihm einen Seitenblick zu. »Und das sagst du mir? Mir scheint eher, dein Bruder kann seine Finger nicht von mir lassen.«

Tobirama wandte sich betont ab. »Mein Bruder ist naiv, und du weißt das sehr gut, weil du ebenjene Naivität schon viel zu oft gegen ihn verwendet hast. Natürlich sage ich dir das. Also: Halt dich fern von meinem Bruder.«

»Du bist doch nur eifersüchtig, weil du im Gegenzug zu Hashirama als zänkische, alte Jungfer sterben wirst«, stichelte Madara. »Du bist so unfassbar humorbefreit, dich will doch niemand.« In Gegenwart Tobiramas fiel es ihm schwer, seine Manieren zu wahren, und das war wohl noch nett ausgedrückt. Dieser Mann war es, der ein Loch in seine Brust gerissen hatte, wo eins sein Herz gewesen war. Der Traum Hashiramas hin oder her, aber das würde er Tobirama niemals vergeben können.

Würden Tobiramas Augen Blitze verschießen können, Madara würde sicherlich knusprig geröstet vom Ast fallen. Stattdessen verbeugte er sich spöttisch vor Tobirama. »Es war schön, diesen Plausch mit dir zu halten, Senju-san.« Damit schwang er sich vom Ast herab und sprang davon. Nur weg von diesem Kerl oder es würde früher oder später noch ein Unglück geschehen.

Er fand Hashirama bei einem der Felder vor, wie er einige Holzbalken erschuf. Ein Uchiha verbrannte diese mit seinem Katon zu Asche, die, als sie erkaltet war, von den Bauern eingesammelt und auf den Feldern verstreut wurde. Madara hatte dies bereits eine Weile interessiert beobachtet, als Hashirama ihn schließlich bemerkte. Breit grinsend winkte er ihn zu sich.

»Ist das nicht wunderbar?«, rief er begeistert aus, als Madara näher gekommen war. »Mit der Asche als Dünger gedeihen die Felder viel besser und die Erde wird fruchtbarer. Wir werden legendäre Ernten einfahren!«

»Du übertreibst«, erwiderte Madara, lächelte jedoch.

Noch immer lachend schlang Hashirama ihm einen Arm um die Hüfte und drückte ihm einen Kuss auf die Wange. Das vertrieb die Kälte in Madara. Wenigstens ein bisschen. Gemeinsam beobachteten sie die Bauern, wie diese die Asche auf die Felder streuten.

»Es erscheint einem wie in einem Traum«, fuhr Hashirama schließlich fort. »Uchiha und Senju arbeiten Seite an Seite zusammen, um die Welt zu verbessern. Wer hätte das jemals für möglich gehalten?«

»Du hast es für möglich gehalten und dann auch möglich gemacht«, erwiderte Madara. Sein Lächeln wurde sanfter, als er sich gegen Hashirama lehnte. Wer hätte gedacht, dass dieser hoffnungslose Optimist jemals solche Seiten an ihm erwecken würde?

»Aber ohne dich hätte ich das alles nicht geschafft«, bemerkte Hashirama. Dann merkte er auf. »Oh. Ich habe etwas für dich.«

»So? Lass mich raten: eine Blume.«

»Woher du das nur weißt?« Hashiramas Stimme troff vor Ironie. Dann fischte er aus seiner Kleidung die Blume, die er vorhin von der alten Blumenhändlerin erhalten hatte, und steckte sie in Madaras Haarmähne. Madara hielt diese ganze Sache mit den Blumen für lächerlich kitschig, aber er ließ es sich gefallen, weil es Hashirama Freude zu bereiten schien und er ihn so gern lachen sah.

Hashirama trat zurück und besah sich zufrieden sein Werk. »Farbe steht dir.«

»Nein«, sagte Madara nur eisig.

Hashirama wusste, dass das nur eine Fassade war, und ließ sich davon nicht beirren. »Weißt du, welche Blume das ist?«

»Sehe ich so aus, als hätte ich Augen oben auf meinem Kopf?« Dennoch zupfte er sich die Blume erneut aus den Haaren und betrachtete sie. Es handelte sich um eine fünfblättrige Blüte, deren Ränder in einem zarten Rosa schienen, das sich zum Kelchinneren hin zu Gelb veränderte. Er zuckte mit den Schultern und steckte sich die Blume wieder in die Haare. »Keine Ahnung. Eine Blume halt.«

»Eine Freesie natürlich, Madara-chan!«, klärte Hashirama ihn freudig auf. »Und ich finde, dass diese Blume ganz besonders gut zu dir passt. Und weißt du auch warum?«

»Nein. Aber du wirst es mir sicherlich gleich erklären.«

»Ha! So ist es! Denn Freesien symbolisieren gegenseitiges Vertrauen und Treue. Siehst du? Wie gemacht für uns!«

Madara verdrehte die Augen, lächelte jedoch. »Du hoffnungsloser Romantiker.«

Hashirama knuffte ihn in die Seite. »Und du bist ein hoffnungsloser Grummelbär. Aber komm, lass uns nach Hause gehen, es ist bereits Nachmittag.«

Sie wandten sich ab und begaben sich auf den Weg zu Hashiramas Haus. Eigentlich hatte Madara sein eigenes Heim im Uchiha-Bezirk, aber seit einigen Monaten verbrachte er zusehends mehr Zeit mit Hashirama. Selbst wenn dies bedeutete, Tobirama weitaus öfters über den Weg zu laufen, als ihm lieb war. Aber vielleicht schaffte er es ja, Tobirama genug zu vergraulen, dass dieser sich ein eigenes Haus suchen würde und nicht mehr bei seinem älteren Bruder wohnte.

»Das mit der Asche hättest du auch einfacher haben können«, bemerkte Madara auf ihrem Weg.

»Jaja, ich weiß, dein Haijingakure. Aber wir wollen die Felder schließlich nicht niederbrennen, bevor wir sie bepflanzen. Und sieh es doch einmal so: Die Symbolwirkung meines Mokuton und eures Katon ist so auch größer. Zwei Kräfte, die früher nur Tod und Zerstörung brachten, bringen nun neues Leben hervor.«

Madara zuckte nur mit den Schultern. »Nun, wenn du meinst. Ich denke trotzdem, dass mein Weg einfacher ist.«

»Nur weil etwas einfacher ist, muss es nicht gleich besser sein.«

Madara sagte dazu nichts mehr. Er wusste, dass er Hashirama nicht von seinem Weg abbringen konnte, wenn dieser sein Sinnen auf ein bestimmtes Ziel ausgerichtet hatte. Und es stimmte schon, eine gewisse Symbolik lag durchaus in diesem Vorgehen.

Aber ob es genug sein würde?

Als sie das Haus erreichten, wehte ihnen bereits der Geruch von Essen entgegen. Hashirama schnupperte. Seine Augen leuchteten begeistert auf. »Tobirama hat Reissuppe mit Pilzen gekocht!«

Madaras Begeisterung hielt sich in Grenzen. Er hätte nicht darauf hoffen sollen, Tobirama heute nicht noch einmal begegnen zu müssen. Etwas langsamer folgte er Hashirama in das Haus. Hashirama war längst in die Küche gestürmt und hing begeistert über dem Topf mit der Suppe. Wenn es eines gab, dem er nicht widerstehen konnte, dann dieses Gericht. Selbst wenn der Koch Tobirama war, dessen Essen grundsätzlich wie matschige Pappe schmeckte.

Tobirama funkelte Madara finster an, als er ihn durch die Tür treten sah. »Man könnte fast meinen, du wohnst hier, Uchiha-san.«

Auch wenn es manchmal nicht den Eindruck erweckte, war sich Hashirama durchaus der Feindseligkeit zwischen Tobirama und Madara bewusst. Er sah seinen Bruder streng an, und üblicherweise war es dieser Blick, der Tobirama in Schach hielt. Noch.

»Ich habe ihn eingeladen, Bruder. Er ist unser Gast«, betonte Hashirama unnachgiebig.

Tobirama sah ein, dass er sich fügen musste, ganz so wie Madara. Hashirama hatte das Unmögliche möglich gemacht und die Shinobi vereint. Nun hatte er anscheinend dasselbe mit seinem Bruder und seinem Partner vor. Madara zweifelte den Erfolg dieses Vorhabens jedoch an.

Auch wenn es ihm sichtlich nicht gefiel, beschwerte sich Tobirama nicht weiter und tat für drei auf statt nur für zwei. Während er und Madara ihr Essen in eisigem Schweigen löffelten, stürzte sich Hashirama auf seine Portion und schlürfte sie ihm Nu leer, um sich sogleich noch einen Nachschlag zu geben. Wenn es um seine Reissuppe ging, konnte er erstaunliche Mengen in sich hineinschaufeln.

»Die Arbeit auf den Feldern verlief hervorragend«, sagte Hashirama schließlich, als die Stille unangenehm wurde.

»Gut«, kommentierte Tobirama schlicht. »Hast du über das nachgedacht, was ich dir heute morgen gesagt habe?«

Hashirama seufzte und sah zu Madara. Dann nickte er. »Ja, das habe ich.«

Er ergriff Madaras Hand. Madara fühlte sich von Tobiramas Blick förmlich durchbohrt. Madara erwiderte den Blick, als wolle er sagen: Siehst du, ich bin nicht derjenige, der seine Finger nicht bei sich behalten kann.

»Madara-chan, ich weiß, was ich erst vor wenigen Tagen zu dir sagte«, fuhr Hashirama fort. »Dass ich wünsche, dass du Hokage wirst, denn dieses Dorf ist genauso dein Verdienst wie auch meiner. Wenn du mir nicht vertraut hättest, dann wäre nichts von alledem jemals Wirklichkeit geworden. Aber Tobirama hat auch Recht. Konohagakure ist nicht länger nur unser Werk allein, sondern das Werk aller, und daher sollten auch alle bei einer solch entscheidenden Sache ein Mitspracherecht haben. Ich werde dich als Hokage vorschlagen, doch schlussendlich werden alle darüber abstimmen.«

Es war Madara, als würde eine eisige Faust sein Eingeweide packen und zerquetschen. Wenn es wirklich zu einer Abstimmung kommen würde, war abzusehen, wie das Ergebnis aussehen würde. Er wusste, dass Tobirama dies wünschte, er hatte das Gespräch zwischen den beiden Brüdern belauscht. Doch nun zu hören, dass Hashirama dem zustimmte, schmerzte auf einem ganz anderen Level.

Für einen winzigen Moment hatte er an Hashiramas Vision glauben können. Mit dem nächsten Herzschlag zersprang dieser Traum in tausend Scherben.

»Nun sag doch etwas, Madara-chan!«

Madara setzte seine Maske auf und lächelte. »Das ist eine gute Idee. Die Dinge stehen jetzt anders und entsprechend sollten wir jetzt auch neue Wege einschlagen und die alten hinter uns lassen. Und es stimmt doch, selbst die Uchiha erkennen an, dass du, ein Senju, der eigentliche Gründer des Dorfes bist.«

Hashirama schien erleichtert und atmete auf. Dann lächelte er. »Ich bin froh, dass du das auch so siehst.«

Da das Thema damit anscheinend durch war, schielte Hashirama bereits auf die Reste von Madaras Essen. »Willst du das noch?«, fragte er hoffnungsvoll.

Madara war froh, Tobiramas Pampe nicht länger in sich hineinwürgen zu müssen, und schob bereitwillig seine Schüssel zu Hashirama. Wenigstens musste er das Essen damit nicht unauffällig in einen von Hashiramas Bonsai-Büschen entsorgen. Begierig machte sich Hashirama über das Essen her, und langsam wurde es doch erstaunlich, dass überhaupt noch etwas in ihn hinein passte.

Die Stille wurde wieder unangenehm.

Mit dem Händen auf den Knien deutete Madara eine leichte Verbeugung vor Tobirama an und machte Anstalten, sich zu erheben. »Ich danke für die Einladung und das Essen und bitte nun, gehen zu dürfen.«

Hashirama hielt ihn zurück und legte seinen besten Unschuldsblick auf. »Ich hatte gehofft, du bleibst über Nacht.«

Tobirama wandte sich betont ab und zog einen Schmollmund. Das brachte ihm einen Knuff von seinem Bruder ein. Sein empörter Blick brachte Hashirama jedoch nur zum Lachen. »Ach, komm schon, Tobirama-chan! Zieh doch nicht so ein Gesicht wie drei Tage Regenwetter. Ich weiß ganz genau, dass ihr tief in euren Herzen wisst, dass ihr nur so tut, als ob ihr euch nicht ausstehen könnt.«

Madara sah seinen Bruder vor sich liegen, der Bruder, dessen Augen er nun hatte. In einem hatte Tobirama durchaus recht: Hashirama konnte schrecklich naiv sein, wenn es um gewisse Dinge ging.

Sie räumten das Geschirr auf, und Madara achtete darauf, stets Hashirama zwischen sich und dessen Bruder zu haben. Und doch ergab es sich, als Hashirama den Raum bereits verlassen hatte und Madara ihm folgen wollte, dass Tobirama ihn aufhielt.

»Hände weg von meinem Bruder«, zischte er.

Madara befreite sich aus seinem Griff und kämpfte gegen den Drang an, das Gefühl von Tobiramas Händen abzuwaschen. Die Hände, die Izuna erschlagen hatten.

»Gewiss. Und die Blume ist von ganz allein in meinen Haaren gelandet«, spottete er.

»Bah!« Tobirama starrte ihn nieder. Madara hielt seinem Blick stand und erwiderte ihn ebenso unnachgiebig mit Izunas Augen. Sollte dieser Blick ruhig Tobirama bis in alle Ewigkeiten verfolgen!

»Es wird Zeit, dass du mit diesen kindischen Eifersüchteleien aufhörst, Senju-san. Sie lassen dich wirklich albern dastehen.« Mit diesen Worten wandte sich Madara ab und folgte Hashirama.

Natürlich blieb Madara und natürlich ließ er seine Hände nicht von Hashirama. Hashirama hätte auch gar nichts anderes zugelassen. Wenn er etwas wollte, dann bekam er es auch. Ausnahmsweise hatte Madara nichts dagegen, am anderen Ende dieses Begehrens zu stehen. Seit mehreren Monaten ging das nun schon so und irgendwie fühlte es sich ganz natürlich an.

Wäre nur Tobirama nicht.

Wäre Tobirama nicht, würde es vielleicht sogar andauern können.

Später in der Nacht erwachte Madara keuchend aus einem Alptraum. Sein Mangekyō durchbohrte die Finsternis der Nacht, während ihn die Schrecken des Traumes gefangen hielten. Sein Atem ging stoßweise und sein Herz raste.

Krieg. Immer nur Krieg und Ströme voller Blut. Und inmitten all dessen Izuna.

Verschlafen regte sich Hashirama. Wie eigentlich jede Nacht lag er quer über Madara ausgebreitet da. Er war schon immer ein chaotischer Schläfer gewesen, was in der Regel darin endete, dass er sich in den Decken verhedderte oder das gesamte Bett für sich beanspruchte. In der Regel traf beides zu. Normalerweise hätte Madara ihm schon längst einen ordentlichen Schlag verpasst, um ihn an seinen Platz zu verweisen, aber in Momenten wie diesen beruhigte Hashiramas vertrautes Gewicht auf seiner Brust ihn.

Madara atmete auf. Die Panik schwand.

»Was‘n los?«, nuschelte Hashirama und blinzelte zu Madara auf.

Madara lächelte, schlang die Arme um ihn und hauchte ihm einen keuschen Kuss auf die Stirn. »Schlaf weiter.« Dann belegte er ihn mit einem Gen-Jutsu.

Nein, in dieser Nacht würde er keinen Schlaf mehr finden, er wollte Hashirama aber auch nicht mit seiner Unruhe stören. Lautlos warf er sich seine Kleidung über und huschte dann aus dem Haus.

Sein Weg führte ihn unweigerlich zu dem Kliff, das über dem Dorf aufragte. Irgendwie führte alles früher oder später wieder hierher zurück. Er erinnerte sich noch gut daran, wie er hier als Kind oft mit Hashirama gespielt hatte und sie in freundschaftlichen Duellen ihre Kräfte gemessen hatten.

Später dann wurden diese Duelle blutig und todernst und ihre gemeinsame Zeit schien keine Bedeutung mehr zu haben. In dieser Zeit hatte für Madara nur eine Wahrheit existiert: Die Senju waren der Feind, den es auszulöschen galt. Um jeden Preis. Der Weg der Shinobi war schon immer einer voller Mühsal und Leiden gewesen, persönliche Gefühle hatten darin keinen Platz. Es war schließlich nur ein Traum zweier naiver Jungen gewesen.

Ein Traum. Nichts weiter als ein Traum.

Trotz des Mangekyō Sharingan hatte sich Hashirama schließlich als stärker erwiesen, und trotz des Weges, den er eingeschlagen hatte, hatte Madara sich in diesem Moment doch von seinen persönlichen Gefühlen leiten lassen. Wenn die Rollen vertauscht gewesen wären, wenn Madara stärker gewesen wäre, hätte er es fertig gebracht, Hashirama zu erschlagen? Er wusste es nicht. Er wusste jedoch, dass er in diesem Moment seinen alten Freund nicht hatte sterben sehen wollen. Dieser winzige Moment der Sentimentalität hatte ihnen einen völlig neuen Pfad eröffnet.

Seitdem hatte sich viel getan und sie waren weit gekommen. Doch anders als Hashirama konnte Madara nicht vergessen, was einst gewesen war. Dass er trotz all seiner Stärke nicht in der Lage gewesen war, seine Brüder zu schützen. Und dass es ausgerechnet Tobirama war, der Izuna erschlagen hatte.

Es waren auch Izunas Augen, die ihm die volle Wahrheit im Naka-Schrein eröffnet hatten, und seitdem sah er es überall. Er war nicht der einzige, der die Vergangenheit nicht ruhen lassen konnte. Hashiramas Frieden war eine Illusion, ebenso flüchtig wie sein Traum.

Im Osten graute bereits der Morgen, als Hashirama ihn schließlich doch fand. Er setzte sich neben Madara an den Rand des Kliffs und sah ihn übertrieben streng an. »Niemand belegt mich mit einem Gen-Jutsu und schleicht sich dann einfach davon!«

»Dafür hat‘s ausgesprochen lange gehalten«, erwiderte Madara trocken.

Beschämt ließ Hashirama den Kopf hängen.

»Ich wollte dich nicht stören, Hashirama-chan«, fügte Madara versöhnlicher an.

Hashirama lächelte sanft und rückte näher zu ihm auf, um einen Arm um seine Hüfte zu schlingen und den Kopf auf seine Schulter zu betten. »Ach, nicht doch. Darum musst du dich nicht sorgen.«

Madara erwiderte nichts darauf und Hashirama bohrte auch nicht weiter nach. Er war so schrecklich verständlich und wusste ganz genau, dass Madara schon sprechen würde, wenn er wollte. Und wenn nicht, würde er auch das akzeptieren.

Madara war definitiv niemand, der für Gefühlsduseleien jeglicher Art zu haben war. Hashirama schaffte es dennoch mit seiner unnachgiebig sanften Art immer wieder, dass er nachgab.

»Es war ein Alptraum«, sagte Madara schließlich leise. »Schon wieder.«

»Es wäre naiv zu glauben, dass die Zeit des Krieges spurlos an uns vorbeigegangen wäre«, sagte Hashirama ernst mit dem Blick auf das Dorf gerichtet. »Und glaube mir, wenn ich sage, dass es mir aufrichtig leidtut, was dir alles widerfahren ist.«

Was wäre, wenn Izuna Tobirama getötet hätte? Was würdest du dann sagen? Aber diesen Gedanken sprach Madara nicht aus, auch wenn er aus seinem tiefsten Herzen kam. Er wünschte sich, dass dies die Wirklichkeit wäre, er wünschte es sich wirklich sehr.

»Izunas Verlust hat ein Loch in meine Brust gerissen, wo einst mein Herz gewesen war«, murmelte Madara.

Hashirama sah nun zu ihm. »Ich weiß. Ich sehe die Dunkelheit in dir und Worte können gar nicht ausdrücken, wie sehr ich bedauere, dass alles so hatte kommen müssen. Aber weißt du noch, was ich zu dir sagte? Über die Menschen dieses Dorfs?«

Aus einem Reflex heraus wollte Madara das schon als Unsinn abtun, doch er hielt sich zurück. Hashirama meinte es aufrichtig gut mit ihm, und er wollte ihn nicht so schroff zurückweisen. »Dass sie jetzt meine Familie sind«, wiederholte er daher. »Aber ich konnte ja nicht einmal meine eigene Familie beschützen.« Nicht vor den Senju und am allerwenigsten vor Tobirama.

Wenn Madara ehrlich zu sich war, dann wünschte er sich nichts sehnlicher, als Tobirama ein kunai durch sein Herz zu treiben. Und das, obwohl er wusste, welche Wunde er damit auch Hashirama schlagen würde.

»Deine Das-Glas-ist-halb-leer-Attitüde ist eine furchtbar schreckliche Angewohnheit, Madara-chan!«, wies ihn Hashirama zurecht. »Wir schaffen hier eine neue Welt und es ist an der Zeit, nach vorn zu blicken. Sieh doch einmal, was wir bereits alles erreicht haben.«

Madara sah ihn an. »Wie machst du das? Wie schaffst du es, all das Elend hinter dir zu lassen und mit so viel Elan voranzugehen?«

Hashirama lächelte. »Weil ich nicht bereue. Ich vergesse nicht, was war, aber ich blicke auch nicht zurück. Was geschehen ist, ist geschehen und kann nicht wieder ungeschehen gemacht werden. Aber im Hier und Jetzt habe ich Einfluss auf das, was morgen vielleicht ist, und das will ich nutzen. Oh, sicher, manchmal fällt auch mir das schwer, immer dann, wenn ich an Kawarama und Itama denken muss. Aber noch immer gibt es Menschen in meinem Leben, die mir am Herzen liegen und die an meiner Seite stehen. Und auch du, Madara-chan, bist nicht alleine. Das Dorf ist jetzt deine Familie.«

Madara fragte sich jedoch, ob das Dorf das auch so sehen würde. Stets nur nach vorn zu blicken, verwehrte einem schließlich die Gelegenheit, das zu sehen, was hinter dem eigenen Rücken geschah.

Hashirama räusperte sich. »Und außerdem gibt es da noch etwas, das ich dir immer noch nicht gesagt habe.«

»Aha?«

Mit einem Mal wurde Hashirama bis über die Ohren rot. Er ließ eine rote Rose aus seiner linken Hand spießen und überreichte sie Madara. Selbst Madara wusste, für was eine rote Rose stand.

»Ichliebedich«, nuschelte Hashirama.

Aus irgendeinem Grund verschlug es Madara die Sprache und er starrte Hashirama wortlos an. Hashirama interpretierte das anscheinend falsch, denn beinahe schon fluchtartig rückte er von ihm ab, schlang die Arme um die Knie und ließ wieder einmal den Kopf hängen.

»Ohgottohgottohgott!«, jammerte er. »Ich hab mich zum Vollidioten gemacht! Ihr habt die Erlaubnis, mich hier und jetzt von diesem Kliff zu stoßen, um diese Peinlichkeit aus Eurem Leben zu entfernen, Uchiha-sama!«

Bevor er noch mehr Dummheiten von sich geben konnte, verschloss Madara seine Lippen mit einem Kuss. Hashirama sah ihn überrascht an, doch dann entspannte er sich sichtlich und erwiderte den Kuss. Er schlang die Arme um Madara, als dieser sich auf seinen Schoß setzte.

»Du bist ein Idiot, Hashirama-chan«, murmelte Madara und lehnte seine Stirn gegen Hashiramas.

»Mag sein, aber in diesem Moment doch ein sehr glücklicher Idiot.« Hashirama lachte in sich hinein, während Blüten und fluffiges grünes Moos um ihn herum aus dem Boden sprossen. »Das ist der Alptraum meines Bruders.«

»Tse. Wenn sich hier einer von dieser Klippe werfen kann, dann doch er. Der ist doch nur eifersüchtig, weil er mit seiner miesepetrigen Art nie jemanden abbekommen wird.«

Daraufhin brach Hashirama in schallendes Gelächter aus. »So wird es sein!«

Madara musste sich eingestehen, dass er es mochte, wenn Hashirama aus vollem Herzen lachte.

»Weißt du, was mein Bruder neulich zu mir meinte? Dass es für mich als Clanoberhaupt längst an der Zeit wäre, für einen Erben zu sorgen. Aber ich habe eine andere Idee. Der Krieg hat viele Waisen hinterlassen, wir könnten stattdessen ein Kind adoptieren. Oder mehrere. Wie klingt das?«

Madara rückte von ihm ab. »Völlig bescheuert klingt das! Mir vertraut doch niemand freiwillig ein Kind an!«

Hashirama musterte ihn nachdenklich. »Hm, mit diesem Gesicht könntest du in der Tat besser als Schreckgespenst herhalten.«

»Sag mal, was fällt dir eigentlich ein?!«, zeterte Madara. »Erst machst du hier einen auf ach so romantisch und dann so etwas! Ich werf dich gleich wirklich von der Klippe runter!«

Daraufhin lachte Hashirama jedoch nur und zog ihn wieder an sich. »Ich würde gern sehen, wie du das versuchst«, raunte er ihm ins Ohr.

Madara erschauderte. Verdammter Idiot, er wusste, wie er Madara um den Finger wickeln konnte.

Hashirama vergrub wohlig seufzend sein Gesicht in Madaras Haarmähne. »Freesien haben noch einen weiteren Bedeutungsaspekt. Sie werden oft für Hochzeitssträuße verwendet.«

In Madara wurde es kalt. Er nahm Hashiramas Gesicht zwischen seine Hände und fasste ihn fest in den Blick. »Hör auf, Hashirama-chan. Hör auf, das ist … das ist zu rasch.«

Hashiramas Blick sprach von ehrlicher Verletztheit. Er ließ die Schultern hängen. »Vergib mir, ich habe nicht nachgedacht.«

Madara lächelte und strich ihm eine Haarsträhne aus dem Gesicht, um dieses unangenehme Gefühl zu überspielen. »Gib dem ganzen einfach noch etwas mehr Zeit.«

Sichtlich erleichtert erwiderte Hashirama das Lächeln. »Nun, immerhin keine direkte Zurückweisung.«

»Ich hab dich noch nicht mit einem Tritt in den Hintern die Klippe hinunterbefördert, sieh‘s doch einmal so.«

Das brachte Hashirama nun wieder zum Lachen. »Stimmt!«

Eine Weile saßen sie einfach nur schweigend und eng umschlungen da. Unter ihnen erwachte das Dorf allmählich zu Leben. Irgendwann begann Hashirama damit, zarte Küsse auf Madaras Hals zu hauchen, denen auch alsbald seine Zähne folgten. Madara seufzte wohlig auf.

»Du willst also eine zweite Runde«, schloss er und konnte ein Erschaudern nicht unterdrücken.

»Vielleicht.«

Hashiramas warmer Atem strich über Madaras Kehle und brachte das Eis in Madara zum Schmelzen. Dieser Narr! Er sollte nicht in der Lage sein, so etwas mit Madara anzustellen!

Doch da richtete sich Hashirama auf und sah Madara ernst an. Alle Verspieltheit war aus seinem Blick verschwunden. »Eigentlich muss ich dich etwas fragen, das ich schon viel zu lange vor mich her geschoben habe. Etwas deine Augen betreffend.«

Madara erwiderte den Blick ebenso. Er rückte von Hashirama ab und setzte sich neben ihn. Dieses Thema schwebte schon lange unausgesprochen zwischen ihnen. Hashirama hatte in der Vergangenheit immer wieder vorsichtig versucht, darauf zu sprechen zu kommen, aber Madara hatte ihn stets abgewürgt. Aber vielleicht war es nun wirklich an der Zeit. Früher oder später hätten sie so oder so darüber reden müssen, Hashirama hatte schon während ihres letzten, alles entscheidenden Kampfes bemerkt, dass Madaras Augen sich verändert hatten. »Dann frag.«

Für einen Moment schwieg Hashirama und schien nach den richtigen Worten zu suchen. »Euer Sharingan, es erwacht, wenn ihr starke Gefühle empfindet wie Hass oder Schmerz, nicht wahr?«

Madara verbot sich, irgendwelche Gefühle zu zeigen. »Es stimmt nur zum Teil«, erklärte er nüchtern. »In der Tat, das Sharingan erwacht, wenn wir starke Gefühle in Bezug auf eine uns nahestehende Person empfinden. Es ergab sich oft, dass dies Hass oder Schmerz waren, aber es kann auch dem Wunsch entsprechen, eine geliebte Person zu beschützen. Weißt du noch, damals, als wir ein letztes Mal Steine über den Fluss springen ließen? Mein Vater war der Meinung, mein Sharingan sei erwacht, weil ich Izuna hatte schützen wollen. Aber die Wahrheit ist, dass ich es schon vorher erlangt hatte, auch wenn ich ihn nie darüber aufgeklärt hatte.«

Er ließ die Implikation, die mit diesen Worten einherging, offen. Hashirama fragte auch nicht nach.

»Es gibt … Gerüchte, dass euer Sharingan stärker wird, je mehr Hass ihr empfindet«, fuhr Hashirama fort.

Ah, dieser Floh, den Tobirama ihm ins Ohr gesetzt hatte. Dieser Elende! Er ließ wirklich nichts unversucht, um einen Keil zwischen sie zu treiben!

»Wie ich bereits sagte, es müssen nicht unbedingt derartige Gefühle sein«, sagte Madara betont ruhig, um nichts von dem Sturm zu zeigen, der in ihm tobte. Er hätte damals einfach verlangen sollen, dass Hashirama seinen Bruder tötete, und ihm keine Wahl lassen sollen. Das hätte so vieles einfacher gemacht.

Hashirama atmete auf. »Gut. Aber eine Sache gibt es noch, die ich wissen muss. Eine, die Izuna und deine Augen betrifft. Hör gut zu, Madara-chan, denn ich will betonen, dass ich ihnen nicht glaube. Ausgerechnet du sollst deinen Bruder getötet haben, um deine Augenkraft zu erhöhen? Das ist lächerlich! Aber etwas ist doch anders an deinen Augen. Was ist es?«

Also hatte dieser Idiot doch nicht immer nur nach vorn geschaut, sondern auch den einen oder anderen Blick in die Schatten geworfen. Madara war sich dieser Gerüchte sehr wohl bewusst und ebenso des Umstandes, dass sie schon viel zu starke Wurzeln unter den Uchiha gefasst hatten, um sie jetzt noch restlos auszumerzen.

»Das Mangekyō Sharingan«, sagte Madara leise. »Die stärkste und seltenste Form des Sharingan. Manche behaupten, man müsse dafür eine ihm nahestehende Person töten, und daher rühren auch diese Gerüchte. Aber das stimmt nicht. Es reicht, wenn der Träger den Tod einer geliebten Person mit ansehen muss. Für Izuna und mich waren es zwei sehr gute Freunde. Ironischerweise waren wir auch gezwungen, sie eigenhändig zu töten, denn sie waren Überläufer und Verräter, die geheime Informationen an euch Senju übermittelten. Wir hatten gehofft, dass unsere vereinte Augenkraft reichen würde, den Krieg für uns zu gewinnen, aber dem war nicht so, wie du weißt. Wir mussten sogar feststellen, dass der übermäßige Gebrauch des Mangekyō die Sehkraft minderte. Ich erblindete.«

Hashirama sah ihn erstaunt an. »Und was geschah dann?«

»Izuna wusste, dass zu viel von unserem Mangekyō abhing, und schlug mir daher noch auf dem Sterbebett vor, dass ich mir seine Augen nahm, um wenigstens noch für eine kleine Weile sehen zu können. So kam es dann auch, und ich stellte noch etwas fest. Etwas beim Prozess des Transplantierens muss das Mangekyō verändert haben, denn ich erhielt meine volle Augenkraft zurück und sie wurde auch nicht mehr durch weiteren Gebrauch des Mangekyō geschwächt. Mein Mangekyō ist nun ein ewiges Mangekyō. Das ist das Geheimnis der Augen der Uchiha.«

Hashirama nickte ernst. Dann verbeugte er sich tief. »Ich danke dir für deine Offenheit.«

Wenn er doch nur wüsste. Einst hatte er selbst Hashirama gesagt, dass der einzige Weg zu permanenten Frieden wäre, wenn alle offen und ehrlich zueinander während und ihr Innerstes nach außen kehren würden. Hashirama hatte das getan, er war bereit gewesen, sein eigenes Leben für das seines Bruders zu opfern. Doch sein Fehler war gewesen, dasselbe nicht auch von Madara zu verlangen. Er war stets so sehr darauf bedacht, die ganze Welt von seinen guten Absichten zu überzeugen, dass es ihm nicht in den Sinn kam, dass andere das nicht zwingend auch so sahen.

Madara hegte nicht die Absicht, Hashirama von seinen innersten Gefühlen zu erzählen. Davon, dass er nichts sehnlicher wünschte, als Tobirama tot vor sich liegen zu sehen. Davon, was passieren würde, wenn diese Hokage-Sache im Sinne Tobiramas geschehen würde.

Madara war sich durchaus bewusst, dass niemand ihn wählen würde, egal wie entschlossen Hashirama hinter ihm stand. Dabei wusste er doch, dass es Madara nicht leiden konnte, wenn jemand hinter ihm stand … Hashirama würde Hokage werden und nach ihm Tobirama, selbst wenn er Madara als seinen Nachfolger wünschen würde (und auch das würde garantiert geschehen). Und wenn erst einmal Tobirama die Macht in Händen hielt, dann konnte es nicht gut enden für die Uchiha.

Noch immer hatte Madara auch seinem Clan gegenüber eine Verpflichtung. Er hatte versucht sie zu warnen, was passieren würde, wenn die Senju endgültig die volle Kontrolle über diese neue Welt erlangen würden, doch sie wollten nicht hören. Sie waren zu kriegsmüde, um die Wahrheit zu erkennen, und bezeichneten Madara als Kriegstreiber und Brudermörder.

Die Wahrheit war, dass nicht einmal sein eigener Clan mehr geschlossen hinter ihm stand.

Und vielleicht war das auch besser so. Denn dann war er frei, seinen eigenen Traum zu verfolgen. Hashirama war ein Idealist, der seine Träume Realität werden lassen wollte. Madara hingegen war ein Realist, der wusste, dass Träume nichts weiter als flüchtige Gedanken waren. Hashiramas Weg konnte nicht funktionieren, so würde die Shinobi-Welt niemals Frieden finden. Madara hatte die Wahrheit gesehen und dieses Mal war er bereit, alles dafür zu tun.

Selbst wenn es bedeutete, dass er und Hashirama sich am Ende doch wieder als Feinde gegenüber stehen würden. So war eben die Welt der Shinobi. Es wäre in der Tat das Beste, wenn er sie einfach beenden würde.

»Sieh nur, was für ein wunderschöner Sonnenaufgang über Konohagakure!«, stellte Hashirama mit einem breiten Grinsen fest. Er legte einen Arm um Madara und lehnte sich gegen ihn.

»In der Tat«, stimmte Madara leise zu. »Wie in einem Traum.«

Ein Traum. Nichts weiter als ein Traum.